Der neue Diogenes

Was pressen sich die dichten Massen
Des Volkes in den engen Raum?
Es fassen, Amiens, deine Straßen
Das wogende Gedränge kaum. –
Der Kaiser naht, der Herr der Welt;
Hebt Siegeslieder an zu singen!
Er hat der Feinde Macht zerschellt,
Er naht, den Seinen Heil zu bringen! –
Der Freudenrausch, der sich ergossen,
Er läßt den Einen unberührt:
Ein Steinmetz ist's, der unverdrossen
Den Meißel und den Hammer führt;
Der läßt den Zug vorübergehn
Und nicht im Tagewerk sich stören,
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Als hab er Augen nicht, zu sehn,
Als hab er Ohren nicht, zu hören.
Vom Roß herab bemerkt von ferne
Der Kaiser dort den rüst'gen Mann;
Es reizt ihn, daß er kennen lerne,
Wer so von ihm sich sondern kann.
Er hat sich ihm genaht, er fragt:
»Was schaffst du da?« – »Den Stein behauen!«
Entgegnet der, und wie er's sagt,
Er kann ihm scharf ins Antlitz schauen.
»Ich sah dich bei den Pyramiden,
Du schlugst dich gut, du warst Sergeant;
Wie kam's, daß du den Dienst gemieden,
Vergessen hier und unbekannt?«
»Ich habe meine Schuldigkeit
Getan, o Herr, zu allen Stunden,
Und ward nach ausgedienter Zeit
Von Eid und Kriegespflicht entbunden!« –
»Es tut mir leid, im Heer zu missen,
Wer brav sich hielt im Kriegeslauf;
Laß deinen kühnsten Wunsch mich wissen,
Des Kaisers Gnade sucht dich auf!« –
»Ich brauche nichts, die Hände mein
Genügen noch, mich zu ernähren;
Laß mich behauen meinen Stein,
Und deiner Gnade nicht begehren.«

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