Sturmvogel
Im Gewande der Trauer
Schreit' ich über die Meere,
Aufrecht, wie einst der Glaube
Schritt zum Nachen des Herrn.
Unterm Flügel die Küchlein
Brüt' ich, und wie den Glauben,
Trägt den Schmerz auch die Welle,
Trägt auch des Schmerzes Brut.
Fern dort gleitet ein Schifflein,
Jubelnd mit Bechern und Harfen,
Grüßend mit Wimpfeln und Flaggen!
Schonst du der Lust auch, o Meer?
Hätt'st du, Schifflein, mein Auge,
In die Tiefe zu blicken,
Dir verstummten die Harfen,
Dir entsänke die Fahn'!
[227]
Wie langweilt ihr mich wieder:
Schweigende Meeresruhe,
Endlose todte Haide,
Ewiger Sonnenschein.
Vater Sturm, dich beschwör' ich
Und gebiete dir, hauche
Scharfen, stählenden Nordhauch
Meinen Jungen ums Herz!
Laß durchwandeln mich jauchzend
Grünenden Wellenhügel,
Dessen Gipfel ein Garten
Weißer Blüthen umschäumt!
Laß mich klimmen frohlockend
Ueber wogende Alpen,
Deren Häupter die Brandung
Krönt mit ewigem Schnee!
Spalte die Tiefen der Fluthen,
Daß am Grunde die Leiche
Wieder küsse den Lichthauch,
Sauge die Schimmer des Tags!
Trägst du gleich mir, o Schifflein,
Liebe Brut unterm Fittig,
Kinder der Lust, die das Meer nicht
Schont, wie die Kinder vom Schmerz?
Will dich warnend umkreisen,
Rufen vom Mast dir: Wehe!
Schreien vom Kiel dir: Wehe!
Ob auch das Herz mir jauchzt.
[228]
Ha, die Harfen verstummen
Und die Becher, sie sinken,
Und die Segel, sie fallen,
Bleich ist der jubelnde Mund!
Blitz, nun flattre dein Wimpel,
Donner, rühre die Harfe,
Sturm, nimm mich in die Arme,
Wieg' in Wonne dein Kind!