[154] [172]Traur- und Ehrengedächtniß

Jetzt streichet, dünckt mich, eben
Vorbey ein halbes Jahr,
Da ich mit meinem Leben
Zu Widderawen war.
Was Freud' ich da empfunden,
Wie dessen Orthes Lust
Mich aller Müh entbunden
Das ist mir gnug bewust.
Hie waren Püsch' und Awen,
Und hie ein BaumGezelt,
Da Berg' und Thal zu schawen,
Da wieder freyes Feld.
Es schwommen in dem Teiche
Dort Gäns' und Enten hie,
Vnd hinter dem Gesträuche
Gieng klein und grosses Vieh.
Lass' ich den Garten bleiben
Mit seiner Pracht und Zier?
Ich kan ihn nicht beschreiben,
Die Kräffte fehlen mir.
Er führt von allen Seiten
Die Gnüge die man weiß,
Natura scheint zu streiten
Hie mit Verstand und Fleiß.
Wie frey sind seine Gänge,
Kein Zweiglein rührt dich an,
Wie weit ist ihre Länge?
Die man nicht absehn kan.
Von den bekolbten Wänden
Ward Zweiffel eingebracht
Ob dieß von Menschen-Händen
Auch könte seyn gemacht.
[172]
Als ich kam zu den Blumen
Durch ein gantz-grünes Thor,
Kam mir die Lust Idumen
Im Hertzen heimlich vor.
Die Bäume sah' ich ragen
Und sprach: was schöne Frucht
Mögt ihr dem Herren tragen
Zum Danck für seine Zucht!
Herr Eppinger, es rühre
Kein Leid dein edles Hauß,
Was du bedenckst, das führe
Dein Wunsch auch stattlich aus.
Für diese Gnüg und Frewde,
Sie macht mich überreich
Vnd ist woran ich weide
Gesicht und Hertz zugleich.
Wolan ich wil ihr lohnen
Dieß was sie mir erzeigt,
Doch nicht mit tausent Cronen,
Nein, was sich hie eräugt
Wird mit der Zeit verschwinden,
(Denn was muß nicht vergehn?)
Doch wird man es noch finden
In diesem Liede stehn.
Was habt denn ihr empfunden
Daselbst für Lust und Ruh,
Herr Berents? tieffe Wunden
Vnd tausend Leid dazu.
Ihr wart dahin entwichen
Hie zu entgehn der Noht
Die mercklich kam geschlichen
Vnd schlug uns häuffig tod.
An stat der süssen Freuden
Stellt' euch sich häuffig ein
Bekümmerniß und Leiden
Vnd hieß euch willkomm seyn.
Stracks in den ersten Tagen
Misst ewre liebste Krafft,
Sie muß das Fieber klagen
Vnd wird euch Lagerhafft.
Wenn zu geparten Hertzen
Die ware Liebe tritt,
Hat schon das eine Schmertzen
Das andre fühlt sie mit,
Alsdann ist nichts auff Erden
Was diesem lieb seyn kan,
Das schönste so kan werden
Es hat dar-grewel-an.
Wie liefft ihr auff und nieder
Nach Rettung und nach Raht,
Wie fuhrt ihr hin und wieder!
Was schickt' euch nicht die Stadt!
Wornach sie trug Verlangen
Must alsobald ergehn,
Was euch darauff gegangen
Mögt ihr nicht eins gestehn.
Der Lust hie abzuwarten
Daran ward nicht gedacht,
Ihr wohntet in dem Garten
Vnd schlugt ihn aus der acht.
Was Gnüge kan erwecken
Sein unerschöpfftes Gut
Daß war euch Dorn und Hecken
Sein kühler Schatten Glut.
Vnd daß er euch zu Zeiten
Vieleicht gesehen hat
War daß ihr fern von Leuten
Da flehtet Gott umb Raht.
Da er dann ewre Plage
Ohn Kummer nicht erkant
Vnd von der bittern Klage
Die Ohren abgewandt.
Sie selbst sah' ihre Schmertzen,
Wie schwach sie war, nicht an,
Dieß was ihr gieng zu Hertzen
War bloß ihr trewer Mann.
Der Himmel war für allen
Was ihr im Hertzen schwebt',
Hett aber zu gefallen
Euch gern noch was gelebt.
[173]
Vmbsonst, die Kräffte sincken,
Nichts hilfft der Aertzte Fleiß,
Gott scheinet ihr zu wincken,
Sie hört auch sein Geheiß,
Vnd hat das Mahl empfangen
Die wahre Seelen-Stärck'.
Jedoch trug sie Verlangen
Hieher nach Königsberg.
Sie baht es nicht zu schweigen
Was jhr bey Ihr gethan.
Vnd deß nahm sie zu Zeugen
Dort nicht nur einen an.
Hat jhre lieben Kinder
Vnd was nach Pflege schawt
Ihr Hauß und euch nicht minder
Gott' hertzlich anvertrawt.
Vnd einer selign Stunden
Gewartet mit Begier,
Die sich auch bald gefunden
In jhrem Hauß alhier,
Vnd jhren Geist versetzet
In Christus ewigs Reich,
Wo sie sich nun ergetzet
Den Engeln Gottes gleich.
Flieht jhr euch mehr zu kräncken,
Die Selig' heisst euch nicht
Gar in den Tod euch sencken,
Man rühmt gnug eure Pflicht,
Sich gar zu sehr betrüben
Führt offt auch Heuchel-Schein,
Lasst, wollt jhr noch was üben,
Ihr Lob euch heilig seyn.

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