[Weinet nicht, verwaiste Kinder]

[25] Als der hochehrwürdige, in Gott andächtige hochachtbahre und hochgelahrte Herr Benjamin Schmolcke, der Evangelischen Kirchen zur Heil. Dreyfaltigkeit vor Schweidniz hochverdienter Pastor Primarius, zum Inspectore unserer evangelischen Schule den 5ten Decembris a. 1714. solenniter introduciret und confirmiret wurde, entdeckte ihro hochehrwürden die kindliche Liebe und den schuldigen Gehorsam ihrer zukünftigen Schulsöhne.


Johann Christian Günther, Strig. Sil.


Weinet nicht, verwaiste Kinder,
Da der Himmel wieder lacht;
Seht, des Unglücks trübe Nacht
Hat den Tag zum Überwinder,
An welchem Glück und Sonnenschein
Einander der Verschwendung zeihn.
Schweigt, ihre bangen Klagelieder,
Sucht, ihr Thränen, euer Grab!
Zion legt die Trauer ab,
Zion nimmt den Brautschmuck wieder
Und crönt den heißen Danckaltar,
Der schon mit Moos bewachsen war.
Heute wird die stumme Wüste
Des betrübten Helicons,
Des bestürzten Libanons
Ein beredtes Schaugerüste,
[26]
Von dem der Musen Jubelfest
Die Traurigkeit verweisen läst.
Neulich, als der Gottheit Rache
Unsern Hirten plözlich traf,
Lehrte fast ein jedes Schaaf,
Daß des Höchsten Zorn erwache,
Und wir erfuhren, als er schlug,
Warum sein Arm den Donner trug.
Doch der Väter kluges Wehlen
Ändert unsern Waysenstand,
Und daher soll man den Sand
Eher als die Wüntsche zehlen,
Die unsers Herzens Danckbarkeit
Dem Wachsthum ihrer Häuser weiht.
Komm mit deinen süßen Lehren,
Theurester Gamaliel!
Wir, dein kleines Israel,
Sind bereit, dein Wort zu hören,
Weil Gott, der deine Gaben schäzt,
Dich über uns zum Hirten sezt.
Wir verpfänden dir die Herzen,
Dein Befehl ist unsre Lust,
Wir eröfnen dir die Brust
Als ein Feld voll Ehrenkerzen
Und leisten sonder Heucheley
Den ungezwungnen Eid der Treu.
Die Verräther unsrer Freude,
Mund und Zunge, küßen dich
Und verlangen inniglich,
Daß uns deine Vorsicht weide;
Hier, Vater, stellt die Liebe dir
Den kindlichen Gehorsam für.
[27]
Wir empfinden schon den Seegen
Als den Erstling deiner Huld;
Unsrer Sehnsucht Ungedult
Geht demselben schon entgegen,
Der, weil ihn Gott und Himmel küst,
Ein Nachbar Obededoms ist.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek