FORTSETZUNG ZU S. 94
Es folgten den dunklen pfaden
Vom wald am wasser
Edelfrau und bürgersknab: die saaten
Der sehnsucht jezt in sich: die blumen später.
Die flucht ging längs waldhöhlen
Von rettenden strömen verschlagen
Durch ein bleich mondlicht.
Sie kannten einander – verstohlen
Suchten sie voll zagen
Einander gesicht.
Ihre hände bebten. Es trugen die pferde
Sie wege wo ritter und räuber drohten.
Die fällte · sie löste er · mit dem schwerte.
Sie rannten fürder – ihre herzen wogten.
Durch die düstern gebüsche – der strom war fern verborgen –
Führten die pferde sie: sie entstiegen eilig
Bei einer hütte der lichtung – fern war der morgen
Da sie dort blieben – geborgen –
Sie voll verlangen
Er voll verehrung.
Um seinen hals schlug sie den arm: ihre wangen
An seinen · erteilte ihr mund ihm süsse belehrung.
›Zu gross o fürstin‹ war sein beben·
›Mir das zum preise:
Gab ich euch für meine liebe das leben
Auch zum beweise.‹
[126] Bitter ihr lachen: ›zu gross‹. Nicht schlug er die arme
Um ihre glieder
Dass sie erwarme.
Kniet er wie für so fürstliche liebe zu keusch zu nieder? –
Schwieg sie? – Doch in ihr brannte
Der traum vom abend.
Ihr mund für ihre schande
Träumte in seinem blute sich labend ....
Sie entkamen. In ihrer stadt
Für erfundene missetat
Stand bei ihm das beil ihn am block zu entleiben.
Sie wollte auf bitte und rat
(Ihre freunde sein vater dort alle verbleiben)
Vor das schwert fiel ihren schleier lösen.
Frei soll er ausgehn. Doch in stillen bösen
Verliebten blutträumen sass sie auf dem thron und gab kein zeichen.
Das haupt fiel: blut strömte: schnell war das bleichen
Auf ihren lippen und wangen.
Aber den schleier hielten – auch dann – ihre hände umfangen.
Längs den verborgenen pfaden
Von lust und wehmut
Wachsen dunkle saaten
Von tod und demut.