Franz Grillparzer
König Ottokars Glück und Ende
Trauerspiel in fünf Aufzügen

[974]

Personen

Personen.

    • Primislaus Ottokar, König von Böhmen

    • Margarethe von Österreich, Witwe Heinrichs von Hohenstaufen, seine Gemahlin

    • Benesch von Diedicz,
    • Milota,
    • Zawisch, die Rosenberge

    • Bertha, Beneschs Tochter

    • Braun von Olmütz, des Königs Kanzler

    • Bela, König von Ungarn

    • Kunigunde von Massovien, seine Enkelin

    • Rudolf von Habsburg

    • Albrecht,

    • Rudolf, seine Söhne

    • Friedrich Zollern, Burggraf von Nürnberg

    • Heinrich von Lichtenstein,
    • Berthold Schenk von Emerberg, östreichische Ritter

    • De alte Merenberg,
    • Seyfried Merenberg,
    • Friedrich Pettauer, steirische Ritter

    • Herbott von Füllenstein

    • Ortolf von Windischgrätz

    • Ottokar von Hornek

    • Merenbergs Frau

    • Paltram Vatzo, Bürgermeister von Wien

    • Der Bürgermeister von Prag

    • Ein kaiserlicher Herold

    • Der Küster von Götzendorf

    • Der Kanzler des Erzbischofs von Mainz

    • Elisabeth, Margarethens Kammerfrau

    • Ein Kammerfräulein Kunigundens

    • Abgeordnete der deutschen Wahlversammlung

    • Böhmische, östreichische, steirische, kärntnerische Landesherrn und Kriegsleute
    • [974]

1. Akt

Erster Aufzug

Im Schlosse zu Prag. Vorzimmer der Königin. Rechts und links Seitentüren, deren erstere zu den innern Gemächern führt. Vor derselben, Wache haltend, Seyfried von Merenberg, auf seine Partisane gestützt.
Frau Elisabeth mit einer andern Kammerfrau tritt aus den Zimmern der Königin.

ELISABETH.
Lauf, Barbara! lauf schnell nach Meister Niklas!
Die Königin scheint wohl, doch trau ich nicht.

Ein Diener ist gekommen.
ELISABETH.
Hast du den Balsam? Gut, gib her, mein Freund!
O unglückselger Tag! O arme Frau!

Der alte Merenberg kommt.
MERENBERG.
Wie gehts der Königin?
ELISABETH.
Verwunderlich!
Doch tut sie sich Gewalt, das sieht man wohl.
MERENBERG.
Wer ist bei ihr?
ELISABETH.
Der Graf von Habsburg, Herr!
O, daß ich das erleben müssen!

Ab ins Zimmer der Königin.
MERENBERG.
Sohn!
SEYFRIED
der gedankenvoll, auf seine Hallbarte gestützt, dagestanden hat.
Ihr, Vater?
MERENBERG.
Hast du schon gehört?
SEYFRIED.
Ja wohl!
MERENBERG.
Und sagst dazu?
SEYFRIED.
Ich glaubs nicht, Vater!
MERENBERG.
Wie?
SEYFRIED.
Nein, Vater! und bin so ergrimmt darob,
Daß ich den Lügnern mit der Hallbart hier
Den Kopf einschlagen möchte, allgesamt.
MERENBERG
zurücktretend.
O weh, mein Sohn! schlag deinen Vater nicht!
Denn ich glaubs auch.
SEYFRIED.
Ihr auch?
MERENBERG.
Ich weiß, mein Sohn.
SEYFRIED.
Wie? so ein Herr, ein Ritter, so ein König,
Und täte schlimm an seinem eignen Wort,
[975] Die Frau verlassend, die ihm angetraut?
Hab ich nicht knabenweis bei ihm gedient,
Und war er mir ein Muster, Vorbild nicht
Von jedem hohen Tun?
MERENBERG.
's wird keiner bös,
Der nicht, bevor ers ward, erst gut gewesen.
SEYFRIED.
Und was ich Löblichs tat und Gutes dachte,
An ihn hielt ichs und an sein adlich Walten,
Gar tief beschämt ob des zu großen Abstands.
Er hat die letzte Zeit mich schwer gekränkt,
Ich durft nicht mit ihm in die Ungarschlacht!
Denn seht, er denkt wohl, daß ein alt Gefühl
Für Bertha noch von Rosenberg – ihr wißt ja! –
O, hätt ich das aus seinem Leben fort,
Den einzgen Fleck, im andern steht er rein!
Doch glaubt! sie haben ihn dazu verleitet,
Die Rosenberg! Der Vater – pfui des Kupplers!
MERENBERG.
Denk, was du willst, nur eines halt für wahr:
Die Königin muß fort, und sie und ihre Diener,
Das Ärgste haben sie, das Äußerste zu scheun.
Ich geh noch heute heim nach Merenberg,
Auf meiner Väter Schloß, auch du mußt fort!
SEYFRIED.
Wie, Vater?
MERENBERG.
Du! dies törichte Vertrauen
Soll dich nicht selber an das Messer liefern.
Du folgst mir nach, zum Schein; allein in Bruck
Harrt dein ein treuer Knecht mit frischen Pferden,
Und während man dich bei dem Vater glaubt,
Eilst du nach Deutschland auf verborgnen Pfaden.
Die Königin will sich ans Reich nicht wenden
Mit ihrer Not; ich aber wills, hilft Gott!
Ich will nicht sehn die Tochter meines Herrn
Von Haus und Land vertrieben, ohne Schutz.
Du gehst nach Frankfurt und dies Schreiben gibst du

Er öffnet das Koller, in dem der Brief steckt.

Dem Erzbischof von Mainz. Allein, man kömmt,
Wir sind bewacht,

Indem er sich von ihm entfernt.

[976] Verschwiegenheit und Eile!
Ein Tag zuviel ist dreißig Jahr zu wenig!

Benesch von Diedicz und Milota kommen.
BENESCH.
War nicht Herr Zawisch hier?
SEYFRIED
indem er sich abwendet.
Ich sah ihn nicht!
BENESCH.
Er ritt doch nur ins Schloß!
MILOTA.
Sei ruhig, Bruder!
BENESCH.
Was ruhig? Sieh, ich bins! Der König wagts nicht!
Heiß ich nicht Rosenberg? Ist unser Haus
Im ganzen Lande nicht das mächtigste?
Und er sollts wagen? Solchen Schimpf? Ha, Possen!
Doch solls heraus, wer das Gerücht ersann;
Ich will ihn treffen, so – und so! – und so!
Bis in das vierte Glied!

Bertha von Diedicz kommt.
BENESCH.
Ha, Närrin, du?
Was willst du hier? Geh fort, auf dein Gemach!
BERTHA.
Ich kann nicht bleiben, rastlos treibts mich um.
Sie eilen durch das Schloß und flüstern sich
Entsetzliches mit scheuen Blicken zu.
Sagt, Vater, ist es wahr?
BENESCH.
Das fragst du mich?
Geh fort! Von hier!
BERTHA.
O Gott! wo find ich Menschen?

Indem sie auf Seyfried losgeht, zurückfahrend.

Ihr, Merenberg? Euch sollt ich eher meiden,
Vor allen euch; und doch, ihr seid ein Mensch!
Ich hab euch schwer beleidigt, Merenberg,
Doch rächt euch jetzt nicht, jetzt nicht! Seht mich knien

Sie kniet.

Sagt, ist es wahr?
SEYFRIED.
Was, Bertha?
BERTHA.
Ist es wahr?
Des Königs Eh getrennt!
SEYFRIED.
Der Vater sagts.
BERTHA.
Die andern sagens auch! – Und er vermählt –
Zu späte Scham, ist jetzo Zeit zu schämen?
Vermählt von neuem sich mit –
[977]
SEYFRIED
mitleidig.
Nicht mit Bertha
Von Rosenberg!

Sie drückt mit einem Ausruf ihr Gesicht an den Boden.
BENESCH
zu Seyfried.
Wer sagts euch? – Her zu mir!
MILOTA
auf sie zugehend.
Kommt, Nichte, kommt! hier ist kein Platz für euch!
BERTHA.
O Seyfried, schütze mich!
SEYFRIED.
Mit Gunst, Herr Milota!
Wenn ihr es wagt, die Hand an sie zu legen,
So stoß ich euch die Partisan in Leib.

Die Hallbarte gesenkt.
BENESCH.
Und wenn ich selbst – !
SEYFRIED.
Mir gleich!
BENESCH.
Verweigerst du dem Vater
Sein Kind?
SEYFRIED.
O, hättet ihr sie doch verweigert,
Sie läge jetzt nicht stöhnend vor uns da,
Daß mir das Herz im Innern um sich wendet!
BENESCH.
Wir hätten sie wohl dir vermählen sollen?
SEYFRIED.
's war besser, Herr, als jetzo solche Schmach!
BENESCH.
Mein Kind!
SEYFRIED.
Zurück! Mir hat sie sich vertraut,
Und ich weiß Anvertrautes zu bewahren!
BENESCH.
So soll mein Schwert!
SEYFRIED.
Laßt sein! Du aber fürcht dich nicht!

Zawisch tritt ein und bleibt beim Eingange laut lachend stehen.
ZAWISCH.
Ha, ha, ha, ha!
BENESCH
der sich rasch umgewendet hat; da er Zawisch erblickt.
Bist dus? Dich sendet Gott!
ZAWISCH.
Was kämpft ihr denn, ihr hochgesinnten Jäger,
So wutentzündet um des Bären Fell?
Herr Petz trabt wohlgemut durch Berg und Tal
Und weist euch seiner Zeit wohl noch die Pranken.
Schön Mühmchen, grüß euch Gott!

Zu Seyfried.

[978] Und ihr, Herr Weidmann!
Hebt eure Feder und seht nicht so kraus;
Ich bin kein Wild für euch!
BENESCH.
Nun sag, erzähle!
MILOTA.
Ja, Neffe, sprich!
ZAWISCH.
»Erzähle«! ›Sprich‹! Ei, was denn?
BENESCH.
Der König –
ZAWISCH.
Hat die Ungarn derb geschlagen,
Bei Kroissenbrunn;

Gegen Milota.

ihr, Ohm, wart ja dabei!
BENESCH.
Wer fragt um das?
ZAWISCH.
Der Friede ist gemacht:
Auf Österreich –
BENESCH.
Nicht doch!
ZAWISCH.
Auf Steiermark –
BENESCH.
Willst du mein spotten?
ZAWISCH.
Nu, was wollt ihr denn?
BENESCH.
Des Königs Ehe –
ZAWISCH.
Ei, die ist getrennt!
BENESCH.
Die Handfest ausgefertigt?
ZAWISCH.
Und besiegelt.
Die Königin geht heute noch nach Wien.
Von da –
BENESCH.
Und spricht man nicht? – Verdammt! – Mit wem

Gegen Bertha hin.

Regst du dich noch? – Mit wem der König? –
ZAWISCH.
Ah!
Mit wem er sich zum zweitenmal vermählt?
Ei, mit wem anders denn, als dort mit jener,
Mit eurer Tochter! Ihr habts schlau gekartet!
Erst führtet ihr das Mädchen still ihm vor,
Geschmückt! man konnte kaum was Schöners sehn!
Dann halft der Armen Mangel ihr an Witz
Mit euerm eignen nach. Was sie da Reden führte!
Die Königin von Saba kann nicht besser!
Zuletzt – nu, was weiß ich, was alles noch!
Kurz, er ist ganz berückt, und gebt nur acht,
[979] Er kommt zur Stund und freit um ihre Hand.
BERTHA
aufspringend.
Zu ihr, zu ihr! zu ihren Füßen sterben!

Ab in der Königin Gemach.
ZAWISCH.
Ha, ha, ha, ha!
MERENBERG.
Herr Zawisch!
ZAWISCH.
Lustig! lustig!
Wir wollen auf des Königs Hochzeit tanzen!

Zu Seyfried.

Ihr habt ja auch vordem um sie gefreit?
Weiß Gott! ich glaub, einmal zu Nacht, bei Wein,
Gefiel mir selbst ihr rot und weiß Gesicht!
Nu, gebt mir eure Hand, Herr Bundesbruder!

Seyfried wendet sich ab.
MILOTA.
Wozu das tolle Wesen! Grad und kurz:
Mit wem vermählt der König sich?
ZAWISCH.
So kurz
Als eure Frage soll die Antwort sein!
Mit Kunigunde von Massovien,
Des Ungarkönigs Nichte.
BENESCH.
Gift und Pest!
ZAWISCH.
Ihr wolltet selbst des Königs Eh getrennt,
Habt jahrelang euch weidlich drum bemüht;
Sie ist getrennt – und er freit Belas Nichte.
BENESCH
mit der Hand vor der Stirn.
Verraten, hintergangen! Schändlich, schändlich!
ZAWISCH.
Pocht nicht so hart an der Gedanken Tor,
Wenns früher schloß, macht jetzo doch nicht auf!
BENESCH.
Jetzt spottest du, und hast es selbst gebilligt!
ZAWISCH.
Gebilligt, ich? den Unsinn, die Verrücktheit!
BENESCH.
Ja, du, und du!
MILOTA.
Weil du Gewißheit vorgabst! –
BENESCH.
Bringt mir sie her, das Mädchen bringt mir her!
Sie soll nicht leben! Sie und ich! Oh! – Oh!
SEYFRIED
herüberrufend.
Schmäht ihr das Mädchen? Schmähet auf euch selbst!
Wer hieß euch glauben, daß für eure Tochter
Des Königs, ihres eignen Königs Hand –
[980]
ZAWISCH.
Das ließ sich allenfalls noch glauben, Herr!
Ein Merenberg wär toll, dächt er an so was;
Doch wir, die aus der Weltstadt Roma stammen,
Von den Patriziern, die den Erdkreis beugten,
Und, als Ursini, noch dem Throne stehn zunächst,
Auf dem Sankt Peters Macht ob Herrschern herrschet;
Wir mögen wohl nach Fürstenkronen trachten,
Und eine Rosenberg mag kühn und frei
Dem Besten sich vermählen dieser Erde.
Auch – ha, ha, ha, ha, ha!
MILOTA
der sich gesetzt hat.
Verdammt sein Lachen!
ZAWISCH.
Die Tochter rast, der Vater rauft sein Haar,
Und wir beweisen unsern alten Adel!
Und wär er älter als der Engel Fall,
Der König winkt, und knall! liegt er am Boden.
BENESCH.
Doch eh ich falle, Rache!

Milota anfassend.

Rache, Bruder!
MILOTA
der aufsteht.
Ich sann soeben und gedenk zu handeln!
ZAWISCH.
Regst du dich auch, vierschrötger Milota?
Ei ja, da muß der König nun wohl zittern!
BENESCH.
Wenn du – wenn du dich unsrer Sach entziehst,
Bist du kein Rosenberg; ein Schurk! Nicht wahr?
MILOTA.
So ists!
ZAWISCH.
Ei ja! Wie führen wirs denn aus?
Beim nächsten Kirchgang drück dich an den König
Und tritt ihm auf den Fuß. Das schmerzt verzweifelt,
Und so bist du gerächt!
BENESCH.
Er spottet unser!
Mein Kopf! Mein Kopf! – Er ist kein Rosenberg!
MILOTA.
Komm, Bruder, laß uns gehn! Wer lachen kann
Bei seines Hauses Schmach, verdient –
ZAWISCH.
Halt, Freund!
Wer seid ihr denn, ihr beide, daß ihr schmäht?
Die ihr auf offner Straße Racheplane
Zu tauben Wänden schreit und – offnen Ohren!
Verschwört euch auf dem Markt und treibt im Zimmer Aufruhr.
[981] Herr Merenberg, nicht wahr, das nenn ich Leute?
Der Rausch des Zorns ist wie ein andrer Rausch:
Das beste Mittel ist die frische Luft.
Drum fort ins Freie, meine werten Herrn!
Brennt unser Haus und können wir nicht löschen,
So laßt uns wenigstens die Hände wärmen.
Der König ist mein Herr, und damit holla!
MILOTA
ihm näher tretend.
Fast glaub ich, Freund, du denkst mehr, als du sprichst.
Sag, wofür hältst du uns?
ZAWISCH
laut.
Für wackre Leute:
Was man verschweigt, erratet ihr auch nicht;
Errietet ihrs, ihr könntets nicht verschweigen!
Es öffnet sich die Tür der Königin,
Sie kommt, mit ihr der Großalmosenier,
Der Graf von Habsburg. Laßt uns gehn.
Wir wollen sie nicht in der Hora stören.

Ziehn sich zurück.
Die Königin tritt aus ihrem Zimmer mit Rudolf von Habsburg. Hinter ihr zwei Diener, die Berthan ohnmächtig in einem Lehnstuhl heraustragen. Daneben Frau Elisabeth, die sie unterstützt.
MARGARETHE
im Auftreten gegen die zurückweichenden Rosenberge.
Da gehn sie hin; wie dunkle Wetterwolken,
Die, wenn sie sich entleert, nach Aufgang ziehn.

Gegen Bertha gewendet.

Bringt sie in ihr Gemach und sorgt für sie,
Nach wenig Augenblicken komm ich selbst.
RUDOLF.
Beinah zu viele Sorgfalt, gnädge Frau!

Bertha, von ihren Verwandten umgeben, wird fortgebracht; auch beide Merenberge entfernen sich.
MARGARETHE.
Sie selbst ist kaum so schlimm, nur schwachen Geistes,
Und töricht eitel, das hat sie verführt.
Doch ihre Vettern, ihre Anverwandten,
Der starre Milota, der Geifrer Benesch,
Und Zawisch, jener Schlimmste wohl von allen,
Mit Reichtum, Macht, und Hoffnung auf den Thron –
Ja, so weit ging der Übermütgen Stolz –
[982] Verlockten sie das leichtbetörte Kind.
Seit lange sah ich sie, die bösen Engel
Des Königs, meines Herrn, verstohlen reißen
An den nur allzuschwachen Banden, die
Kaum Ottokarn noch fesselten an mich.
Ich hörte, wie sie seinen Wunsch nach Erben,
Nach angebornen Folgern seines Throns,
Mit heuchlerischem Mitleid listig nährten. –
Ein Wunsch, gar wohl verzeihlich einem König!
Doch was soll Erbrecht, das aus Unrecht stammt?
Sie waren es, die dieser Ehe Trennung
Mit unermüdlicher Geschäftigkeit
Und ohne Auftrag fast des Königs trieben;
Denn eine ihres Hauses hofften sie
Zu setzen auf der Böhmen Herrscherthron:
Die Arme, die jetzt mit dem Wahnsinn ringt!
Wie oft war sie an Festen mir genüber,
Mit Schmuck bedeckt, des Hofes Schwall um sie;
Indes ich einsam saß mit meinem Gram.
Der König Augen nur für ihren Reiz,
Und Ohr für ihren Wunsch, des Mundes Dräun
Zur Schmeichelei herabgestimmt für sie.
Sie aber froh und stolz und überselig,
Wohl gar verächtlich blickend hin auf mich.
Da fühlt ich Mitleid mit dem armen Opfer
Und nahm mir vor, am Tage ihres Falls
Ihr mild zu sein und hilfreich ihrem Unglück.
O Ottokar, wie viel nimmst du auf dich!
RUDOLF.
Vergeßt nicht ob der Unbild an der Fremden
Der eignen, größern Unbild, gnädge Frau!
MARGARETHE.
O glaubt nicht, daß den König ich entschuldge!
Fern sei von mir, daß ich je Böses lobe!
Er handelt unrecht, unerlaubt an mir,
Und sagen will ichs ihm, tret ich vor ihn.
Bin ich nicht jung; ich hab es nie verhehlt!
Hat Gram der Züge Reiz mir ausgelöscht;
Er sah mich ja, bevor er um mich warb!
Vermißt er Munterkeit an mir und Scherz;
[983] Wer hieß den Muntern denn zur Freite gehn
Bei der unselgen Königin der Tränen,
Zum Grab gebeugt durch all der Ihren Tod?
Seitdem mit diesen Augen ich gesehn,
Im grausen Kerker von Apulien,
Den römschen König Heinrich, meinen Gatten,
Des harten Friedrich allzuweichen Sohn,
Von nahverwandten Händen liegen tot,
Und tot die beiden hoffnungsvollen Kleinen,
Die ihm mein Schoß, seitdem verschlossen, trug;
War Lust ein Fremdling dieser öden Brust,
Und Lächeln floh entsetzt von meinen Lippen,
Die Gram und Schmerz mit seinem Siegel schloß.
Was gibt man an als unsrer Trennung Grund?
Den ersten weiß ich: ich bin kinderlos
Und ohne Hoffnung, je ein Kind zu säugen;
Weil ich nicht will, weit mehr noch, als nicht kann!
Das wußte Ottokar, als er mich freite,
Ich sagt ihms, und er nahm es für genehm;
Denn auf mein reiches Erb von Österreich
War da sein Sinn gestellt und seines Vaters,
Des ländersüchtgen König Wenzeslav.
Was will der König also? Kinder, Erben?
Ein Bettlerkind säß besser auf dem Thron,
Als Königssöhne, die das Unrecht zeugte!
Was gibt man weiter an, als fernern Grund?
RUDOLF.
Verwandt seid ihr in unerlaubtem Grad.
MARGARETHE.
Man hat in meiner Jugend mir erzählt
Von einem Bela wohl und einem Geysa,
Die Brüder waren, Töchter hatten, und
Nach Österreich und Böhmen sie vermählten
In Väter Väterszeit. Der König spottet!
Es sind die Fürstenhäuser alle sich verwandt,
Und solchen Grads Erlassung fällt nicht schwer.
Auch hat man anfangs dessen nicht erwähnt!
RUDOLF.
Erinnrung kam mit der gelegnen Zeit!
MARGARETHE.
Glaubt nicht, daß mich bekümmert, fortzugehen,
Daß es mir leid tut um des Hofes Ehren!
[984] O, könnt ich jetzt, in diesem Augenblick,
Weit hinter mir der Krone Glanz und Pracht
Nach Haimburg hin, in meiner Väter Schloß,
Allwo ich saß nach meines Gatten Tod
Und sein und meiner Kinder Fall beweinte!
Der König sende heute noch mich fort,
Ich will ihm danken, wie ich nie gedankt!
Doch soll er mir die Ehe nicht betasten,
Beflecken nicht das Band, das uns vereint,
Und so der jüngstverfloßnen Jahre Lauf
Zum Greuel machen und zum Ärgernis!
Ich habe diese Krone nicht gesucht!
Auf Haimburg saß ich, meines Grams gedenkend,
Beinah dem allgemeinen Elend taub:
Denn Brand und Raub verwüstete mein Land;
Der Ungar hier, der Baier dort, der Böhme,
Sie hausten mit dem Schwert in Österreich,
Verderbend meiner Väter schönes Erbe.
Da tagten sie, die Herrn, zu Triebensee,
Wie sie dem Wesen einen Vogt gewännen,
Und Boten sandten sie ins Meißnerland,
Von dorther einen Fürsten sich zu holen,
Konstanzias, der Babenbergrin, Sohn.
Die Boten aber fing der König auf,
Der damals herrscht' in Böhmen, Wenzeslav,
Der Listige; und ließ nicht eher ab
Mit Bitten, Drohn, Versprechen und Geschenken,
Bis seinem Sohn, bis diesem Ottokar
Der Herren Wahl, des Landes Herrschaft wurde.
Der wollte, jener nicht; und neuer Krieg
Durchflammte glühnder meines Landes Fluren.
Da traten zu mir hin, auf Haimburgs Schloß,
Die Landesherrn und klagten ihre Not.
Ein Mittel als das einzge nannten sie:
Des Stärksten Recht durch meines zu verstärken,
Durch Ottokars Vermählung und die meine
Mit Böhmen zu vereinen Österreich.
Ich sagte: Nein! gedenkend meines Gatten,
[985] Der meine Treue mit sich nahm ins Grab.
Da führten sie mich auf des Schlosses Söller
Und zeigten mir das glutversengte Land,
Die Felder nackt, die Hütten leer, die Menschen tot.
Von Weibern, Kindern, Blutenden, Verletzten
Sah ich mit Schaudern, heulend, mich umgeben,
Zu mir um Rettung flehend, die's vermochte.
Da wollt ich alles und versprach es ihnen.
Sie aber brachten Ottokarn zu mir,
Mir ihn bezeichnend als den künftgen Gatten.
Mit schwarzem Aug aus schwarzen Brauen blickend,
Stand er in scheuer Ferne sinnend da –
Und maß, der Jüngling, mich, die Alternde.
Allein des Landes Not bei mir gedenkend,
Trat ich zu ihm und sprach ihn freundlich an;
Und so ward ich sein Weib. Ich hab ihn nie geliebt;
Ich dachte nie, ob ich ihn lieben könnte:
Doch sorgt ich still für ihn, und wie ich sorgte,
Fand ein Gefühl sich mir im Innern ein,
Das allen Schmerz der Liebe kennt, wenn auch
Nichts von der Liebe Glück. So wars mit uns.
Nun urteilt, ob Entfernung mich erschreckt.
Ja, ich will gehn, doch bleibt die Ehe fest,
Nichts ward verletzt, was ihren Bruch begehrte.
RUDOLF.
Von einem spricht man noch: daß ihr zu Trier,
Nach eures Gatten, König Heinrichs Tod,
Nicht mehr euch zu vermählen feierlich gelobt.
Doch ists Erdichtung wohl!
MARGARETHE.
Nein, das ist wahr!
Es war kein feierlich Gelübd, kein solches,
Das andre Bande kirchlich brechen könnte;
Doch hab ich es gelobt – und hätt es halten sollen!
Zu Trier lag ich im Gebet vor Gott,
Und ewge Treu und ewgen Witwenstand
Gelobt ich meinem Gatten, König Heinrich.
Nicht Manneshände sollten je berühren
Den kleinsten Finger mir, des Kleides Saum,
Und selbst ein Weib nicht meine Lippen küssen,
[986] Die einst an Heinrichs teurem Mund geruht.
Ja, ich gelobts, und alles Unheil rief ich,
Wenn ichs je bräche, nieder auf mein Haupt.
Das Unheil, merk ich, tut, was seines Amtes.
Nochmal, es war kein feierlich Gelübd!
Ich tats nur mir und meines Heinrich Schatten:
Doch wars Gelübd, ich hätt es halten sollen!
RUDOLF.
Was, gnädge Frau, soll ich dem König melden?
MARGARETHE.
Wie rasch wir sind, an andern das zu tadeln,
Was selber wir, wenn minder gleich, verübt!
Sagt König Ottokar, Herr Graf von Habsburg:
Das Ganze legt ich ihm auf sein Gewissen,
Was er entscheide, das sei mir genehm.
RUDOLF.
Ihr willigt ein?
MARGARETHE.
Ich widerspreche nicht.
RUDOLF.
Doch man verlangt zugleich, daß ab ihr tretet,
Das Land von Österreich und das von Steier,
Der Babenberger Gut.
MARGARETHE.
Ich habs getan.
RUDOLF.
Doch war es Schenkung um der Ehe wegen,
Der Ehe Trennung hebt die Schenkung auf.
MARGARETHE.
Ich will sie wiederholen.
RUDOLF.
Auch bedenkt,
Daß jene Lande Reicheslehen sind,
Dem Reich erledigt und nicht euch gehörig.
MARGARETHE.
Soweit mein Recht geht, geb ich es dahin.
Sagt das dem König, und zugleich:
Er soll vor Unrecht sorglich sich bewahren;
Denn auch das kleinste rächt sich. So lebt wohl!

Trompeten und Lärm auf der Straße.
DER ALTE MERENBERG
tritt ein.
Der König kommt!
MARGARETHE.
Gerechter Gott! – Ich will
Zu stärken mich versuchen durch Gebet.

Sie entläßt die beiden durch eine Handbewegung und geht in ihr Gemach. Die andern auf der entgegengesetzten Seite ab.
Thronsaal mit gotischen Bogen und Säulen. Der Thron an der zweiten Kulisse rechts. Im Vorgrunde zu beiden Seiten ein reichbedeckter Tisch mit einem Armstuhl.
[987] Kriegerische Musik, Trompetensignale und Volkszuruf von außen. Böhmische Große und Krieger treten, vom Hintergrunde her, auf, und stellen sich teils neben den Thron, teils gegenüber in Reihen. Links im Vorgrunde eine Deputation der Stadt Prag mit dem Bürgermeister an der Spitze. Die Mitte des Hintergrundes nimmt eine tatarische Gesandtschaft ein.
DER KANZLER
tritt auf.
Der König kommt!
ALLE.
Hoch lebe Ottokar!
OTTOKAR
tritt, ganz gerüstet, jedoch ohne Helm, vom Hintergrunde her rasch auf.
Habt Dank, ihr Herrn!

Er bleibt vor den tatarischen Gesandten stehen, die auf die Kniee niedergefallen sind.

Wer sind die Leute da?
KANZLER.
Gesandte, Herr, des Chanes der Tataren;
Sie bringen Gruß und bieten Freundschaftsbund.
OTTOKAR.
Heißt sie nur aufstehn! – Hört ihr? Auf vom Boden!
Ein sonderbares Volk und sonderbar bewaffnet!
Weist her den Säbel!

Er wiegt ihn in der Hand.

Viel zu krumm gebogen!

Er tut einen Hieb in die Luft.

Das nimmt dem Hieb die Kraft. Das müßt ihr ändern!
Ein krummes Schwert mag angehn; doch der Kraftpunkt
Soll mehr nach oben. Einer meiner Reiter
Jagt euer zehn mit seinem breiten Schwert!

Er gibt den Säbel zurück.

Und sonst die Rüstung! Wozu soll der Haarschopf
Da oben auf dem Scheitel? Für den Feind wohl?
Der faßt sich seinen Mann, zieht ihn vom Pferde
Und würgt ihn, wie er mag. Wäre ich ihr König,
In einer Nacht ließ ich sie alle scheren!
Sie sollen gehn und morgen wieder kommen!

Die Tataren ab.
OTTOKAR
im Vortreten.
Nun, haben wirs euch recht gemacht, ihr Herrn?
Vor Ungarn mögt ihr künftig ruhig schlafen;
Wir haben sie gejagt. – Was gibt es sonst?

Die Deputation der Stadt Prag ist vorgetreten.
OTTOKAR.
Wer seid ihr?
[988]
BÜRGERMEISTER.
Rat und Bürgermeister, Herr,
Von eurer vielgetreuen Pragerstadt.
OTTOKAR.
Was wollt ihr? – Ah! – Nur immer zu, ihr Herrn!
Ich bin ermüdet, nehmt mir meine Waffen!

Er wirft sich in einen Lehnstuhl links im Vorgrunde.
Zwei Diener sind beschäftigt, ihn zu entwaffnen.
BÜRGERMEISTER.
Großmächtigster,
Unüberwindlichster!
Es drang zu uns die Fama deines Siegs,
Und –
OTTOKAR.
Füllenstein!
FÜLLENSTEIN.
Hier bin ich, gnädger Herr!

Tritt vor.
OTTOKAR.
Wie hieß der Platz, wo wir die Ungarn jagten?
FÜLLENSTEIN.
Bei Kroissenbrunn.
OTTOKAR.
Hans Narr, da war das Lager!
Glaubst du, ich weiß den Ort nicht, wo ich stand?
Ich mein den Platz des letzten Reiterangriffs,
Der ganz entschied.
FÜLLENSTEIN.
Man nennt den Ort Marchegg,
Weil in die Ecke dort die March sich wendet.
OTTOKAR.
Marchegg, so soll man mir die Stadt auch nennen,
Die ich dort baun will zu des Siegs Gedächtnis!
Marchegg soll sein der Markstein meines Glücks,
Von dort aus weiter; denn wer hielte mich?
Und wer dort geht, noch in den fernsten Tagen,
Der soll von Ottokar und seinem Streiten sagen!

Er ist aufgestanden.
Zu den Dienern.

Was zögert ihr? – Ja so, du willst das Bein!

Er setzt sich wieder.

Herr Bürgermeister, zieht dort an der Schiene!
So gehts nicht! Fort! – Wer wird so lange zögern?

Er reißt selbst gewaltsam die Schiene ab und wirft sie mitten in den Saal.

Just in der Ecke dort der March, am Hügel jenseits,
Saß König Bela hoch auf seinem Stuhl,
Und Heinrich Preußel stand dabei, ich sahs wohl,
Der legt' ihm, wie der Knab im Puppenspiel,
Die Gegend aus und was sich drin begab,
[989] Und wer die Kämpfer waren, und so weiter.
Zum Anfang gings noch gut, doch als der Habsburg
Auf eins hervorbrach mit den schweren Reitern,
Und alles floh, was ungrisch fluchen kann,
Und in die March! daß ihre Zottelbärte
Wie Schilfgras aus gedämmtem Wasser ragten –
Wo ist der Habsburg? Hei, beim reichen Gott,
Er hielt sich wohl! Sonst ein gar stiller Mann,
Doch wenn er angreift, wie der böse Teufel.
Wo ist Graf Habsburg?
DIENER.
Sollen wir ihn rufen?
OTTOKAR.
Laßt nur! – Als das der Ungarkönig sah,
Da braucht' er keines Dolmetsch weiter mehr.
Mit beiden Händen fuhr er sich ins Haar
Und zog sich feindlich. Ei, dacht ich mir, Herr,
Spart euch die Müh, wir können das viel besser!
Doch ist er Freund uns jetzt und Bundsgenoß,
Da muß man Gutes nur und Liebes sprechen!
Nun, seid ihr endlich fertig?

Er steht auf.

Hut und Mantel!
Und wie stehts hier bei euch, Herr Bürgermeister?
Habt ihr indes geträumt?
Der Hut da drückt.

Da der Diener zögert.

Zum Teufel, einen andern Hut! – Wie also?
Die Mauer auf dem Wischehrad ist fertig?
BÜRGERMEISTER.
Ja, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Die Moldaubrücke auch?
BÜRGERMEISTER.
Nur gestern ward der letzte Stein gefügt.
OTTOKAR.
Ja, weil ihr wußtet, daß ich heute kam!
Den Deutschen, die ich sandte, Sachsen, Baiern,
Ward schon die untre Vorstadt eingeräumt?
BÜRGERMEISTER.
Verzeihet –
OTTOKAR.
Ists geschehn?
BÜRGERMEISTER.
Eur Hoheit –
OTTOKAR.
Ja?
BÜRGERMEISTER.
Noch nicht.
[990]
OTTOKAR.
Warum nicht? Gottes Feur! Warum nicht?
BÜRGERMEISTER.
Wir wollten noch einmal eur Hoheit angehn,
Eh wir vertrieben so viel treue Böhmen –
OTTOKAR.
Vertrieben! Was vertrieben! Wollt ich das?
Sie sollten nach Chrudim, dort waren Äcker
Und Baugrund ihnen dreifach angewiesen,
Und dreifach alle Kosten der Versetzung.
Doch aus der Vorstadt sollen sie heraus!
Sie sollen, müssen! Müssen, Gottes Donner!
Ich weiß wohl, was ihr mögt, ihr alten Böhmen:
Gekauert sitzen in verjährtem Wust,
Wo kaum das Licht durch blinde Scheiben dringt;
Verzehren, was der vorge Tag gebracht,
Und ernten, was der nächste soll verzehren,
Am Sonntag Schmaus, am Kirmes plumpen Tanz,
Für alles andre taub und blind;
So möchtet ihr, ich aber mag nicht so!
Wie den Ertrinkenden man faßt am Haar,
Will ich euch fassen, wos am meisten schmerzt;
Den Deutschen will ich setzen euch in Pelz,
Der soll euch kneipen, bis euch Schmerz und Ärger
Aus eurer Dumpfheit wecken und ihr ausschlagt
Wie ein gesporntes Pferd. Ihr denkt der Zeit,
Da eure Fürsten saßen an dem Herd
Und einen Kessel führten in dem schnöden Wappen;
Ich bin kein solcher, straf mich Gott!

Man hat ihm den Mantel umgegeben.

Seht her!
Der Mantel ward in Augsburg eingekauft.
Das Gold, der Samt, die Stickerei, das Ganze,
Könnt ihr das machen hier in eurem Land?
Ihr sollt! Bei Gott, ihr sollt! Ich will euchs lehren! –
Mit Köln und Wien, mit Lunden und Paris
Soll euer Prag hier stehn in einer Reihe!
Die Länder, die euch herrisch sonst gehöhnt,
Ich habe sie bezwungen mit dem Schwert:
Der Ungar flieht, der Baierfürst hält Ruh,
Und Österreich, die wackre Steiermark
[991] Und Portenau und Krain und Deutschlands Eger,
Ich habe sie vereinigt meinem Reich.
In alle Fernen trug ich Böhmens Namen,
Aus allen Fernen tönt zurück sein Ruhm.
Wie meine Väter konnt ich ruhig schlafen,
Euch lassen schlafen, so wie eure Väter;
Für wen hab ichs getan? Für euch!
Doch sollt ihr nach, des geb ich euch mein Wort!
Hin auf des Berges Mitte stellt ich euch,
Und nun klimmt weiter, oder brecht den Hals!

Indem er sich abwendet.

Daß mir die Deutschen in die Vorstadt kommen!

Kanzler tritt ein und nähert sich dem Könige.
OTTOKAR.
Was ist?
KANZLER.
Die Königin, wie ihr befahlt –
OTTOKAR
wieder zu den Bürgern gewendet.
Auch das noch, das noch, seht, um euretwillen!
Was einem jeden Mann das Teuerste,
Die Ruh im eignen Haus, hab ich gestört,
Um eure Ruh, um eurer Kinder Ruhe.
Damit nach meinem Tod mein Reich nicht erblos,
Mein Werk das Spiel nicht werde innern Zwists,
Hab ich von Margarethen mich getrennt,
Die keines Erbens Hoffnung mehr gewährt
Und neuer Bande Wechsel mich gefügt.

Zur ganzen Versammlung gewendet.

Ja, ja, ihr Herrn, damit ihrs alle wißt:
Zur Festigung des nun geschloßnen Friedens
Hat König Bela mir die Hand geboten
Von Kunigunden, seinem Enkelkind,
Des Herzogs von Massovien einzgen Tochter.
Da nun seit lang die Bischöfe des Reichs
Mich warnten meiner Eh mit Margarethen;
Wie denn auch manches sonst dagegen spricht:
Denn erstens ist sie alt und unfruchtbar,
Kein Erbe läßt sich mehr von ihr erwarten;
Dann ist sie mir verwandt in – was weiß ich,
In welchem und wievieltem Grad, und endlich –
[992] Allein wozu noch lange eins und zwei;
Denn erstens, zweitens, drittens: bleibts dabei!
Die Königin wird kommen, Handfest unterzeichnen,
Die Schenkung wiederholen ihrer Lande,
Und des zu Zeugen seid ihr hier versammelt.

Er besteigt den Thron.
DER KANZLER
der seine Papiere auf demselben Tische ausgebreitet hat, an dem vorher der König saß, tritt nun mit einer Urkunde in der Hand in die Mitte des Saales.
Nun Ruh in Ehrfurcht ist des Königs Wille!

Margarethe, in einen nachschleppenden Mantel gekleidet, die Krone auf dem Haupte, tritt, von Habsburg und Merenberg begleitet, von Frauen gefolgt, ganz im Vorgrunde links auf.
KANZLER.
Erlauchte Frau und Königin Margrethe,
Von Östreich Herzogin und Steiermark,
Des weiland römschen Königs Heinrich Witwe,
Derzeit vermählt mit Böhmens hohem Herrn.
Wer führt das Wort in eurer Gnaden Sache?
MARGARETHE.
Ich selbst!

Ablehnend zu Merenberg, der vorgetreten ist.

Laßt nur, Herr Merenberg! – Ich selbst!
Allein will ich des Zornes Makel tragen
Und reden, so wie leiden, ich allein!
KANZLER.
Ist euch bekannt –?
MARGARETHE.
Ich weiß!
KANZLER.
Nun denn, mit Gott!
Es hat ein heilger Send, zu Wien versammelt,
Im Vorsitz Guido, Kardinal-Legats,
Des Titels von Sankt Laurenz in Lucina,
Zu Recht gesprochen ob dem Eheband,
Das euch verbunden unserm gnädgen Herrn;
Und in Betracht, daß ihr im vierten Grad,
Durch Bela, Ungarns König und durch Geysa,
Als leiblich naher Brüder Kindeskinder,
Gedachten unserm gnädgen Herrn verwandt;
In weiterm Anbetracht, wie vorgekommen,
Daß ihr nach eures ersten Herren Tod,
Des hochbelobten römschen Königs Heinrich,
[993] Euch nicht mehr zu vermählen ein Gelübd
Zu Trier getan, im Katharinenstift –
MARGARETHE.
Es war kein feierlich Gelübd!
OTTOKAR.
Hier stehts!
Fahrt fort!
KANZLER.
Als hat –

Trompeten von außen.
OTTOKAR.
Was ist?
EIN DIENER.
Die Stände, Herr,
Von Österreich sind in die Burg gezogen,
Den Fürstenhut des Landes bringen sie.
OTTOKAR.
Hierher! Sie kommen als gelegne Zeugen!

Die Stände von Östreich, den Herzogshut auf einem Kissen vor sich hertragend, treten ein.
HEINRICH VON LICHTENSTEIN
als Wortführer.
Es hat dein tapfres Schwert, erhabner Fürst,
Entschieden in dem Streit mit Ungarns König,
Wer Herr soll sein in unserm schönen Land.
Geendet ist der blutig schwere Zwist,
Und leichten Herzens wiederholen wir
Die Huldgung; die erst jetzt in voller Kraft.

Zu Margarethen gewendet.

Vor allem aber dir, erlauchte Frau,
Dem edlen Sproß des alten Heldenstammes,
Der ruhmvoll lang ob Österreich gebot –
OTTOKAR.
Laßt das nur sein und stellt euch ruhig hin!
Statt neuer Huldgung denkt auf alte Treu
Und haltets einmal, statt es zweimal zu versprechen!

Zum Kanzler.

Fahrt fort!
KANZLER.
Als haben sie zu Recht erkannt,
Daß solches Bündnis länger nicht bestehe,
Erklären es für null und aufgehoben.
Die Schenkung, die ihr früher habt gemacht
An euern Herrn mit eures Stammes Erbe,
Sie bleibt in Kraft, und ihr seid aufgefodert,
Sie noch einmal, der Form nach, zu bestätgen.
[994] Euch angewiesen wird, als Leibgeding,
Die Stadt von Krems, das Polan rings um Horn
Und Grevenberg von unsers Herren Gnade.
MARGARETHE.
Habt ihr geendet?
KANZLER.
Ja, erlauchte Frau!
MARGARETE.
Ich könnte manches noch entgegensetzen!
OTTOKAR.
Wozu? Es bleibt der Spruch in Kraft.
MARGARETHE.
Doch unterwerf ich mich!
OTTOKAR
vom Throne steigend.
Nun gut, was mehr?
MARGARETHE.
Und geh von hinnen, wie man es begehrt –
OTTOKAR
auf sie zugehend.
Mich freut, daß ich euch klug und billig finde;
So hab ich Margarethen stets gekannt
Und stets geachtet euch als eine solche.
Es ist ja nicht der Jugend wilder Kitzel,
Der gärend feurge Drang nach Neuerung,
Was mich euch meiden heißt; es ist mein Land,
Das in mir Ehen schließt und Ehen scheidet.
So hoch ein Mensch mag seine Größe setzen,
So hoch hat Ottokar gesetzt die seine.
In Böhmen herrsch ich, bin in Mähren mächtig;
Zu Östreich hab ich Steier mir erkämpft,
Mein Oheim siecht, der Kärnten nach mir läßt.

Vertraulich und leiser.

Im nahen Ungarn hab ich meine Hand,
Die Großen sehn auf mich, die Mißvergnügten;
Es will mir Schlesien wohl, und Polen schwankt,
Wie sturmgepeitscht ein Schiff, in meinen Hafen.

Wieder lauter.

Vom Belt bis fern zum adriatschen Golf,
Vom Inn bis zu der Weichsel kaltem Strand
Ist niemand, der nicht Ottokarn gehorcht;
Es hat die Welt seit Karol Magnus Zeiten
Kein Reich noch wie das meinige gesehn.
Ja, Karol Magnus Krone selbst,
Sie dünkt mich nicht für dieses Haupt zu hoch.
Nur eines fehlte noch: nur eins und – alles:
Der Erbe, ders empfängt aus meiner Hand.
[995] Den Giebel setz ich auf an meinen Bau;
Margrethe, weiß ich, wird mirs nicht mißgönnen.
MARGARETHE.
Ich gönn euch alles, gönn euch mehr als mir!
Auch ists mein Vorteil nicht, es ist der eure,
Was mich noch einmal warnend sprechen heißt.
Geliebt es euch, so folgt mir nebenan –
OTTOKAR.
Sprecht immer hier; nur unter Königen
Ist Ottokar der König, nicht allein.
Die hier gehorchen –
MARGARETHE
schnell.
Doch wie lange, Herr?
Das ists, woran ich warnend mahnen wollte!

Näher zu ihm tretend.

Die Länder all, das Erbe meines Hauses,
Sie wurden euch durch Margarethens Hand.
Weiß Gott, ich scheide gern! Doch wie ich scheide,
Schwingt wieder Aufruhr zischend seine Fackel,
Und gegen euch –
OTTOKAR.
Seid ihr 'ne Bäckersfrau,
Die ihren Altknecht freit auf ihr Gewerb,
Und fürchtet ihr, sie kommen, von der Stadt,
Und nehmen mirs, sobald die Herrin fort?

Halb gegen die Stände gewendet.

Ich halte sie, seht ihr, mit dieser Hand;
Sie sollen sich nur regen, wenn sies wagen!
MARGARETHE.
Umringt seid ihr mit Argen und Verrätern!
OTTOKAR.
Lehrt ihr den Ottokar die Seinen kennen?
Ich gehe meinen Gang, was hindert, fällt.
MARGARETHE.
Ihr steht am Abgrund, glaubt mir, Ottokar!

Wiederholte Trompetenstöße.
DIENER
kommt.
Die Landesherrn von Steiermark sind unten
Und bitten, daß du gnädiglich sie hörst.
OTTOKAR.
Laßt sie herein! – Ihr seht wohl, Margaretha,
Die Unglücksprophezeiung tritt nicht ein!

Die Stände von Steiermark treten ein, den Herzogshut vor sich her auf einem Kissen.
DER WORTFÜHRER
indem er vor Margarethen das Knie beugt.
Erlauchte Frau!
[996]
MARGARETHE
ablehnend.
Nicht mir!
OTTOKAR.
Zu mir, mit Gunst!
Der König ist, der Königinnen macht!
Schweigt immerhin, ich weiß schon, was ihr wollt.
Ich hab eur Land den Ungarn abgestritten,
Und werd es wahren gegen jedermann;
Auch gegen euch, wenns irgend etwa not.
Stellt euch nur hin und wartet ruhig ab.
Im übrigen betrachtet mich genau,
Damit ein andermal ihr gleich beim Eingang wißt,
Vor wem ihr habt zu knien!

Die Steirer stellen sich in eine Linie mit den Östreichern, dem Throne gegenüber, die Träger der Kronen voran.
OTTOKAR.
Nun noch zum letzten!
Habt ihr die Handfest hier, Herr Kanzellar,
Die Schenkungsurkund von der Fürstin Landen?
KANZLER.
Ich nicht; die gnädge Frau –!
OTTOKAR.
Habt ihr sie, Margarethe?
MARGARETHE.
Im Schrein verschlossen meiner Hauskapelle
Liegt sie verwahrt.
OTTOKAR.
Nun gut, ich sende drum!
MARGARETHE.
Noch hat kein menschlich Aug des Schreines Inhalt,
Den Schatz gesehn, den mir sein Schloß bewahrt.
Bei meines Heinrich teurem Abbild liegt sie,
Bei meiner beiden Kinder Totenhemd.
Beim Schreckenspfeil, den an der Leitha Strand
Man blutig zog aus meines Bruders Herzen.
Erlaubt ihr, geh ich selbst!
OTTOKAR.
Wies euch gefällt.

Trompeten und Jubelgeschrei von außen.
DIENER
kommt.
Ach, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Was ist?

Die Landesherrn von Kärnten, Ritter und Bauern bunt gemengt, treten auf, den Herzogshut vor sich auf dem Kissen.
OTTOKAR.
Wer sind die?
[997]
MARGARETHE.
Soll ich?
OTTOKAR.
Ich bitt euch drum! – Ihr seht, ich bin beschäftigt!
Noch mehr der Kronen?

Margarethe geht ab.
DIENER.
Gnädger Herr, der König
Von Ungarn reitet ein –
OTTOKAR
auf den Kronenträger zugehend.
Wer seid ihr, Leute?
WORTFÜHRER DER KÄRNTNER.
Der Herzog Kärntens, euer Gnaden Oheim –
OTTOKAR.
Ist er gestorben?
KÄRNTNER.
Ja, erlauchter Herr,
Und kraft des Erbvertrags mit euer Gnaden
Fällt euch das Land, die Herzogskrone zu.
OTTOKAR.
Betrauern mag ihn, wer sein Land nicht erbt!
Seid mir willkommen, meine wackern Kärntner!
Fügt eure Krone dort zu jenen beiden,
Und laßt mich freun des königlichen Anblicks.

Die Kärntner stellen sich in die Reihe der andern Stände.
OTTOKAR.
Man lärmt ja noch! Was ist?
DIENER.
Ich sagt es ja!
Der König Ungarns, Herr, ist eingeritten.
Mit ihm Gesandte von dem Reichsvereine,
Den Doppeladler tragend vor sich her,
Und alles ruft –
VON AUSSEN.
Heil Ottokar, dem deutschen Kaiser!
DIE IM SAALE.
Heil Ottokar, dem deutschen Kaiser, Heil!
OTTOKAR
im Vorgrunde.
Nun, Erde, steh mir fest!
Du hast noch keinen Größeren getragen!

Er eilt in den Hintergrund, dem Ungarkönige entgegen. Indes tritt der alte Merenberg zum Schenk von Emerberg, der ganz im Vorgrunde links, der äußerste unter den östreichischen Ständen steht.
MERENBERG
leise.
In dieses Tuch gewickelt ist ein Brief,
Gib ihn an meinen Sohn, er weiß darum.
Ich geh nach Merenberg. Und heiß ihn eilen!

Er läßt das Tuch mit dem Briefe fallen und entfernt sich. Emerberg hebt es auf.
[998] Der König von Ungarn tritt auf mit Gefolge.
OTTOKAR
ihm entgegen.
Erlauchter Herr und Vater, will es Gott!
BELA
zurücktretend.
Bevor ich rede, laßt erst diese sprechen!

Die Gesandtschaft des Reichstages tritt vor.
ERSTER ABGESANDTER.
Des Heilgen Römschen Reichs gemeine Fürsten,
Zu Frankfurt auf der Kaiserwahl versammelt,
Sie senden uns an dich, o Fürst von Böhmen.
Die Augen haben sie nach dir gewendet,
Die einen Kaiser suchen für das Reich.
Doch ziemt uns nicht, als Herren den zu wählen,
Der unsre Wahl wohl gar zurückeweist:
Drum sollen wir dich fragen, hoher Herr,
Ob, wenn der Wahltag dir die Krone beut,
Dem Reiche du dich unterziehen werdest?
Verweigr es nicht! es geht ein alter Spruch:
Des Reiches Adler werde Ruh erst finden
Im Nest des Löwen; wohl, großmütger Löwe,

Er ergreift ein Schild mit dem Sinnbilde des Löwen, das an den Stufen des Thrones lehnt, und hebt es in die Höhe.

Nimm auf den Adler, der verloren fleugt,
Und schirm ihm stark gen alle seine Feinde!
OTTOKAR.
Ha, was ist das? Wer hat mir das getan?
Das ist der weiße Löwe nicht von Böhmen!
Der Löw ist rot!
RUDOLF VON HABSBURG
der zur Seite des Thrones rechts im Vorgrunde gestanden hat, vortretend.
's ist Habsburgs Löwe, Herr!
Der Schild ist mein! Ich legt ihn, kommend, ab.
EIN ZWEITER DER ABGESANDTEN.
Ihr seid der Graf von Habsburg?
RUDOLF.
Ja, der bin ich!
ZWEITER ABGESANDTER.
In Böhmen hier?
RUDOLF.
Vom Kreuzzug kehr ich heim.
OTTOKAR.
Genug! – Ihr harret, mein Herr Abgesandter,
Bis man euch wieder ruft!

Zum König Bela gewandt.

[999] Mein edler Fürst,
Nun ruft die Pflicht mich doppelt her zu euch!
BELA.
Zuerst stell ich euch meine Kinder vor.
Hier Ladislaus, der Erbe meines Throns
Und hier ein anderer –
OTTOKAR.
Hat König Bela
Der Enkelsöhne mehr?
BELA.
Ihr argwohnt nicht?
Man weiset dich zurück!
KUNIGUNDE.
Und doch war ichs,
Die euch am meisten wünschte zu gefallen!
Nehmt ihr mich unter eure Krieger auf?

Sie wirft den Reitermantel und ungarischen Kalpak weg und steht als Weib gekleidet da.
ZAWISCH
der auf der linken Seite des Saales, nicht weit von ihr steht, laut.
O schöner Krieger!
KUNIGUNDE
umgewendet.
Ha, wer spricht?
OTTOKAR
zornig.
Wer sprach?
ZAWISCH
gleichfalls umsehend.
Von dorther schiens, vom Winkel her zu tönen!
KUNIGUNDE
rasch.
Ihr warts –
wohl nicht. Ihr würdet nicht so frech,
Da ich so nahe stand, mir sonst es leugnen!
Mein König, ihr verzeiht die Überraschung.
Sie wollten erst mich vor den Toren lassen,
Doch triebs mich hier zu sein und also kam ich.
RUDOLF
der sich wieder in den Vorgrund rechts gestellt hat.
Der rücksichtslosen, rohen Übereilung!

Die Königin Margarethe kommt mit Schriften.
OTTOKAR
mit einer Bewegung gegen sie hin.
Jetzt ist nicht Zeit!
MARGARETHE
sich am Sessel haltend.
O Gott! Wer bringt mich fort!
MERENBERG
vortretend.
Der Königin zu Hilf!
OTTOKAR.
Wer rief euch, Herr?
Wer hieß euch weichen dort von eurem Platz?
[1000] Ihr habt euch einmal unnütz schon gemacht!
Dorthin!

Merenberg tritt zurück.
MARGARETHE
schwach.
Nur fort! – Nimmt sich den niemand an?
RUDOLF VON HABSBURG.
Hier ist mein Arm, erlauchte Königin!
Stets war bei Habsburg der Gekränkten Schirm.
OTTOKAR.
Und wer hats euch geheißen?
RUDOLF.
Kennt ein Heißen,
Wer kein Verbieten kennt?
OTTOKAR.
Ihr seid, vergeßts nicht,
In meinem Land!
RUDOLF.
Nicht länger, als ich will!
Als freier Krieger focht ich eure Schlachten,
Um Lohn nicht, und den Dank selbst schenk ich euch!
Ich bin nicht euer Mann.
OTTOKAR.
Nicht von der Stelle,
Bis der entschieden, dem Entscheidung ziemt!
DER ZWEITE DER ABGESANDTEN
tritt vor.
So will denn ich hier diese Fürstin schirmen!
Der Kanzler ich des Erzbischofs von Mainz,
Von ihm der Wahlgesandtschaft beigesellt,
Damit ich höre, wo die andern reden.
Erkennt ihr mich, Graf Habsburg?
RUDOLF.
Nein, fürwahr.
ZWEITER ABGESANDTER.
Gabt ihr nicht einst im Walde nah bei Basel
Dem Priester, der das Allerheilge trug
Zu eines Kranken Trost, und aufgehalten
Vom wütgen Strom der Aar, am Ufer irrte,
Das eigne Pferd, die Flut drauf zu durchsetzen?
RUDOLF.
Und dieser Priester –?
ABGESANDTER.
Habt nicht später dann
Den Erzbischof von Mainz ihr treu geleitet
Durch feindlich Land, durch Krieg und Brand und Tod,
Als er nach Rom zog zu dem Heilgen Vater?
Des Bischofs Sekretar, auf sein Geheiß,
War oft euch nah und prüft' euch im Gespräch.
Vermöchtet ihr ihn nicht mehr zu erkennen?
[1001]
RUDOLF.
Seid ihrs?
ABGESANDTER
zur Versammlung gewendet.
Für diese Frau, als Reichesfürstin,
Begehr ich frei und offenes Geleit.
Herr Graf von Habsburg, gebt ihr euren Arm,
Wir wollen sie zur sichern Ruhstatt führen!
Im Namen denn des Heilgen Römschen Reichs,
Gebt Raum der Herzogin von Osterreich!

Führt mit Rudolfen die Königin Margarethe ab.
OTTOKAR.
Bin ich eur Kaiser, sollt ihr anders sprechen!
DER ERSTE DER GESANDTSCHAFT.
Geliebts euch, Herr, uns Antwort zu erteilen?
ZAWISCH
sich vordrängend.
Raubt ihr uns unsern König, unsern Herrn?
Ist er nicht mächtig? was bedarf er euer?
Wie Gott im Himmel, herrschet er auf Erden;
Nur Sorgen und nicht Nutzen schafft das Reich,
Laßt ihn, und bietet Deutschen eure Gaben!
Ihr gebt nur, weil ihr braucht! Laßt unsern Herrn!
OTTOKAR.
Er spricht zum Teil ganz gut, Herr Abgesandter,
Gar viel ist abzustellen in dem Reich,
Gar mancher Trotz zu beugen und zu strafen;
Ich seh wohl, euer Herr war euer Knecht.
Ich bin ein reicher Fürst von Böhmen, Gott verhüte,
Daß ich ein armer Kaiser wollte sein.
Doch mögt ihr harren, ob es uns gefällt,
Vielleicht euch günstgre Antwort zu erteilen.

Zu Kunigunden gewendet.

Nun bin ich euer, ganz mit Seel und Leib.
ZAWISCH.
Es lebe Ottokar!

Unter Trompetengetön.
ZURUF VON ALLEN SEITEN.
Von Böhmen König!
Herzog von Östreich!
Steier!
Kärnten!
Krain!
Der Deutschen Kaiser! Lebe Ottokar!

Der Vorhang fällt.
[1002]

2. Akt

Zweiter Aufzug

Offener Gartensaal, gegen den Hintergrund zu mit einem halbmannshohen Marmorgeländer geschlossen. Es wird angenommen, daß hinter demselben der Garten terrassenförmig abwärts geht. Im Vorgrunde zu beiden Seiten Türen, daneben Bildsäulen. Der Haupteingang ist zwischen den Säulen, links an der Balustrade

ZAWISCH
tritt lachend auf.
Ich bin verliebt! O weh, mein Herz ist fort!
Ihr Leute kommt zu Hilfe! Ha, ha, ha!
Wie sie mich ansah mit dem schwarzen Blick,
Die stolze Ungarin! Hilft alles nichts!
Und schön ist sie, beim wunderbaren Gott!
Ein adlig, wildes, reuterscheues Füllen,
Den Zaum anschnaubend, der es bändgen soll.
Auch sonst geht alles, wie es Gott gefällt!
Die Österreicher reißen tüchtig aus,
Seit Margarethe fort, die Königin.
Der eine rechts, der andre links; doch alle
Nach Frankfurt auf die Kaiserwahl. Nu, nu!
Sie legen dort wohl die Gesuche nieder,
Daß man doch ja Herrn Ottokar erwähle!
MILOTA
von innen.
Nur hier herein indes!
ZAWISCH.
Wen bringt man da?

Gewaffnete bringen Seyfried von Merenberg gefangen. Milota, ganz gerüstet, folgt, einen versiegelten Brief in der Hand.
MILOTA.
Der König ist noch beim Turnier?
ZAWISCH.
Ja wohl!
Sieh da, Herr Merenberg? und so begleitet!
MILOTA.
Sein Vater, der Verräter, sandt ihn fort,
Mit diesem Schreiben an den Erzbischof
Von Mainz. Er hatt ihm Eile wohl geboten –
SEYFRIED.
Ob ers gebot!
MILOTA.
Allein der junge Herr,
Da ihn sein Weg am Schloß vorüberführte,
Wo Bruder Benesch haust mit seiner Tochter,
Wollt er noch einmal sehn sein altes Lieb;
Doch fing man ihn und sendet ihn hierher.
[1003]
ZAWISCH.
So? Bei schön Mühmchen? Ei, bei Fräulein Bertha?
SEYFRIED.
Im heißen Fieber liege sie und rase,
Ward mir gesagt. Ich wollte sie nur sehn,
Nur wissen, ob sie lebt, und so gab ich
Des Vaters Haupt und mich in ihre Hand.
Tor, der ich war, verruchter, blinder Tor!
MILOTA.
Hier ist der Brief, die Aufschrift an den Mainzer.
SEYFRIED.
Herr Zawisch, seht, ich hab euch nie geliebt!
Für doppelsinnig hielt ich euch und falsch,
Doch sagt mein Vater, Menschen kennt ich nicht;
O zeigt mir, Herr, daß ich euch nicht gekannt!
Gebt mir den Brief, laßt ihn uns hier vernichten.
Mit mir könnt ihr beginnen, was ihr wollt!
Ich hab euch sonst wohl auch schon Liebs getan:
Als ihr mit euren Sippen da und Freunden,
Wißt ihr? im Vorgemach der Königin
Gar sonderbare Reden einst geführt;
Ich ging nicht hin und sagts dem König an,
Wie ich gekonnt, vielleicht wohl gar gesollt!
Denn damals ehrt und liebt ich noch den König,
Als meiner angebornen Fürstin Gatten
Und meinen wahren, rechtgesinnten Herrn.
ZAWISCH.
Hörst du, Freund Milota?
MILOTA.
Wer achtet sein!
ZAWISCH.
Der Brief ist richtig!

Er liest.

An den Erzbischof
Von Mainz. Du bist verloren, guter Freund,
Wenn dieser Brief dem König kommt zu Hand!
SEYFRIED.
Herr, rettet mich!
ZAWISCH.
Schon gut! schon gut!
Die Leute sind vertraut?

Auf die Wache zeigend.
MILOTA.
O ja! Warum?
ZAWISCH
den Brief in der Hand wägend.
Der Brief kann viel enthalten – oder wenig.
Ein Tröpflein Gift vielleicht –

Die Hand mit dem Briefe schnell auf den Rücken gelegt.

[1004] Ein Meer von Argwohn!

Zur Wache gekehrt.

Geht ihr nach Haus und grüßet Vetter Benesch.
MILOTA.
Was tust du?
ZAWISCH.
Geht ihr nur!

Gewaffnete ab.

Und du, mein Freund,
Was gibst du mir, wenn ich dich diesmal rette?
SEYFRIED.
Mein Leben –
ZAWISCH.
Ei, behalt das nur für dich!
Kannst du auch springen?
MILOTA.
Zawisch!
ZAWISCH.
Nun, so komm!
Hier hast du deinen Brief; so, und nun spring!

Er hat ihn ans Geländer geführt, Seyfried springt hinab.
MILOTA.
Wahnsinniger!
ZAWISCH.
Hei, was der Junge läuft!
MILOTA.
Ihm nach!
ZAWISCH.
Zurück! Hast du dich mir vertraut?
Nun, hast du es getan, so traue mir!
Ich weiß am besten, was sich fügt, was nicht;
Zu seiner Zeit wird sichs dir offenbaren.
Und dann – das junge Blut, mein gutes Herz!
Ha, ha! – Sprich nicht und geh! Es kommen Dinge,
Bei denen ich nach Zeugen nicht verlange.
Du gabst dein Wort, daß du mich läßt gewähren,
Drum geh!
MILOTA
kehrt am Ausgange um.
Folgst du auch nicht mehr zum Turnier?
ZAWISCH.
Die Waffen hab ich schon von mir gelegt,
Der Preis ist mein! – Geh jetzt! Der Augenblick
Pocht wie ein Gläubiger und will was sein!

Milota ab.

Ich sehe sie den Gang herunterkommen,
Begleitet nur von einer Kämmerin;
Nun rasch ans Werk!

Zu einer Bildsäule der Liebesgöttin gewendet, die im Vorgrunde links steht.

Du keusche Liebesgöttin,
[1005] Getreue Gattin deines holden Gatten,
Dich fleh ich an: verleih mir deinen Schutz!

Er zieht ein Blatt hervor und steckt es, zur Bildsäule auf einer Stufe des Untersatzes emporsteigend, unter den halbgehobenen Fuß der Göttin.

Bewahre mir dies Blatt hier und bestell es!
Man kommt!- Ich muß noch etwas zögern! – Jetzt!

Er springt herab und eilt, wie betroffen, fort.
Die Königin tritt in demselben Augenblicke mit ihrem Kammerfräulein links im Hintergrunde auf.
KUNIGUNDE.
War das nicht Rosenberg? der Unverschämte!
Ruf ihn zurück!
FRÄULEIN
in die Szene rufend.
Herr Zawisch! Kommt hierher!
Die Königin befiehlt es! Hier! Ihr sollt!

Zawisch kommt zurück, verschämt das Barett in der Hand drehend.
KÖNIGIN.
Ich weiß nicht, Herr, bin ich nicht voll bei Sinnen,
War ich im Fiebertraum, die Tage her;
Wie, oder seid ihr ganz so unverschämt,
So rasend – Nein! die Sprache hat kein Wort!
Verrückung möcht am ersten es bezeichnen –
So unverschämt-verrückt, als ihr euch zeigt?
Bei meiner Ankunft schriet ihr gellend auf –
Ihr warts! Ich stand drei Schritte fern und weiß es!
Seitdem verfolgt ihr rastlos mich mit Blicken,
Mit Blicken, die ich näher nicht bezeichne,
Doch regt sich mir der Ingrimm, denk ich dran.

Näher zu ihm tretend.

Nur erst, beim Tanz, als ich die Hand euch reichte,
Ja, Frecher, ja! Ihr drücktet mir die Hand!
Wer bin ich, Herr? und wer seid ihr?
ZAWISCH.
Verzeiht!
KUNIGUNDE.
Behandelt so hierlands man Königinnen?
Wär ich zu stolz nicht, meines Gatten Zorn
In meiner eignen Sache aufzurufen,
Wärs hier in Böhmen wie bei uns daheim,
Wo auch die Frau ein Recht hat, eine Stimme,
Und Macht, um zu vollführen, was sie denkt,
Wo eine Königin nicht bloß des Königs Gattin,
[1006] Wo sie Gebietrin ist; es sollt euch reun!
ZAWISCH.
Verzeiht!
KÖNIGIN.
Und nun: verzeiht! Erst frech und kühn.
Und nun so knechtisch, daß es an mich ekelt!
Was stecktet ihr an jene Säule hin?
ZAWISCH.
An jene Säule? Steckt was dort?
KÖNIGIN.
Ein Zettel.
ZAWISCH.
Ein Zettel, in der Tat!
KÖNIGIN
zum Kammerfräulein.
Nimm ihn herab!

Es geschieht.

Was steht auf dem Papier?
ZAWISCH.
Ich weiß es nicht!
KÖNIGIN.
Ihr stecktets doch hinauf!
ZAWISCH.
Ich? Wahrlich nicht!
KÖNIGIN.
Nur erst, so wie ich kam.
ZAWISCH.
Ich war nicht hier;
Ich kam von jener Seite.
KÖNIGIN.
Nun beim Himmel!
Ich bin verrückt, der Kopf dreht sich im Wirbel!
Sind das hier Bäume? Ist das Luft und Erde?
Ich sah es ja, ich stand drei Schritte fern,
Als ihr den Zettel an die Säule stecktet!
ZAWISCH.
Wenn ihr es sagt, o hocherhabne Frau,
Dann muß es sein, und wär es nie gewesen!
KÖNIGIN.
Und was enthält der Zettel?
ZAWISCH.
Phantasien;
Die Ausgeburt von dichterischer Glut!
KÖNIGIN
zum Kammerfräulein.
Zeig her!

Sie entwickelt den Zettel und liest die Aufschrift.

»Der Schönsten«
Ha, Verwegner,
Nimm hin das Zeugnis deiner frechen Torheit

Sie wirft ihm den Zettel vor die Füße.

Und wagst dus noch einmal, dich mir zu nahn,
So soll der König deinen Frevel strafen!
[1007]
ZAWISCH
hebt den Zettel auf und kniet damit vor dem Kammerfräulein nieder.
Nun denn, so wißt, daß ich euch dienend folge,
Schon lang brennt das Geheimnis meine Brust.
In diesen Zeilen wagt ichs zu gestehen,
Verloren bin ich, Herrin, wenn ihr zürnt.

Er steht auf und geht.
KÖNIGIN.
Ha, lachen muß ich wahrlich des Verrückten!
KAMMERFRÄULEIN.
Seht, gnädge Frau, so komm ich, Hand kehr um,
Zu einem Ritter und zu Minnedienst.
KÖNIGIN.
Und glaubst du wirklich, dich hab er gemeint?
Nach mir blickt er, der Übermütge, Freche!
KAMMERFRÄULEIN.
Ei, gnädge Frau, was tuts? Der Wahn schon schmeichelt
Von solcher Werbung und von solchem Ritter.
KÖNIGIN.
Von solchem Ritter? Lachen machst du mich!
KAMMERFRÄULEIN.
Ja, gnädge Frau, im ganzen Böhmerland
Ist keiner, der dem Zawisch sich vergleicht
Von Rosenberg. Den edlen Gang, die Haltung,
Des Körpers mannigfache, edle Gaben,
Ihr saht sie, Königin, so gut als ich:
Doch auch an Heldenmut, an Tapferkeit
Steht er vor allen, die sich Ritter nennen.
In Padua hat er jahrelang studiert,
Auch macht er Reim' und singt sie zu der Zither.
KÖNIGIN.
So schlimmer denn!
KAMMERFRÄULEIN.
So schlimmer, gnädge Frau?
KÖNIGIN.
Bei uns daheim lohnt man die Zitherspieler
Mit Geld und mit Verachtung!
KAMMERFRÄULEIN.
So bei uns nicht!
Manch Edler eifert mit den Troubadours,
Und dieser Zawisch hat sich manches Herz
Ersungen bei den Klängen seiner Zither.

Den Zettel entfaltend.

Ihr sollt gleich sehn!
DIE KÖNIGIN
hat sich gesetzt.
Er soll mirs wahrlich büßen!
[1008]
KAMMERFRÄULEIN
liest.
»Der Schönsten« Nun, ich nehm es dankbar hin!
»O Hand von Schnee«
KÖNIGIN.
O Hand von Schnee, was heißt das?
KAMMERFRÄULEIN.
Weiß wie Schnee.
KÖNIGIN
den Handschuh abziehend und ihre Hand betrachtend.
Ich denk, er hat die Hand noch nie gesehn,
Den Handschuh höchstens!
KAMMERFRÄULEIN
lesend.
»O Hand von Schnee,
Und doch so heiß;«

Die Königin stampft mit dem Fuße.
KAMMERFRÄULEIN.
Beliebt euch, gnädge Frau?
KÖNIGIN.
Lies weiter nur!
Ich wollte sagen: tu, was dir gefällt!
KAMMERFRÄULEIN.
»O Hand von Schnee,
Und doch so heiß;
O Blick, so feurig,
Und dennoch Eis!«
KÖNIGIN.
Ich wollt, er wäre Glut und träfe dich!
Ich wollt ihn martern, bis ich voll gerächt.
KAMMERFRÄULEIN.
»Der Mund, so süße,
Spricht herber Art;
Die Brust, ob wogend,
Nicht minder hart.«
KÖNIGIN.
Schweig still!
KAMMERFRÄULEIN.
»O Blick, erwarme,
O Brust, erweich,
O Hand –«
KÖNIGIN.
Ich sage dir, du sollst verstummen!
KAMMERFRÄULEIN.
So laßt ihr mich nicht meines Sieges freun?
KÖNIGIN.
Ich glaube bald, die Törin nimmts auf sich!

Sie steht auf.

O, wär ich wieder fort aus diesem Land,
In Ungarn bei den Meinigen daheim!
[1009] Da galt ich noch! Frei streift ich in die Ferne,
Dorthin, dahin, wohin der Wunsch mich rief.
Mein alter Vater war mir gern zu Dienst,
Zu Dienst die Fürsten, seine Sippen alle,
Und was nur Mann hieß in dem weiten Reich.
Und Leben war und Feuer, Glut und Mut!
Da riefen sie zum fernen Prag mich hin:
Ein König, sagten sie, regiere dort,
Vermählt in seiner Kraft der ältern Frau,
Dens dürste nach der feurigen Genossin,
Nach gleichem Mut in gleichgeschwellter Brust.
Ich komm und finde – einen Greis. Ja, Greis!
Denn spielt ihm nicht schon graulich Bart und Haar?
Sie sagen: von des Krieges Arbeit. Gleichviel!
Und ist er denn nicht mürrisch wie ein Greis?
Rechthaberisch, ungestüm? Beim reichen Gott,
Zum Schweigen und Gehorchen kam ich nicht!
Die andern aber schmeicheln, betteln, kriechen,
Sind trägen Bluts und weißen, kalten Herzens.
Nur dieser Rosenberg: bei uns in Ungarn
Trüg er sein Haupt keck unter Gottes Himmel,
Wie jener kühne Führer der Kumanen,
Dem er auch ähnlich sonst an Haupt und Brust,
Dem besten unter Ungarns starken Mannen!
Doch jener war ein freudig kühner Held,
Gerad in seinem Wollen, seinem Handeln;
Indes der Böhme feig und niedrig kriecht,
Und seinen Wert und all sein Selbst besudelt.

Trompeten von außen.

Was ist?
KAMMERFRÄULEIN.
Geendet ist wohl das Turnier,
Und man erteilt den Siegenden die Preise.
Euch, Königin, gebühret das Geschäft.
KÖNIGIN.
Man wird uns rufen. – Gib doch das Geschreibe,
Man merkt beim ersten Lesen kaum den Sinn.

Sie nimmt den Zettel.
KAMMERFRÄULEIN.
Ach, gnädge Frau, des Königs Hoheit naht,
Der ganze Zug; sie kommen vom Turnier.
[1010]

Ottokar kommt mit Milota und Füllenstein. Hinter ihm Herren und Damen vom Turnier.
OTTOKAR
zu denen, die ihm folgen.
Wenn er darauf besteht, so bringt ihn her!

Im Vortreten zu Kunigunden.

Es will der Sieger des Turnieres nur
Aus deiner Hand den Preis empfangen!
Nu, Kunthe, nu, wie gehts?

Er will sie am Kinne fassen, sie tritt zurück.
KUNIGUNDE.
Ganz gut.
OTTOKAR.
Potz Blitz!
Wohl übel gar gelaunt?
He, Milota!

Er tritt mit Milota auf die andere Seite des Vorgrundes.

Der junge Merenberg entsprang?
MILOTA.
Ja, Herr.
OTTOKAR.
Verwünscht! Doch woher weiß mans von dem Brief?
MILOTA.
Nach junger Leute Art hat er sich dessen
Gerühmt, man hat den Brief sogar gesehn.
OTTOKAR.
Die Aufschrift an den Erzbischof von Mainz?
MILOTA.
Derselbe, ja.
OTTOKAR.
Auch Wolkersdorf ist fort?
MILOTA.
Und Hartneid Wildon. Alle Österreicher,
Seitdem die Königin Margrethe fern,
Sind übeln Sinns und schleichen fort von Hof
OTTOKAR.
Hätt ich den Brief, so kennt ich die Verräter
Und meine Ferse setzt ich auf die Brut:
Nun aber wird ein jeder mir verdächtig,
Und alle muß ich hüten, alle, alle!
Pfui, Argwohn! Spürhund von des Teufels Meute!
Lockst du auch Könige zu deiner Jagd?

Man hat indes Zawisch von Rosenberg, als Sieger im Turnier, hereingebracht, er steht vor dem Könige.
OTTOKAR.
Was ist? – Ja, du bist Sieger im Turnier?
Ich habe stets als wacker dich gekannt;
Geh hin zur Königin und nimm den Preis!
He, Füllenstein!
FÜLLENSTEIN.
Mein gnädiger Gebieter!
OTTOKAR.
Du nimmst Gewappnete und alle Pforten
[1011] Besetzest du, die aus dem Schlosse führen.
Wenn nach dem Fest die Gäste heimwärts ziehn,
Verhaftest du, die ich bezeichnen werde,
Und hältst als Geisel sie in enger Haft.
Den dort, dem trau ich nicht.- Auch Lichtenstein,
Der glatte Ulrich –
FÜLLENSTEIN.
Herr, doch Heinrich auch?
OTTOKAR.
Was schreist du so! Komm hier und höre schweigend.

Er zieht sich mit Füllenstein etwas mehr gegen den Hintergrund und spricht leise. Sooft er dem, was jener erwidert, zuhört, wendet er die Augen nach der andern Seite, wo Zawisch und seine Gemahlin sprechen Zawisch hat sich vor die Königin hingestellt, die sitzt und in Gedanken vor sich hinstarrt.
KAMMERFRÄULEIN
die Königin aufmerksam machend.
Erlauchte Frau!
KUNIGUNDE
da sie Zawisch vor sich stehen sieht.
Verwegner, wie auch hier?

Sie springt auf.
KAMMERFRÄULEIN
auf die reichgestickte Schärpe zeigend, die ein Page auf einem Samtkissen trägt.
Der Dank!

Die Königin nimmt die Schärpe, der Page legt das Kissen bei ihren Füßen nieder.
ZAWISCH
zum Kammerfräulein.
Ei, Fräulein, gebt mir doch den Zettel,
Den ich vor kurzem nur euch überreicht.
Er kam nicht in die rechte Hand!
KAMMERFRÄULEIN.
Mein Herr! –
ZAWISCH.
Gebt ihn!

Er hält die Hand hin.
KAMMERFRÄULEIN.
Verzeiht!
ZAWISCH
immer die Hand hinhaltend.
Er soll für jemand anders!
KAMMERFRÄULEIN.
Ich – hab ihn nicht mehr!
ZAWISCH.
Wie? ihr habt ihn nicht mehr?
Dann wahrlich ist er in der rechten Hand!

Er wirft sich vor der Königin auf das Kissen nieder. Feurig.

O Königin, habt tausend, tausend Dank –

Langsam.

Im voraus für den Preis, den ihr mir reichet.
[1012]
OTTOKAR
sein Gespräch unterbrechend.
Warum gebt ihr den Preis nicht, Kunigunde?
KÖNIGIN
beleidigt.
Ich wollte früher schon, eh ihr befahlt!

Mit der Schärpe nahend.

Herr Ritter!
ZAWISCH.
Wie beglückt ihr mich, Gebieterin!
In Demut beugt sich euch mein dienstbar Haupt!

Leise.

»O Hand von Schnee
Und doch so heiß!«
KÖNIGIN
leise.
Wenn ihr nicht schweigt!
ZAWISCH
laut.
Mit diesem teuren Pfand
Statt Harnisch angetan, statt aller Waffen,
Will fahrend ich die weite Welt durchziehn
Und euren Ruhm und meines Königs Ruhm
Verkünden und verfechten überall,
Für ihn und euch mein Leben!

Da die Königin sich mit der Schärpe zu ihm neigt, leise und schnell.

Alte Männer
Sollten alte Weiber freien. Jugend
Gehört für Jugend!

Die Königin wirft die Schärpe auf den Boden.
OTTOKAR
herbeirufend.
Nun, noch nicht zu Ende?
ZAWISCH
leise.
Dies Haupt dem Henker, wenn ihr so es wollt!
OTTOKAR.
Was ist?
ZAWISCH.
Die Schärpe fiel.
KÖNIGIN
zum Kammerfräulein.
Reich mir die Schärpe!
Die höchste Langmut findet doch ihr Ziel,
Verwegenheit mag es denn gleichfalls finden!
Hier nehmt die Schärpe und gehabt euch wohl!

Sie hängt ihm die Schärpe um. Wie sie sich über ihn beugt, faßt Zawisch die Schleife an ihrem Ärmel, die Schleife fällt, Zawisch bückt sich rasch und hebt sie auf.
KUNIGUNDE.
Ha, mein Gemahl!

Ottokar wendet sich nach ihr.
[1013]
ZAWISCH
der aufgestanden ist und sich gegen die Mitte zurückzieht.
Die Königin, mein König!
OTTOKAR.
Was ist? Was willst du, Kunigunde?

Pause, während welcher die Königin Zawisch ansieht, der ruhig vor sich hinblickend dasteht. Sie blickt noch einmal hin, dann:
KUNIGUNDE.
Geht ihr noch heut nach Ribnik auf die Jagd?
OTTOKAR.
Wie kommt ihr auf die Frage? Heute, ja!
Auch bist du ganz verstört. Was war denn hier?
Das Dankerteilen macht dir so viel Müh,
Daß ich in Zukunft dirs ersparen werde!

Er wendet sich von ihr.
KUNIGUNDE
zum Kammerfräulein, leise.
Die Schleife soll er geben; geh und sag ihms!

Ottokar ist in die Mitte des Saales getreten; die Versammelten bilden einen Halbzirkel, dessen linkes Ende die Königin, das rechte Zawisch bildet, der, dem Kammerfräulein ausweichend, bis in den Vorgrund kommt.
OTTOKAR.
Ihr Herrn, wer ist von euch, der einer Sorge,
Und einer drückenden, mich ledig macht?
Der alte Merenberg im Lande Steier,
An mir ist zum Verräter er geworden,
An mir und seinem Land, von dem ich Herr.
Mit Briefen an den Erzbischof von Mainz
Hat er den Sohn nach Frankfurt hingesandt;
Wahrscheinlich, unsre Wahl zu hintertreiben,
Der man dort pflegt, zum Kaiserthron der Deutschen,
Und Unruh anzustiften, Meuterei.
Der Sohn ist zwar entwischt, allein der Vater,
Er soll der Strafe nimmermehr entgehn,
Noch der Enthüllung seiner Spießgesellen.
Der Frevler hat sich auf sein Schloß gezogen,
Das wohl bewahrt ist gegen jeden Angriff;
Wer mir ihn bringt, wer mir ihn lebend bringt,
Was er ob Hochverrat verwirkt, die Lehen,
Sein ganzes Gut, sei des Ergreifers Lohn!
Ortolf von Windischgrätz, du scheinst bereit?
FÜLLENSTEIN.
So laßt den zweiten mich sein, gnädger Herr!
[1014]
OTTOKAR.
Von meinen Leuten geb ich euch die besten;
Den hier – und den –

Im Hintergrunde einzelne Wappner bezeichnend.
KAMMERFRÄULEIN
die von hinten herumgegangen ist, zu Zawisch tretend.
Die gnädge Fürstin zürnt.
Ihr sollt die Schleife geben, läßt sie sagen.
ZAWISCH.
Die Schleife? Nun und nimmermehr, mein Kind!
Ich habe sie erobert, und mein Leben,
Den Kopf hier laß ich, doch die Schleife nicht!

Er zieht die Schleife hervor.

Sieh her, wie schön! Rot, wie ihr holder Mund,
Und weiß, wie ihres Nackens reines Silber.
Nein, die behalt ich, und auf meinem Sarge
Soll neben Schild und Helm sie prangend ruhn.
Setzt ich mein Blut nicht ein, um sie zu haben?
Du blutigrote Schleife, du bleibst mein!

Er hält sie vor sich hin in die Luft.
KÖNIGIN
auf der andern Seite des Theaters.
Wahnsinnig ist er! Himmel, wenn der König –!
KAMMERFRÄULEIN
zu Zawisch.
Die Königin macht Zeichen, steckt sie ein!
Der König naht.
OTTOKAR
zurückkommend.
Was habt ihr, Rosenberg?
ZAWISCH
hat die Schleife in den Busen gesteckt.
Nichts, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Wie? Nichts?
ZAWISCH.
Herr, es gibt Dinge,
Die man mit Recht dem König selbst verbirgt!
OTTOKAR.
Ein Liebespfand?
ZAWISCH.
Ein Pfand, Herr, das man liebt.
OTTOKAR
nach einer Pause der Beobachtung.
Wer hat die Königin heut angekleidet?
KAMMERFRÄULEIN.
Ich, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Seid ihr so sorglos, Dirne,
Daß einen Arm ihr nur mit Schleifen ziert,
Indes der andre leer?
KAMMERFRÄULEIN.
Gewiß – verloren!
[1015]
ZAWISCH
zum Suchen gebückt.
Man muß sie suchen.
OTTOKAR.
Laßt das nur, Herr Zawisch!
Wenn die Versammlung fort ist, macht sichs leichter;
Allein bis abends hoff ich sie zu sehn!
Dem aber, der sie fand, gebt diesen Ring

Er zieht ihn vom Finger und gibt ihn Rosenberg.

Im Namen meiner Gattin, seiner Frau:
Denn Königinnen schenken Diamanten,
Doch Busenschleifen nicht.- Euch, Königin,
Bitt ich, in Zukunft euren Anzug mehr
Und – meiner Würde mehr in acht zu nehmen!

Zu Zawisch.

Vergeßt es nicht und richtets aus dem Finder!
KUNIGUNDE.
In meinem Namen, Ritter, aber sagt ihm:
Er möge das behalten, was er fand;
Denn was ich schenke, Schleife, Diamant,
Indem ichs schenke, änderts die Natur,
Und ist nur noch der Königin Geschenk.
Auch mög er sehen, daß ich Herrin bin,
Zu schenken, was ich will; und wenn es mehr
Als Schleife wäre, mehr als Diamant!

Sie geht ab.
DER KÖNIG
geht einigemal auf und nieder, dann bleibt er vor Rosenberg stehen.
Was war hier, Rosenberg?
ZAWISCH
auf ein Knie niedergelassen.
Zürnt mir mein König?
OTTOKAR
ihn betrachtend.
Du solltest töricht gnug sein, meinen Zorn,
Den Zorn des Ottokar auf dich zu rufen
Um einer Laune, eines leeren Nichts?
Wer bist du denn, daß du es wagen solltest?
Ich hauche – und wo war dann Rosenberg?
Ich aber kenne dich als klug! – Steh auf!
ZAWISCH.
Nicht wenn ihr zürnt!
OTTOKAR.
Ich sage dir: steh auf!

Zawisch steht auf.
OTTOKAR.
Ihr aber geht zu meiner Frau und sagt ihr:
[1016] Nicht stören möge sie der Gäste Frohsinn
Durch längeres Entbehren unsrer Wirtin!

Diener ab.
OTTOKAR.
Ihr, Ortolf, also richtet mir ins Werk,
Was ihr verspracht; den Lohn verbürg ich euch.
Ich will sie lehren, an das Reich sich wenden!

Auf die Brust schlagend.

Hier ist das Reich!
DIENER
kommt zurück.
Die Königin ist unpaß.
OTTOKAR.
Ei, derlei Krankheit ist nicht schwer zu heilen!
Geh noch einmal und bitte sie zu kommen.

Diener geht.

Und nun, ihr Herrn, hinauf zum Rittersaal,
Und laßt den Tanz, laßt sich das Fest erneun.
Bis an den Morgen rege sich die Lust!

Zu Füllenstein.

Vergiß nicht, was ich dir gebot!
FÜLLENSTEIN.
Sorgt nicht!

Diener zurück.
OTTOKAR.
Nun, kommt die Königin?
DIENER.
Sie will nicht, Herr!
OTTOKAR.
Sie will nicht? will nicht, wenn ich es gebiete?
Sag ihr! – Doch laß! Sie wird sich selbst besinnen:
Mit Weiberlaunen hat man billig Nachsicht!
Nur fort, ihr Herrn!
DER ERSTE DER REICHSTAGGESANDTEN
die sich unter der Menge befinden.
Mein gnädger Herr und König!
OTTOKAR.
Wie, mein Herr Abgesandter, ihr noch hier?
ABGESANDTER.
Noch immer harrend einer gnädgen Antwort
Für meine Kommittenten, für die Wahlherrn
Des Heilgen Römschen Reichs.
OTTOKAR.
Mein Herr Gesandter,
Die Antwort ist denn auch nicht gar so leicht!
Ich bin ein König über viele Länder,
Zu viel beinah für eines Menschen Kraft.
Nun soll ich mit der Sorge mich belasten
Für noch ein Land, und für ein Land, das selber
Mitsorgen will und sitzen mit im Rat.
[1017] Ich bin gewohnt, wenn ich mal sage: Ja;
So gilts den Kopf, wenn jemand spräche: Nein!
Und was könnt ihr denn eurem Fürsten bieten?
Die Zölle sind versetzt und die Gefälle;
Was nur des Kaisers war, es haben
Im langen Zwischenreich sich die und der
Mit räuberischen Händen drein geteilt.
Soll ich das Mark von meinem reichen Erbland
Nun setzen auf so trügerisches Spiel?
Euch Herrn gefiele wohl, mit meiner Habe
Zu helfen eurer dringend bittern Not;
Doch will ich lieber hier in Böhmen sitzen
Und eines armen deutschen Kaisers lachen,
Als selbst ein armer deutscher Kaiser sein.
Indes verschmäh ich nicht, die höchste Macht
Vielleicht zu krönen mit der höchsten Würde,
Auf Karl des Großen Thron, ein zweiter Karl,
Zu sitzen in des Reiches Vollgewalt:
Doch soll man mir die Kron erst selber bringen
Und legen auf dem Kissen dort vor mir,
Bevor ich mich entscheide, was geschieht.
Ich habe meinen Kanzler hingesandt,
Herrn Braun von Olmütz, auf den Tag nach Frankfurt,
Und seht, er schreibt mir,

Er zieht den Brief hervor.

Daß die Wahl des nächsten
Wird vor sich gehn. Dem Pfalzgraf bei dem Rhein
Trug man den Ausspruch auf im Kompromiß.
Er ist zwar nicht mein Freund; er und der Mainzer,
Sie schmieden Ränke, wie mein Kanzler schreibt;
Allein die deutschen Fürsten wagens nicht,
Dem Stirnenrunzeln Ottokars zu stehn.
Die Kron ist mein! das heißt: wenn ich sie mag.
Doch laßt sie hier erst sein, dann will ich sprechen.
DIENER
kommt.
Der Kanzler, euer Hoheit, Braun von Olmütz.
OTTOKAR.
Seht ihr? er kömmt zurück.
DIENER.
Mit ihm ein Ritter
[1018] In lichter Rüstung, fürstengleich geziert,
Und zwei Herolde in des Reiches Farben,
Den Adler vor der Brust, die laut trompeten.

Trompeten von innen.
ZAWISCH.
Erlaube, königlicher Herr und Kaiser,
Daß wir die ersten deiner neuen Diener –

Die ganze Versammlung macht eine Bewegung nach vorn.
OTTOKAR.
Zurück! Wollt ihr dem Reichstagsboten zeigen,
Daß unverhoffte Freud er überbringt?
Auch wißt ihr nicht, ob ich die Wahl genehmge!

Zu den Gesandten, die sich zurückgezogen haben.

Wo geht ihr hin? Ich habe euch nicht entlassen!
Nichts ist geschehn, was Störung bringen kann.
Der Mainzer also, sagt ihms, mag sich hüten!
Denn komm ich an den Rhein, und das soll bald,
Zum Dank für all die frechen Winkelzüge
Treib ich ihn aus von seinem Bischofsitz.

Der Kanzler ist indessen eingetreten. Alle umringen ihn mit fragenden Gebärden; er bleibt im Hintergrunde, die Hände ringend.
OTTOKAR
im Vorgrunde fortfahrend.
Der Pfalzgraf auch bei Rhein steht mir nicht an,
Ich werde seine Chur dem Baier geben.
Noch allerlei will ich in eurem Land,
Und alle, die mir dieses Schreiben nennt –
ZAWISCH
im Hintergrunde losbrechend, doch halblaut.
Die Wahl des Reichs fiel nicht auf Ottokar?

Der Kanzler schüttelt mit gefalteten Händen das Haupt.
ZAWISCH.
Auf wen denn sonst?
KANZLER.
Auf Rudolf, Graf von Habsburg.

Unterdessen hat Ottokar den Gesandten den Brief gewiesen, mit dem Finger einzelne Stellen bezeichnend.
OTTOKAR.
Die müssen fort – seht, der! –

Bei der ersten Rede des Kanzlers horcht er, in derselben Stellung bleibend, nach hinten hin in höchster Spannung. Als jener den Namen Habsburg nennt, fährt Ottokar zusammen; die Hand, mit der er auf den Brief zeigt, beginnt zu zittern; er stottert noch einige Worte.

und der – muß fort!

[1019] Die Hand mit dem Briefe sinkt hinab; mit gebrochenen Knieen steht er noch eine Sekunde, starr vor sich hinsehend, dann rafft er sich empor und geht starken Schrittes in sein Zimmer.
ZAWISCH.
Herr Kanzler, sagt, ist es denn wirklich wahr?
KANZLER.
Nur allzu wahr; der Habsburg Deutschlands Kaiser.
ZAWISCH.
Allein wie kams?
KANZLER.
Es ging noch alles gut,
Die meisten Fürsten stimmten für den Herrn;
Da kommt mit einemmal der Kanzellar
Des Erzbischofs von Mainz – der hier gewesen –
Mit ihm ein Wolkersdorf aus Österreich
Und Hartneid Wildon aus dem Lande Steir,
Die klagten – still! der König kömmt zurück!
OTTOKAR
kommt aus seinem Gemach.
Sagt meiner Frau, sie soll bereit sich halten,
Ich will noch heut vor Abend auf die Jagd.

Er geht mit starken Schritten auf und nieder.
KANZLER
nach einer Pause.
Ach, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Was ist?

Zusammenfahrend.

Ihr? – Wart ihr hier?
Vor kurzem hier?
KANZLER.
Ach ja!
OTTOKAR.
Und habt gesprochen?
KANZLER.
Ja, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Verdammt!

Wirft ihm den Handschuh ins Gesicht; dann ihn an der Hand in den Vorgrund führend.

Was schwatztet ihr
Von Reichstag und von Wahl?
KANZLER.
Hier hört es selbst!

Der Burggraf von Nürnberg mit zwei Herolden voraus und mehreren Begleitern hinter sich, tritt ein.
Der König geht ihm mit starken Schritten bis in die Mitte des Saales entgegen.
OTTOKAR.
Wer seid ihr, Herr?
BURGGRAF.
Friedrich von Zollern bin ich,
Burggraf von Nürnberg, abgesandt vom Reich.
OTTOKAR.
Glück zu!

[1020] Er kehrt ihm den Rücken und geht wieder in den Vorgrund.
BURGGRAF.
Rudolf, von Gottes Gnaden Kaiser –
OTTOKAR.
Ich glaube, Herr, das Reich will meiner spotten?
Hier stehn noch die Gesandten, die die Krone
Mir anzubieten kamen, und ihr wählt,
Eh ich entschieden, einen andern?
BURGGRAF.
Herr,
Der Kanzellar des Erzbischofs von Mainz,
Er hat gemeldet, wie mit schnöden Worten
Von euch gewiesen ihr so Kron als Reich.
OTTOKAR.
Ha, frecher Treubruch deutscher Reichsbarone!
BURGGRAF.
Beschuldigt ihr des Treubruchs Deutschlands Fürsten?
So wißt denn, was die Wahl von euch gewandt!
Wir suchten einen Herrn, gerecht und gnädig,
Als einem solchen bot man euch den Thron.
Da kam der Ruf, da kamen selber Zeugen,
Die laut es riefen in der Fürsten Ohr,
Wie ihr getan an Königin Margrethen,
Die eure Gattin war, die ihr verstießt;
Wie ihr die Rechte schmälert jener Lande,
Die rechtlos vorenthalten ihr dem Reich;
Wie eure Ungnad schon ein Halsverbrechen,
Und Strafe trifft, wo noch kein Urteil traf.
Das sind wir nicht gewohnt in Schwaben und beim Rhein,
Wir müssen einen gnädgen Fürsten haben,
Vor allem aber soll er sein gerecht.
Dies überlegend, schritten sie zur Wahl –
HEINRICH VON LICHTENSTEIN
hinter der Szene.
Verräterei!
OTTOKAR.
Wer ruft?
GEMURMEL
unter den Anwesenden.
Der Lichtenstein?
HEINRICH VON LICHTENSTEIN
tritt auf.
Wer Österreicher ist, der sei gewarnt!
Am Ausgang stehn des Schlosses Häscherrotten,
Die fangen jeden, der nicht böhmisch ist.
FÜLLENSTEIN
kommt hinter ihm mit gezogenem Schwert.
Gebt euch gefangen!
[1021]
OTTOKAR
vortretend.
Eure Wehre, Heinrich!
Ihr, Ulrich Lichtenstein, Graf Bernhard Pfannberg,
Chol Seldenhoven, Wulfing Stubenberg,
Ihr gebt die Schwerter und euch selbst in Haft!
LICHTENSTEIN.
Was taten wir?
OTTOKAR.
Damit ihr, Freund, nichts tut,
Send ich euch in die Haft. Damit ihr nicht
Euch flüchtet zu der neuen Majestät,
Wie Wolkersdorf und Wildon, die Verräter,
Und Merenberg –

Mit dem Fuße stampfend.

Wer schafft mir Merenberg?
Sobald der hier aus seinem Felsennest,
Soll euch der Richter gegenüberstellen,
Und wohl dann dem, der sich nicht schuldig fühlt!

Zu Zollern gewendet.

Und nun nur weiter fort in unsrer Sache!

Die Geisel werden fortgeführt.
BURGGRAF.
Der Auftritt hier erspart mir die Erklärung,
Warum die Fürsten, Herr, nicht euch gewählt.
Und nun zu meiner Botschaft, Böhmens König!
Rudolf, von Gottes Gnaden römisch-deutscher Kaiser,
Entbietet dich auf einen Tag nach Nürnberg,
Daß du dort waltest deines Schenkenamts,
Wie's dir als Churfürst ziemt des Deutschen Reichs.
Sonst auch nach Recht die Lehen dort empfangest
Von Böhmen und von Mähren, die dir zustehn.
OTTOKAR.
Wie das? Nicht mehr? Und Österreich und Steier?
BURGGRAF.
Und Österreich und Steier, Krain und Kärnten,
Nebst Eger, Portenau, der windischen Mark,
Stellst du zurück zu Handen unsers Kaisers,
Als böslich vorenthalten von dem Reich.
OTTOKAR.
Ha, ha, ha, ha! 'ne lustge Mär fürwahr!
Und sonst begehrt der neue Kaiser nichts?
BURGGRAF.
Nur was des Reichs!
OTTOKAR.
Herr, es ist aber mein!
Den Ungarn hab ich Steier abgewonnen
Mit meinem Blut, mit meiner Böhmen Blut.
[1022] Vererbt war Kärnten mir von meinem Ohm
Durch gleicher Erbverträge Wechseltausch,
Und Östreich brachte mir zur Morgengabe
Die Königin Margrethe, meine Gattin.
BURGGRAF.
Wo ist Margrethe nun?
OTTOKAR.
Wenn auch getrennt,
Bestätigt hat sie ihrer Lande Schenkung,
Und mein ist alles, was sonst ihre war.
BURGGRAF.
Die Lande Österreich und Steier fallen,
Vermög dem Majestätsbrief Kaiser Friedrichs,
Wohl an des letzten Lehnbesitzers Töchter,
An seine Schwestern nicht, und Margarethe
Ist nur des letzten Babenbergers Schwester,
Des Herzogs Friedrich, der den Mannstamm schloß.
Des Reiches Lehn vererben nicht,
Durch keine Heirat mag man sie erwerben:
Und so gib wieder, was dem Reich gehört.
OTTOKAR.
Ich glaube gern, daß es ihm wohlgefiele,
Dem neuen Herrn, wenn ich die reichen Lande
Ihm sendete nach Schwaben, seinen Säckel
Zu bessern und die dürftig leere Hand;
Allein nicht so! Ich bin nun alt genug,
Um auf Verlust mich zu verstehn und auf Gewinn.
Geht nur zurück, und sagt dem deutschen Reich –
Denn einen deutschen Kaiser kenn ich nicht –
Manch Geier soll noch Aases werden satt,
Bis sie gewinnen, was des Böhmen ist.
Er ladet mich zu sich? nun wohl, ich komme!
Doch will ich Gäste führen mit zum Tanz,
Daß von der Füße Stampfen weit umhin
Die Erde soll erzittern bis zum Rhein.
Gehabt euch wohl und sagt das euerm Herrn!
ZAWISCH.
Wir aber wollen zu den Waffen greifen.
Mit Gut und Blut für unsern großen König!

Er geht, mehrere wollen folgen.
OTTOKAR.
Halt da! Warum nicht gar! Für wen? und gegen wen?
Im Lande soll man handeln und verkehren,
Als wär der tiefste Fried. Wenns an der Zeit,
[1023] Will ich schon des Besuches Gäste wählen.
Und nun mit mir! Der neue Bettelkönig,
Nicht einem Reh soll er das Leben retten!
Auf Ribnik ist für morgen große Jagd,
Ihr alle seid geladen! Lust und Freude!
Bringt Lichter, es wird dunkel. Fackeln her!
Und so mit mir! Auf Weidwerk! In den Wald!

Ab, die übrigen folgen ihm tumultuarisch nach.
Es wird dunkler. Kurze Pause, dann hört man in der Ferne auf einer Zither spielen.
KAMMERFRÄULEIN
tritt aus dem Zimmer der Königin.
So, sie sind fort! Wer spielt da auf der Zither?
KUNIGUNDE
kommt.
Was ist? Wer spielt?
KAMMERFRÄULEIN
an der Balustrade.
Ich weiß nicht, gnädge Frau.
Horch! Worte? »Hand wie Schnee, und doch so heiß«
Es ist Herr Zawisch Rosenberg. Er singt.
Soll ich ihn gehen heißen?
KÖNIGIN
hat sich gesetzt.
Laß ihn nur,
Es hört sich gut zu in der Abendkühle.

Sie stützt ihr Haupt gedankenvoll in die Hand.
Der Vorhang fällt.
[1024]

3. Akt

Dritter Aufzug

Gemach in Merenbergs Schlosse.

DER ALTE MERENBERG
steht am offenen Fenster, die Mütze zwischen den gefalteten Händen.
Die Sonne steigt empor. Hab Dank, o Gott,
Des Greisen Dank, für diesen neuen Tag!
Und für den Tag, den du geschenkt dem Lande,
Da du hervorriefst aus des Dunkels Schoß
Mildglänzend Habsburgs leuchtendes Gestirn,
Das wieder grün macht die zerstampften Auen
Und wieder lau die frostdurchschnittne Luft.
O gib, daß wir, der Deutschen Äußerste,
Teilnehmen an dem Heil, das dort entstand;
Daß alle, die wir Österreicher sind,
Entnommen aus des Fremden harter Zucht,
Wie Brüder kehren in der Eltern Haus,
Von eines Vaters Auge fromm bewacht.
Amen, so solls geschehn!
Wer klopft?
FRAU
von außen.
Ich, Alter!
MERENBERG.
Ei, nur herein!
FRAU
tritt ein mit einer Schüssel und Wein.
Ich bringe dir das Frühstück.
MERENBERG.
Setz immer hin! Wer spricht im Schloßhof unten?
FRAU.
Zwei Reiter, die nach dir verlangten.
MERENBERG.
Nun?
Warum bringt man sie nicht?
FRAU.
Ich dachte –
MERENBERG.
Was denn?
Bin ich in Fehde denn mit meinen Nachbarn?
Liebt man den Merenberg nicht rings im Land,
Daß vor zwei Reitern ich mich scheuen sollte?
Wer weiß, was Wichtges sie zu melden kommen?
Vielleicht von meinem Sohn! Führ sie herauf!

Frau ab.

Das hieße sich noch gar verdächtig machen,
[1025] Verschlöß ich mich vor Botschaft und Besuch.
Ob freilich zwar der böse Zeitenlauf
Zu Vorsicht rät und leicht wohl gar zu Mißtraun;
Doch sind mir zwanzig Knechte ja im Schloß!

Herbott von Füllenstein und Ortolf von Windischgrätz treten, von Merenbergs Frau geführt, ein. Beide ganz gerüstet und mit geschlossenem Visier.
MERENBERG.
Ei, Gott zum Gruß, ihr Herrn! Frau, bring noch Wein!

Frau ab.

Was führt euch her zu mir? Zwar, eh ihr sprecht,
Setzt euch an Tisch und nehmt mit mir vorlieb;
So ist es Sitt in unserm Steierland.

Sie setzen sich.

Beliebts euch nicht, den Helm vom Haupt zu nehmen?

Beide schütteln verneinend die Häupter.

Verbietets ein Gelübd? – Doch wie ihr wollt!
Ihr zieht dem Heer des Königes wohl zu? –
Des Königs Ottokar?- Er lagert an der Donau
Seitwärts Korneuburg, weit bis Tulln hinab
Am linken Ufer, ward mir angesagt.
Und Kaiser Rudolf – nu, den Habsburg mein ich,
Am rechten Ufer hält er Wien belagert.
Den Fluß zu übersetzen scheuen beide.
Allein ihr sprecht nicht, und ihr eßt auch nicht!
BEIDE
aufstehend.
Wir essen mit Verrätern nicht!
MERENBERG
springt auf.
Daß Gott!
FÜLLENSTEIN
der das Schwert zieht und sich vor die Türe stellt, das Visier öffnend.
Erkennst du mich?
MERENBERG.
Herbott von Füllenstein,

Der andere hat auch das Visier aufgeschlagen.

Ortolf von Windischgrätz! – Was tut ihr, Herren?

Ortolf von Windischgrätz ist ans Fenster getreten und stößt ins Horn.
FÜLLENSTEIN.
Im Namen unsers Königs Ottokar,
Nehm ich dich in Verhaft als Hochverräter.
MERENBERG.
Warum?
FÜLLENSTEIN.
Hast du nicht deinen Sohn gesandt
Mit Klagen an die Fürsten und das Reich?
[1026]
MERENBERG.
Der Unvorsichtige! – Mit Klagen nicht,
Mit Bitten nur für Königin Margrethe
Und ihres angestammten Rechtes Schutz.
FÜLLENSTEIN.
Dient nicht dein Sohn jetzt in des Kaisers Heer?
MERENBERG.
Ich bin verloren!
FÜLLENSTEIN.
Ja, das bist du! Folge!
MERENBERG.
Wohin?
FÜLLENSTEIN.
Dahin, wo man dich pressen wird,
Bis deiner Ränke letzter dir entgeht.
VON AUSSEN.
Macht auf! macht auf!
FÜLLENSTEIN.
Ortolf, bewach die Tür!
AUSSEN.
Um Gottes willen öffnet!
ORTOLF.
's ist dein Knecht,
Der Duxer, Füllenstein!
FÜLLENSTEIN.
Was will denn der?

Windischgrätz öffnet die Türe, Knecht tritt ein.
KNECHT.
Herr, Kaiserliche streifen in der Nähe!
FÜLLENSTEIN.
Verdammt!
KNECHT.
Sie haben, heißt es, Grätz genommen,
Des Königs Hauptmann, Milota, gefangen,
Und wenden alles Land dem Kaiser zu.
FÜLLENSTEIN.
Wie mag das sein?
KNECHT.
Ja, Meinhard Graf von Görz
Soll beigetreten sein der Deutschen Sache
Und der haust also übel hier im Land.
MERENBERG.
Nun, Gott sei Dank!
FÜLLENSTEIN.
Euch solls nicht helfen, Herr!
Nur fort mit ihm! Ihr wendet eure Schwerter
Auf seine Brust, und wagens die im Schloßhof,
Sich nur zu regen, stoßt ihr stracks ihn nieder!
Die Pfade kenn ich hier herum, ich leit euch!
MERENBERG
der abgeführt wird.
Mein Sohn ist frei, die Königin geborgen;
Was liegt an mir? Da wird der Himmel sorgen!

Alle ab.
Böhmisches Lager am linken Donauufer. Zelt des Königs. Ein Tisch mit einem Aufriß der Gegend im Vorgrunde.
Ottokar tritt auf, der Kanzler und mehrere hinter ihm.
[1027]
OTTOKAR
im Auftreten zu seinen Begleitern.
Ist er geflohn, so laßt den Schurken hängen!
Man hängt ja täglich Diebe. Gottes Donner!
Ein Feiger dünkt mich schlechter als ein Dieb!

Er kommt in den Vorgrund, der Kanzler folgt ihm.

Verfolgt ihr mich denn übrall hin, Herr Kanzler?
KANZLER.
Ja, überall, mein König und mein Herr,
Bis ihr mich anhört und mir Antwort gönnt.
Herr, es steht schlimm!
OTTOKAR
auf und nieder gehend.
Es steht sehr gut!
KANZLER.
O Gott!
Die Krankheit herrscht, der Mangel herrscht im Lager.
OTTOKAR.
Die Krankheit: Furcht, und Mangel wohl an Mut,
Doch nur bei wenigen, so will ich hoffen,
Und von den wenigen hängt einer drauß.
Hat man jetzt Zeit, um krank zu sein? Und Hunger?
Ich hungre nur nach einem: nach dem Sieg!
KANZLER.
Aus Böhmen seit fünf Tagen keine Nachricht,
Und man besorgt –
OTTOKAR.
Wahrscheinlich bin ich dort
So schlecht bedient als hier!
KANZLER.
Hier seid ihr gut,

Auf seine Brust schlagend.

Hier mindstens seid ihr gut bedient, mein König!
OTTOKAR.
Mag sein! mag sein!
KANZLER.
Von Östreich die, von Steier,
Allnächtlich fliehn sie haufenweis zum Feind.
OTTOKAR
stehenbleibend.
Ich will sie treffen! – All dies weite Land,
Zur menschenleeren Wüste will ichs machen,
Daß drin die Füchse hausen und die Wölfe,
Und nach Jahrhunderten der müßge Wandrer
Sich streiten soll, wo Neuburg stand und Wien.
KANZLER.
Am linken Ufer schon, auf unsrer Seite,
Will Feinde man sogar gesehen haben.
OTTOKAR.
Beinahe glaub ich, daß es mancher wollte;
Doch ists nicht wahr!
[1028]
KANZLER.
Allein die Wachen sahns.
OTTOKAR.
Schickt einen Mutigen, der sieht wohl nichts!
KANZLER.
Bei Wolkersdorf –
OTTOKAR.
Ich sag euch: Nein! Ich weiß!
Die Mährer sinds, wenn sich dort Haufen zeigen!

Er steht am Tische bei der Karte.

So wars im Plan. Die Mährer dort von oben,
Im Rücken Milota aus Steiermark,
Und wir, wie Schleien durch die Donau und
Wie Löwen jenseits raus; und dann:

Mit der Hand auf den Tisch schlagend.

Schlag tot!
Ich habe sie!

Er geht wieder auf und nieder.
KANZLER.
Du allgerechter Gott!
Ich sinne nach, wie wir uns retten möchten,
Und ihr sprecht nur von Sieg! – Aus Steiermark
Hört ab und zu man wunderbare Dinge.
OTTOKAR.
Ei wundert euch soviel ihr wollt, Herr Kanzler!
Dort ist der Milota; ein tüchtger Mann!
Kein Kopf, doch eine Faust von Stein und Stahl.
Der schlägt euch zwanzigmal auf einen Fleck
Und frägt nicht, wie's getan?
KANZLER.
Nun denn, so seis!
Ich habe mich verwahrt! Als ich euch sagte:
Herr, traut dem Baier nicht! Ihr trautet doch:
Und nun ließ er den Kaiser durch sein Land.
OTTOKAR.
Furcht hat 'ne feine Nase für die Furcht;
Den Baier habt ihr trefflich ausgewittert!
KANZLER.
Der Grafenbund in Schwaben ist zerstreut.
OTTOKAR.
Der hielt wohl niemals allzufest beisammen!
KANZLER.
Mit einem Wort: Der Kaiser Rudolf, Herr –
OTTOKAR.
Was, Kaiser!
KANZLER.
Nu, der Habsburg also denn!
Er ist der Mann nicht, den wir sonst ihm glaubten.
OTTOKAR.
Mir sollte leid tun, wenn er schlimmer wäre!
Ein Krieger und ein Mann vielleicht; kein König.
[1029]
KANZLER.
So dachte mancher, der ihn wählen half;
Doch hat sichs anders, unverhofft bewährt.
In Aachen schon, als man die Lehen gab
Und sich kein Szepter fand – man wollt ihn stören! –
Da trat er hin, und nahm vom Hochaltar
Ein Kruzifix –
OTTOKAR.
Und gab die Lehn damit?
Wer geben will, der findet leicht ein Werkzeug;
Zum Nehmen rüst er kräftiger sich aus!
KANZLER.
Die Ruh ist hergestellt im weiten Deutschland,
Die Räuber sind bestraft, die Fehden ruhn.
Durch kluge Heirat und durch kräftges Wort
Die Fürsten einig und ihm eng verbunden;
Der Papst für ihn. Im Land nur eine Stimme,
Ihn preisend, benedeiend als den Retter.
Als auf der Donau nur allsamt dem Heer
Nach Wien er niederfuhr mit lautem Schall,
Da tönte Glockenklang von beiden Ufern,
Von beiden Ufern tönte Jubelruf,
Der Menge, die dort kam und staunt' und kniete,
Wie sie den Kaiser sahn im grauen Röcklein
Am Vorderteil des Schiffes stehn allein
Und freundlich grüßend mit des Hauptes Neigen.
Herr, nennt ihn Kaiser, denn fürwahr er ists!
OTTOKAR.
Sprichst du so warm für ihn?
KANZLER.
Für euch wohl wärmer:
Hab ich ihm denn geschworen, so wie euch?
Doch, daß zwei Herrn, so hoch, so würdevoll,
Sich gegenüberstehn, da's nur ein Wort,
Ein Wort nur brauchte, um sie auszusöhnen –
Ja, Herr, es ist gesagt! Es sei gesagt!
Und mögt ihr zürnen, melden muß ichs euch:
Der Kaiser hat gesendet einen Herold
Und lädt euch ein zu gütlichem Gespräch.
OTTOKAR.
Schweig still!
KANZLER.
Die Insel Kaumberg ward ersehn;
Von beiden Teilen werde sie besetzt.
Nicht ihr zu ihm, nicht er zu euch,
[1030] Auf gleichgeteilten Boden sollt ihr kommen
Und dort verhandeln, was uns allen nützt.
OTTOKAR.
Bei meinem Zorn –!
KANZLER.
Herr, selbst bei eurem Zorn!
Nicht schweig ich da, wo reden meine Pflicht!

Zawisch von Rosenberg kommt.
OTTOKAR.
Du kommst zurecht; beschwichtge diesen Raben!
ZAWISCH.
Was will er denn?
OTTOKAR.
Er spricht mir von Vergleich.
ZAWISCH.
Wie? von Vergleich? der kindisch schwache Greis!
Nur eben hat sich eine Schar Kumanen
Durch eine Furt dem Lager angenaht;
Allein ich ging hinaus mit meinen Böhmen,
Und, wie sie flohn, den Rückweg fand wohl keiner!
OTTOKAR
zum Kanzler.
Seht ihr?
KANZLER.
Ein einzler Fall entscheidet nicht!
ZAWISCH.
Doch viele Fälle fällen doch zuletzt!
Die Axt ist an der Wurzel, losgeschlagen!

Zum Kanzler.

Habt ihr ein Heer wie unsers je gesehn?
Voll Kraft und Mut und Zuversicht und Stolz
Auf sich und auf den Führer, der es leitet.
KANZLER.
Ihr wißt wohl, Zawisch, daß es anders ist.
ZAWISCH
fortfahrend.
Und ihr könnt von Vergleich und Frieden sprechen?
Sind ihrer viel; wir sind wohl gleicher Zahl!
Sind tapfer sie; wer nimmt es auf mit uns?
Führt sie ein Kaiser; hier steht Deutschlands Kaiser!
Noch diese Schlacht, und, Kanzler, glaubt, er ists.
KANZLER.
O Rosenberg, ihr spielt ein falsches Spiel!
Ich glaub, ihr seid nicht wahrhaft, Rosenberg!
Ein altes Unrecht, eurem Haus getan
Von unserm sonst gerechten, gnädgen Herrn,
Ich fürcht, es wurzelt tief in eurem Herzen
Und läßt euch also sprechen, wie ihr sprecht.
Glaubt mir, mein gnädger Herr, ich mein es redlich.
ZAWISCH.
Die Feinde sind im Nachteil, das ist klar!
[1031]
OTTOKAR.
Das ist nicht klar. Die Wage steht für sie.
Der einzge Vorteil – doch der soll entscheiden! –
Ist, daß euch Ottokar, und jene Habsburg führt.

Er tritt an den Tisch und, mit der rechten Hand daraufgestemmt, betrachtet er die vor sich liegende Karte.
ZAWISCH.
Der Sieg ist unser, glaubt mir das, Herr Kanzler!
KANZLER.
Und wenn auch! was ist noch damit gewonnen?
Ihr schlagt den Kaiser heut, und übers Jahr
Kommt er herab mit einem neuen Heer.
Die Lande sind nun einmal mißvergnügt,
Bereit zu Aufstand und zu Meuterei,
Sie rufen euch die Deutschen, eh ihrs denkt.
Und stirbt auch Rudolf, fällt er in der Schlacht;
Ein andrer Kaiser fodert euch dasselbe,
Und ewig währt der Unfried mit dem Reich.
ZAWISCH.
Was mehr?
KANZLER.
Was mehr? – Und rechnet ihr für nichts
Das Unheil und die Greuel in dem Land?
Die Saat zerstampft, die Wohnungen verbrannt,
Die Menschen hingeschlachtet wie – daß Gott!
Schämt euch, Herr Rosenberg, daß ihr so sprecht!
Hat darum unser König Gold und Gut
Daran gesetzt, sein Böhmen aufzubringen?
Es geht der Pflug, der Weber sitzt am Werk,
Der Spinner dreht, der Berg gibt seinen Schatz;
Und soll er nun mit eigner Fürstenhand
Das all zerstören, was er selbst gebaut?
Ei geht, ihr wißt nicht, was ihr sprecht, Herr Zawisch!
Der König kennt das besser, als ihr glaubt!
OTTOKAR
vor sich hin.
Im Grunde waren sies, die mir den Antrag taten!
KANZLER.
Wohl waren sies!
OTTOKAR
wieder auf und nieder gehend.
Ist Schmach dabei, trifft sies!
KANZLER
mit dankend gefalteten Händen.
Er überlegt!
OTTOKAR.
Die Schwäche macht versöhnlich!
Herr Kanzler, um das Kaisertum der Welt
[1032] Hätt ich ihm nicht das erste Wort gegönnt!
KANZLER.
Die Ehre bleibt; verdoppelt wird der Ruhm.
OTTOKAR.
Dem Feind verzeihen; gut! Doch nach der Strafe!
Die Schwäche macht versöhnlich!
KANZLER.
Gnädger Herr –!
OTTOKAR.
Und wahrlich, Zawisch, sehen möcht ich ihn!
Wie er sich nimmt, dem Ottokar genüber,
Der arme Habsburg in dem Kaiserkleid?
Was er entgegnet, wenn im selben Ton,
Mit dem ich ihm bei Kroissenbrunn befahl:
»Herr Graf, greift an« ich Östreich nun und Steier
Und all die Lehen von dem Reich begehre?
Das hieße siegen, ohne Heer, allein!
ZAWISCH.
Dagegen aber, wenn er schlau und listig –
OTTOKAR.
Topp, Kanzler, euren Vorschlag nehm ich an!
KANZLER.
O tausend Dank!
OTTOKAR.
Ei, dankt nicht allzufrüh!
Nicht ganz in eurem Sinn ists, daß ich gehe!
Wenn er so dasteht und nach Worten sucht,
Und ich ihm sage: euren Kaisermantel
Begehr ich nicht, ihr mögt ihn ruhig tragen!
Doch an mein Land sollt ihr mir, Herr, nicht rühren;
Und so gehabt euch wohl und zieht in Frieden!
Aufs höchste gibt man ihm ein Fleckchen Grund,
Daß er daheim sich brüsten mag und sagen:
Das haben wir erobert für das Reich!
Die Freude gönn ich ihm. Glück auf, Herr Kanzler,
Wir ziehen aus auf Frieden und Vergleich;
Da seid ihr Führer, wir gehorchen euch!
Und was sich regt im Lager, groß und klein –

Gegen den Eingang gewendet.
Einige treten herein.

Das sei bereit und rüste sich in Pracht.
Von Gold und Silber laßt die Rüstung starren;
Und weh dem Edelknecht, des Wams und Mantel
Nicht hundertmal den deutschen Kaiser aussticht.

Ab, die andern folgen ihm.
[1033] Insel Kaumberg in der Donau. Lager der Kaiserlichen. Im Hintergrunde, auf einigen Stufen erhöht, ein kostbares Zelt, mit dem Reichsadler geschmückt.
Ein Hauptmann tritt auf; hinter ihm mehrere Wappner, die mit gekreuzten Hallbarten das nachdringende Volk abzuhalten bemüht sind.
HAUPTMANN.
Laßt sie nur ein, der Kaiser hats befohlen!

Volk strömt herein.
ERSTER BÜRGER
der sich mit seinem Nachbar durch die Menge in den Vorgrund gearbeitet hat.
Hier ist ein guter Platz, hier laßt uns bleiben!
ZWEITER BÜRGER.
Wenn er nur vorkommt, daß wir ihn auch sehn.
FRAU
zu ihrem Kinde.
Halt dich zu mir und nimm da deine Blumen!
SCHWEIZERSOLDAT.
Wo ist der Rudi? Herr, ich bin sein Landsmann
Und hab was anzubringen bei dem Kaiser!
HAUPTMANN.
Geduldet euch! Doch seht, man öffnet schon.

Das Zelt öffnet sich. Kaiser Rudolf sitzt im ledernen Unterkleide an einem Feldtische. Er hat einen Helm vor sich, an dem er mit einem Hammer die Beulen ausklopft. Vollendend und zufrieden seine Arbeit beschauend.
RUDOLF.
Nun hält das lange wieder, ab und zu.

Er sieht sich um.

Schon Leute da? – He, Georg, hilf einmal!

Ein Diener hilft ihm, er zieht den Rock an.
ERSTER BÜRGER
im Vorgrunde.
Gevatter Grobschmied, saht ihr wohl? Der Kaiser,
Den Hammer in der Hand! Vivat Rudolphus!
ZWEITER BÜRGER.
Sei still, sei still! Er tritt schon auf uns zu!

Der Kaiser kommt die Stufen herab.
SEYFRIED VON MERENBERG
tut einen Fußfall.
Erlauchter Herr!
RUDOLF.
Ei, Merenberg? Nicht wahr?
Seid ruhig, euer Vater wird befreit,
Des geb ich euch mein Wort. Im weiten Reich
Hat Gottes Hilfe hergestellt die Ruh,
So wirds auch hier in eurem Osterland.
Der Fürst von Böhmen kommt heut zum Gespräch;
Vor allen will ich eurer da gedenken!

Merenberg tritt zurück.
Ein Kind mit einem Blumenstrauß läuft auf den Kaiser zu.
[1034]
RUDOLF.
Wem ist das Kind? Wie heißt du?
EINE FRAU.
Katharina,
Kathrina Fröhlich, Bürgerskind aus Wien.
RUDOLF.
Fall nicht Kathrina! Ei, was ist sie hübsch!
Wie fromm sie aus den braunen Augen blickt,
Und schelmisch doch. Zierst du dich auch schon, Kröte?
Was wollt ihr, gute Frau?
FRAU.
Ach Gott, eur Hoheit!
Die Böhmen haben unser Haus verbrannt,
Mein Mann liegt krank vor Kummer und Verdruß.
RUDOLF
zu seinem Begleiter.
Schreibt euch den Namen auf und sehet zu!

Zur Frau.

Worin zu helfen ist, da wird man helfen!
SCHWEIZERSOLDAT
tritt vor, hinter ihm noch drei oder vier andere.
Mit Gunst und Urlaub, gnädiger Herr Landsmann!
RUDOLF.
Ei, Walter Stüssi aus Luzern? Was willst du?

Zum Kinde.

Geh nur zu deiner Mutter, Katharina,
Dem Vater wird geholfen, sag ihr das!

Das Kind läuft zur Mutter.
SCHWEIZER.
Ich und die andern da vom Lande Schweiz,
Wir kommen her, ob ihr die Gutheit hättet
Und gäbt uns etwas Geld!
RUDOLF.
Ja, Geld, mein Freund,
Geld ist ein gutes Ding, wenn man nur hat.
SCHWEIZER.
So habt ihr keins? Ja so! – Und führt doch Krieg?
RUDOLF.
Sieh Freund, du weißt wohl noch von Hause her,
Gar manchmal hat ein Landwirt aufgespeichert
An Frucht und Futter für den Winter gnug,
Bis voll zur Frühlingszeit. Allein der Frühling,
Anstatt im Märzen kommt er erst im Mai,
Und Schnee liegt dort, wo sonst wohl Saaten standen;
Wenn da der Vorrat aufgeht, schmähst du ihn
Als einen schlechten Wirt?
SCHWEIZER.
Behüte Gott!
Das hat wohl mancher schon an sich erfahren!
– Und ihr? – Ja so!

[1035] Zu seinen Landsleuten.

Seht nur, er ist der Landwirt,
Und daurt der Winter – heißt: der Krieg – so lang,
Und ist die Brotfrucht aufgezehrt: – das Geld.
Nu Herr, wir warten schon noch etwas zu:
Indessen holt man aus des Landmanns Kasten.
RUDOLF.
Wenn ihr nicht bleiben wollt, so geht.
Doch wer sich nicht begnügt mit Lagerzehrung,
Und mir die Hand legt an des Landmanns Gut,
Der hängt, und wärs der Beste!
SCHWEIZER.
Nu, 'ne Frage
Ist wohl erlaubt. Es ist nur, daß mans weiß.
Wir wollen zusehn noch ein Tage vier,
Vielleicht wirds besser bis dahin.
RUDOLF.
Das tut!
Und grüßt mir Rat und Bürger von Luzern.

Der Kaiser wendet sich zu gehen.
OTTOKAR VON HORNEK
im Vorgrunde tritt aus der Menge.
Erlauchter Herr und Kaiser, hört auch mich!
RUDOLF.
Wer seid ihr?
HORNEK.
Ottokar von Hornek, Dienstmann
Des edlen Ritters Ott von Lichtenstein,
Den König Ottokar, samt andern Landherrn,
Ohn Recht und Urteil hält in enger Haft.
O nehmt euch sein, nehmt euch des Landes an!
Er ist ein guter Herr, es ist ein gutes Land,
Wohl wert, daß sich ein Fürst sein unterwinde!
Wo habt ihr dessengleichen schon gesehn?
Schaut rings umher, wohin der Blick sich wendet,
Lachts wie dem Bräutigam die Braut entgegen!
Mit hellem Wiesengrün und Saatengold,
Von Lein und Safran gelb und blau gestickt,
Von Blumen süß durchwürzt und edlem Kraut,
Schweift es in breitgestreckten Tälern hin –
Ein voller Blumenstrauß, soweit es reicht,
Vom Silberband der Donau rings umwunden! –
Hebt sichs empor zu Hügeln voller Wein,
Wo auf und auf die goldne Traube hängt
[1036] Und schwellend reift in Gottes Sonnenglanze;
Der dunkle Wald voll Jagdlust krönt das Ganze.
Und Gottes lauer Hauch schwebt drüber hin,
Und wärmt und reift, und macht die Pulse schlagen,
Wie nie ein Puls auf kalten Steppen schlägt.
Drum ist der Österreicher froh und frank,
Trägt seinen Fehl, trägt offen seine Freuden,
Beneidet nicht, läßt lieber sich beneiden!
Und was er tut, ist frohen Muts getan.
's ist möglich, daß in Sachsen und beim Rhein
Es Leute gibt, die mehr in Büchern lasen;
Allein, was nottut und was Gott gefällt,
Der klare Blick, der offne, richtge Sinn,
Da tritt der Österreicher hin vor jeden,
Denkt sich sein Teil und läßt die andern reden!
O gutes Land! o Vaterland! Inmitten
Dem Kind Italien und dem Manne Deutschland,
Liegst du, der wangenrote Jüngling, da:
Erhalte Gott dir deinen Jugendsinn,
Und mache gut, was andere verdarben!
RUDOLF.
Ein wackrer Mann!
ERSTER BÜRGER.
Ja, Herr, und ein Gelehrter!
Er schreibt 'ne Reimchronik, und ihr, Herr Kaiser,
Kommt auch drin vor!
RUDOLF.
Im Guten, will ich hoffen!
Dein Herr, vertrau! er soll die Freiheit haben.
Und du – Zum Angedenken dieser Stunde, nimm
Die Kette da und schmücke dich damit!
Dem Wissen sei sein Lohn und dem Vollbringen!

Er nimmt eine Kette vom Hals und hängt sie Horneken um, der niedergekniet ist zu einem der Nebenstehenden.

Euch, Ritter, scheint die Gunst wohl allzuhoch?
Wenn diesen Mann ich mit dem Schwert berühre,
So steht er auf als Ritter, wie so mancher;
Doch manchen wüßt ich nicht, womit berühren,
Sollt er ein Reimwerk schreiben, so wie der.
Doch davon nichts in deine Chronik, Freund!
Das hieße sonst in dir mich selber loben!
[1037]
HAUPTMANN
kommt.
Der König naht von Böhmen, gnädger Herr!
RUDOLF.
Nun, großer Gott, du hast mich hergeführt;
Vollende nun, was ich mit dir begonnen!

Man hat rechts im Vorgrunde einen Feldstuhl gesetzt. Der Kaiser setzt sich, sein Gefolge steht um ihn.
König Ottokar kommt in glänzender Rüstung, darüber einen bis auf die Fersen gehenden reichgestickten Mantel; statt des Helmes die Krone auf dem Haupt.
Hinter ihm der Kanzler und Gefolge.
OTTOKAR
vom Hintergrunde her auftretend.
Ich suche nun schon lange rechts und links;
Wo habt ihr euren Kaiser, edle Herrn?
Ihr da, Herr Merenberg? Trifft man euch hier?
Ich denk euch schon noch anderswo zu treffen!
Nun, wo ist Rudolf? Ah!

Er erblickt ihn und geht auf ihn zu.

Gott grüß euch, Habsburg!
RUDOLF
der aufsteht, zu denen die um ihn stehen.
Warum steht ihr entblößten Hauptes da?
Kommt Ottokar zu Habsburg, Mensch zum Menschen,
So mag auch Hinz und Kunz sein Haupt bedecken,
Ist er doch ihresgleichen: Mensch. – Bedeckt euch!
Doch kommt der Lehensmann zum Lehensherrn,
Der Böhmen pflichtger Fürst zu Deutschlands Kaiser

Unter sie tretend.

Dann weh dem, der die Ehrfurcht mir verletzt!

Mit starken Schritten auf ihn losgehend.

Wie gehts euch, Ottokar? was führt euch her?
OTTOKAR
der betroffen einen Schritt zurückgetreten ist.
Zur – Unterredung hat man mich geladen!
RUDOLF.
Ja so, ihr kommt zu reden in Geschäften?
Ich dacht, es wäre ein freundlicher Besuch!
Zur Sache denn! Wie kömmts, mein Fürst von Böhmen,
Daß ihr erst jetzt auf meinen Ruf erscheint?
Ich ließ euch laden schon zu dreien Malen
Nach Nürnberg, dann nach Würzburg und nach Augsburg,
Daß ihr die Lehen nähmt von eurem Land;
Allein ihr kamt nicht. Nur das letztemal
[1038] Erschien statt euch der würdge Herr von Seckau,
Doch der nicht allzu würdig sich benahm.
OTTOKAR.
Die Lehn von Böhmen gab mir König Richard.
RUDOLF.
Ja, der von Kornwall. Ei, es gab 'ne Zeit,
Wo man in Deutschland für sein bares Geld
Noch mehr erhalten konnt als Lehn und Land!
Doch damit ists vorbei! Ich habs geschworen,
Geschworen meinem großen, gnädgen Gott,
Daß Recht soll herrschen und Gerechtigkeit
Im deutschen Land; und so solls sein und bleiben!
Ihr habt euch schlecht benommen, Herr von Böhmen,
Als Reichsfürst gegen Kaiser und das Reich!
Dem Erzbischof von Salzburg seid ihr feindlich
Mit Raub und Mord gefallen in sein Land,
Und eure Völker haben drin gehaust,
Daß Heiden sich der Greuel scheuen würden.
OTTOKAR.
Die Fehde ward ihm ehrlich angesagt.
RUDOLF.
Hier aber gilts nicht Fehde; Ruhe, Herr!
Die Lande Österreich und Steiermark,
Mit Kärnten und mit Krain, der windschen Mark,
Als ungerecht dem Reiche vorenthalten,
Gebt wieder ihr zurück in meine Hand!
Ist hier nicht Feder und Papier? wir wollen
Die Handfest gleich in Ordnung bringen lassen!
OTTOKAR.
Ha, beim allmächtgen Gott! wer bin ich denn?
Ist das nicht Ottokar? nicht das sein Schwert?
Daß man in solchem Ton zu sprechen wagt!
Wie aber dann, Herr, wenn, statt aller Antwort,
Der Donau breiten Pfad zurück ich messe
Und weiter frag an meines Heeres Spitze?
RUDOLF.
Noch vor zwölf Monden kamt ihr mir zurecht,
Wenn ihr der Waffen blutgen Ausspruch wähltet!
Ihr seid ein kriegserfahrner Fürst, wer zweifelt?
Und euer Heer, es ist gewohnt zu siegen;
Von Gold und Silber starret euer Schatz:
Mir fehlts an manchem, fehlts an vielem wohl!
Und doch, Herr, seht! bin ich so festen Muts,
Wenn diese mich verließen alle hier,
[1039] Der letzte Knecht aus meinem Lager wiche;
Die Krone auf dem Haupt, den Szepter in der Hand
Ging ich allein in euer trotzend Lager
Und rief euch zu: Herr, gebet, was des Reichs!
Ich bin nicht der, den ihr voreinst gekannt!
Nicht Habsburg bin ich, selber Rudolf nicht;
In diesen Adern rollet Deutschlands Blut.
Und Deutschlands Pulsschlag klopft in diesem Herzen.
Was sterblich war, ich hab es ausgezogen
Und bin der Kaiser nur, der niemals stirbt.
Als mich die Stimme der Erhöhung traf,
Als mir, dem nie von solchem Glück geträumt,
Der Herr der Welten auf mein niedrig Haupt
Mit eins gesetzt die Krone seines Reichs,
Als mir das Salböl von der Stirne troff,
Da ward ich tief des Wunders mir bewußt
Und hab gelernt, auf Wunder zu vertraun!
Kein Fürst des Reichs, der mächtger nicht als ich:
Und jetzt gehorchen mir des Reiches Fürsten!
Die Friedensstörer wichen meiner Stimme;
Ich konnt es nicht, doch Gott erschreckte sie!
Fünf Schilling leichtes Geld in meinem Säckel,
Setzt ich in Ulm zur Heerfahrt mich ins Schiff;
Der Baierherzog trotzte, er erlag;
Mit wenig Kriegern kam ich her ins Land,
Das Land, es sandte selbst mir seine Krieger!
Aus euren Reihen traten sie zu mir,
Und Österreich bezwingt mir Österreich.
Geschworen hab ich, Ruh und Recht zu schirmen:
Beim allessehenden, dreieingen Gott!
Nicht so viel, sieh! Nicht eines Haares Breite
Sollst du von dem behalten, was nicht dein!
Und so tret ich im Angesicht des Himmels
Vor dich hin, rufend: gib, was du vom Reich!
OTTOKAR.
Die Lande hier sind mein!
RUDOLF.
Sie warens nie!
OTTOKAR.
Mein Weib Margrethe brachte sie mir zu!
RUDOLF.
Wo ist Margrethe nun?
[1040]
OTTOKAR.
Wo immer, gleichviel!
Sie gab mir dies ihr Land!
RUDOLF.
Soll ich sie selber
Als Richtrin stellen zwischen uns? – Sie ist im Lager!
OTTOKAR.
Im Lager, hier?
RUDOLF
mit geändertem Tone.
Die ihr so schwer beleidigt,
An Rechten und an Freuden hart beraubt,
Heut morgens kam sie, milden Sinnes bittend
Um Schonung für den Mann, der ihrer nie geschont!
OTTOKAR.
Die Mühe konnte sich die Frau ersparen!
Wo Ottokar, da brauchts der Bitten nicht!
RUDOLF
stark.
Wohl brauchts der Bitten, mein Herr Fürst von Böhmen,
Denn sprech ich nur ein Wort, seid ihr verloren!
OTTOKAR.
Verloren?
RUDOLF.
Ja! Von Böhmen abgeschnitten.
OTTOKAR.
Indes ihr Wien belagert, mach ichs frei!
RUDOLF.
Herr, Wien ist über!
OTTOKAR.
Nein!
RUDOLF
hinter sich gewendet.
Herr Paltram Vatzo!
Wo ist er? Er begehrte mich zu sprechen;
Der Bürgermeister samt dem Rat von Wien.

Paltram Vatzo, Bürgermeister von Wien, mit einigen Ratsgliedern kommt, die Schlüssel der Stadt auf einem Kissen tragend.
PALTRAM.
In Unterwürfigkeit, mein Herr und Kaiser,
Bring ich die Schlüssel euch der Stadt von Wien,
Euch bittend, daß ihr mir nicht zürnt darob,
Weil ich, dem König treu, dem ich geschworen,
Die Stadt gehalten bis auf diesen Tag;
Sie auch, verzeiht! vielleicht noch länger hielt,
Wenn nicht das Volk die Übergab erzwungen,
Der langen Sperrung müd und der Entbehrung.

Er legt knieend die Schlüssel zu des Kaisers Füßen.

Mein Amt, ich leg es mit den Schlüsseln ab,
Doch sollt als treuen Bürger ihr mich finden.

Aufstehend.

Des Landes Herr ist Paltram Vatzos Herr,
[1041] Zugleich mit meinem Land ergeb ich mich!

Er tritt zurück.
OTTOKAR.
Verdammt! O Wiener! Leichtbeweglich Volk!
Hast du für deinen leckern Gaum gezittert?
Doch solls dich reun! Die Zufuhr sperr ich dir
Aus Klosterneuburg, meiner starken Veste!
RUDOLF.
Auch Klosterneuburg ist in meiner Hand,
Und nichts mehr dein am rechten Donauufer!
Herr Friedrich Pettau, kommt!

Friedrich Pettauer tritt vor mit niedergeschlagenen Augen.
OTTOKAR.
Ha, schändlicher Verräter!
So gabst du meine Burg?
PETTAUER.
Nicht ich, o Herr!
Ein rascher Überfall, spät gestern abends –
OTTOKAR.
Genug! Ich weiß, daß ich verraten bin!
Doch triumphiere nicht! Doch spott ich dein!
Aus Steiermark naht mir ein stattlich Heer
Mit Milota, dem treuerprobten Führer;
Im Rücken faßt er deine Mietlingsschar,
Indes, wie Donnerwolken, Ottokar
Von vorneher die schwachen Halme blickt,
Und kein Entrinnen bleibt als in die Donau!
RUDOLF.
O, sprich nicht weiter, allzu rascher Fürst!
OTTOKAR.
Erkennst du nun, wie weit du noch vom Ziel?
RUDOLF.
Auf Milota bau deine Hoffnung nicht!
OTTOKAR.
Mein Grund steht fest; an dir ists wohl, zu zittern!
In Waffen sehn wir uns. Leb wohl!
RUDOLF.
Du gehst?
Du gibst die Lande nicht?
OTTOKAR
zum Abgehen gewendet.
Ob ich sie geb!
RUDOLF.
Nun wohl, so sprich denn selbst mit Milota,
Ob du mit Grund ihm so viel magst vertraun?

Milota tritt auf in Ketten.

So brachten mir die Herren ihn von Steier,
In Ketten, weil er grimmig sie gedrückt.
Nehmt ihm die Fesseln ab! – Hier ist das Banner
Von Steiermark, und hier ist Östreichs Banner,

[1042] Landesherrn von Östreich und Steiermark treten auf des Kaisers Seite vor, mit Banner und Farben ihres Landes.

Sie gaben selbst sich in des Reiches Schutz.
Steht nicht so traurig da, mein Fürst von Böhmen!
Schaut um euch her! Die Wolken sind entflohn
Und klar seht ihr nun alles, wie es ist.
Wenn Österreich verloren –
OTTOKAR.
Ha, noch nicht!
RUDOLF.
Täuscht euch nicht selbst! Ihr fühlts in eurem Innern,
Daß es verloren ist; und zwar auf immer!
Ihr wart ein mächtger Fürst, ein großer König,
Eh die Gelegenheit des Mehrbesitzes
In euch entzündet auch den Wunsch dazu;
Ihr werdets bleiben, mächtig, reich und groß,
Wenn auch verloren, was nicht halten konnte.
Denn Gott verhüte, daß ich einen Finger
Ausstreckte nach dem Gut, das euch gehört.
Auch könnt ichs nicht! Euch bleibt ein mächtig Heer,
Zu aller Art des Streites wohlgerüstet,
Und zweifelhaft ist aller Schlachten Glück.
Allein, tuts nicht! Verkennt nicht Gottes Hand,
Die euch gewiesen, was sein heilger Wille.
Mich hat, wie euch, der eitle Drang der Ehre
Mit sich geführt in meiner ersten Zeit.
An Fremden und Verwandten, Freund und Feind
Übt ich der raschen Tatkraft jungen Arm,
Als wär die Welt ein weiter Schauplatz nur
Für Rudolf und sein Schwert. In Bann gefallen,
Zog ich mit euch in Preußens Heidenkrieg,
Focht ich die Ungarschlacht an eurer Seite,
Doch murrt ich innerlich ob jener Schranken,
Die Reich und Kirche allzuängstlich setzen
Dem raschen Mut, der größern Spielraums wert.
Da nahm mich Gott mit seiner starken Hand
Und setzte mich auf jene Thronesstufen,
Die aufgerichtet stehn ob einer Welt.
Und gleich dem Waller, der den Berg erklommen
Und nun hinabsieht in die weite Gegend
[1043] Und auf die Mauern, die ihn sonst gedrückt;
So fiels wie Schuppen ab von meinen Augen
Und all mein Ehrgeiz war mit eins geheilt.
Die Welt ist da, damit wir alle leben,
Und groß ist nur der ein alleinge Gott!
Der Jugendtraum der Erde ist geträumt,
Und mit den Riesen, mit den Drachen ist
Der Helden, der Gewaltgen Zeit dahin.
Nicht Völker stürzen sich wie Berglawinen
Auf Völker mehr, die Gärung scheidet sich,
Und nach den Zeichen sollt es fast mich dünken,
Wir stehn am Eingang einer neuen Zeit.
Der Bauer folgt im Frieden seinem Pflug,
Es rührt sich in der Stadt der fleißge Bürger,
Gewerb und Innung hebt das Haupt empor,
In Schwaben, in der Schweiz denkt man auf Bünde,
Und raschen Schiffes strebt die muntre Hansa
Nach Nord und Ost um Handel und Gewinn.
Ihr habt der Euren Vorteil stets gewollt;
Gönnt ihnen Ruh, ihr könnt nichts Beßres geben!
O Ottokar, es war 'ne schöne Zeit,
Als wir, aus Preußen rückgekommen, saßen
Im Söller eures Schlosses am Hradschin,
Von künftgen Tagen, künftgen Taten sprachen!
Bei uns saß damals Königin Margrethe –
Wollt ihr sie sehn? Margrethen sehen?
OTTOKAR.
Herr!
RUDOLF.
Daß ihr den Friedensengel von euch stießt,
Der sanft versöhnend ob euch waltete,
Die rasche Glut mit Segenswort besprach
Und treulich, eine liebe Schwester, sorgte!
Mit ihr habt ihr das Glück von euch verbannt. –
Ihr seid in eurem Haus nicht glücklich, Ottokar! –
Wollt ihr Margrethen sehn? sie ist im Lager!
OTTOKAR.
Nein, Herr! Allein die Lehen will ich nehmen.
RUDOLF.
Von Böhmen und von Mähren?
OTTOKAR.
Ja, Herr Kaiser!
RUDOLF.
Dem Reich erstatten –?
[1044]
OTTOKAR.
Östreich, Steiermark,
Was ich vom Reich; was sich von mir getrennt.
Ich habe viel für sie getan! Der Undank,
Der Menschen Schlechtheit ekelt tief mich an.
RUDOLF.
So kommt ins Zelt!
OTTOKAR.
Warum nicht hier?
RUDOLF.
Es werden
Des Reiches Lehen knieend nur genommen!
OTTOKAR.
Ich knien?
RUDOLF.
Das Zelt verbirgt uns jedem Auge.
Dort sollt ihr knien vor Gott und vor dem Reich,
Vor keinem, der ein Sterblicher, wie mir.
OTTOKAR.
Wohlan!
RUDOLF.
Ihr wollt? Gesegnet sei die Stunde!
Geht ihr voran, ich folg euch freudig nach.
Wir beide feiern einen großen Sieg!

Sie gehen ins Zelt, die Vorhänge fallen zu.
MILOTA
der zu den Seinigen hinübergeht.
Nun, Gott sei Dank! Das macht mich wieder frei!
Der letzten Zeit will ich mein Tage denken.

Zawisch von Rosenberg kommt.
ZAWISCH.
Wo ist der König?
MILOTA.
In des Kaisers Zelt;
Er nimmt die Lehn!
ZAWISCH.
Ho, ho! und so verborgen?
Das müssen alle sehn, die treuen Herzens sind.

Er haut mit dem Schwert die Zeltschnüre ab; die Vorhänge fallen und man sieht Ottokarn vor Rudolf knien, der ihn eben mit dem Schwert mit Böhmen belehnt hat.
ZAWISCH.
Der König kniet!
DIE BÖHMEN
unter sich.
Der König kniet!
OTTOKAR.
Ha, Schmach!

Er springt auf und eilt in den Vorgrund.
Der Kaiser, der ihm folgt, mit der Fahne von Mähren in der Hand.
RUDOLF.
Wollt ihr die Lehn nicht auch auf Mähren nehmen?

Ottokar läßt sich auf ein Knie nieder.
RUDOLF
indem er ihm die Fahne von Mähren gibt.
So leih ich euch die Markgrafschaft von Mähren,
[1045] Und nehm euch in des Reiches Eid und Pflicht
Im Namen Gottes und durch meine Macht.
Steht auf, Herr König, und mit diesem Kuß
Begrüß ich euch als Lehnsmann und als Bruder.
Ihr aber, die ihr Östreich angehört
Und Lehen tragt von seines Landes Fürsten,
Kommt mit nach Wien, um dort den Eid der Treue,
Den Lehenseid in unsre Hand zu leisten!
Ihr folgt uns doch, geehrter Herr und König?

Ottokar neigt sich.

Nun, ich erwart euch, wenns euch wohlgefällt!
Ihr, schwingt die Fahnen, laßt den Jubel tönen,
Dem blutlos-schönen Sieg der holden Eintracht!

Ab mit den Seinigen.
Ottokar steht noch immer mit gesenktem Haupte da.
Merenberg, der zurückgeblieben ist, tritt nach einigem Zögern ihn an mit bittenden Gebärden.
MERENBERG.
Erlauchter Herr, ich wollt euch bitten!
OTTOKAR
fährt empor und sieht ihn mit einem grimmigen Blick an; dann zerreißt er mit einer Hand die Spange des Mantels, daß er fällt; mit der andern reißt er von hinten die Krone vom Haupte und stürzt fort, ausrufend.
Fort!

Indem alle ihm folgen, fällt der Vorhang.
[1046]

4. Akt

Vierter Aufzug

Vor der Burg zu Prag; ein großes Tor mit Fallgattern, in der Mitte des Hintergrundes, führt hinein. Daneben ein kleines Ausfallpförtchen, zu dem einige Stufen hinanführen, das aber verschlossen ist. Rechts im Mittelgrunde des Pförtners Wohnung mit einem steinernen Tische und einer Bank. Davor ein Beet mit Blumen.
Milota und Füllenstein von verschiedenen Seiten.

MILOTA.
Traft ihr den König?
FÜLLENSTEIN.
Nein.
MILOTA.
Ich fand ihn auch nicht.
FÜLLENSTEIN.
In Znaim verlor er sich von dem Gefolge,
Ein einzger Knecht, den man vermißt, mit ihm,
Und irrt seitdem im Land herum von Mähren.
In Kraliz sah man ihn, in Hradisch, Lukow;
Zuletzt in Kostelez, hartbei an Stip,
Da wo die kleine Wunderquelle fließt,
Zu der die Pilger weitumher sich wenden.
Ein ärmlich Badhaus steht dort in der Tiefe,
Von Menschen abgesondert und Verkehr,
Da hielt er vierzehn Tage sich verborgen;
Ein Ort zum Sterben mehr, als um zu leben!
Und wie die Pilger pflegen dort herum,
Die, eines Wunsches, der sie drückt, gedenkend,
Ein Kreuz von Reisig in den Brunnen werfen
Und aus dem Sinken oder Schwimmen prophezein,
So tat er tagelang und schien betrübt.
Zuletzt erfuhrs der Magistrat von Hradisch
Und ging hinaus, den König einzuholen;
Doch der war nicht mehr da und schon im Weiten.
MILOTA.
Und wo er jetzt ist, habt ihr nicht erfahren?
FÜLLENSTEIN.
Man will ihn auf dem Weg gesehen haben
Nach Prag.
MILOTA.
Hieher? – Ich hoff, er wird jetzt ruhn!
Die stolzen Flügel sind in was gepflückt;
Das Land, das ewig ihn nach außen lockte,
Er hats zurückgegeben feierlich.
Will er nach Väterweise herrschen hier,
[1047] Die Deutschen heißen gehn aus seinem Reich
Und unterm Beistand böhmischer Wladiken
Bedenken seines Volkes wahres Glück:
Vielleicht, daß ich vergesse, was er tat
An mir und meinem Haus. – Geht ihr zum Kanzler?
So meldet ihm, ein kaiserlicher Herold,
Vollziehung fodernd des geschloßnen Friedens,
Vor allem die Befreiung jener Geisel,
Die noch aus Österreich und Steiermark
Gefangen liegen rings im Land umher,
Ist eingeritten in das Tor von Prag.
Er möge schleunig tun, was man begehrt,
Bevor der König kommt und manches hindert.
FÜLLENSTEIN.
Doch wenn der König –
MILOTA.
Tut, was ich euch sage!

Füllenstein ab.
MILOTA.
Wär nicht das ganze Land mit ihm beschimpft,
Ich wollte lachen, wie erst Zawisch lachte.
Schnell alles angeordnet, eh er kömmt,
Dann hat er zu bestätgen und – zu schlafen!

Er geht ins Schloß.
Kurze Pause, dann kommt ein Knappe des Königs, ringsumherspähend. Er ruft in die Szene.
KNAPPE.
So, jetzt ist niemand hier, mein gnädger Herr!

Ottokar kommt, in einen dunkeln Mantel eingehüllt, ein schwarzes Barett mit schwarzen Federn tief in
die Augen gedrückt.
DIENER.
Den Kanzler soll ich holen? Gnädger Herr,
Beliebt euch lieber nicht, ins Schloß zu treten?

Ottokar schüttelt das Haupt.
DIENER.
Zwei Tage habt ihr nicht gegessen, nicht
Geschlafen; denkt an euer teures Leben!

Der König lacht höhnisch auf.
DIENER.
Laßt euch erbitten, geht ins Schloß, mein König!

Ottokar stampft ungeduldig mit dem Fuße.
DIENER.
Ich gehe denn! doch laßt euch nieder, Herr!

Geht ab ins Schloß.
OTTOKAR.
Ich sollte dich betreten, Schloß der Väter?
Die Schwelle dir entweihn mit meinem Fuß?
[1048] Als ich im Sieg, im jubelnden Triumph
Zu dir heranzog durch die lauten Gassen,
Erstrittne Fahnen dir entgegenhielt;
Da machtest du mir deine Pforten auf
Und meine Väter sahn von deinen Zinnen.
Für Helden ward gewölbt dein hoher Bau,
Und kein Entehrter hat ihn noch betreten!
Hier will ich sitzen, als mein eigner Pförtner
Und Schande wehren ab von meinem Haus.

Er setzt sich auf die Stufen am Ausfallstor und verhüllt sein Haupt.
Der Bürgermeister von Prag und einige Bürger kommen.
BÜRGERMEISTER.
Ei, laßt mich, ich muß eilen in den Rat.
Ein Herold von des Kaisers Majestät
Ist angelangt, da darf man sich nicht säumen,
Denn Böhmen ist nun wieder an dem Reich.
Der König hat es feierlich gelobt,
Den Eid der Treue knieend übernommen.
BÜRGER.
Wie, knieend?
BÜRGERMEISTER.
Wohl! im kaiserlichen Lager!
Er lag auf seinen Knien, der Kaiser saß,
Das ganze Heer hats staunend angesehen.
Was regt sich dort?
BÜRGER.
Ein Mann sitzt auf den Stufen.
BÜRGERMEISTER.
Ja, Hochmut kommt zu Fall; ich sagt es oft!
Seht doch mal hin, wer dort am Tore sitzt!
Verdächtig Volk streift jetzo durch das Land,
Die abgedankten Söldner sind zu scheuen.
BÜRGER
kommt zurück.
Ach, Herr!
BÜRGERMEISTER.
Du zitterst ja!
BÜRGER.
Es ist der König!
BÜRGERMEISTER.
Der Mann dort auf den Stufen? Bist du töricht?
BÜRGER.
Er sah mir ins Gesicht. Schaut nur!
BÜRGERMEISTER.
Er ists!
Wenn er vernommen, was wir hier gesprochen!
Soll ich ihm einen Fußfall tun? – Das Beste,
Wir ziehen uns zurück. Er scheint zu sinnen.

Sie ziehen sich rechts gegen den Vorgrund.
[1049] Benesch von Diedicz und seine Tochter treten rechts im Hintergrunde auf.
BENESCH
am Stabe, führt Berthan.
Ei, sieh nur, wie die liebe Sonne scheint!
Du mußt einmal ins Freie! Bertha komm!
Die dumpfe Stubenluft ist ungesund.
Und tu mirs auch zulieb und sprich einmal!
Sprich, Bertha, sprich! und wärs ein einzig Wort!
Als: ja und nein. Tus deinem alten Vater!
Sieh, auf Johanni wirds – ich weiß nicht recht
Wie lang, seit du so vor dich siehst und schweigst.
Das ist recht kläglich! Willst nicht reden, Bertha?
Ich hörte lieber dich im Fieber rasen,
Als jetzt den langen Tag kein einzig Wort.
Ei, was vergangen ist, das ist vergangen!
Wir denken nicht mehr dran, und so ists gut!
BÜRGERMEISTER.
Still!
BENESCH.
Nun, sie schweigt ja leider ohnehin!
Herr, Tag für Tag, und öffnet nicht den Mund!
BÜRGERMEISTER
leise.
Dort sitzt der König!
BENESCH.
Wo?
BÜRGERMEISTER.
Dort auf den Stufen!
BENESCH.
Ei, Bertha, sieh, dort sitzt der böse König,
Der dir so weh getan, du armes Kind!
Ei, sprich einmal und schmäl ihn tüchtig aus.
Sag: arger Mann, ich freu mich deines Leids,
Du hasts um mich verdient und meinen Vater.

Bertha hebt eine Hand voll Erde auf und wirft damit, wie Kinder pflegen, gerade vor sich hin, ohne zu treffen.
BENESCH.
Ja, wirf ihn nur! o, daß es Dolche wären!
Wirf, Bertha, wirf! den argen, bösen Mann.
Doch Gott hat unsre Rach auf sich genommen:
Gekniet hat er vor seinem ärgsten Feind,
Vor einem Mann, den er sonst wohl verachtet,
Im Angesicht des Heers hat er gekniet.
Ei, rüttle dich, ich fürchte mich nicht mehr!
Ist doch ein Höherer, der dich bezwingt.
Mach erst, daß mir mein Kind da wieder spricht,
[1050] Dann laß mich töten, mich bekümmerts wenig!

Die Königin kommt mit Zawisch und Dienern.
KUNIGUNDE.
Wer ließ den Aberwitz da vor die Tür?
Hab ich euch nicht gesagt, ihr sollt sie hüten?
BENESCH
der fortgeführt wird.
Nu, Bertha, komm! er hat doch auch sein Teil.

Ab.
KUNIGUNDE.
Ihr auch fort, alles fort, was Augen hat!

Alle gehen, bis auf sie und Zawisch.
KUNIGUNDE.
Wir sind allein! allein mit unsrer Schande!
Wollt ihr euch nicht erheben, großer König,
Und große Worte geben, wie ihr pflagt?
Sieh hin, da sitzt der Stolze, Übermächtge,
Dem sonst die Welt zu klein für seine Größe;
Da sitzt er wie ein Bettler vor der Tür
Und holt ein »helf euch Gott!« sich und Verachtung.
Der Mann, der Kronen trug, als wärens Kränze,
Und, wenn die eine welk ward, neue flocht
Aus frischgeschnittnen Blumen fremder Gärten.
Das Leben Tausender in seiner Hand,
Es hinsetzt' wie zum fröhlich leichten Brettspiel,
Auf das von Blut und Staub geteilte Feld
Und ausrief: Schach! als wenn es Steine wären,
Vom Künstler plump geformt aus totem Stoff,
Und Roß und Reiter zubenannt zum Scherz.
Der selbst mit der Natur im Streite lag,
Und wenn er morgens ausritt auf die Jagd
Und sah den Himmel überdeckt mit Wolken,
So sprach er: Wart! rief nach dem Meister Maurer,
Und hieß ihn, mit dem neuen Kirchenbau
In Güldenkron nicht allzusehr zu eilen.
Da sitzt er und starrt leblos auf den Grund,
Den er zuvor gestampft mit stolzen Füßen!
ZAWISCH.
Ei, gnädge Frau, das Glück ist eben rund!
KUNIGUNDE.
Was andre bindet, das war ihm ein Spiel!
Sein Weib Margrethe stieß er fort von sich: –
Weiß Gott, sie war für ihn, die Alternde,
[1051] Die Königin des Jammers stand ihm wohl! –
Und fern aus Ungarn holt' er ein Gemahl.
Was kümmerts ihn, ob sie vielleicht schon längst
Nach einem andern hingewandt den Blick?
Ob grade damals ein Geringerer,
Und doch viel Größrer warb um ihre Hand? –
Ein unbezwungner Führer der Kumanen
Wiegt einen dienstbarn Böhmenkönig auf! –
Was kümmerts ihn! er will ein Weib und Erben,
Mag brechen, was da bricht; und damit gut!
Ein kräftig freies Wesen kam ich her,
Gar würdig wohl des Jünglings zum Gemahl,
Und fand – ei nun, den König Ottokar!
Nicht ganz so kläglich, als er jetzt dort brütet,
Doch nicht viel besser, weiß der große Gott!
Von Rat und Meinung hielt er mich entfernt,
Wie eine Magd viel mehr als eine Fürstin.
Er nur allein, er wollte Herrscher sein.
ZAWISCH.
Ei, gnädge Fürstin, herrschen ist gar süß;
So süß fast als – gehorchen, und man teilts nicht!
KUNIGUNDE.
Er hat geherrscht; fürwahr, er hat geherrscht!
Wie eine Seifenblase ists zerronnen!
Und reden konnt er, groß und fürstlich reden!
Was nicht gewesen noch und niemals wurde,
In seinem Munde wars! Als der von Nürnberg
Vom Kaiser ihm die erste Botschaft brachte,
Wie er da sprach, wie er sich fürstlich nahm!
Nicht eine Stadt, kein Haus, nicht eine Scholle
Gab er dahin von Östreichs weitem Grund;
Und wenns die Ärzte hundertmal geschworen,
Des Kaisers hohes Leben hinge dran,
Kein Blättchen Safran, den sie dort gewinnen!
Auf unsern Steppen ist ein Tier, heißt Maultier,
Wenn das den Wolf von weitem kommen sieht,
So röhrt es laut, schlägt aus nach allen Seiten,
Die Erde wirfts in weiten Wirbeln auf;
Doch naht der Wolf, da bleibt es zitternd stehn
Und läßt sich ohne Widerstand erwürgen.
[1052] So fast hat dieser König auch getan!
Mit großen Worten zog er aus ins Feld,
Die halbe Welt in seinem Heer versammelt.
Von Polen, Valben, Tatarn, Deutschen, Böhmen
Vermischten sich die Stimmen in dem Lager,
Und Östreich war zu klein für ihre Zahl.
Doch als des Streites ernste Stunde kam,
Da fehlte Herz für so viel rüstge Arme;
In seines Feindes Lager – Rosenberg!
ZAWISCH.
Erlauchte Frau!
KUNIGUNDE.
Habt ihr schon je gekniet?
Vor Frauen nicht – vor Männern schon gekniet?
Um Sold, um Lohn, aus Furcht, vor euresgleichen?
ZAWISCH.
Ich nicht.
KUNIGUNDE.
Und würdets nie?
ZAWISCH.
In meinem Leben!
KUNIGUNDE.
Er aber hats getan! vor seinem Feinde,
Vor jenem Mann gekniet, den er verachtet,
Der einst ihm dienstlich war, und wenn er sprach:
Komm her! so kam er, und sprach er: geh hin!
So ging er und beeilte sich gar sehr!
ZAWISCH.
Erlauchte Königin, es war nur Scherz!
Scherz unter guten Freunden. Seht, der Kaiser,
Er wollte seine Macht den Leuten zeigen,
Da bat er unsern König, und der tats.
KUNIGUNDE.
Ich aber will nicht heißen: Knechtes-Frau;
Nicht eines schnöden Dienstmanns Bette teilen;
Will nicht, wenn mich der Kaiser heischt nach Wien,
Die Schleppe tragen seiner Gräfin Hausfrau;
Will nicht vor Rudolf knien, wie er getan.

Der König springt auf.
KUNIGUNDE.
O, springt nur auf: ich fürcht euch wahrlich nicht!
Soll ich die einzge sein von Mann und Frau,
Die noch vor Ottokar, dem König, zittert?
Gebt mir Geleit, ich will nach Ungarn heim,
Dort wahrt man eines Königs Ehre besser.
Ihr, Rosenberg, den Arm! und nichts mehr weiter
Von jener Schmach, die ihr mitangesehn!
[1053]
ZAWISCH
indem er sie abführt.
Es war nur Scherz! Wir fandens alle lustig,
Nicht bloß der Kaiser; freilich der am meisten.
Und gut sah es sich an, man muß gestehn!

Sie gehen ab.
OTTOKAR.
Zawisch!
ZAWISCH
zurückkommend.
Was wollt ihr, Herr?
OTTOKAR.
Dein Schwert!
ZAWISCH
indem er es gibt.
Hier ist es!
OTTOKAR
zum Stoß ausholend.
Verräter!
KÖNIGIN
ruft inner dem Schloßtore.
Rosenberg!
OTTOKAR.
Hier nimm dein Schwert und geh!
ZAWISCH.
Ei, schönen Dank! hier ist nicht gut zu weilen.

Ab, der Königin nach.
OTTOKAR
nachdem er eine Weile starr auf den Boden gesehen hat.
Ist das mein Schatten? – Nun, zwei Könige!

Trompeten von innen.

Man kommt, man naht! Wohin verberg ich mich?

Er hüllt sich in seinen Mantel und zieht sich zurück. Ein kaiserlicher Herold kommt mit zwei Trompetern. Hinter ihm die befreiten östreichischen Geisel, worunter der alte Merenberg. Volk dringt nach. Der Kanzler im Wortwechsel mit dem Herold.
KANZLER.
Ich protestier im Namen meines Königs!
HEROLD
die Urkunde in der Hand.
Artikel drei des feirlichen Vertrags
Besagt: Die Geisel werden freigegeben,
Und so, in Vollmacht kaiserlicher Hoheit,
Sprech ich die Freiheit dieser Männer an
Aus Östreich und aus Steier, Untertanen
Des Kaisers und des Reichs zu dieser Frist.
Zugleich begehr ich gänzliche Vollziehung
Des Friedens, der bis jetzt nur halb erfüllt.
Noch immer lieget böhmische Besatzung
Im Lande hie und dort von Österreich;
Auch Heinrich Kuenring, eurer Sache treu,
Haust übel in dem Land jenseits der Donau,
[1054] Still unterstützt vom nachbarlichen Mähren.
Das soll nicht sein, befiehlt mein Herr und Kaiser!
Es abzustellen komm ich her nach Prag.
KANZLER.
Man wird dem König es erst melden müssen.
HEROLD.
Wozu? Ist nicht der Kaiser Lehensherr?
Derlei ist im Vasalleneid bedungen.
KANZLER.
Der Kaiser, seinerseits, hat auch noch nicht
In allem dem Vertrag genuggetan!
In Mähren stehn noch kaiserliche Völker.
HEROLD.
Sie werden abziehn, wenn ihr euch gefügt.
KANZLER.
Warum soll Böhmen denn zuerst erfüllen?
HEROLD.
Beglückt, wer hat, das ist ein alt Gesetz.
KANZLER.
So nennt ihr das Gesetz? das ist Gewalt.
HEROLD.
Nennts, wie ihr wollt, nur handelt, wie ihr müßt.
KANZLER.
Ich kann euch nichts versagen, nichts gewähren.
Der König, sagt man, ist in Prag, er selbst
Kann nur ob eurer Forderung entscheiden.
HEROLD.
So führt mich denn zu ihm!
KANZLER.
Auch das nicht jetzt!
Er ist in Prag, doch Nähres weiß man nicht.
HEROLD.
Nun wohl, so stoßt denn ihr in die Trompeten,
Daß sich der Hall verbreite durch die Stadt
Und König Ottokarn verkündet werde,
Daß Boten da von seinem Lehensherrn.

Ottokar tritt aus dem Volke, er hat den Mantel weggeworfen.
OTTOKAR.
Hier ist der König! Was verlangt ihr?
HEROLD.
Herr,
Man weigert mir die Freiheit dieser Männer!
OTTOKAR.
Wer weigert?
HEROLD
auf den Kanzler zeigend.
Hier!
KANZLER.
Nur, Herr, bis du genehmigt.
OTTOKAR.
Sie bürgten mir für ihres Landes Schuld;
Der Schuldbrief ist erlassen, nehmt das Pfand!
Zwar dort seh ich ein Angesicht, das fast
Mich reuen machen könnte solch ein Wort.
Verbirg dich, Merenberg! Du bist kein Geisel,
Ein überwiesener Verräter bist du,
[1055] Der erste, der voranging mit Verbrechen.
Verbirg dich! denn im Innern kocht es auf
Und lechzt zu kühlen sich in deinem Blut!

Merenberg zieht sich hinter zwei andere Geisel zurück.
OTTOKAR.
Was sonst?
HEROLD.
Die Räumung Östreichs wird begehrt.
OTTOKAR.
Es ist geräumt!
HEROLD.
Nicht ganz.
OTTOKAR.
Es soll geschehn!
Bedungen wards im Frieden, und so seis.
HEROLD
ausrufend.
Wer sonst noch Fordrung hat an Böhmens Krone,
Ein vorenthaltnes Recht, erwiesner Schade;
Wer Lehn zu nehmen hat vom deutschen Reich,
Ich lad ihn auf das Rathaus, wo der Pfalzgraf
Zu Recht wird sitzen und die Lehn erteilen.
Vivat Rudolphus, römisch-deutscher Kaiser!

Herold ab. Das Volk tumultuarisch ihm nach. Nur der Kanzler bleibt.
OTTOKAR.
Sie folgen alle? Lassen mich allein?

Zum Kanzler.

Bist du mein ganzer Hof? – Ha, Ottokar!
Verachtet von dem letzten meiner Diener,
Verhöhnt von meinem Weib, mit Recht verhöhnt,
Wie Wild gehetzt, von Haus und Bett vertrieben!
Ich kanns nicht tragen, kann nicht leben so!
Hinausgestrichen aus der Fürsten Zahl,
Ein Dienstmann dessen, der mir sonst ein Spott;
Und ungestraft, mein lachend, ziehn die Frechen,
Die mich verraten, fort aus meiner Haft.
Horch!

Man hört in der Entfernung den Herold seinen Ausruf wiederholen.
OTTOKAR.
Vivat Rudolphus? In der Hölle leb er!
Ruf mir den Herold!
KANZLER.
Ach, mein gnädger König!
OTTOKAR.
Ruf mir den Herold oder zittre, Knecht!

Kanzler ab.

Wars besser nicht, zu fallen in der Schlacht,
Der letzte meiner Krieger neben mir?
[1056] Sie haben mich verraten, überrascht.
Ein dunkler Nebel schwindet von der Stirn;
Ich hab geträumt: wie kühle Morgenluft
Kommt mir Erinnerung und läßt mich wachen.
Mit einem Heer zog ich an Donaustrand
Und schlug ein Lager, so weit reicht die Denkkraft;
Von da an Nacht! Was weiter dann geschehn,
Wie sie mich lockten in des Kaisers Zelt,
Wie dort – Ha, Tod und Teufel! Töten will ich
Den letzten, ders mit angesehn!
Mich selber, wenn ich nicht verlöschen kann
Das Angedenken jener blutgen Schmach!

Der Herold mit den Geiseln kommt zurück.
HEROLD.
Ihr ließt mich wieder rufen, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Fürs erste merket, daß in niemands Namen,
Als in dem meinigen man Ausruf tut
In meiner Pragerstadt!
HEROLD.
Allein –
OTTOKAR.
Genug!
Dann laßt die Geisel sich in Reihe stellen;
Man muß erst untersuchen, ob kein andrer,
Der Haft Entsprungner sich mit ihnen rettet.
HEROLD.
Dagegen bürgt des Reiches Würde zwar;
Doch stellt euch in die Reihe, wenns beliebt.
OTTOKAR
die Reihe hinaufgehend.
Du magst nur gehn, und du! – Bist du so schmuck,
Herr Ulrich Lichtenstein? Du freust dich wohl,
Weil du nun ledig? Nu, ich gönn es dir!
Du hast mich nicht geliebt; je, ich dich auch nicht,
Das macht uns wett. Zieh immer hin!
Doch da ist einer, den ich sprechen muß.
Gott grüß dich, Merenberg, du Schurk und du Verräter!
KANZLER.
Wenn er nur schweigt, nur nimmer widerspricht!
OTTOKAR.
Wie gehts denn deinem Sohn im Dienst des Kaisers?
Ein wackrer Junge, der schlägt nicht von Art!
Du hast ihn noch zur rechten Zeit gerettet,
Da es mit Ottokar schon abwärts ging!
Als ich das letztemal ihn sah, versprach ich
[1057] Ihm Kunde bald von mir und auch von dir;
Wie wärs, wenn ich ihm jetzt ein Briefchen schriebe;
Der alte Schurk, dein Vater, lebt nicht mehr!

Zum Herold.

Das ist kein Geisel, ist ein Hochverräter
Und kann mit jenen andern dort nicht gehn!
HEROLD.
Gerade den befahl mein Herr, der Kaiser –
OTTOKAR.
Gerade den befiehlt sein Herr, der König –!

Zu Merenberg.

Du warst der erste, du hast angefangen,
Das Beispiel du gegeben von Verrat.
Nach Frankfurt schriebst du Klagen und Beschwerden,
Da wählten sie den Habsburg, meinen Feind.
MERENBERG.
Beschwerden nicht!
OTTOKAR.
Nu, Lob doch auch nicht, Bruder!
Als erst dein Sohn in meines Gegners Heer,
Da folgten ihm von Österreich die andern
Und haben an der Donau mich verraten,
Mich preisgegeben, ihren rechten Herrn.
Weißt du, wo deinen Sohn ich sah zuletzt?
Es war bei Tuln, im kaiserlichen Lager,
Wo König Ottokar – Tod und Verdammnis!
Vor seinem Feind – in Knechtesart – im Staub –
Lösch aus, Erinnerung, in meinem Haupt,
Senk, Wahnsinn, dich herab auf meine Stirn
Und hüll in deine Wogen, was geschehn!
Wo König Ottokar- warum nicht sagen,
Was alle Welt gesehn? – Vor seinem Feind gekniet!
Und dieses Mannes Sohn, er stand dabei
Und lachte! – Darum mußt du sterben, Mann!
Die andern mögen gehn, der eine bleibt!
MERENBERG.
Gerechter Gott!
HEROLD.
Bedenket, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Bedenket lieber ihr, vorlauter Herr!
Daß, wenn ihr nicht in diesem Augenblick –
Doch zieht in Frieden, und laßt mich gewähren;
Noch bin ich Herr in diesem meinem Land.
MERENBERG.
Die Steiermark gehorcht nunmehr dem Reich!
[1058]
OTTOKAR
zum Herold.
Er war mein Untertan, als er an mir gefrevelt,
Als meinen Untertan bestraf ich ihn.
Werft ihn in tiefsten Turm, und wer mir meldet:
Der Merenberg ist tot, der sei willkommen!
HEROLD.
Der Kaiser aber –
OTTOKAR.
Herr, sagt eurem Kaiser:
Er soll in Deutschland herrschen nach Gelust!
Was ich versprach, ich hab es ihm gehalten,
Obgleich verraten, überlistet, hintergangen,
Ich habs gehalten, weil ich es versprach.
Doch sagt ihm: hier im Busen poch ein Mahner,
Der immer zuruft: Nimm, was man dir stahl!
Des Königs Ehre rett! Die Ehre eines Königs
Steht nicht um tausend Menschenleben feil.
Man hat dich an der Donau überlistet,
Versuch, ob in Gewalt er auch obsiegt!
Das sagt ihm, Herr! und weiter sagt ihm noch:
Der Friede ist erfüllt, er hat das Land,
Die Geisel send ich ihm, er ist befriedigt;
Doch mög er hüten sich, in Böhmen mir
Ein Wort zu reden, das mir nicht gefällt,
Sich einzumengen hier in mein Geschäft,
Sonst wollt ich ihm – allein sagt ihm doch lieber:
Er mög es tun, er möge Trutz mir bieten,
Mit einem Heer mir fallen in das Land,
Daß ich den Haß, den heißen Grimm mag kühlen
Im Blut, das seinem Herzen fließt zunächst.
Lügt mir zulieb, ich hätt auf ihn geschmäht,
Genannt ihn einen eingedrungnen Herrscher,
Der mir gestohlen, was mein eigen war;
Gelacht des Herolds, den er mir gesandt,
Den Mann, den er beschützt, zum Tod verdammt –
HEROLD.
Das könnt ihr nicht!
OTTOKAR.
Ich kann es, denn es ist.
HEROLD.
Kraft dieses Briefs –
OTTOKAR.
Verdammt sei dieser Brief!
Willst du mit Briefen mich und Worten meistern?
[1059] Noch hab ich Schwerter, noch ist mir ein Heer,
Das unbesiegt, du siegtest nur mit Ränken,
Und reißen will ich diese Ränke, wie ich
Den Brief zerreiße, den du dir erschlichst.

Er hat dem Herold den Brief entrissen.

Sieh her!

Im Begriff die Urkunde zu zerreißen, hält er plötzlich inne.
KANZLER.
O Gott, was sinnt er, Teurer, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Ruft mir mein Weib, die Königin!

Diener ab.

Vor aller Welt ward Ottokar beschimpft,
Vor aller Welt muß er auch rein sich waschen!
Sie hat den giftgen Stachel mir gesenkt
In meine Brust; sie mag zugegen sein,
Wie ich ihn auszieh oder im Bemühn
Ihn drücke in das Innerste des Lebens!

Die Königin kommt.
KUNIGUNDE.
Was ist?
OTTOKAR.
Ihr habt mich, kurz erst, hart gescholten,
Daß ich, um Blut zu schonen, nachgegeben
Und eingeräumt dem Kaiser Gut und Land.
KUNIGUNDE.
Ich schelt euch noch!
OTTOKAR.
Seht hier in meiner Hand
Den Brief, der an den Kaiser mich gebunden.
Zerreiß ich ihn, ist auch das Band zerrissen,
Das jetzt mich hält; frei bin ich wie zuvor.
Zerreiß ich ihn?
KUNIGUNDE.
Kein Mutger zweifelt da!
OTTOKAR.
Doch hört! Aufs neue rast der Teufel Krieg;
Aufs neue dampft das Land in Rauch und Blut.
Und eines Morgens, leicht kann es geschehn,
Bringt man euch auf der Bahre den Gemahl.
KUNIGUNDE.
An eurem Sarge will ich lieber stehn,
Als mit euch liegen, zugedeckt von Schande!
OTTOKAR.
So stark? Ein Tröpflein Milde täte wohl!
KUNIGUNDE.
Solang ihr euch nicht von der Schmach gereinigt,
Betretet nicht als Gatte mein Gemach.

Zum Abgehen gewendet.
[1060]
OTTOKAR.
Bleibt noch! Seht her! der Brief, er ist zerrissen!

Er zerreißt den Brief.

Die Ehre ganz, und auf der Zukunft Tor!
Was draus erfolgt, wir wollens beide tragen!
Gott gönn euch was von dem, was hier erwacht,

Auf seine Brust zeigend.

Und gebe mir die Kraft, die ihr bewiesen!
KUNIGUNDE.
Nun erst willkomm ich euch!
OTTOKAR.
So nicht! so nicht!
Ich sehe Blut an deinen weißen Fingern,
Zukünftges Blut! Ich sag: berühr mich nicht.
Gott hat das Weib aus weichem Ton gemacht
Und: Milde zugenannt; was bist denn du?
Wird mein Gedächtnis wach erst und erzählt,
Wie du den König, da er kam, empfingst,
Den Gatten, da er rückgekehrt nach Haus –
Geh fort! Ich fühle, daß sich mir die Sehkraft schwächt,
Das ist ein Zeichen, daß es Zeit zu gehn.
Geh fort! Fort, sag ich! Fort!

Die Königin geht ab.

Es ist vorüber!
OTTOKAR
zum Kanzler, den er angefaßt hatte.
Schein ich dir hart? Sie war mir auch nicht gütig!
Das geht so her und hin; Gott zieht die Rechnung!
Euch, Herold, halt ich nun nicht länger mehr!
Sagt eurem Herrn, was ihr mit angesehn!

Gegen Merenberg.

Mit dem in Turm! Was schützte vor Verrat,
Als die Bestrafung früherer Verräter?
Wer bauen will, der reutet seinen Grund,
Drum fort, du böses Schlingkraut, giftge Ranke!
MERENBERG.
Zu rascher König, mich schilt nicht Verräter!
Die sinds, die deinem Throne stehn zunächst,
Die Rosenberg, die –
OTTOKAR.
Kannst du auch verleumden?
MERENBERG.
Ach, der mich hält und mich zum Kerker führt,
Er ist des Kerkers würdiger als ich!
OTTOKAR.
Kein Böhme hat noch seinen Herrn verraten!
[1061] Jetzt bin ich deines Frevels erst gewiß!
In Turm den Lästerer!
MERENBERG
der abgeführt wird.
Zu spät wirst du bereun!
OTTOKAR.
In Turm!
MILOTA.
Und schweigt er nicht, stopft ihm den Mund!

Merenberg wird abgeführt. Herold folgt.
OTTOKAR
unter die Seinen tretend.
Kein Böhme hat noch seinen Herrn verraten;
Was auch der Lästrer spricht, ich bin gewiß!
Nun im Begriff, zu gehn in einen Krieg
Für unsers Landes Ruhm und seine Macht,
Vertrau ich euch, wie ich mir selbst vertraue.
Wer mißgesinnt ist, wer mein Tun nicht billigt,
Der schließe frei sich aus von unserm Zug,
Kein Nachteil soll ihn treffen oder Vorwurf.
Wer aber gern mir folgt und denkt wie ich,
Den drück ich an mein Herz und nenn ihn Bruder!
Den Eid, den ich am Krönungstage schwur,
Bei meines Vaters Sarg, ich wiederhol ihn:
Treu bis zum Tod! Tut ihr dasselbe!
Die Welt ist voll von Bösen und von Argen;
Erneut den Schwur auf eures Königs Schwert.

Er hat von einem der Umstehenden das Schwert genommen, die Vordersten knieen nieder.

Kniet nicht! Steht auf! Ich kann nicht knieen sehn! –
Und schwört auch nicht – Denn man kann knien und schwören
Und doch das Wort nicht halten, das man gab.
Ich will euch so vertrauen, ohne Schwur! –
Und nun ans Werk! Du gehst zu Herzog Heinrich
Nach Breslau! ihn und Prinik, den von Glogau,
Du ladest sie zur Heerfahrt hier nach Prag.
Du gehst nach Deutschland, und aus Meißen, Sachsen,
Von Magdeburg, dem Markgraf mit dem Pfeil,
Sprichst du den Beistand an, den sie mir gönnen.

Zum Kanzler.

Ihr schreibt mir an die andern Herrn und Fürsten!
Wir wollen eine Schar zusammenlesen,
[1062] Daß sich der Kaiser drob verwundern soll!
Ich bin noch Ottokar, man soll schon sehn!
Ihr alle leiht mir euren kräftgen Arm!
Was ihr verlort an Gütern und an Schlössern,
Was ich euch abnahm und zur Krone schlug,
Ich geb es wieder, geb euch mehr dazu.
Den Rosenbergen sei ihr Frauenberg,
Auch Aussig, Falkenstein. Dir, Neuhaus, Lar;
Nehmt Laun, ihr Zierotin; Dub, Kruschina!
Nehmt eure Güter wieder und seid fröhlich!
Wir wollen eins sein, redlich halten aus.
Dir, Milota, vertrau ich Mähren an,
Du bist ein wackrer Krieger, du bewahrst mirs!

Zawisch von Rosenberg kommt.
OTTOKAR.
Sieh da, Herr Rosenberg! Ei, Gott zum Gruß!
Ich denk, ihr folgt uns doch wohl auch ins Feld?
Ihr seid der Ersten einer meines Reichs,
Auf den ich vor gar vielen andern zähle.
ZAWISCH.
Was meine Brüder tun, das tu ich auch!
Der allgemeinen Not werd ich mich nicht entziehn.

Er geht.
OTTOKAR
der ihm nachgesehen hat, mit Gebärde.
Der hats hier hinterm Ohr, dem trau ich nicht!
Du, Milota, du bist mein Mann!
Ich glaube wohl, daß du auch hassen kannst,
Betrügen nicht! Dir will ich mich vertraun!
Herr Kanzler, seid ihr fertig?
KANZLER
der sich zum Schreiben gesetzt hat.
Ja, mein König!
OTTOKAR.
Wir haben viel durch Raschheit eingebüßt,
Wir müssen uns durch Vorsicht wieder helfen.
Nicht wahr, so ists dir recht, mein alter Kauz?
KANZLER.
O König, scheltet mich, wie sonst, mit Raschheit,
Mir tät es wohler, als die Milde jetzt.
OTTOKAR.
Schreib an den Hauptmann du der Stadt von Znaim,
Er soll mit tausend Mann – doch nein, zuviel!
Die Veste bleibt indessen mir entblößt.
Nein, mit fünfhundert Mann soll er die Grenze –
[1063] Allein fünfhundert sind zu wenig.

Auf Milota.

Nicht wahr?
Schreib lieber, daß von Iglau – Wieder nichts!
Mein Kopf ist wüst; zwei Nächte nicht geruht,
Gegessen auch nicht.
Leih mir deine Bank,
Ich will versuchen, hier zu ruhn.
KANZLER.
Mein König,
Gefällts euch nicht, ins Schloß –?
OTTOKAR.
Nein, nein, nein, nein!
Doch holt mir meine Frau; sie ging in Zorn.
Sie soll zu mir sich setzen, soll mir sprechen,
Bis sich der Schlaf auf meine Wimpern senkt.
Mein Freund, tu mir die Lieb und geh nach ihr!

Diener ab.
OTTOKAR.
Wie wohl es tut, die Glieder auszustrecken,
Ist einer müd! Seht mal nach Merenberg;
Der alte Mann mag hart im Kerker ruhn!
Ist er ein Schurk auch, soll man ihn nicht quälen
Und soll ihm geben ritterliche Haft.

Füllenstein ab.
Diener kommt.
OTTOKAR.
Nun, kommt die Königin?
DIENER.
Sie kommt nicht, Herr!
OTTOKAR.
So laßt sie gehn! Komm du her, alter Kanzler,
Und leih zum Ausruhn heut mir deinen Schoß.
Hab ich geruht – dann sollt ihr sehn –
Ob ich der alte Ottokar noch bin.

Er schläft.
Füllenstein kommt zurück.
KANZLER.
Der König schläft!
FÜLLENSTEIN.
Nu, Merenberg bald auch!
Als er nicht schwieg und alle Welt verklagte,
Stieß ihn ein Szupan hart den Turm hinab;
Er wirds nicht überleben, glaubt man fast!
[1064]
OTTOKAR
sich emporrichtend.
He, Merenberg, bist dus?
KANZLER.
Er ist nicht hier!
OTTOKAR.
Mir war, als stünd er da! – Nu, schlafen! schlafen!

Er sinkt wieder zurück und schläft.
Der Kanzler legt, Schweigen gebietend, den Finger auf den Mund.
Der Vorhang fällt.
[1065]

5. Akt

Fünfter Aufzug

Kirchhof von Götzendorf. Drei Vierteile des Mittelgrundes durch das hereinragende Haus des Küsters geschlossen, mit einem Glockenturm daran. Vorposten des böhmischen Heers. Ein Wachfeuer, Krieger herumgelagert. Ottokar sitzt hinter demselben auf einer Erhöhung, das Kinn auf beide Hände und diese auf den Knopf seines Schwertes gestützt. Rechts im Vorgrunde Milota und Füllenstein, am Boden liegend. Vor Tagesanbruch. Dunkel.
Ein Bote tritt rechts im Vorgrunde auf.

BOTE.
Ist hier der König?
MILOTA.
Ja, was gibts?
BOTE
halblaut.
Kumanen
Und Ungarn von des Kaisers Heere streifen
Die March hinauf im Rücken unsrer Stellung;
Bei Drösing hat man ihrer schon gesehn.
Soll ichs dem König melden?
MILOTA.
Laßt nur sein!
Der König ist schon übellaunig sonst;
Auch stehn die Russen dort und meine Leute,
Die werden sie den Rückweg suchen lehren.
BOTE.
Nun, wenn ihr meint –
MILOTA.
Geht nur, gleich komm ich selbst.

Bote ab.
FÜLLENSTEIN
halblaut.
Das ewge Zaudern, ewige Bedenken!
Und immer rückwärts! Ei, verdamm es Gott!
Der König hat sein Wesen ausgezogen.
Schon früher ging nicht alles, wie es sollte,
Die Flucht der Königin gab ihm den Rest.
Und wärs nicht, daß mich freut das Kriegeshandwerk,
Ich wäre längst gewichen von dem Heer.
Erst stürmt er vierzehn Tage Drosendorf
Und läßt dem Kaiser Zeit, die Macht zu sammeln;
Und als man endlich denkt: jetzt schlägt er los,
Als wir gerüstet stehn und fertig vor Marchegg,
Da heißts: zurück! und Weiden, Weikendorf,
Und Anger, Stillfried, alle Stellungen
Am Hasenberg, am Weidenbach und an der Sulz
Läßt er dem Feind, beinah ohn einen Schwertschlag.
[1066]
MILOTA.
Bald muß es sich entscheiden; sei getrost!
FÜLLENSTEIN.
Er nennt das Vorsicht; Zagheit nenn ichs eher!
Sonst war das anders, ei, da galt noch Fechten.
Jetzt sind wir Memmen!
MILOTA.
Schweig, der König regt sich!
FÜLLENSTEIN.
Zeit wär es!
OTTOKAR
am Feuer.
Gestern war ein schlimmer Tag!
Der Feind gewinnet Boden. Doch was tuts?
Ich habe Drosendorf; der Rücken ist gesichert.
FÜLLENSTEIN
laut.
Beinah der Rücken sichrer als die Brust!
OTTOKAR.
Dir tu ich nicht zu Danke, Füllenstein!
FÜLLENSTEIN.
Nein, Herr, ich kanns nicht leugnen. Sonst wars anders.
OTTOKAR.
Du hättest bei Marchegg schon losgeschlagen?
FÜLLENSTEIN.
So tat ich, Herr, und ihr, ihr tatets auch
Noch vor zwei Jahren. In der Ungerschlacht,
Am selben Ort habt ihr nicht lang gezweifelt.
Ei, Schwert heraus und in den Feind! Da gings.
OTTOKAR.
Es ging, weil es der Zufall günstig meinte.
Ei, damals war ich ein verwegner Tor,
Wie du noch jetzt bist. Reife bringt die Zeit.
FÜLLENSTEIN.
Herr, als noch bei Marchegg der Kaiser stand,
Da zählt' er tausend Streiter, und nicht mehr.
Jetzt ist er an die dreißigtausend stark.
OTTOKAR.
Allwissend ist nur Gott! – Was ist die Uhr?
DIENER.
Drei Uhr nach Mitternacht.
OTTOKAR.
Die Schlacht ist unvermeidlich!
Wir sind am Feind. Der heutge Tag entscheidet.
Wie heißt der Ort hier?
DIENER.
Götzendorf, mein König.
OTTOKAR.
Der Bach?
DIENER.
Die Sulz.
OTTOKAR.
Ich dacht, ich wär in Stillfried.
DIENER.
Wir ritten gestern durch in dunkler Nacht.
Jetzt liegt der Kaiser drinnen.
OTTOKAR.
Nun, Gott walts!
DIENER.
Ihr solltet dort ins Haus gehn, gnädger Herr!
[1067]
OTTOKAR.
Und daß mir niemand angreift, bis ichs sage!
Ich hab ihn hergelockt in diese Berge
Mit vorgespiegelter, verstellter Flucht.
Dringt er nun vor: die Mitte weicht zurück,
Die Flügel schließen sich – dann gute Nacht, Herr Kaiser!
Ich hab ihn, wie die Maus im Loch! Ha, ha!

Er bricht in ein heiseres Lachen aus, das sich in ein Husten verliert. Er reibt die Hände.

's ist kalt! Hat niemand einen Mantel?
Vor Sonnenaufgang weht die Luft am schärfsten.

Man gibt ihm einen Mantel.

Ist das 'ne Sommernacht? Noch stehn die Stoppeln
Und schon so kalt! Sonst war der Sommer warm,
Der Winter Frost; jetzt tauschen sie das Amt.
Die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen!
Hat man nicht Nachricht, wo die Königin
Sich hingewandt?
DIENER.
Man weiß es nicht, mein König!
OTTOKAR.
Und Zawisch ist bei ihr?
DIENER.
Ja, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Ich denke sie zu seiner Zeit zu treffen!
Wills noch nicht tagen?
DIENER.
Überhin der March
Beginnts zu graun. Der Tag bricht an.
OTTOKAR
ist aufgesprungen.
Ich grüße dich, verhängnisvolle Sonne!
Eh du zu Rüste gehst, hat sichs entschieden,
Ob Fried in Waffen, ob im Grabe Frieden.

Er wirft den Mantel weg.

Löscht aus die Feuer, laßt die Hörner tönen!
Bereitet euch zum Kampf, es gilt das Letzte!
BOTE
kommt.
Herr, Drösing brennt!
OTTOKAR.
Im Rücken meines Heers?
Dort stehen eure Leute, Milota!
MILOTA.
Versprengte Haufen von Kumanen, Herr!
Auch glaub ichs nicht!
OTTOKAR.
Ist hier herum kein Hügel?
[1068] Daß man des Feuers Richtung könnte sehn.
DIENER.
Der Glockenturm.
OTTOKAR.
Steig einer schnell hinauf.

Es pochen einige ans Tor.
OTTOKAR.
Wie kommen Ungarn mir nach Drösing? Gottes Feuer!
Wer des die Schuld trägt, hängt! – Wirds bald?
DIENER.
Herr König,
Man weigert uns den Eintritt.
OTTOKAR.
Weigert? Wer?
DIENER.
Sind Damen drin im Haus.
OTTOKAR.
Was, Damen! Possen!
KÜSTER
der aus dem Hause getreten ist.
Herr, das Gefolg der Königin von Böhmen.
OTTOKAR
ihn anfassend.
Der Königin von Böhmen? – Das Gefolg?
Wohl auch sie selbst? – Ha, Schurk! – und Zawisch auch?
Es soll mir wohl tun, meinen Zorn zu kühlen!
KÜSTER.
Bedenk eur Hoheit!
OTTOKAR.
Fort!
KÜSTER.
Ach Herr!
OTTOKAR.
Hinein!

Er dringt ins Haus, der Küster ihm nach.
MILOTA.
Wenn er den Zawisch trifft, ist der verloren!
Ich muß ihn retten, gälts das Äußerste!
Zieht euch zurück, und ruf ich aus dem Fenster,
So dringt ins Haus und tut, was ich euch sage;
Der König ist sein selbst nicht Herr im Zorn!

Er geht ins Haus, die andern ziehen sich zurück.
Kurzes Zimmer, durch einen gotischen Bogen geschlossen, von dem ein dunkler Vorhang bis zur Erde herabhängt.
Ottokar, dem Frau Elisabeth in den Weg tritt, stürzt herein.
OTTOKAR.
Fort, Kupplerin! Wo hast du deine Kunden?
ELISABETH.
Ach, gnädger Herr, gönnt ihr doch jetzt die Ruh!
OTTOKAR.
Der Vorhang dort, er deckt wohl das Geheimnis?
Lieb Täubchen, komm! Auf, Decke! Vorhang auf!

Er reißt den Vorhang auf und prallt zurück.
Auf einer schwarzbedeckten Erhöhung, von Lichtern umstellt, liegt Königin Margarethe tot im Sarge. Das Wappen von Östreich zu ihren Füßen.
[1069]
OTTOKAR
im Vorgrunde dumpf.
Das ist die Königin von Böhmen nicht!
ELISABETH.
Sie wars!
OTTOKAR.
Margrethe ists von Österreich,
Mein Weib einst; doch verwandt im vierten Grad,
Und drum geschieden nach der Kirche Recht.
– Gott geb ihr ewge Ruh!
ELISABETH.
Ach, Amen, Amen!
OTTOKAR.
Wann starb sie?
ELISABETH.
Gestern morgens, gnädger Herr!
OTTOKAR.
Wie kommt sie hieher?
ELISABETH.
Aus dem Sitz von Krems
Vertrieben von den Streifern eures Heers,
Hat nach Marchegg zum Kaiser sie gewollt,
Da übereilte sie der Tod.
OTTOKAR.
Warum zum Kaiser?
ELISABETH.
Herr, sie sagt' es nicht;
Doch, denk ich, war es, Frieden zu vermitteln.
OTTOKAR.
Sie war Vermittlerin! Und woran starb sie?
ELISABETH.
Man pflegts zu nennen: am gebrochnen Herzen;
Denn weinend Tag und Nacht –
OTTOKAR.
Genug! Genug!
Wo aber wollt ihr hin?
ELISABETH.
Wir wollen warten,
Bis sich der Krieg so oder so entschieden –
OTTOKAR.
So oder so!
ELISABETH.
Und dann nach Lilienfeld,
Sie zu begraben in der Ahnen Gruft,
Wo Herzog Leupold ruht, der Selgen Vater,
Und, der der Babenberger Mannstamm schloß,
Ihr Bruder Friedrich, den sie Streitbar nennen.
OTTOKAR.
Das tu! – Und diesen Ring –
MILOTA
kommt.
Der Feind rückt an!
OTTOKAR.
Ich komme gleich, Geht nur!

Milota ab.
OTTOKAR.
Und diesen Ring
Leg du von mir der Selgen in das Grab.
ELISABETH.
Ach Herr!
[1070]
OTTOKAR.
Und wenn der Krieg sich hat entschieden,
Und ich es überleb, so komm nach Prag,
Daß ich die Treu dir lohn an deiner Frau.
Jetzt muß ich fort!

Er geht auf die Türe zu.
ELISABETH
die sie ihm öffnet.
Gott segn euch!
OTTOKAR
bleibt an der Türe stehen.
Margarethe,
So bist du tot und hast mir nicht verziehn?

Er kommt zurück.

Bist hingegangen, treue, fromme Seele,
Mit dem Gefühl des Unrechts in der Brust,
Und stehst wohl jetzt vor Gottes Richterstuhl
Und klagst mich an, rufst Rache wider mich!
O, tus nicht, Margaretha, tu es nicht!
Du bist gerächt. Um was ich dich und alles gab,
Gefallen ists von mir, wie Laub im Herbst.
Was ich gesammelt, ist im Wind zerstoben,
Der Segen fort, der fruchtend kommt von oben,
Und einsam steh ich da, von Leid gebeugt,
Und niemand tröstet mich und hört mich!

Er tritt näher.

Sie haben schlimm an mir getan, Margrethe!
Der Undank hob sein Haupt auf gegen mich.
Die mir die Nächsten, haben mich verraten,
Die ich gehoben, haben mich gestürzt.
Das Weib, um das ich hingab deinen Wert,
Sie hat das Herz im Busen mir zerspalten,
Die Ehre mein verkauft an meinen Knecht;
Und als ich blutend heimkam aus der Schlacht,
Goß sie mir Gift, statt Balsam, in die Wunden.
Mit Hohn und Spott hat sie mich aufgestachelt,
Daß blind ich rannte in das Todesnetz,
Das nun zusammenschlägt ob meinem Scheitel.

Er kniet am Sarge.

Du hast mich oft getröstet; tröste nun!
Streck aus die kalte Hand und segne mich.
Denn eines fühl ich wohl: es kommt zu sterben;
[1071] Der heutge Tag kann Ottokar verderben,
Drum segne mich, wie du gesegnet bist!

Er legt sein Haupt auf die Kissen.
ELISABETH.
Er betet, glaub ich. Nun, du guter Gott,
Verzeih ihm auch! Und ach, der großen Freude
Für die hochselge Frau! Sagt ichs nicht immer?
Er kehrt zurück. Nun seid ihr doch beisammen,
Siehst du?

Gegen Himmel blickend.
VON AUSSEN.
Ist hier der König?
ELISABETH
zur Tür hinaussprechend.
Ei, er will allein sein!
Sie sollen ihn nicht stören!

Sie läßt die Vorhänge herab.

Streit und Hader,
Dazu findt so ein Herr wohl immer Zeit.
Die Zeit zum Beten aber kommt nicht immer.
Schon wieder Lärm, ei, daß euch Gott, ihr Heiden!

Neuer Lärm von außen. Sie geht, mit dem Finger auf dem Mund Stillschweigen gebietend, leise zur Türe hinaus.
Platz vor dem Hause, wie zu Anfang des Aufzuges.
Milota führt einen Knappen vor. Die andern im Hintergrunde. In Zwischenräumen Trompeten und Lärm von außen.
MILOTA.
Wie? Zawisch Rosenberg, er sendet dich?
KNECHT.
Ja Herr!
MILOTA.
Er ist im kaiserlichen Lager?
KNECHT.
Wohl.
MILOTA.
Wo ist sein Brief?
KNECHT.
Ich habe keinen Brief,
Er hieß mich nur – es klingt fast lächerlich –
Er hieß mich an das Liedchen euch erinnern:
»Der Winter kehrt zurück, die Rosen welken.«
MILOTA.
Was will er damit? – Rosen – Rosenberg!
Sag ihm: die Rosen mögen immer blühn,
Der Schnee zergeht, der Winter kehrt nicht wieder!

Knecht ab.
FÜLLENSTEIN
kommt.
Wo ist der König?
MILOTA.
Oben.
[1072]
FÜLLENSTEIN.
Teufel auch!
Es geht schon hitzig her!
EIN RITTER
tritt eilig auf.
Ist hier der König?
Die Vorhut wird zurückgedrängt. Schickt Hilfe!
MILOTA.
Er säumt noch immer!
FÜLLENSTEIN.
Siehe da, er kommt!

Ottokar kommt mit dem Küster aus dem Hause. Frau Elisabeth folgt.
OTTOKAR
zum Küster.
Man wird eur Haus verschonen, wie nur möglich.
Gehabt euch wohl und schließt mich ins Gebet.
Herbott, wie stehts?
FÜLLENSTEIN.
Sie sind schon handgemein.
OTTOKAR.
Gebt mir den Helm!
FÜLLENSTEIN.
Der Gaul von einem Dienstmann
Des Erzbischofs von Salzburg wurde scheu
Und riß ihn fort, die andern sprengten nach.
OTTOKAR
hat den Helm auf und zieht das Schwert.
Nun denn, mit Gott!
KÜSTER.
Er segn euch, gnädger Herr!
ELISABETH.
Zu tausendmal! Und führ euch glücklich heim!
OTTOKAR.
Wir wollen hoffen!

Trompeten von außen.

Nun, wir kommen schon!
Wo sind die Pferde?
FÜLLENSTEIN.
Dort am Gittertor!
OTTOKAR
gehend.
Voran!
ELISABETH.
Gott segn eur Hoheit.

Zugleich mit dem Küster.

Glück und Heil!

Alle ab.
Freie Gegend an der March. Es ist ein heller Tag.
Kaiser Rudolf mit seinen Söhnen, in Begleitung österreichischer und anderer Ritter mit Fahnen, tritt auf.
RUDOLF.
Die Sonne steigt aus Nebeln herrlich auf;
Es wird ein schöner Tag! Mein Sohn, du trittst
Zum erstenmal auf österreichschen Boden,
Sieh um dich her, du stehst in deinem Land!
[1073] Das Feld, das rings sich breitet, heißt Marchfeld,
Ein Schlachtfeld, wie sich leicht kein zweites findet,
Doch auch ein Erntefeld, Gott sei gedankt!
Und dafür soll es immerdar dir gelten!
Dort fließt die March; dort, wo noch Nebel ringt,
Liegt Wien, die Stadt, die Donau blinkt daneben,
Von vielen Inseln mannigfach geteilt.
Dort wirst du wohnen, gibt uns Gott den Sieg.
Doch gilts zu kämpfen erst, das sollst du auch.
Die Rennfahn geb ich dir, die sollst du führen,
Mir vor sie tragen glorreich durch die Schlacht.

Er gibt ihm die Fahne.
Zu seinem jüngeren Sohne.

Dein junger Arm führt noch zu schwach den Stahl,
Du bleibst bei mir, in deines Vaters Hut.
Ihr, Markgraf Hochberg, führt des Reiches Adler;
Und wie der Adler lebend Wild nur beutet,
Trefft den, der kämpft, und schonet des, der flieht.

Er gibt ihn.

Dir, Konrad Haslau, ob schon altergrau,
Vertrau ich Östreichs flatterndes Panier,
Das du in zwanzig Schlachten rühmlich trugst.
Ihr bleibt ihm nah, Herr Heinrich Lichtenstein,
Und wahrt des Manns und dessen, was er trägt.
Ha, wohl verwahrt! Sucht ich nach einem Schützer
Für dies mein Haupt, ich wüßte keinen bessern,
Als einen Lichtenstein! Wohlan, ihr Herrn,
Nehmt das Panier und tragt es allen vor;
Den edlen weißen Strich von Österreich;
Und wie er glänzend geht durchs rote Feld,
So will ich sehen Östreichs weiße Zeichen
Die Gasse ziehn durch blutgefärbte Leichen.
Nun vor, mit Gott! Und: Christus, sei der Schlachtruf.
So wie er starb für uns am blutgen Holz,
So wollen wir auch sterben für das Recht,
Ob auch das Unrecht Güter böt und Leben.
Ehrwürdger Herr von Basel, geht voran,
Stimmt uns das Schlachtlied an: Maria reine Maid!
[1074]
DIENER
kommt.
Die Königin von Böhmen, gnädger Herr!
RUDOLF.
Wie kommt sie her zu mir?

Kunigunde und Zawisch auftretend, hinter ihnen wird Bertha geführt, mit Begleitern, die zurückbleiben.
KUNIGUNDE.
Hier bin ich selbst!
Um Schutz zu flehn, komm ich in euer Lager.
RUDOLF.
Schutz, edle Frau, bei eures Gatten Feind?
KUNIGUNDE.
Weil mir der Feinde grimmigster mein Gatte!
Er rast, zumeist gen die, so ihm am nächsten,
Und fliehend nur erhielt ich fast mein Leben.
RUDOLF.
Gar viel Vertraun schenkt ihr mir, Königin!
Denn Frauen kenn ich, sonst wohl hohen Muts,
Die aber lieber tot von Gattenhand,
Als daß sie flöhn zu denen, die ihn töten.
Doch mögt ihr immer dort in meinen Zelten
Des Ausgangs harren, der euch wohl versöhnt.

Zu einem Begleiter.

Bringt die erlauchte Frau in Sicherheit!
KUNIGUNDE.
Ich dank eur Hoheit – Zawisch kommt mit mir

Ab.
RUDOLF.
Ihr, Herr, steht nicht bei eures Königs Fahnen?
ZAWISCH.
Der König hat mich hoch und schwer beleidigt.
RUDOLF.
Beleidigt, Herr? und des gedenkt ihr jetzt?
Wo er vielleicht dem Tod entgegengeht?
Dankt Gott, Herr, daß ihr nicht mein Untertan,
Ich wollt euch das Kapitel sonst erklären!
Folgt eurer Königin, die euch statt eines Königs.

Zawisch ab.
RUDOLF.
Noch eins, eh wir zur Schlacht! Ich hab erfahren,
Daß unter denen, die ich gestern abends
Zu Rittern schlug, und die ob einer Unbild
Dem Böhmenkönig abhold, oder sonst,
Vor allem aus den österreichschen Landen,
Ein Bund besteht, ihn in der Schlacht zu suchen,
Und daß ihn jener töte, der ihn fand:
Den Bund vernicht ich hier, als euer Kaiser,
Und jedem untersag ich, Hand zu legen
[1075] An König Ottokar zu dieser Frist;
Den einzgen Fall der Notwehr ausgenommen.

Zu Seyfried Merenberg, der neben ihm steht.

Habt ihr verstanden, Herr? Und so mit Gott!
ES STÜRZT EINER HEREIN.
Die Böhmen nahn!
RUDOLF.
Die Österreicher sind schon da!
Wir werden uns doch wohl nicht fürchten sollen?
Ein einzler Haufe; schließt euch an, ihr Herrn!

Herbott von Füllenstein mit einem Haufen.
FÜLLENSTEIN
hereinstürzend.
Wo ist der Kaiser? Nur den Kaiser such ich!
RUDOLF.
Hier ist er, Freund!
FÜLLENSTEIN.
Bald heißt es wohl: er war.
RUDOLF.
Das frägt sich noch. Ei, laßt ihn nur, ihr Herrn.
Das Fechten möcht ich doch nicht ganz verlernen!
Komm an, mein Freund!
FÜLLENSTEIN.
Ihr folgt und schlagt sie tot!

Gefecht. Alle ab.
Ein anderer Teil des Schlachtfeldes. Links im Vorgrunde das Ende eines Hügels, auf die Bühne hereinlaufend, daneben steht ein Baum.
Ottokar kommt, auf einen Knecht gestützt; zwei andere und Milota folgen.
OTTOKAR.
Herr Milota, eur Haufe greift nicht an!
Wo bleiben eure Mährer, Tod und Teufel?
Ich fürcht, ihr seid ein Schurk, Herr Milota!
Und seid ihr es, Herr, weil ich euch vertraut,
Seid ihr es zehn – und hundertfach!
Sie haben mir das Pferd erstochen unterm Leib;
Das Bein schmerzt noch vom unversehnen Sturz.
Geh hin und such ein Pferd; ich weile hier!

Einer ab.

Ihr, Milota, jagt hin zu euren Mährern!
Doch nein! Bleibt da! Geh du und sag der Nachhut:
Sie sollen auf den Feind, sonst will ich, Pest! auf sie!

Der zweite ab.

Seht mir ins Antlitz, Milota! Daß Gott!
Ihr schaut mit Grimm. Ich hoff, das gilt dem Feind;
[1076] Denn gält es mir, auf eurem Todbett, Herr,
Würd euch ein Milota genüber stehn,
Und also schaun in euer brechend Aug.
Steigt dort auf jenen Hügel, Herr, und forscht
Nach Füllenstein und wie das Treffen geht.

Milota ab.

Du leite mich zu jenem Baume hin,
Daß ich mich halte, bis ein Pferd zur Hand,
Und sieh dich um und sags, wenn Feinde nahn.

Er steht am Baume und hält sich mit der Hand an einem niedrigen, dürren Zweige.

Die Böhmen fechten matt, wie man wohl ficht
Für einen Ungeliebten, notgedrungen.
Die Östreichsmänner und die Steirer aber,
Die sonst nur träg mir ihren Dienst erwiesen,
In Todesengel scheinen sie verwandelt,
Und jeder ist ein Held nun wider mich.
Der Zahltag ist erschienen und sie zahlen!
Ich hab nicht gut in deiner Welt gehaust,
Du großer Gott! Wie Sturm und Ungewitter
Bin ich gezogen über deine Fluren.
Du aber bists allein, der stürmen kann,
Denn du allein kannst heilen, großer Gott.
Und hab ich auch das Schlimme nicht gewollt,
Wer war ich, Wurm? daß ich mich unterwand,
Den Herrn der Welten frevelnd nachzuspielen,
Durchs Böse suchend einen Weg zum Guten!
Den Menschen, den du hingesetzt zur Lust,
Ein Zweck, ein Selbst, im Weltall eine Welt –
Gebaut hast du ihn als ein Wunderwerk,
Mit hoher Stirn und aufgerichtem Nacken,
Gekleidet in der Schönheit Feierkleid,
Und wunderbar mit Wundern ihn umringt.
Er hört und sieht und fühlt und freut sich.
Die Speise nimmt er auf in seinen Leib,
Da treten wirkende Gewalten auf
Und weben fort und fort mit Fasern und Gefäß
Und zimmern ihm sein Haus; kein Königsschloß
Mag sich vergleichen mit dem Menschenleib!
[1077] Ich aber hab sie hin zu Tausenden geworfen,
Um einer Torheit, eines Einfalls willen,
Wie man den Kehricht schüttet vor die Tür.
Und keiner war von den Gebliebnen allen,
Den seine Mutter nicht, als sie mit Schmerz geboren,
Mit Lust gedrückt an ihre Nährerbrust,
Der Vater nicht als seinen Stolz gesegnet
Und aufgezogen, jahrelang gehütet.
Wenn er am Finger sich verletzt die Haut,
Da liefen sie herbei und bandens ein
Und sahen zu, bis endlich es geheilt.
Und 's war ein Finger nur, die Haut am Finger!
Ich aber hab sie schockweis hingeschleudert
Und starrem Eisen einen Weg gebahnt
In ihren warmen Leib. – Hast du beschlossen,
Zu gehen ins Gericht mit Ottokar,
So triff mich, aber schone meines Volks!
Geblendet war ich, so hab ich gefehlt,
Mit Willen hab ich Unrecht nicht getan!
Doch einmal, ja! – und noch einmal: O Gott,
Ich hab mit Willen Unrecht auch getan!
Es ist nicht Todesfurcht, was so mich reden läßt.
Der du die Herzen aller kennst,
Du weißt, ob dieses Herz die Furcht bewegt?
Doch wenn dich eines Mannes Reu erfreut,
Den nicht die Strafe, den sein Unrecht schreckt;
So sieh mich hier vor deinem Antlitz knien,

Er kniet.

Und hör mich beten wie ich jetzo bete:
Geh als ein Gott der Gnade zu Gericht!

Er senkt sein Haupt.
Seyfried von Merenberg tritt, ganz gerüstet, im Hintergrunde auf.
SEYFRIED.
Ottokar!
OTTOKAR.
Wer ruft?
SEYFRIED
hinten stehen bleibend.
Wo hast du meinen Vater?
OTTOKAR
steht auf.
Wer bist du? – Merenberg!
SEYFRIED.
Wo hast du meinen Vater?
[1078]
OTTOKAR
dumpf vor sich hin.
Als Gott den Kain fragte, sagte der:
Mir hast du ihn zu hüten nicht gegeben!
SEYFRIED.
Ich gab ihn dir, ja wohl, mein eigner Unsinn!
Und jetzt steh ich vor dir, in Stahl gekleidet,
Und fordr ihn wieder: gib mir meinen Vater!
OTTOKAR.
Du weißt wohl, wo er ist.
SEYFRIED.
Wohl weiß ichs: tot!
OTTOKAR.
Er büßte wie Verräter!
SEYFRIED.
Er, Verräter!
Er war dir nur zu treu, dir, mir, der ganzen Welt.
Um meinen Dienst beim Kaiser wußt er nicht.
Der Brief, den er mir gab, enthielt nur Bitten
Für dein verstoßnes Weib.
OTTOKAR.
So hat ihn Gott!
SEYFRIED.
Er hat ihn, ja! Empfiehl ihm deine Seele!

Stürzt mit dem Schwerte auf ihn los.
Emerberg tritt auf.
EMERBERG.
Seyfried, was tust du?
SEYFRIED.
Sieh, er mahnt mit Recht!
Der Kaiser hat verboten, dich zu töten
Mit Waffen; doch ich will, ein Basilisk,
Versuchen, mit den Augen dich zu töten.
Sieh her nach mir und höre: Merenberg!
Der Hölle Ruf dereinstens: Merenberg!
OTTOKAR.
Gebt Raum, ich muß zu meinem Heer!
SEYFRIED.
Du bleibst!
Du warst mir Lehrer, warst mir Muster, Beispiel,
Ich habe dich geehrt, wie niemand sonst;
Der Erde Ruhm ging mir in dir zu Grabe.
Der Erde Glück in meines Vaters Haupt.
Gib das Vertrauen mir auf Menschen wieder,
Den Vater wieder, den ich selbst geliefert,
Ich selbst in deine Hand. Vorschneller Würger,
Sieh mir ins Antlitz; es ist Merenbergs.
Komm, töt ihn noch einmal in seinen Zügen!
OTTOKAR.
Schließ deinen Helm, dann sei des Kampfs gewährt.
[1079]
SEYFRIED.
Nicht also! Nein! Ficht, König, mit den Toten!
Hei, tapfrer Ottokar, mit eins so feig?

Ottokars Knecht kommt zurück.
KNECHT.
Herr Milota, zu Hilfe! Feinde! Feinde!
SEYFRIED
zu Emerberg.
Halt den zurück! Er muß sich mein erwehren!
Daß ich dem Kaiser sagen möge: Herr,
Ich schlug ihn nicht, er selber fiel mich an;
Den Fall der Notwehr habt ihr ausgenommen!

Emerberg ficht mit dem Knecht.
KNECHT.
Herr Milota!
EMERBERG.
Entweich!
KNECHT.
Ach Gott! ach Gott!

Er fällt getroffen zu des Königs Füßen.
OTTOKAR
sein Schwert aufnehmend.
So seis!

Milota kommt.
OTTOKAR.
He, Milota, hilf deinem König!
SEYFRIED.
Freund oder Feind?
MILOTA.
Nicht euer Feind, ihr Herrn!
Geht hier der Weg nach Mähren?
OTTOKAR.
Milota!
MILOTA.
Mein Bruder, Benesch Diedicz, läßt euch grüßen,
Er ist gestorben als ein Sinnberaubter,
Und Muhme Bertha rast an seinem Sarg.
Gebt Raum, ihr Herrn! Glück auf! ich stör euch nicht.

Geht in seinen Mantel gehüllt vorüber und ab.
OTTOKAR.
Verläßt du mich, und kann ich dich nicht schelten?
Und doch war ich dein Herr, drum Schurke du auf ewig!
SEYFRIED.
Gib dich!
OTTOKAR.
Vermeinst du, Ottokarn zu fangen?
Es gilt zu fechten!

Er tritt hart auf den verletzten Fuß.

Trage, Fuß,
Jetzt ist nicht Zeit zu schmerzen! Ihr, gebt Raum!
EMERBERG.
Du bist verloren, sieh, die Deinen fliehn!

Fliehende Böhmen bedecken den Hintergrund.
OTTOKAR.
Du lügst, kein Böhme flieht! Zu ihnen! Fort!
[1080]
BEIDE
mit vorgehaltenen Schwertern.
Du bleibst!

Heinrich von Lichtenstein tritt mit einer Schar verfolgend im Mittelgrunde auf und eilt nach hinten, das Banner von Östreich in der Hand.
LICHTENSTEIN.
Die Feinde fliehn! Hoch Österreich!
OTTOKAR.
Steht, Memmen, steht!
Und ihr gebt Raum.
SEYFRIED.
Im Grabe.
Sonst nicht!
OTTOKAR
einen Hieb führend.
Hier Böhmen!
SEYFRIED
ebenso.
Und hier Österreich!
OTTOKAR
mit einem neuen Hiebe.
Hier Ottokar!
SEYFRIED.
Hier Merenberg und Gott!

Er haut ihn nieder.
Ottokar stürzt nieder, rafft sich schnell wieder auf, taumelt einige Schritte und fällt dann tot neben der Hügelerhöhung hin.
EMERBERG.
Was tatst du? Das Gebot verletzt des Kaisers!

Merenberg steht, die Hände hinabgesunken, unbeweglich da.
HEINRICH VON LICHTENSTEIN
kommt zurück.
Sieg, Sieg! Die Feinde fliehn! Hoch, Österreich!

Rudolf tritt auf mit Gefolge.
RUDOLF.
Halt ein mit Töten! Schont der Überwundnen!
Was ist hier? Was hat dich zu Eis verwandelt?
Ha, Ottokar, am Boden, blutend, tot!
Du hasts getan! Flieh, wie der erste Mörder,
Und laß dich nimmer sehn vor meinem Blick!

Merenberg entflieht.

Die Böhmen sollen ruhig heimwärts ziehn,
Für den sie stritten, ruft es aus! ist tot.
FRAU ELISABETH
hinter der Szene.
Gewalt, Gewalt!
RUDOLF.
Wer ruft?
ELISABETH
kommt und wirft sich dem Kaiser zu Füßen.
Ach, gnädger Kaiser!
Sie plündern drin im Haus, sie zünden an
[1081] Und gönnen selbst den Toten nicht die Ruh!
Ach schützt uns, Herr!
RUDOLF.
Man soll zu Hilfe sehn!
Wer bist du?
ELISABETH.
Ach, der Königin Margrethe
Von Österreich getreue Kämmerin,
Und die dort tragen meiner Frauen Leiche.

Vier Männer, von schwarzgekleideten Frauen begleitet, tragen den Sarg herein.
RUDOLF.
Sieh dort die Leiche deines Herrn!
ELISABETH.
Ach Gott!
So starb er! Grade, da er sanft geworden!
Du armer Herr! Setzt hin dort unsre Leiche,
So liegen sie im Tode doch vereint.

Der Sarg wird auf eine Erhöhung zu Ottokars Häupten gesetzt.
Kunigunde kommt, hinter ihr Zawisch und Bertha.
KUNIGUNDE.
Der König ist gefangen, wird gesagt.
RUDOLF.
Hier, Weib, hier liegt dein Mann!

Kunigunde sinkt mit einem Ausruf bebend in die Kniee. Zawisch steht mit gesenktem Haupte.
RUDOLF
fortfahrend.
Zu seines Weibes Füßen,
Denn daß sies blieb, hat sie im Tod erprobt.
BERTHA
ist hinter dem Sarge auf die Erhöhung getreten und lehnt mit dem Ellenbogen darauf, jetzt pocht sie an den Sarg und sagt.
Mach auf, Margrethe, sieh, dein Mann ist da!

Mit mehreren Gefangenen ist der Kanzler hereingebracht worden, er stürzt hin.
KANZLER.
O Herr! Du mein verirrter, wackrer Herr!

Er nimmt Ottokars Haupt in seinen Schoß.
RUDOLF.
So liegst du nackt und schmucklos, großer König,
Das Haupt gelegt in deines Dieners Schoß,
Und ist von deinem Prunk und Reichtum allen
Nicht eine arme Decke dir geblieben,
Als Leichentuch zu hüllen deinen Leib.
Den Kaisermantel, dem du nachgestrebt,
Ich nehm ihn ab und breit ihn über dich,

Er tut es.

Daß als ein Kaiser du begraben werdest,
Der du gestorben wie ein Bettler bist.
[1082] Bringt ihn nach Laa und stellt ihn fürstlich aus,
Bis man ihn holt zur Ruhstatt seiner Ahnen.

Er entblößt das Haupt und betet still, die andern tun dasselbe. Kunigunde verhüllt sich, Zawisch blickt starr vor sich.
Pause.
BERTHA
noch immer auf den Sargdeckel gelehnt.
Und vergib uns, als auch wir vergeben!
Und führ uns nicht in Versuchung!
RUDOLF.
Nicht führ uns in Versuchung, großer Gott!
Und nun, mein Sohn, im Angesicht der Leiche,
Vor diesem Toten, der ein König war,
Belehn ich dich mit Östreichs weitem Erbe.

Auf seinen Wink knieen seine beiden Söhne nieder. Er spricht immer vorzugsweise zu dem ältern.

Sei groß und stark, vermehre dein Geschlecht,
Daß es sich breite in der Erde Fernen
Und Habsburgs Name glänze bei den Sternen!
Du steh in allem deinem Bruder bei!
Doch solltet ihr je übermütig werden,
Mit Stolz erheben euren Herrscherblick,
So denk an den Gewaltigen zurück,
Der jetzt nur fiel in Gottes strenge Hände,
An Ottokar, sein Glück und an sein Ende!
Steh auf! und du! Und niemals kniee wieder,
Ich grüße dich als dieses Landes Herrn.
Und ihr auch grüßt ihn, laßt es laut erschallen,
Daß weit es sich verbreite, donnergleich:
Dem ersten Habsburg Heil in Österreich!
ALLE.
Heil! Heil!
Hoch Österreich!
Habsburg für immer!

Indem alle unter Trompeten und Jubelgeschrei niederknien, um die Huldigung zu leisten, fällt der Vorhang.

Ende.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek