[33] Parthenope
Jupiter liebte unter den Halbgöttinnen keine so zärtlich, als die Nymphe Parthenope.
Schon mancher goldne Tag war ihrem Scherz verflossen;
Ihr Herz war keiner Lust, die Venus schenkt, verschlossen;
In ihrer Küsse Harmonie
Scholl noch ein Seufzer nie.
Da erst vergaß der Gott zufrieden seinen Himmel,
Floh in den stillen Hayn vom prächtigen Getümmel,
Sah seine Schön, und küßte sie.
Einst, als Jupiter die Schöne am Abend verließ, hörte er etwas unter den Büschen verstohlen daherrauschen. Er verbarg sich und sah einen Faun in die Grotte der Parthenope eilen.
Wie war dem Gott, als er dieß sah;
Bang und betäubt folgt er dem Faunen;
[34]Und – falsche Nymphe! welch Erstaunen! –
Und was er fürchtete, geschah.
Es lispelt Kuß um Kuß ins laute Spiel der Blätter,
Es lacht – Verruchteste! bebt vor dem Gott der Götter!
Lacht nicht – Entsetzen, Schaam, langsame zitternde Wuth
Preßt ihm das Aug hervor, schwärzt sein Gesicht mit Blut.
Da starrt der Gott – und jetzund flammt die Glut –
Und itzt steht er vor den Verräthern;
Und beyde fliehn gleich scheuen Missethätern:
Doch Jupitern entflieht man nicht!
Er will – fest stehn sie da er spricht:
»Du Falsche, wagsts, beschimpfest mein Vertrauen –
Geh! – Niederträchtige – buhl, und erweck nur Grauen,
Du Faun, geh hin; dich straf ich nicht:«
Und eine Thräne, da er spricht,
Benetzt sein weggewandt Gesicht.
[35] Chloe, hast du jemals dort im Meer eine Nymphe gesehen – Sirene nennen die Dichter sie –
Die Selbst im Wasser noch der Liebe Flammen leidet,
Manch buhlerisches Lied umsonst gen Himmel schickt,
Weil jeder schauervoll sie meidet,
Die, wenn sie einen ja berückt,
Und nun erkennt, daß sie ihn ängstigt, nicht entzückt,
Den ganzen Erebus in ihrer Seele leidet?
Hast du die Elende gesehen? Es ist Parthenope; so hat Jupiter sie gestraft!