Venus Creatrix

O meine bleiche Braut! du blasse Wolke
im Arm des Sturms! du bebend Haupt,
an meine Brust geneigt aus deinen Schleiern:
erbleichst, erbebst du mir?
O nun erglühst du, heimlich Willige du,
nun öffnest du die herzverklärten Augen,
nun ringt sich von den Lippen dir mein Name,
und inniger küss ich dich – wir sind allein.
Allein. O komm, das Licht der Ampel
wirft Schatten; komm! heut soll kein Schatten sein,
heut sollen alle, alle Lichter leuchten,
in einer See von Licht sollst du mir schwimmen,
du weiße Möwe meine! Flüchte nicht:
sieh, selbst dem keuschen Himmel noch verwehr ich
zu lauschen – horch: der Vorhang rauscht, o komm!
und jeden Spalt verschließ ich faltenschwer,
[50]
daß nicht die Nacht, die silbern blauende,
erröte, muß sie deine Schönheit dulden,
daß nicht der Sterne reine Glut
sich neidisch trübe, sehn sie Deine Reinheit.
Tu ab die Myrtenkrone, den Gürtel, komm,
du bist allein! Die jungen Rosen nur,
schlaftrunken über unser Bett gebeugt,
spinnen duftbange Träume
von purpurner Entfaltung scheuer Knospen;
die Rosen nur – und ich.
Und wie in Träumen, wie auf Düften leicht,
von Licht zu Licht mit leuchtenden Händen gleit'ich
und winke – und du kommst.
Da sinken und schwinden
hell von uns weg die irdischen Hüllen alle:
aus seidnen Wogen steigst du her zu mir,
und Brust an Brust gedrängt von blendenden Schauern,
von goldnen Dunkelheiten weit umwölkt,
wiegen uns fernhintastende Schwingen
Schooß an Schooß hinüber
in die Gärten der Ewigkeit.
Flammen der Sehnsucht wachsen da,
glühende Bäche voller Erfüllung treiben
da in Eins die einsam pulsenden Seelen,
Puls in Puls in Glanz ergossen verbluten
heimwehwild die zuckenden Wünsche,
[51]
hoch auf strudelt todesselig der Wille,
dürstend umsaust ihn der Odem der Allmacht,
und den weltdurchfurchenden Fittig senkt die Inbrunst,
auszuruhn vom Fluge am Herzen Gottes:
still in matter Hand
beut sie die funkelnden Tropfen
seinem befruchtenden Anhauch dar: ich fühle
– fühlst du? Geliebte – die Quellen des Lebens rinnen!
Mund an Mund Ihm: trinke! Trunken
stamml'ich nach
das Schöpferwort.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
O Geheimnis der Empfängnis:
einen Schleier wollt ich lüften,
und Verhängnis hangend um Verhängnis
schwillt aus Auferstehungsgrüften.
Wie erfass ich euch, Gewalten:
Welt, die schicksalvolle Nebel ballt,
bis sich Hirngespinste draus entfalten,
Mummenschanz der Allgewalt!
Helft mir, Sterne! Hüter ihr des Zwanges,
[52]
den ich einst als Freiheit pries,
feurige Führer meines Überschwanges,
ja, ihr schürt das Paradies
himmelstürmenden Schöpferwahns mir wieder,
und mein Haupt wie damals reckend
– Blitze stürzten um mich nieder –
fühl ich, wie ich mich am Schrecken
meiner glutgeblendeten Braut berauschte
und mich selbst als Gott besang,
der mit keinem andern tauschte,
weil ihn Deine Glut bezwang,

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