310. Hans Jagenteufel

Man glaubt: Wer eine der Enthauptung würdige Untat verrichte, die bei seinen Lebzeiten nicht herauskomme, der müsse nach dem Tod mit dem Kopf unterm Arm umgehen.

Im Jahr 1644 ging ein Weib aus Dresden eines Sonntags früh in einen nahen Wald, daselbst Eicheln zu lesen. In der Heide, an einem Grund nicht weit von dem Orte, das verlorene Wasser genannt, hörte sie stark mit dem Jägerhorn blasen, darauf tat es einen harten Fall, als ob ein Baum fiele. Das Weib erschrak und barg ihr Säcklein Eicheln ins Gestrüpp, bald darauf blies das Horn wieder, und als sie umsah, erblickte sie auf einem Grauschimmel in langem grauem Rock einen Mann ohne Kopf reiten, er trug Stiefel und Sporn und hatte ein Hifthorn über [294] dem Rücken hangen. Weil er aber ruhig vorbeiritt, faßte sie wieder Mut, las ihre Eicheln fort und kehrte abends ungestört heim. Neun Tage später kam die Frau in gleicher Absicht in dieselbe Gegend, und als sie am Försterberg niedersaß, einen Apfel zu schälen, rief hinter ihr eine Stimme: »Habt Ihr den Sack voll Eicheln und seid nicht gepfändet worden?« – »Nein«, sprach sie, »die Förster sind fromm und haben mir nichts getan, Gott bis mir Sünder gnädig!« Mit diesen Worten drehte sie sich um, da stand derselbe Graurock, aber ohne Pferd, wieder und hielt den Kopf mit bräunlichem, krausendem Haar unter dem Arm. Die Frau fuhr zusammen, das Gespenst aber sprach: »Hieran tut Ihr wohl, Gott um Vergebung Eurer Sünden zu bitten, mir hat's nicht so wohl werden können.« Darauf erzählte es: Vor hundertdreißig Jahren habe er gelebt und wie sein Vater Hans Jagenteufel geheißen. Sein Vater habe ihn oft ermahnt, den armen Leuten nicht zu scharf zu sein, er aber die Lehre in den Wind geschlagen und dem Saufen und Trinken obgelegen und Böses genug getan. Darum müsse er nun als ein verdammter Geist umwandern.

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