[50] Als er sich einsten gegen sie zu frey aufgeführet

Verdienet denn, du Bild der keuschen Zucht,
Ein blinder Grif den Donner deiner Strafe?
Und zürnestu mit einem armen Schaafe,
Das hier herum die Lilgenweide sucht,
Wo Gott und die Natur den Reichthum ihrer Gaben
In deiner Brust mit Fleisch und Blut verschloßen haben?
Verschämtes Kind, der Vorwiz trieb mich an,
Den losen Arm um deinen Hals zu werfen;
Du aber wilt mir das Geseze schärfen,
Du klagest, daß ich dir zu viel gethan;
Du suchst mir deine Gunst im Eifer zu entreißen,
Und ich soll ohne Schuld ein armer Sünder heißen.
Doch weistu nicht, kein Garthen grünt vor sich,
Kein Apfel will sich vor der Hand verkriechen,
Die Rose pflegt sich selber nicht zu riechen,
Und deine Brust, mein Kind, gehört vor mich;
Denn das Verhängnüß hat dich, eh du noch gebohren,
Durch seine Vorsicht schon zu meiner Braut erkohren.
Vergieb mir nun der Finger Schelmerey
Und schmolle nicht mit deinem treuen Knechte;
Denn was er stiehlt, das hat er ja mit Rechte.
Steht uns ein Grif oft in den Glückstopf frey,
So las mich auch hinfort auf deinen Anmuthsgründen
Noch eine Handvoll Glück durch einen Freygrif finden!

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