[146] 2.

Liegst, Italia, du schöne,
Nicht auch todt schon manch ein Jahr,
Von dem Dolch der eignen Söhne,
Von dem Schwert der Fremdenschaar?
Drum, Erschlagne, möcht' ich pflanzen
Dir ein riesig Kreuz von Stein;
Schlicht gehaun müßt's aus dem ganzen
Block carrar'schen Marmors sein.
Und es dien' zum Sarkophage
Apennins Gesteinkoloß,
Drauf das Kreuz der Trauer rage
Weithin, einsam, weiß und groß!
Auf dem höchsten Grat der Hügel,
Wo Ein Blick zugleich erschaut
Mit des Mittelmeeres Spiegel
Adria, die Dogenbraut!
Heult dein Leichenlied das eine
Der zwei Meere sturmeswild,
Mag das zweit' im Widerscheine
Wiegen sanft des Kreuzes Bild!
Nur der Adler, der in Spalten
Einst des Marmorbruchs gehaust,
Fliegt empor dann, Rast zu halten
Hoch am Kreuze, sturmumbraust.
[147]
Und die Sonne, die im Osten
Blüht als Rosenstrauch hinauf,
Klimmt hinan des Kreuzes Pfosten,
Schwebt als volle Ros' am Knauf.
Und verhüllt die Schmach zu hüten,
Neigt sich drauf der Baum der Nacht;
Aus der Sterne Silberblüthen
Mond, die Goldorange, lacht.
Doch wir, die dich lieben, sehen
Deine blühende Gestalt
Noch in deinen Rosen stehen,
Schlummernd ruhn im Lorberwald.

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