[155] An Herrn Hanns Gottfried von Beuchelt
Meine ungezogenen Kinder verdienen in Warheit keinen solchen guten Pflegevater, als sie bishero an Ihrer Person gefunden, und die beschämte Muse weis sich vor Dero Liebe und Güte mit nichts beßer als einem ehrfurchtsvollen Stillschweigen zu bedancken. Glauben Sie, allerliebster Herr von Beuchelt, daß nechst der Güte des Himmels mich unter allen Verfolgungen nichts mehr zu den Wißenschaften anfeure als Ihr redliches und kluges Gemüthe, und sind Sie versichert, daß auch mein Fleiß ins Künftige nicht gar fruchtlos ablaufen soll, wenn nur einige geneigtere Umstände mich in der Ruhe erhalten, um alle Verrichtungen und Gedancken zu meiner Beßerung und dem Dienste der gelehrten Welt anzuwenden. Sie werden innerhalb 10. bis 12. Tagen in einem vor Sie verfertigten geschriebenen Gedichte meinen ehrlichen Vorsaz weitläuftiger lesen und dabey genau erwegen können, ob und in wieweit ich würdig wäre, nur in etliche vergnügtere Umstände zu kommen. Msr. Speer kan sich versichern, daß ich von Grund des Herzens alles leicht zu vergeben wiße, auch daher, wie ich wohl Ursache hätte, keinen weitläuftigen Zanck anzufangen gedencke; indeßen darf er es mir auch nicht vor übel halten, wenn ich durch soviel mir nachtheilige Plauderhaftigkeit und durcheinander geflochtene Verwirrungen einmahl weiter zu trauen schüchtern werde. Vielleicht giebt es Gelegenheit, noch einmahl in Gegenwart mit Ihnen und ihm ausführlicher davon zu handeln. Die Kürze der Zeit und allerhand Bemühungen, meinen Zustand bey meinen Eltern auf beßere Wege zu bringen, erlauben mir jezo nicht mehr zu berichten, und Sie werden, mein ehrlicher Herr von Beuchelt, gar gerne zufrieden seyn, wenn Msr. Boehmer dann und wann meine Feder wie Aaron den Mosen überhebt. Darf ich Sie beschweren, so bitte & . . . den 28. Febr. 1722.