[141] Karl, der Friedensstifter

Im 1736 Jahre.


Wie soll ich unsern Karl besingen,
Den Friedensstifter neuer Zeit?
O! möchte mir doch itzt ein edles Lied gelingen,
Da seine Hand uns Palmen beut!
Ein andrer mag die Streiter preisen,
Die Brand und Blut der Welt bekannt gemacht;
Die blöde Muse scheut der Krieger strenge Macht,
Sie fleucht ein blutbespritztes Eisen:
Nur weiser Herrscher Glanz, nur Karl kann sie entzücken,
Und ihrem Helikon entrücken.
O Lust! Es steckt, nach Wuth und Morden,
Der wilde Mars die Schwerter ein;
Es ist Bellonens Faust des Würgens müde worden,
Man läßt Irenen Tempel weihn.
Ja, ja, der Rhein vergißt sein Schrecken,
Der laue Po beginnt sein schüchtern Haupt,
Indem der Feind entweicht, der ihn bisher beraubt,
Nun wieder in die Höh zu strecken;
Und das Tyrrhener-Meer will gleichfalls sich bequemen,
An Deutschlands Freude Theil zu nehmen.
Getrost Europa! deine Söhne
Frißt ferner kein gewetzter Stahl.
Alekto raast nicht mehr; ihr schwirrendes Getöne,
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Und alle Furcht weicht auf einmal.
Erheitre nun die trüben Blicke,
Wisch ab das Salz der bittern Thränenfluth:
Man düngt das Feld nicht mehr durch warmes Menschenblut,
Dir lacht hinfort ein holder Glücke.
Was dich bisher gekränkt, was Wuth und Noth erregt,
Das ist nun glücklich beygelegt.
Die Donau jauchzt, die Weichsel lachet,
Der Elbstrom ist vergnügt dabey:
Die Seine, so die Glut des Krieges angefachet,
Ist nun von aller Mordlust frey.
Der Tagus setzt der Herrschsucht Schranken,
Die Tyber selbst nimmt Theil an solcher Lust.
Ergetzt die Friedenspost dir nun die matte Brust:
So sprich, wem hast du sie zu danken?
Wer zwingt den Kriegsgott hier, den Küraß und den Degen
Auch wider Willen abzulegen?
Wer thuts, als Karl, der beste Kaiser,
Das Schutzgestirn der deutschen Welt?
Der Janus dieser Zeit, der lieber Palmenreiser,
Als Schild und Spieß in Händen hält.
Ja Karl! Dein himmlisches Gemüthe
Schenkt itzt der Welt des Friedens süße Frucht.
Wenn hat dein Vatersinn nicht Deutschlands Heil gesucht?
Wir unerschöpft war deine Güte!
Was hat dein weiser Geist nicht eifrigst unternommen,
Zu dem erwünschten Zweck zu kommen?
Wir denken noch, o Herr! der Zeiten,
Als Gott und Recht dein Haupt gekrönt;
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Wie da dein Heldenarm sich zwar zu tapferm Streiten,
Jedoch zur Herrschkunst mehr gewöhnt.
Iberien sah deine Thaten,
Zwar voller Lust, doch mit Erstaunen an;
Es war fast um Bourbon und seine Macht gethan,
Weil dir so mancher Sieg gerathen:
Jedoch du wurdest kaum zum Kaiserthron erhoben,
So sah man deiner Großmuth Proben.
Wie sonst, mit einem edlen Triebe,
Ein Adler Feind und Raub vergißt,
Sich schnell gen Himmel schwingt, dem er aus zarter Liebe
Geweiht und gänzlich eigen ist:
Kaum zeigt sich das geliebte Feuer,
Der Sonnenball, von Dampf und Nebel bloß;
So hebt er sich empor, läßt seine Beute los,
Und schenkt sie dem besiegten Geyer.
Des Himmels schönstes Licht nach Herzenslust zu schauen,
Läßt er den Raub dem Feind in Klauen.
So that schon deine weise Jugend,
O Karl, Germaniens August!
So handelst du noch itzt, denn deiner Heldentugend
Ist Gnädigseyn die größte Lust.
Gerechtes Haupt, du liebst die Deinen,
Du kennst und suchst, was Ländern Wohlfahrt bringt;
Du weist, daß auch der Sieg dem Sieger schlecht gelingt,
Wenn Völker den Triumph beweinen.
Du weist, das Kriegesglück hat pfeilgeschwinde Flügel,
Und giebt für Köpfe Graus und Ziegel.
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Du schenkst Castiliens Provinzen,
Die dir das Erbrecht zugedacht,
Dem Sohne Ludewigs, des nievergnügten Prinzen;
Weil deiner Großmuth Trieb erwacht.
Germanien ruft dich zum Throne,
Den Habsburgs Stamm seit grauer Zeit geziert,
Dieß große Reich wird nur durch dein Verdienst gerührt;
Du kömmst, und nimmst die Kaiserkrone.
Kein Wunder! wer den Geist zum Frieden weis zu lenken,
Kann leicht ein Königreich verschenken.
Den Schluß wird keine Zeit vergessen,
Den jüngst dein hoher Geist gefaßt;
Als Du Europens Wohl mit Vorsicht abgemessen,
Des Reiches Heil besorget hast.
Du siehst, o Karl, auf ferne Zeiten,
Dein Rath bedenkt der Deutschen Sicherheit.
Wie oft hat Stambol uns den Untergang gedräut?
Wie oft zwingt uns Paris zum Streiten?
Wer kann auf beyde so, wie Oestreichs Degen blitzen?
Wer Deutschland ost- und westwärts schützen?
Der Muselmann im Oriente
Wich deiner Sorgfalt für das Reich:
Allein es regten sich im stolzen Occidente
Drey starke Machten fast zugleich.
Mit dir, Herr, stund das Recht im Bunde;
Dort kämpften List, Behendigkeit und Macht!
Sie stritten ohne Feind, und siegten ohne Schlacht,
Eh noch dein Heer im Felde stunde;
Dein Heer, das bald darauf der Krieger Wuth gedämpfet,
Und tapfer für dein Recht gekämpfet.
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Ihr Musen, sagt, was hier am Rheine,
Dort in Ausonien geschehn.
Da fochtest du, o Karl, mit dreyen ganz alleine;
Hier ließ ein vielfach Heer sich sehn.
Eugen mit seinen deutschen Schaaren
Hält alle Macht der schnellen Franzen auf:
Dort hemmet Königseck der Bundsgenossen Lauf,
So viel auch ihrer Fahnen waren.
Wie leichtlich hätte sie auch Seckendorf bezwungen,
Wär ihm das Reich recht beygesprungen.
Ach! daß die Zwietracht deiner Glieder,
O Deutschland! dir so schädlich ist:
Nur Neid und Eigensinn schlägt deine Kräfte nieder,
Dadurch du sonst so furchtbar bist.
Wo sind die unbesiegten Waffen,
Die sonst so leicht die halbe Welt gezähmt?
Vorzeiten hast du Rom im größten Flor beschämt,
Itzt kanst du dir nicht Hülfe schaffen.
Wo ist, Germanien, dein nie bezwungner Degen,
Der sonst beständig obgelegen?
Was machts? Dort warst du fest verbunden,
Hier trennt dich Stolz und Eigennutz.
Wer seinen Ruhm verficht, wird schwerlich überwunden;
Die Zwietracht nur braucht fremden Schutz.
Erwacht, ihr alten Grajer-Helden,
Die Trojens Burg zehn Jahre lang bekriegt,
Wo zwanzig Fürsten kaum ein einzig Volk besiegt;
Ihr sollt uns aus Erfahrung melden:
Ward nicht aus Zwiespalt bloß, darinn ihr oft gestanden,
Euch Zeit und Volk und Ruhm zu schanden?
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So giengs: doch eures Fehlers Früchte
Sind unsichtbar für unsre Zeit.
Germanien nimmt ab, gleichwohl deckt sein Gesichte
Noch keine Scham und Blödigkeit.
Der Feind erweitert stets die Gränzen,
Das Reich wird klein: doch seine Söhne ruhn.
Wer denkt an seine Pflicht? Wer will das Seine thun?
Wer läßt sein Schwert für Karlen glänzen?
Der kalte Nord bricht auf, die Cimbrer und die Scythen
Sieht man das deutsche Reich behüten.
Die Nachwelt wird erstaunend lesen;
Was unser Blick bestürzt gesehn;
Was, seit der Weltkreis stund, ganz unerhört gewesen,
Das Wunderding ist jüngst geschehn.
Die Bürger von dem Wolgastrande,
Archangels Volk, ein Heer von Astrakan,
Vom weiten Caspermeer, Siberien, Casan,
Und Nachbarn vom Hirkanersande;
Die alle brachen auf, auf unsers Kaisers Winken,
Aus dem entfernten Rhein zu trinken.
O Karl! Dieß Wunder ist dir eigen,
Dir kämpft auch Rußlands Kaiserinn.
Wie eifrig war sie, dir die Freundschaft zu bezeigen?
Als wär dein Siegen ihr Gewinn.
Ihr tapfers Volk eilt dich zu schützen,
Sie schickt ihr Heer, bloß dir zu gut, so weit;
Setzt der Sarmaten Thron zuerst in Sicherheit,
Dann muß ihr Stahl auf Frankreich blitzen.
Zwo Annen haben nun der Deutschen Schutz geheißen;
Erst Engellands, dann die aus Reußen.
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Und so erfüllt sich nach Verlangen,
Mein Kaiser, deiner Weisheit Schluß;
Nunmehr ist Gallien dir alles eingegangen,
Was künftig Deutschland retten muß.
Dein Erbfolgsrecht wird feste stehen,
Dein Oesterreich bleibt ewig ungetrennt.
Nun Hymens Fackel auch der theuren Erbinn brennt,
So kann dein Haus nicht untergehen:
Ja den gepriesnen Held, dem du sie wirst vermählen,
Wird Deutschland einst zum Haupte wählen.
Was kann doch dem Vergnügen gleichen,
O Wien, darein dich Karl versetzt!
Wo sieht Eurpoa wohl, in allen seinen Reichen,
Ein Volk, daß sich wie du ergetzt?
Man bebt noch vor Bellonens Klingen,
Man zittert noch vor der Karthaunen Knall;
Die Trommeln schmettern noch, wie der Trompeten Schall:
Nur du hörst Hochzeitlieder singen.
Dein Haupt und Vater, Karl, kann Krieg und Frieden machen,
Vertreibt die Furcht, und lehrt dich lachen.
Ja, Kaiser! Du, du schaffst den Frieden,
Du schenkst ihn der bedrängten Welt:
Jüngst schien er ganz und gar vom Erdkreis abgeschieden,
Du hast ihn glücklich hergestellt.
Verbanne ferner Krieg und Streiten,
Schleuß ewiglich des Janus Tempel zu;
Der Erdkreis seufzet längst nach ungestörter Ruh,
Wer kann die sonst, als du, bereiten?
Jedoch denkt Mars nicht gar sein Mordschwert einzustecken:
So mag er ferne Völker schrecken.
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Dort, wo dem Asiaterstrande
Der Hellespont das Ufer netzt,
Wo Ganges nebst dem Phrat dem heißen Perserlande,
Und Mogols Reiche, Gränzen setzt;
Da mögen seine Waffen schalten,
Da mag sein Sohn, der tapfre Kulichan,
Den Feind der Christenheit, den wüsten Muselmann,
In steter Furcht und Angst erhalten:
Da mag ohn Unterlaß der wilde Roßschweif fliegen,
Da mag er bis zum Nilstrom siegen.
Wie lange soll das Mördereisen
Europen an die Seele gehn?
Wann wird sich die Vernunft bey uns doch kräftig weisen?
Wenn wird das Herz in Ruhe stehn?
Wird darum nur der Witz geläutert?
Wird darum nur so manche Kunst erdacht,
Der Sitten Höflichkeit, der Städte Glanz und Pracht
Erhöht, verbessert und erweitert?
Soll uns die Wissenschaft aus Menschen denn zu Drachen,
Und ungeheuern Tygern machen?
Ach Schande! Schande für die Zeiten,
Da Geist und Witz und Sitten blühn!
Laßt Barbarn immerhin, als tolle Bären, streiten,
Laßt Africa zu Felde ziehn:
Die Christenheit muß friedlich leben,
Der Musen Sitz, der Weisheit Vaterland:
Wo Blutvergießen herrscht, da schwindet der Verstand,
Und dieser muß uns Frieden geben.
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Nur der und Karl vermag von euch, ihr Allemannen,
Den schnöden Mordgeist zu verbannen.
O folgt doch beyder sanftem Wesen!
O folgt doch beyder weisem Rath!
Die späte Welt wird zwar von seinen Siegen lesen,
Doch mehr von mancher Friedensthat.
Mercur wird seine Vorsicht preisen,
Dadurch das Wohl der Unterthanen steigt;
Wenn Oestreichs Flagge sich in allen Meeren zeigt,
Wo Britt und Bataver sich weisen:
Denn soll Ostende nicht sein Niederland vergnügen,
So wird gewiß Trieste siegen.
Apollo wird die Sorgfalt lehren,
Womit auch Karl die Musen schützt.
Denn welche Wissenschaft, die Ländern irgend nützt,
Steht nicht an seinem Hof in Ehren?
Minerva wird den Flor der Künste
In Karls Gebieth ohn Unterlaß erhöhn:
Diana wird ihm selbst den Vorzug zugestehn,
Sie rühmt schon seines Rohrs Gewinste;
Ihr scharfer Bogen selbst, nebst allen ihren Pfeilen,
Wird seinem Schuß den Preis ertheilen.
Das alles wird man in Geschichten,
O Herr! zu deinem Preise sehn:
Caliope besingt in ewigen Gedichten,
Was itzt durch deine Hand geschehn.
Wer ehrt nicht auch die Freundschaftsproben,
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Die Sachsens Haupt von deiner Hand gespürt?
So lang Augustus lebt und Polens Zepter führt,
So lange werden sie erhoben.
So lange Warschau sich mit Dresden wird verbinden,
Wird deine Großmuth Kränze finden.
Ach! träf auch die bedrängten Heerden,
O Kaiser! einst dein Gnadenstral;
Die oft, auch unter dir, ein Raub der Feinde werden:
Wie priese dich auch diese Zahl!
Ach! schütze doch auch die Gewissen,
Und thu, wie Gott, der alles gleich ernährt;
Der auch die Heiden nicht in seinem Grimm verzehrt,
Die sich doch seinem Dienst entrissen.
Ja ja, wir hoffen schon, du schonst hinfort der Armen,
Durch ein recht väterlich Erbarmen.
Gebt acht! welch himmlisches Gesichte!
Welch Götterkind erscheinet hier!
Sein sanftes Auge stralt von einem heitern Lichte;
Ein Oelzweig ist der Hände Zier.
Irene selbst verläßt den Himmel,
Sie kömmt zurück nach unsrer Unterwelt:
Bellona bebt und zagt, selbst Mars ist ganz entstellt;
Man hört ein freudig Lustgetümmel.
O mehr als güldne Zeit! o längst erwünschte Stunden!
Wie schön habt ihr euch eingefunden!
Seht! Mars entweicht, Bellona fliehet,
Der Rost verzehrt der Schwerter Stahl;
Verstand und Tugend herrscht, der Völker Wohlfahrt blühet,
Europa weis von keiner Quaal.
Der Ackerbau, der Handel steiget,
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Die Wissenschaft, die Kunst kömmt mehr empor.
Ihr Enkel später Zeit, genießt ihr diesen Flor,
Denkt, daß er euch zur Dankpflicht neiget.
Ihr müsset unsern Karl den Friedensstifter nennen!
Ihm muß ein ewig Opfer brennen!

Opitz.


Die falschen Herzen klagen,
Die guten freuen sich, daß du nicht ausgeschlagen
Der Waffen Stillestand; und daß dein Sinn, o Held!
Den Frieden höher schätzt, als etwas in der Welt,
Das mit der Welt vergeht.

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