[148] 8.
Frisch wie des Gletschers Quelle
Hervorspringt in das Thal,
Entzückt, daß ihre Welle
Begrüßt des Tages Strahl,
Und brausend nun zerschläget
Ihr Bett von Felsgestein,
Nachdem sie sich beweget
So lang in Nacht allein; –
So frisch und so urkräftig
Herrn Corsant es durchwallt,
So war in ihm geschäftig
Der Liebe Allgewalt;
Es sprenget ihre Quelle
Mit um so höh'rer Lust
Die eigensinn'ge Schwelle
Der kalten Felsenbrust.
Rasch wollt' er sich erretten
Aus seiner Buße Nacht,
Nun seufzet er nach Ketten,
Die er so oft verlacht.
Wo sind der Heimath Sorgen?
Was kümmert ihn Turin?
Mit jedem neuen Morgen
Sieht man zum Schloß ihn ziehn.
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Dort unter jenen Bäumen,
Wo er zuerst sie sah,
Geht er in wachen Träumen,
Bis sie ihm wieder nah;
Bis sie lustwandelnd kommen,
Frau Bertha mit dem Kind,
Jolanthe zwar beklommen,
Das Herz doch frohgesinnt.
Zum Seufzen doch und Schmachten
Läßt Bertha ihm nicht Zeit,
Wollt' er die Lieb' verachten,
Fühl' er auch jetzt ihr Leid.
Er möcht' so gern ihr sagen,
Was tief sein Herz bewegt –
Mit tausend lust'gen Fragen
Sie stets zurück ihn schlägt.
Jolanthe zittert freilich,
Wie sie ihn neckt und plagt.
»Ihr hattet's doch so eilig,
Wann zieht Ihr heim denn, sagt?
Warum geht Ihr nicht holen
Am Hof des Herzogs dort,
Wie ich es doch befohlen,
Für Euch ein Weib sofort?«
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»Weil ich nur hier will minnen«,
Herr Corsant drauf entbeut,
»Ich streb' mit allen Sinnen
Nach einer Schweizermaid.«
»Dann bleibet hier nicht stehen,
Sonst seid Ihr übel dran,
Sie will ins Kloster gehen,
Ich hab' schon einen Mann!«
»Und doch will hier ich freien,
Frau Bertha von Blonay,
Trotz Euren Schelmereien
Bleib' ich in Eurer Näh'!«
Er mochte schon vertrauen
Auf seinen Uebermuth,
Die Augen dort, die blauen,
Sie machen alles gut.
Sie sprechen so herzinnig
Von süßer Lieb' und Treu',
Und flehen doch so innig,
Voll zarter Mädchenscheu.
»O schweige noch, du Trauter,
Daß noch kein Hauch gesteht
Der Seele heil'gen Schauder,
Der wonnig uns durchweht.«
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Er muß sich vor ihr neigen
In sel'ger Trunkenheit,
Dann bringt ihr banges Schweigen
Ihm neue Traurigkeit;
Aufs neue weilt voll Sorgen
Auf ihr sein Sehnsuchtsblick,
»Geduld, noch gibt's ein Morgen!«
Schaut lächelnd sie zurück.
O Knospe junger Liebe,
Die sich entfaltet still,
Und noch in sprödem Triebe
Den Kelch nicht öffnen will,
Du gleichst der Alpen-Frauen
Erhabner Majestät,
So hat bei deren Schauen
Ihn Ehrfurcht tief umweht!