15.

Beim Mondesuntergange
Erglänzt wie Gold das Meer,
Schwarz blickt mit schroffem Hange
Leukadias Felsen her.
Da taucht mir tief im Sinne
Gleichwie aus Dämmerflor
Von Sapphos wilder Minne
Die alte Mär empor.
Dem Volke der Hellenen
Sang sie zum erstenmal
Die eifersücht'gen Tränen
Verlorner Liebesqual.
Noch leben jene Gluten,
Die tönend sie durchwühlt,
Bis sie in diesen Fluten
Ihr brennend Herz gekühlt.
Und oft bei Nacht dort oben,
Wenn hoch die Wolken gehn,
Das Haupt vom Kranz umwoben
Sieht sie der Schiffer stehn.
Gespenstisch weht ihr Schleier,
Und überm Wogendrang
Im Winde schwebt zur Leier
Sehnsüchtig ihr Gesang:
»Schon senkt der Mond sich trübe,
Die Mitternacht bricht ein;
Mein Herz vergeht vor Liebe,
Und weh, ich bin allein!«

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