Die Magd

Maiblumen blühten überall,
er sah mich an so trüb und müd, –
im Faulbaum rief die Nachtigall:
die Blüte flieht! die Blüte flieht!
Von Düften war die Nacht so warm,
wie Blut so warm, wie unser Blut,
und wir so jung und freudenarm, –
und über uns im Busch das Lied,
das zuckende Lied: Die Glut verglüht!
und Er so treu und mir so gut ...
[203]
In Knospen schoß der wilde Mohn,
es sog die Sonne unsern Schweiß;
es wurden rot die Knospen schon,
da wurden meine Wangen weiß.
Ums liebe Brot, ums teure Brot
floß doppelt heiß im Korn sein Schweiß;
der wilde Mohn stand feuerrot, –
es war wol fressendes Gift der Schweiß, –
es ward auch seine Wange weiß;
und die Sonne stach im Korn ihn tot ...
Die Astern schwankten bleich am Zaun,
im feuchten Wind die Traube schwoll;
im Hofe zischelten die Frau'n,
der Apfelbaum hing schwer und voll.
Es war ein Tag so regensatt,
wie einst sein Blick so blaß und matt;
die Astern standen braun und naß,
vom gelben Blatt der Nebel troff;
da stieß man sie voll Hohn und Haß,
die sündige Magd, hinaus vom Hof ...
Nun blüht von Eis der kahle Hain,
die Thräne friert im schneidenden Wind;
aus flimmernden Scheiben glüht der Schein
des Christbaums auf mein wimmernd Kind.
Die hungernden Spatzen bettelnd schrein,
vom blanken Dach die Krähe krächzt;
am schlaffen Busen zitternd ächzt
mein Kind, und Keiner läßt uns ein;
wie die Worte der Reichen so scharf und weh
knirscht unter mir der harte Schnee.
So weh – oh, bohrt es mir im Ohr:
du Kind der Schmach! du Sündenlohn!
[204]
Und dennoch beten sie empor
zum Sohn der Magd, dem Jungfraunsohn?! –
Oh, brennt mein Blut – was that denn ich?
war's Sünde nicht, daß sie gebar? –
Mein Kind, mein Heiland – weine nicht:
ein Bett für dich – dein Blut für mich –
vom Himmel rieselt's silberklar:
wie träumt es sich so süß im Schnee –
was that denn ich? – wie müd und weh!
war's Liebe nicht –? war's – Liebe – nicht?

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