[176] Die Kelle 1
Fußnoten
1 Die Kelle, (ich weiß nicht, woher sie den seltsamen, unpoetischen Namen hat,) ist eine große unterirdische Grotte, eine Stunde von Ellrich. Herr von Rohr hat sie in seinen Merkwürdigkeiten des Unterharzes beschrieben, aber ohne Gefühl für Schönheiten der Natur. Es mag hier genug seyn, nur dieses davon zu sagen, daß die Höhle in einem kleinen Eichen- und Buchenwalde liegt, womit eine Strecke von Bergen besetzt ist, die, nach der Mittags-Seite, aus hohen, weißen, sehr schroffen Felsenwänden bestehen, von deren Spitze man eine sehr schöne Landschaft übersieht. Im Bauch dieser Felsenberge, ist die Kelle; man erblickt sie nicht eher, als bis man dem Eingange gegenüber steht. Allein um in die Höhle zu kommen, muß man einen steilen Weg von etwa 100 Schritten hinab gehen. Das Portal der Höhle ist ohngefähr 50 Fuß hoch, beinah eben so breit, oben mit herabhangenden Bäumen und Gesträuchen bekränzt, das Ganze eine steile Felsenwand von alabasterartigem Kalkstein, in einen halben Zirkel ausgehöhlt, und oben etwas gewölbt. Durch diese hohe weite Oeffnung, sieht man von der Höhe in die Grotte selbst hinein. Ein schauerlicher Anblick! Durch das Portal, und durch eine zirkelförmige Oeffnung in der Kuppel der Grotte, von etwa 6 Fuß im Durchmesser, fällt ein mäßiges Licht hinein; die Strahlen brechen sich auf der Fläche des Wassers, womit der Boden größtentheils bedeckt ist; nach und nach unterscheidet man die verschiedenen Gruppen, und sieht im Hintergrunde einen gewölbten Felsen, der völlig der Beschreibung alter Dichter, von dem Eingange zur Hölle, entspricht. Die Gewölbe der Baumanshöhle, und andere solcher unterirdischen Grotten in Deutschland, sind inwendig größer und schöner; aber was den Anblick von außen betrifft, erreicht keine die Schönheit derKelle. Reisende, die Italien gesehen haben, versichern, daß auch keine der wälschen Höhlen, einen so romantischen Eingang habe. Da immer mehr Kalksteine herabfallen, so wird endlich einmal das ganze große Gewölbe mit den darüber stehenden Bäumen zusammen stürzen. Die Oeffnung, welche schon in der Kuppel entstanden ist, hat man umzäunt, damit das Vieh, welches hier weidet, nicht durchfalle. Die Höhle liegt kaum einen Büchsenschuß von Wülferode. Dieß war sonst ein Dorf, ist aber itzt ein bloßes Landhaus, das der Verf. im Sommer bewohnte. (S. die XIV. Epist. im II. Bande.) Freunde, die ihn hier besuchten, pflegte er gewöhnlich nach der Höhle zu führen, und unter den Buchen, dem Eingange der Grotte gegenüber, einen Nachtmittag mit ihnen zuzubringen; denn bei dem schwülsten Wetter ist es hier kühl, in der Grotte selbst aber läuft man große Gefahr, sich heftig zu erkälten. Bischofrode ist ein adeliches Gut, gleich hinter dem Kellholze, das dem Herrn BaronSpiegel zum Diesenberge, gehört, und Appenrode ein Dorf, eine halbe Stunde von Wülferode. Das Kellholz mit seiner Höhle, liegt zwischen diesen drei Orten in der Mitte. So viel war nöthig, wenn fremde Leser die Balade im Zusammenhange verstehen sollten.
2 Ein Dorf nicht weit von der Höhle.