[1] Erste Abhandlung.
Über die Damen, die der Liebe pflegen und ihre Gatten zum Hahnrei machen.
Da die Damen die Hahnreischaft begründet haben, und sie es sind, die die Männer zum Hahnrei machen, so habe ich diese Abhandlung in mein Buch von den Damen aufgenommen, zumal ich ebensoviel von den Männern wie von den Frauen sagen werde. Ich weiß wohl, daß ich ein großes Werk unternehme, und daß ich es niemals ganz zu Ende führen könnte; denn alles Papier der Rechnungskammer zu Paris würde nicht zureichen, um die Hälfte der Geschichten sowohl über Männer wie über Frauen aufzuschreiben. Trotzdem werde ich schreiben, was ich vermag, und wenn ich nicht mehr kann, werde ich meine Feder dem Teufel überlassen oder irgend einem guten Freunde, der das Werk weiterführt. Wobei ich um Entschuldigung bitten muß, daß ich in dieser Abhandlung weder Maß noch Ordnung beobachte, denn die Zahl solcher Männer und Frauen ist so groß, gemischt und verschiedenartig, daß ich keinen so guten Feldherrn kenne, der sie in Ordnung bringen könnte.
[1] Ich folge also meiner Laune und werde in diesem Aprilmonat davon sprechen, wie es mir beliebt. Die ser Monat ist nämlich die richtige Zeit für die Hahnreie, ich meine die flüggen Kuckuckshähne, denn von den andern kann man zu jeder Zeit des Jahres genügend sehen.
Von dieser Art Kuckucke gibt es nun also eine Menge verschiedener Arten; aber die schlimmsten von allen, und die von den Damen mit Recht gefürchteten, sind jene tollen, gefährlichen, eigensinnigen, schlechten, bösen, grausamen, blutigen und argwöhnischen Ehemänner, welche schlagen, quälen, töten, teils mit, teils ohne Ursache; denn der geringste Verdacht bringt sie in Wut, und sowohl die Frauen wie deren Liebhaber tun gut, ihren Umgang zu meiden. Dennoch habe ich Damen und deren Liebhaber gekannt, die sich sehr wenig aus ihnen machten; denn die letztern waren ebenso schlecht wie jene, und die Damen waren so beherzt, daß sie ihren verzagten Liebhabern wieder Mut einzuflößen verstanden. Es gehört ja auch um so mehr Beherztheit zur Durchführung eines Unternehmens, je gefährlicher und heikler es ist. Wieder andre derartige Damen habe ich gekannt, die weder Mut noch Ehrgeiz nach hohen Dingen besaßen, sondern sich nur mit ihren niedrigen Angelegenheiten beschäftigten. Daher das Sprichwort: Feigherzig wie eine Dirne.
Ich habe eine anständige Dame gekannt, und keine von den geringeren, die eine gute Gelegenheit hatte, ihren Freund zu genießen, von diesem aber darauf hingewiesen wurde, was daraus entstehen würde, wenn ihr Gatte, der in der Nähe war, sie überraschte. Da ließ sie ihren Anbeter einfach stehen, denn er war ihr nicht verwegen genug: wie denn eine verliebte Dame, wenn die Glut und die Laune sie erfaßt und ihr Freund wegen irgend eines Hindernisses sie nicht sofort befriedigen kann oder will, ungeduldig wird und ihn haßt.
[2] Diese Dame muß man ihrer Kühnheit wegen sehr loben, ebenso wie andre, die nichts fürchten, um ihrer Liebe zu folgen, obgleich sie dabei größere Gefahr laufen als ein Soldat oder Seemann in den schlimmsten Gefahren des Krieges oder des Meeres.
Eine spanische Dame, die einst von einem galanten Ritter in die Wohnung des Königs geführt wurde, verbarg sich in einer versteckten und dunklen Ecke. Der Kavalier sagte zu ihr mit der gewohnten spanischen Ehrfurcht und Diskretion: »Señora, buen lugar, si no fuera vuessa merced.« (»Hier ist ein guter Ort, wenn es eine andre wäre als Sie.«) Die Dame antwortete ihm nur: »Si, buen lugar, si no fuera vuessa merced.« (»Ja, in der Tat, wenn es ein andrer wäre als Sie.«) Damit beschuldigte sie ihn der Feigheit, weil er an einem so guten Ort nicht das von ihr genommen hatte, was er wollte und sie wünschte, und was ein Kühnerer getan haben würde. Deshalb liebte sie ihn nicht mehr und verließ ihn.
Ich habe von einer sehr schönen und achtbaren Dame gehört, die ihrem Freunde eine Liebesnacht gewährte, unter der Bedingung, daß er sie nicht berühre und nicht weiter vorginge. Dies erfüllte er auch und blieb die ganze Nacht in Aufregung, zwischen Versuchung und Zurückhaltung schwankend. Das wußte sie ihm so gut Dank, daß sie sich ihm bald darauf hingab und sagte, sie habe nur seine Liebe prüfen wollen, indem er erfüllte, was sie befahl. Und deshalb liebte sie ihn nachher um so mehr, so daß er nach jener Leistung, die eine der größten ist, fernere große Abenteuer unternehmen durfte.
Man mag dies nun Zurückhaltung oder Feigheit nennen, man mag ihn loben oder tadeln; ich überlasse das der Ansicht beider Parteien.
Ich habe eine große Dame gekannt, die ihrem Freunde gestattete, eine Nacht mit ihr zu verbringen. Dieser kam denn auch eilig herbei, um seine Pflicht zu tun; aber da es Winter war und er im Nachtgewande, so fror er unterwegs [3] dermaßen, daß er im Bett nichts ausrichten konnte, und nur darauf bedacht war, sich zu erwärmen; deshalb wollte die Dame nichts mehr von ihm wissen und haßte ihn.
Eine andre Dame hatte eine Liebschaft mit einem Edelmann, der ihr unter anderm sagte, daß er sie in der Nacht sechsmal bedienen würde, so sehr hatte ihn ihre Schönheit gereizt. »Ihr rühmt Euch sehr,« sagte sie, »ich will Euch eine solche Nacht geben.« Er verfehlte denn auch nicht zu erscheinen; aber zum Unglück wurde er im Bett so von Konvulsionen, Erkältung und Nervenzuckungen befallen, daß er sie nicht ein einziges Mal bedienen konnte. Da sagte die Dame zu ihm: »Wollt Ihr weiter nichts machen? Dann verlaßt mein Bett! Ich habe es Euch nicht als Gastbett geliehen, damit Ihr Euch hineinlegt und ausruht. Deshalb hinaus!« So gab sie ihm den Laufpaß, machte sich über ihn lustig und haßte ihn wie den Tod.
Dieser Edelmann wäre sehr glücklich gewesen, wenn er die Konstitution des großen Protonotars Baraud besessen hätte, des Almosenpflegers am Hofe Königs Franz. Wenn dieser mit den Hofdamen schlief, so brachte er es auf ein Dutzend Mal, und morgens sagte er noch: »Entschuldigen Sie, Madame, wenn ich es nicht besser gemacht, aber ich habe gestern Medizin eingenommen.« Später sah ich ihn; man nannte ihn den Kapitän Baraud, den Aufschneider; er hatte sein Amt niedergelegt. Er hat mir alles Wort für Wort erzählt.
In seinem Alter fehlte ihm diese männliche Kraft; er war arm, obgleich ihm die Sache manches eingebracht hatte; aber er hatte alles verschwendet und beschäftigte sich nun mit Destillieren von Essenzen. »Aber,« sagte er, »wenn ich, wie in meinen jungen Jahren, einen edleren Saft destillieren könnte, dann würde es mir besser gehen.«
Während des Krieges der Liga hatte ein achtbarer Edelmann, der sicher brav und tapfer war, seinen Platz, wo er Gouverneur war, verlassen, um in den Krieg zu ziehen. Als er zurückkehrte, verweilte er, da er nicht zur Zeit in [4] seine Garnison gelangen konnte, bei einer schonen und sehr anständigen großen Dame, einer Witwe, die ihm ein Nachtlager anbot. Er schlug es auch nicht ab, denn er war sehr müde. Nachdem sie ihm ein gutes Abendessen gegeben, wies sie ihm ihr Zimmer und ihr Bett an, denn all die andern Zimmer waren wegen des Krieges ausgeräumt und ihre Möbel, deren sie sehr schöne besaß, verschlossen worden. Sie zog sich dann in ihre Kammer zurück, wo ihr gewöhnliches Bett für den Tag stand.
Der Edelmann weigerte sich wiederholt, dieses Zimmer und dieses Bett anzunehmen, entschloß sich aber auf Bitten der Dame endlich doch dazu. Als er sich niedergelegt hatte und fest eingeschlafen war, kam die Dame und legte sich ganz einfach neben ihn, ohne daß er die ganze Nacht lang etwas merkte, denn er war gar zu müde und verschlafen. So schlief er bis in den hellen Morgen, wo die Dame aufstand und ihn mit den Worten weckte: »Sie haben nicht ohne Gesellschaft geschlafen, wie Sie sehen; denn ich wollte Ihnen nicht das ganze Bett lassen, sondern auch von der Hälfte Genuß haben, ebenso wie Sie. Adieu. Sie haben eine Gelegenheit verpaßt, die Ihnen nicht wieder geboten wird.«
Der Edelmann verwünschte sein Schicksal (es war in der Tat, um sich aufzuhängen) und bat sie, zu bleiben. Aber damit war es nichts; sie war sehr erzürnt auf ihn, da er sie nicht nach Wunsch zufrieden gestellt hatte, denn sie wäre nicht wegen eines Ganges gekommen (wie man auch zu sagen pflegt: ein Gang ist nur der Salat des Bettes), sie wäre nicht wegen der Einzahl, sondern wegen der Mehrzahl gekommen, welch letzterer die Damen stets den Vorzug geben. Freilich im Gegensatz zu einer sehr schönen und anständigen Dame, die ich gekannt habe und die einst ihrem Freunde anbot, bei ihr zu schlafen. Dieser führte im Nu drei gute Attacken aus; da er sich aber zu weiteren Unternehmungen anschickte, bat sie ihn, sich zurückzuziehen. Er aber, ebenso frisch wie zuvor, bietet ihr den Kampf von neuem an und verspricht, die ganze Nacht bis zum Morgen [5] auszuhalten, denn wegen so wenig sei seine Kraft nicht im geringsten vermindert. Darauf sagte sie: »Begnügt Euch damit, daß ich Eure Kraft kennen gelernt habe, die in der Tat gut und schön ist, und seinerzeit werde ich sie besser zu verwenden wissen als jetzt; denn wir beide könnten zum Unglück leicht entdeckt werden. Wenn mein Mann das erfährt, bin ich verloren. Lebt also wohl bis zu einer besseren und sicherern Gelegenheit; dann werde ich mit Euch eine größere Schlacht liefern als dieses kleine Scharmützel!«
Viele Damen würden nicht so viel Überlegung besessen, sondern vom Vergnügen berauscht, den Feind in ihrem Lager bis zum hellen Tage bekämpft haben.
Diese ehrenwerte Dame pflegte, wenn sie gerade von der Laune ergriffen war, niemals vor ihrem Gatten Furcht zu haben, obgleich er einen guten Degen führte und sehr wachsam war; trotzdem hatte sie das Glück, weder sich noch ihren Liebhaber jemals in Gefahr zu bringen: Sie wurden nie überrascht, weil die Frau stets gute Wachtposten ausgestellt hatte. Freilich dürfen sich die Damen nicht immer auf diese verlassen, denn es braucht nur einmal eine unglückliche Stunde zu kommen, wie es vor kurzem einem tapfern Edelmann passierte, der auf dem Wege zu seiner Geliebten, wozu er von der Frau auf Anstiften ihres Gatten verlockt worden, infolge eines Verrats getötet wurde. Wenn er sich weniger auf seine Tapferkeit eingebildet hätte, als er tat, so würde er sich besser in Acht genommen und nicht den Tod erlitten haben, was sehr schade um ihn ist. Dies ist sicher ein Beweis, daß man den verliebten Frauen nicht zu sehr vertrauen soll, die, um der grausamen Hand ihres Gatten zu entgehen, auf dessen Veranlassung [6] solche Streiche spielen, wie diesen hier: sie rettete ihr Leben, und der Freund mußte sterben.
Es gibt auch andre Ehemänner, die den Liebhaber und die Gattin zusammen töten; wie ich von einer vornehmen Dame gehört habe, deren Gemahl eifersüchtig war und ohne sichere Beweise der Untreue, nur aus Eifersucht und schwachem Verdacht seine Frau an Gift sterben ließ, nachdem er vorher den Liebhaber getötet, der ein Edelmann war. Er sagte, es sei viel schöner und lustiger, erst den Stier zu töten und dann die Kuh.
Dieser Prinz war viel grausamer in Hinsicht auf seine Frau, als späterhin gegenüber einer seiner Töchter, die er mit einem Prinzen vermählt hatte. Dieser war ein großer Herr, aber nicht so groß wie er selbst, der fast ein Monarch war.
Jener törichten Frau passierte es, von einem andern als ihrem Gemahl, der auf einem Kriegszug abwesend war, guter Hoffnung zu werden. Als sie ein schönes Kind geboren hatte, wußte sie nicht, welchem Heiligen sie sich vertrauen sollte, wenn nicht ihrem Vater, dem sie alles durch einen Edelmann mitteilte, auf den sie baute und den sie zu ihm schickte. Sobald dieser die Sache vernommen, sandte er zu ihrem Gatten Botschaft, daß er sich bei seinem Leben hüten solle, etwas Böses gegen seine Tochter zu unternehmen, andernfalls er gegen des Prinzen Tochter übel verfahren und ihn zum ärmsten Prinzen der Christenheit machen würde, was in seiner Macht stand. Er sandte seiner Tochter eine Galeere mit einer Bedeckung und ließ das Kind und die Amme holen. Er richtete für das Kind ein schönes Haus ein und ließ es sehr gut pflegen und erziehen. Als aber nach einiger Zeit der Vater starb, ließ der Gatte das Kind infolgedessen sterben.
Ich habe von einem andern gehört, der den Liebhaber seiner Frau vor ihren Augen eines langsamen Todes sterben ließ, damit sie das Martyrium erleide, denjenigen langsam sterben zu sehen, den sie so sehr geliebt und in ihren Armen gehalten hatte.
[7] Ein andrer Mann der großen Welt tötete seine Frau vor versammeltem Hofe, nachdem er ihr während eines Zeitraumes von fünfzehn Jahren alle möglichen Freiheiten gewährt hatte. Er war so genau unterrichtet von ihrem Leben, daß er ihr darüber Vorhaltungen machte und sie ermahnte. Plötzlich kam ihm der Einfall (man sagt, auf Zureden eines großen Herrn), eines Morgens, als seine Gattin aufstehen wollte, sich zu ihr zu legen. Als sie sich wieder erhoben, versetzte er ihr vier bis fünf Dolchstiche, dann ließ er ihr von einem ihrer Liebhaber den Garaus machen, sie in eine Sänfte setzen und vor aller Welt in dessen Haus tragen, um sie beerdigen zu lassen. Darauf kehrte er zurück, stellte sich dem Hofe vor und triumphierte, als hätte er die schönste Sache von der Welt besorgt. Er würde mit den Anbetern ebenso verfahren haben, aber das wäre zuviel Arbeit gewesen, denn die Gattin hatte eine kleine Armee von Liebhabern besessen.
Von einem tapfern Feldherrn habe ich übrigens gehört, daß er, im Verdacht der Untreue seiner Frau, diese einst am rechten Ort erwischte und, da er keine weitere Begleitung bei sich hatte, sie eigenhändig mit einer weißen Schärpe erdrosselte. Darauf ließ er sie ehrenvoll beerdigen, wobei er in Trauerkleidern, die er noch lange trug, zugegen war. Ebenso verfuhr er mit einer Dienerin seiner Frau, die ihr bei ihren Liebesabenteuern hilfreiche Hand geleistet hatte. Er blieb von seiner Gemahlin nicht ohne Nachkommen, denn er hatte einen Sohn, der einer der Ersten und Tapfersten seines Vaterlandes wurde, und durch seine Verdienste im Solde seines Königs und seiner Vorgesetzten zu hohen Ehrenstellen emporstieg.
Ich habe auch von einem Granden in Italien sagen hören, daß er ebenfalls seine Frau tötete, den Galan aber nicht erwischen konnte, da dieser sich nach Frankreich geflüchtet [8] hatte. Man sagt jedoch, er habe sie weniger wegen ihres Vergehens getötet, denn er wußte seit geraumer Zeit, daß sie untreu war, ohne sich das zu Herzen zu nehmen; sondern er tötete sie, weil er eine andre Dame heiraten wollte, in die er verliebt war.
Deshalb ist es sehr gefährlich, einen von Waffen beschützten Schoß zu belagern und anzugreifen, ob gleich es auch Angriffe bei den Waffenlosen gibt, von denen ich eine kenne, die so gut bewaffnet war wie nur möglich. Ein tapferer Edelmann wollte sie besitzen, womit er sich aber nicht begnügte, sondern er rühmte sich auch öffentlich damit Da dauerte es aber nicht lange, und er wurde ohne großes Aufsehen von Aufpassern getötet. Die Dame aber litt sehr darunter, denn sie lebte lange in Furcht und Unruhe, da sie schwanger war und glaubte, daß sie nach ihrer Niederkunft, die sie am liebsten ein Jahrhundert hinausgeschoben hätte, ebensoviel auszustehen haben würde. Aber der Gatte, gut und mitleidig, obgleich er eine schneidige Klinge führte, verzieh ihr. Auch von den übrigen Liebhabern, die sie gehabt hatte, machte er nicht viel Aufhebens: denn der Eine bezahlte für sie alle. Die Dame gab denn auch, voller Erkenntlichkeit für die Güte ihres Gatten, diesem fortan nur wenig Grund zu Verdacht und wurde von da ab tugendhaft und gesetzt.
Etwas andres ereignete sich in diesen Jahren im Königreich Neapel mit der Donna Maria von Avalos, einer der schönsten Prinzessinnen des Landes, die mit dem Prinzen von Venusa verheiratet war. Diese hatte sich in den Grafen Andriano verliebt, einen der schönsten Männer dieses Landes. Beide genossen der Liebe, als sie von dem Gatten überrascht wurden (auf welche Weise, würde zu lang zu erzählen sein), und beide wurden in dem Bett durch bestellte Leute umgebracht. Am nächsten Morgen fand man die beiden schönen Geschöpfe tot auf dem Pflaster vor der Haustür, dem Anblick aller Vorübergehenden ausgesetzt die das traurige Geschick der beiden Unglücklichen beweinten und beklagten.
[9] Die Verwandten der ermordeten Dame wollten schmerz- und zornerfüllt ihren Tod rächen, so wie das Gesetz des Landes es zuläßt; aber da die Dame durch gewöhnliche Diener und Sklaven umgebracht worden war, Leute, die nicht verdienten, ihre Hände mit einem so schönen und edlen Blut zu benetzen, so wollten sie sich an dem Gatten rächen, ob gesetzmäßig oder auf andre Weise, als wenn er den Schlag mit eigener Hand geführt hätte; denn ein andrer Ausweg war nicht geblieben.
Das ist eine törichte und sonderbare Auffassung, die ich dem Urteil unserer großen Rechtsgelehrten überlasse. Sie mögen entscheiden: Welche Handlung wiegt schwerer: Seine Frau, die man geliebt hat, mit eigner Hand oder vermittels der Hand eines elenden Dieners zu töten? Darüber läßt sich viel sagen; ich unterlasse es aber, in der Befürchtung, daß meine Gründe gegenüber schwerer wiegenden zu schwach sein werden.
Ich habe erzählen hören, daß der Vizekönig, dem die Verschwörung zu Ohren kam, die Liebenden aufmerksam machte und warnte; aber das Geschick sollte sie dennoch ereilen.
Diese Dame war die Tochter des Don Carlo d'Avalos, zweiten Bruders des Grafen von Pescara. Wenn man bei einer seiner Liebschaften, von denen ich weiß, ebenso verfahren hätte, so würde er längst den Tod erlitten haben.
Ich kannte einen Ehemann, der, von auswärts kommend, lange nicht mit seiner Frau zusammen gewesen war und sich nun auf ein Lager mit ihr freute. Aber als es Nacht geworden war, hörte er durch den kleinen Spion, daß sie die Gesellschaft ihres Freundes genoß. Sofort griff er zum Degen, pochte an die Tür, die geöffnet wurde, und war entschlossen, sie zu töten. Zuerst aber suchte er den Galan, der aus dem Fenster gesprungen war, dann wendete er sich an sie. Aber zufällig hatte sie sich diesmal so hübsch angezogen, war so reizend in ihrem Nachtgewande und dem weißen Hemd, und so schön geschmückt (man bedenke, [10] daß sie ihrem Freunde gefallen wollte), daß er sie seinen Wünschen entsprechend gar nicht besser antreffen konnte. Sie warf sich ihm zu Füßen und bat ihn um Verzeihung mit so schönen und süßen Worten (was sie in der Tat vortrefflich verstand), daß sein Herz schmolz und er den Degen fallen ließ. Da er so lange Zeit nichts von ihr gehabt hatte und verschmachtet war (was seine Natur rege machen mußte), verzieh er ihr, nahm sie in seine Arme, brachte sie ins Bett, entkleidete sich schnell, schloß die Tür und legte sich zu ihr. Die Frau stellte ihn denn auch durch ihre Reize so zufrieden, daß sie am nächsten Morgen bessere Freunde waren als zuvor, und sich niemals so lieb gehabt hatten. Wie es auch Menelaus, der arme Hahnrei, machte, der zehn oder zwölf Jahre lang seine Gattin Helena bedrohte, er würde sie töten, wenn er sie in Händen hätte; er rief es ihr sogar unten von der Mauer nach oben zu. Als aber Troja gefallen war und sie in seine Hände geriet, war er so entzückt von ihrer Schönheit, daß er ihr alles verzieh und sie mehr liebte als zuvor.
Solche wütenden Gatten sind noch gut, die sich aus einem Löwen in einen Schmetterling verwandeln; aber es ist unangenehm, so etwas zu erleben, wie das Folgende:
Eine große Dame, jung und schön, zur Zeit Königs Franz I. lebend, war mit einem Grandseigneur von Frankreich vermählt; sie war aus einem so großen Hause, wie es deren nur wenige gibt Diese nun wußte sich anders und besser aus der Schlinge zu ziehen als die vorhergehende. Sei es, daß sie ihrem Gatten Anlaß zu Verdacht gegeben oder daß er von Eifersucht und plötzlicher Wut ergriffen war, genug, er kam zu ihr mit dem bloßen Degen in der Hand, um sie zu töten. Sie, an jedem menschlichen Beistand verzweifelnd, kam plötzlich auf den Gedanken, sich der Jungfrau Maria zu weihen, ihr Gelübde in der Kapelle zu Loreto zu erfüllen, und, wenn sie sie rettete, nach Saint-Jean des Mauverets in Anjou zu gehen. Und sobald sie dieses Gelübde bei sich abgelegt hatte, fiel ihr Gatte [11] zur Erde und der Degen entsank seiner Hand; dann stand er auf und, wie aus einem Traum erwachend, fragte er seine Frau, welchem Heiligen sie sich anvertraut habe, um der Gefahr zu entgehen. Sie sagte, der Jungfrau Maria in der genannten Kapelle, und sie habe versprochen, den heiligen Ort zu besuchen. Da entgegnete er: »Gut, gehen Sie hin und erfüllen Sie Ihr Gelübde!« Sie tat es und hing dort ein Gemälde auf, das ihre Geschichte darstellte, sowie verschiedene schöne und große Votivtafeln, die noch lange danach dort zu sehen waren. Das war ein schönes Gelübde und eine hübsche [unerwartete Ausflucht. Man sehe die »Chronik von Anjou«.
Ich habe gehört, daß König Franz einstmals mit einer Dame seines Hofes, die er liebte, eine Nacht verbringen wollte. Er traf ihren Gatten, mit dem Degen in der Hand, bereit, sie zu töten; aber der König hielt ihm den seinigen auf die Brust und befahl ihm, bei seinem Leben, ihr nichts zu leide zu tun, und wenn er ihr auch nur das Geringste antun würde, so würde er ihn töten oder ihm den Kopf abschlagen lassen. Für diese Nacht wies er den Gatten hinaus und nahm dessen Stelle ein.
Diese Dame konnte sich glücklich schätzen, einen so guten Beschützer gefunden zu haben; denn der Gatte wagte ihr kein Wort zu sagen und ließ sie tun nach ihrem Belieben.
Ich habe gehört, daß nicht nur diese Dame, sondern viele andre den gleichen Schutz der Könige genossen. Manche Leute pflegen in Kriegszeiten, um ihre Landgüter zu retten, über das Tor das Wappen der Könige zu setzen. Ebenso brachten auch viele Frauen die Wappen der Könige neben oder über ihrem Heiligtum der Liebe an, so daß ihre Gatten kein Wort dazu sagen durften, wenn sie nicht über die Klinge springen wollten.
Andre Damen habe ich gekannt, die, von den Königen und Großen begünstigt, ihren Freibrief überall trugen: jedoch gab es auch welche, die sich vergingen und von [12] ihren Gatten, die nicht zum Dolch greifen durften, durch Gifte oder andre heimliche Todesarten aus der Welt geschafft wurden, so daß man glaubte, sie seien infolge von Krankheiten gestorben. Solche Gatten sind abscheulich, die an ihrer Seite ihre schönen Frauen liegen haben und sehen, wie sie von Tag zu Tag dahinsiechen. Diese verdienten den Tod eher als ihre Frauen. Andre lassen sie auch zwischen zwei Mauern sterben, in beständiger Gefangenschaft, wovon in Frankreich einige ältere Chroniken sprechen. Ich habe einen großen Herrn von Frankreich gekannt, der seine Frau auf diese Weise sterben ließ, und es war eine schöne und anständige Dame. Er ließ dies Urteil auf Befehl des Hofes ausführen, der sich darüber amüsierte, daß der Mann sich auf diese Weise selbst zum Hahnrei erklärte.
Solche rasenden Gatten finden sich oft unter den Greisen, die ihrer Kraft mißtrauen und sich die Wärme ihrer Gattin sichern wollen, selbst wenn sie so dumm gewesen sind, sie jung und schön zu heiraten. Sie sind so eifersüchtig, sowohl wegen ihres Naturells wie wegen ihrer alten Praktiken, die sie selbst früher getrieben oder von andern gesehen haben, daß sie diese armen Wesen schändlich behandeln. Der Spanier sagt; »El diablo sabe mucho, porque es viejo.« (»Der Teufel weiß viel, weil er alt ist«) So wissen auch diese Greise wegen ihres Alters und ihrer früheren Routine, eine Menge Dinge. Sie sind sehr zu tadeln, denn wenn sie die Frauen nicht befriedigen können, weshalb heiraten sie sie denn? Und auch die schönen und jungen Frauen tun sehr unrecht, sich von diesen Greisen heiraten zu lassen, aus materiellen Absichten, um nach deren Tod, den sie stündlich erwarten, den alleinigen Genuß der Güter zu haben. Inzwischen vergnügen sie sich mit jungen Freunden, was mancher von ihnen schlimm zu stehen kommt.
Ich habe von einer solchen gehört, der ihr Gatte, ein Greis, als er sie auf der Tat ergriffen, ein Gift eingab, woran sie länger als ein Jahr krankte und ihr Körper eintrocknete [13] wie Holz. Der Gatte besuchte sie oft und sah mit Genugtuung ihr Hinsiechen an. Er lachte darüber und sagte: sie hätte nur das, was ihr nötig wäre.
Eine andre wurde von ihrem Gatten des Nachts bei Wasser und Brot in einem Zimmer eingesperrt; oft mußte sie sich entkleiden und er peitschte sie nach Herzenslust, ohne Mitleid mit diesem schönen Fleisch, noch ohne sonstige Regung. Das ist das Schlimmste bei solchen Ehegatten, denn da sie wie eine Marmorstatue ohne Wärme und Verlangen sind, so haben sie auch kein Mitleid mit der Schönheit und lassen ihre Wut in grausamen Quälereien aus, während sie in ihrer Jugend sie anders ausgelassen haben, wie ich oben sagte.
Deshalb ist es nicht gut, solche eigensinnigen Greise zu heiraten; denn obwohl ihre Augen in dem Alter kurzsichtig geworden sind, so können sie doch sehr gut spähen und ausspionieren, was für Streiche die jungen Frauen ihnen spielen.
Auch habe ich eine große Dame sagen hören, daß kein Sonnabend ohne Sonne, keine schöne Frau ohne Liebschaften und kein Greis ohne Eifersucht sei. Dies aber kommt eben von seiner unzureichenden Kraft.
Deshalb sagte auch ein mir bekannter Prinz: er möchte dem Löwen gleichen, weil dieser im Alter nicht weiß wird: dem Affen, weil dieser unersättlich ist; dem Hunde, weil dessen Glied mit dem Alter immer größer wird; und dem Hirsch, weil dieser, je älter er wird, desto mehr leistet und die Hirschkühe lieber zu ihm kommen als zu den jungen Hirschen.
Ich hörte von einer vornehmen Persönlichkeit die Frage aufwerten: Auf Grund welcher Macht und Autorität darf ein Gatte seine Frau töten, da er dies Recht doch weder von Gott, noch vom Gesetz, noch vom Evangelium empfangen hat, wonach er sie doch höchstens verstoßen darf? Das Evangelium spricht in diesem Punkte nicht von Mord, Blut, Tod, Folter, Gefängnis, Gift und Grausamkeiten. Unser Herr Jesus Christus hat uns wohl gezeigt, daß derartiges [14] ein großer Mißbrauch ist, und daß er solche Taten nicht gut heißt. Als man ihm die Ehebrecherin zuführte, damit er über sie das Urteil spreche, sagte er, indem er mit dem Finger auf die Erde schrieb: »Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!« Das wagte aber keiner zu tun, denn jeder fühlte sich von diesem weisen und milden Vorwurf betroffen.
Unser Schöpfer lehrte uns, die Menschen nicht so leicht zu verdammen und zu töten, selbst in diesem Punkte nicht, denn er kannte die Schwäche unsrer Natur und den Mißbrauch, den viele damit treiben. Denn mancher, der ehebrecherischer ist als sie, tötet seine Frau; und mancher andre tötet sogar eine Unschuldige, deren er überdrüssig wurde, um eine andre zu heiraten. Und wie viele solche gibt es! Der heilige Augustin sagt, daß der ehebrecherische Mann ebenso strafbar ist wie seine Frau.
Ich hörte von einem großen Fürsten, der seine Gemahlin verdächtigte, mit einem Kavalier Liebe zu treiben. Er ließ diesen beim Verlassen seines Palastes ermorden, und dann auch die Dame. Diese hatte vorher bei einem Turnier bei Hofe ihren Anbeter, der sein Pferd vortrefflich ritt, aufmerksam beobachtet und gesagt: »Ah wahrlich! er sticht vorzüglich! – Ja, aber zu hoch!« Bald darauf wurde sie durch Gerüche oder sonst etwas, das ihr in den Mund gegeben wurde, vergiftet.
Ich kannte einen Herrn aus gutem Hause, der seiner Frau den Tod gab; sie war schön und von guter Herkunft. Er vergiftete sie, ohne daß sie etwas merkte (so fein zubereitet war dieses Gift), um eine große Dame zu heiraten, die mit einem Prinzen vermählt war. Er kam ins Gefängnis, und das Unglück wollte, daß er sie nicht heiratete; er wurde von Männern und Frauen verachtet.
Ich habe vornehme Persönlichkeiten unsre alten Könige strenge tadeln hören, wie Louis Hutin und Karl den Schönen, weil sie ihre Frauen umgebracht haben; die eine war Margarethe, Tochter des Herzogs Robert von Burgund, die [15] andre Blanche, Tochter Othelins, Grafen von Burgund. Die Männer erfuhren von dem Ehebruch und ließen die Frauen zwischen vier Wänden im Schlosse Gaillard grausam sterben. Ebenso verfuhr der Graf von Foix mit Jeanne d'Artois. Übrigens waren die Verbrechen der Frauen gar nicht so schlimm, wie die Herren glauben machten, aber sie waren ihrer Gattinnen überdrüssig, beschuldigten sie deshalb der Untreue und heirateten eine andre.
König Heinrich von England ließ seine Gemahlin Anna Boleyn enthaupten, um eine andre zu heiraten, denn er war sehr blutdürstig und liebte Abwechslung. Wäre es nicht besser gewesen, die Frauen nach dem Gesetze Gottes zu verstoßen, statt sie grausam umzubringen? Aber diese Herren brauchen frisches Fleisch, und sie wollen besonders speisen, ohne jemanden dazu einzuladen; oder sie brauchen neue Frauen, die ihnen Güter zubringen, nachdem sie die Güter der ersten verzehrt haben. So verfuhr Baudouin, der zweite König von Jerusalem, der unter dem Vorgeben, daß seine Frau ihn betrogen habe, sie verstieß und eine Tochter des Herzogs von Malyterne ehelichte, weil sie eine große Summe Geldes als Mitgift besaß, das er sehr notwendig brauchte. Dieser Fall findet sich in der Geschichte des heiligen Landes. Es steht wahrlich den Herren wohl an, das Gesetz Gottes zu verbessern und ein neues Gesetz zu machen, indem sie ihre armen Frauen töten.
König Ludwig der Junge verfuhr nicht so mit Leonore Herzogin von Aquitanien, die, des Ehebruchs verdächtigt, und zwar vielleicht ungerechterweise, auf der Reise nach Syrien einfach von ihm verstoßen wurde, ohne daß er von dem Gesetz der andern Gebrauch machen wollte, welches mehr aus Anmaßung als mit Recht und Vernunft erfunden und ausgeübt worden ist. Daher erwarb er denn auch einen [16] bessern Ruf als die andern Könige und den Beinamen der Gute, während die andern böse, grausam und tyrannisch heißen. Übrigens empfand er auch Gewissensbisse, und handelte als echter Christ. Man sehe die römischen Heiden, die sich oft christlicher benommen haben als heidnisch, und besonders einige Kaiser, deren Mehrzahl Hahnreie und deren Frauen sehr lüstern und wollüstig waren. So grausam sie auch gewesen sind, so haben sie sich doch ihrer Frauen öfter als wir Christen durch Verstoßung als durch Tötung entledigt.
Julius Cäsar tat seiner Frau Pompeja kein andres Leid an, als daß er sie verstieß. Sie hatte mit P. Claudius, einem schönen, jungen römischen Edelmann, in den sie sterblich verliebt war, Ehebruch getrieben. Cäsar wartete die Gelegenheit ab, wo sie eines Tages in ihrem Hause, in dem nur Frauen Zutritt hatten, opferte. Der Liebhaber verkleidete sich als Weib, da noch kein Bart sein Kinn schmückte, nahm teil am Sang und Saitenspiel und konnte, da er für ein Weib gehalten wurde, mit seiner Herrin in Muße tun, was er wollte. Aber er wurde doch erkannt, hinausgewiesen und angeklagt. Durch Geld und Gunst aber konnte er sich loskaufen, und die Sache hatte weiter keine Folgen. Cicero verschwendete sein Latein in einer schönen Rede, die er gegen ihn hielt. Freilich antwortete Cäsar den Leuten, die ihn überreden wollten, seine Frau sei unschuldig: er wolle, daß sein Ehebett nicht nur von diesem Verbrechen, sondern auch von jeglichem Verdacht rein bleibe. Diese Antwort mochte ja der Welt genügen, aber innerlich wußte er wohl, was das sagen wollte: er hatte seine Frau so mit ihrem Geliebten gefunden, weil sie selbst ihm möglicherweise diese Gelegenheit gegeben hatte. Denn wenn eine Frau begehrt, ist es nicht nötig, daß der Liebhaber die Gelegenheit aussinnt; sie wird in einer Stunde mehr Gelegenheiten finden als die Männer in hundert Jahren. So sagte eine mir bekannte Dame der großen Welt zu ihrem Anbeter: »Suche nur ein Mittel, damit ich Lust bekomme, für das andre werde ich selbst schon sorgen.«
[17] Cäsar wußte auch sehr gut, was von diesen Dingen zu halten ist, denn er war ein großer Frauenjäger, und man nannte ihn den Hahn aller Hennen. Er machte viele Männer Roms zum Hahnrei, weshalb die Soldaten von ihm bei seinem Triumphe sagten: »Romani, servate uxores; moechum adducimus calvum.« (»Römer, schließt eure Frauen ein, denn wir bringen den kahlen Cäsar, den großen Ehebrecher.«)
Durch jene kluge Antwort, die Cäsar über seine Frau gab, entging er dem Namen Hahnrei, den er seinerseits andern Männern verschaffte; innerlich aber fühlte er sich doch tief verletzt.
Octavio Cäsar verstieß auch Scribonia wegen ihrer Liederlichkeit, ohne weitern Grund, obgleich sie Ursache gehabt hätte, ihn zu hintergehen wegen der unzähligen Frauen, die er aushielt, und die er vor den Augen ihrer Gatten öffentlich zur Tafel lud, sie dann in sein Zimmer führte und, nachdem er sie genossen, sie wegschickte mit zerwühltem Haar und roten Ohren, ein Zeichen davon, was sie durchgemacht hatten. Ich habe wohl gehört, daß Damen aus solchem Kampf mit gerötetem Gesicht zurückkamen, aber mit roten Ohren –, nein! Er war berühmt wegen seiner Unkeuschheit, selbst Marcus Antonius warf es ihm vor; er aber entschuldigte sich damit, daß er die Damen nicht des Genusses wegen aushalte, sondern um durch sie leichter die Geheimnisse ihrer Männer zu entdecken, denen er mißtraute.
Ich habe verschiedene Große gekannt, die es ebenso machten und sich die Damen, die leicht zu finden waren, zu demselben Zweck hielten. Ich werde einige namhaft machen. Das ist übrigens ein vortrefflicher Kniff, denn das Vergnügen dabei ist doppelt. Die Verschwörung Catilinas wurde auch durch eine solche Freudendame entdeckt.
Derselbe Octavio stand einst im Begriff, seine Tochter Julia, die Gattin des Agrippa, dem Tode zu weihen, da sie eine sehr große Dirne gewesen war, die ihm viel Schande machte (denn zuweilen machen die Töchter ihren [18] Vätern mehr Schande, als die Frauen ihren Gatten). Er verbannte sie jedoch nur, entzog ihr zur großen Strafe den Wein und die schönen Kleider, wofür sie armselige Gewänder tragen mußte, und verbot ihr den Verkehr mit Männern. Es war in der Tat eine schlimme Strafe für eine Frau dieser Art, sie der beiden letztern Dinge zu berauben!
Kaiser Caligula, der ein großer Tyrann war, glaubte, daß seine Frau Livia Hostilia sich ihrem ersten Gatten C. Piso hingegeben habe, dem sie mit Gewalt entrissen worden war. Er machte aber von seiner gewohnten Grausamkeit keinen Gebrauch, sondern verstieß sie nur, zwei Jahre nachdem er sie dem Piso geraubt.
Ebenso verfuhr er mit Tullia Paulina, die er ihrem Gatten C. Memmius geraubt hatte; er jagte sie nur weg, aber mit dem ausdrücklichen Verbot, jemals wieder das holde Geschäft auszuüben, nicht einmal mit ihrem Gatten: das war wirklich eine grausame Strenge, sie nicht einmal ihrem Gatten wiederzugeben,
Ich hörte von einem großen christlichen Fürsten, der einer Dame, die er aushielt, dasselbe Verbot stellte, und auch ihrem Gatten untersagte, sie zu berühren; so groß war seine Eifersucht.
Claudius, Sohn des Drusus Germanicus, verstieß seine Gemahlin Plantia Herculalina nur deshalb, weil sie eine bekannte Buhlerin gewesen war; es war ihm aber auch zu Ohren gekommen, daß sie ihm nach dem Leben getrachtet Trotz seiner Grausamkeit und obwohl diese beiden Gründe triftig genug waren, sie zum Tode zu verurteilen, begnügte er sich doch mit der Scheidung.
Dafür ertrug er desto länger die Ausschweifungen seiner andern Frau, der Valeria Messalina. Diese begnügte sich nicht damit, sich zügellos und öffentlich dem einen oder andern hinzugeben, sondern sie besuchte auch die Lupanare und gab sich dort als die größte Dirne von Rom preis. Wie Juvenal erzählt, stahl sie sich oft von der Seite ihres Gatten, wenn er eingeschlafen war, verkleidete sich so gut [19] sie konnte, und ging in ein Bordell. Hier gab sie sich dermaßen hin, daß sie mehr ermüdet als gesättigt zurückkehrte. Ja, sie trieb es noch schlimmer: um die Genugtuung zu haben, daß sie die größte Dirne sei, ließ sie sich bezahlen und taxierte, wie ein landreisender Kommissär, ihre Dienste genau nach ihrer Leistung.
Ich hörte von einer Dame der großen Welt, die eine Zeitlang dasselbe Leben führte und ebenfalls verkleidet die Bordelle besuchte, um dieses Leben kennen zu lernen und sich preiszugeben, wobei sie dann eines Nachts von einem Wächter der Stadt, der die Runde machte, überrascht wurde. Man weiß derartige Dinge noch von andern Damen.
Boccaccio spricht in seinem Buche »Berühmte Unglückliche« von dieser Messalina sehr milde und sucht sie damit zu entschuldigen, daß sie zu diesem Lebenswandel geboren gewesen sei, da am Tage ihrer Geburt die Stellung der Gestirne am Himmel ihr Schicksal so bestimmt hätte. Ihr Gatte kannte ihren Lebenswandel und duldete ihn lange Zeit; er erfuhr sogar, daß sie sich mit einem gewissen Cajus Silius, einem der schönsten Edlen von Rom, heimlich vermählt hatte. Hierin sah er eine Verschwörung gegen sein Leben, und nur deshalb ließ er sie sterben, nicht aber wegen ihrer Ausschweifungen.
Wer das Bildnis der Messalina, das in der Stadt Bordeaux aufgefunden wurde, gesehen hat, wird zugeben, daß ihre Gesichtszüge das Leben verraten, das sie führte. Es ist dies eine sehr schöne, des Ansehens würdige, antike Münze, die unter Ruinen aufgefunden wurde. Messalina erscheint darauf als eine schöne, groß und stark gebaute Frau, mit hübschen Gesichtszügen, mit geschmackvoller römischer Haartracht; bei ihrem Anblick glaubt man, was von ihr gesagt wird. Denn nach dem, was ich von verschiedenen Philosophen, Ärzten und Physiognomikern gehört habe, sind die groß gebauten Frauen besonders zur Liebe geneigt, da sie etwas Männliches haben. Sie vereinigen in sich die Glut des Mannes und die der Frau, wodurch [20] sie an Leidenschaft und Stärke gewinnen; wie man auch sagt, daß ein großes Schiff mehr Wasser braucht als ein kleines. Die Gelehrten in der Kunst der Venus behaupten ebenso, daß eine große Frau besser als eine kleine zur Liebe geschickt sei.
Hier erinnere ich mich eines großen Fürsten, den ich gekannt habe. Dieser sagte, wenn er eine Frau, deren Liebe er genossen, loben wollte: »Sie ist eine sehr schöne Buhlin, groß wie meine Frau Mutter.« Wegen der Zweideutigkeit dieses Ausspruches fügte er hinzu, er habe nicht sagen wollen, die Dame sei eine so große Buhlerin wie seine Frau Mutter, sondern sie sei ebenso groß gewachsen wie diese. Manchmal sagt man Dinge, an die man nicht denkt, oft aber auch, ohne daran zu denken, daß man die Wahrheit sagt.
Deshalb verdienen die stattlichen Frauen den Vorzug, wäre es auch nur wegen ihrer Grazie und Majestät; denn in diesen Dingen werden sie ebenso wie bei andern Handlungen und Verrichtungen geschätzt; gleichwie die Führung eines großen und schönen Streitrosses hundertmal angenehmer ist und dem Ritter mehr Freude macht als die eines kleinen Kleppers. Aber der Ritter muß sich auch gut halten und mehr Kraft und Gewandtheit zeigen. So verhält es sich auch mit den großen Frauen; denn bei ihrer hohen Gestalt haben sie auch eine höhere Gangart als die andern, und werfen leichter aus dem Sattel, wenn man nicht festen Sitz hat, wie ich das von verschiedenen Rittern gehört habe. Und sie machen sich noch höchlich lustig darüber, wenn sie Einen abgeworfen haben, wie ich das von einer Dame dieser Stadt hörte, die beim erstenmal zu ihrem Liebhaber ganz offen sagte: »Umarmen Sie mich gut und .....halten Sie sich tapfer, damit Sie nicht abfallen. Andrerseits aber schonen Sie mich nicht, denn ich bin sehr stark und kann etwas aushalten .... Wenn Sie mich aber schonen, dann werde ich Sie nicht schonen. Für gutes Spiel guten Gewinn!« Aber die Frau gewann das Spiel.
[21] Deshalb lasse man sich geraten sein, solche starken und kühnen Frauen richtig zu handhaben, und obwohl das Übermaß ihrer Wärme auch viel Genuß gewährt, so haben sie es doch zuweilen auch gar zu eilig, eben wegen ihrer Hitze. Freilich sagt man: »Es gibt gute Windhunde von jeder Größe«, und so gibt es auch kleine Frauenzimmer, die in der geschickten Handhabung dieser Dinge jenen andern nahekommen, oder sie nachahmen wollen und dann ebenso hitzig sind. Wie denn (ich beziehe mich auf die Meister in diesen Künsten) ein kleines Pferd ebenso hurtig ist wie ein großes.
Nach dieser Abschweifung kehre ich zu meinem ersten Thema zurück.
Auch der grausame Nero verstieß seine Gemahlin Oktavia, Tochter des Claudius und der Messalina, wegen Ehebruchs, ohne sie mit weiterer Grausamkeit zu verfolgen.
Domitian handelte noch besser: er verstieß seine Gattin Domitia Longina, weil sie in einen Schauspieler und Gaukler Namens Paris verliebt war, und den ganzen Tag nichts weiter tat, als mit ihm der Liebe zu pflegen, ohne ihrem Gatten je Gesellschaft zu leisten. Nach einiger Zeit nahm er sie aber wieder zu sich und bereute die Trennung. Jener Gaukler hatte sie nämlich verschiedene Kunstgriffe gelehrt, die nun dem Domitian sehr gut gefielen.
Pertinax verfuhr ebenso mit seiner Frau Flavia Sulpitiana; zwar nicht, daß er sie verstoßen und wieder angenommen hätte, aber da er wußte, daß sie mit einem Sänger und Saitenspieler Umgang hatte und sich ihm ganz hingab, ließ er sie gewähren und hatte seinerseits Liebschaft mit einer Cornificia, seiner leiblichen Nichte. Darin folgte er dem Beispiel des Heliogabalus, der da sagte, es gäbe nichts Schöneres in der Welt, als den Umgang mit seinen Verwandten und Verwandtinnen. Ähnlicher Ansicht waren viele, von denen ich weiß.
Auch der Kaiser Severus kümmerte sich nicht um die Ehre seiner Frau, die eine öffentliche Dirne war; er suchte [22] sie nicht zu bessern und sagte, sie heiße eben Julia, und deshalb müsse man sie entschuldigen, da alle Frauen dieses Namens schon seit alten Zeiten als sehr große Buhlerinnen und Ehebrecherinnen bekannt waren. Auch unter unsern christlichen Damen kenne ich einige, die diesen Namen tragen, will sie aber nicht nennen aus Ehrfurcht vor unsrer heiligen Religion.
Ich könnte eine Unmenge andrer großer Damen und Kaiserinnen der alten Römerzeit anführen, an denen ihre betrogenen Gatten, die sonst grausam waren, keine ihre Grausamkeiten, ihrer Rechte und Vorrechte ausübten, trotzdem die Frauen sehr zügellos waren. Ich glaube auch, daß es in jenen alten Zeiten wenige Spröde gegeben hat; wie es die Beschreibung ihres Lebens bestätigt. Wenn man ihre Bilder auf antiken Medaillen betrachtet, sieht man deutlich, daß ihre schönen Gesichtszüge den Stempel der Lüsternheit tragen. Trotzdem erhielten sie von ihren Männern Verzeihung und wurden nicht zum Tode verdammt, wenigstens einige nicht. Sie, die Heiden, die Gott nicht kannten, waren also ihren Frauen gegenüber milde und wohlwollend, während die Mehrzahl unserer christlichen Könige, Fürsten und großen Herren wegen dieses Vergehens so grausam gegen sie sind!
Den tapfern Philipp August, unsern König von Frankreich, muß man freilich loben. Dieser hatte seine Gemahlin Angerberge, Schwester Knuts, Königs von Dänemark, die seine zweite Frau war, verstoßen unter dem Vorwand, daß sie seine Cousine im dritten Grade von seiten seiner ersten Frau Ysabel sei (andre sagen, sie habe Liebschaften gehabt). Trotzdem nahm dieser König, durch kirchliches Urteil gezwungen, sie wieder bei sich auf, obwohl er wieder verheiratet war. Auf seinem Pferde hinter sich führte er sie heim, ohne Vorwissen der Versammlung zu Soissons, die in dieser Angelegenheit stattfand und über die Entscheidung lange Sitzungen hielt.
Heutzutage handeln viele unsrer Großen nicht so, sondern die geringste Strafe, die sie ihren Frauen auferlegen [23] ist, sie bei Wasser und Brot in beständiger Gefangenschaft zu halten, sie darin sterben zu lassen, sie zu vergiften, zu töten, sei es mit eigner Hand oder durch die Justiz. Wenn sie ihre Frauen los sein und eine andre heiraten wollen, was oft vorkommt, warum trennen sie sich dann nicht von ihnen in ehrenvoller Weise, ohne sonstige Mißhandlung und erwirken beim Papst die Erlaubnis, eine andre zu ehelichen, obwohl was der Himmel zusammengefügt hat, der Mensch nicht scheiden soll? Freilich haben wir erst jüngst davon Beispiele gehabt, sowohl von Karl VIII. wie Ludwig XII., unsern Königen.
Darüber habe ich einen großen Theologen reden gehört, und zwar über den verstorbenen König Philipp von Spanien, der seine Nichte, die Mutter des heutigen Königs, geheiratet hatte. Der Dispens gab dem Papste das Recht, schlechte Ehen zu lösen.
Sicherlich sind die Frauen sehr zu tadeln, die ihre Gatten unter Verletzung ihres Glaubens so behandeln, den Gott ihnen so sehr ans Herz gelegt hat; andrerseits hat er aber auch den Mord strenge verboten und er ist ihm verhaßt, von welcher Seite er geschehe. Ich habe auch fast niemals blutgierige und totschlägerische Männer gesehen, die ihre Schuld nicht bezahlt hätten, und wenige Leute, die das Blut lieben, haben gut geendet. Dagegen haben sündige Frauen oft die Gnade Gottes erworben, wie jene Magdalena.
Diese armen Frauen verdienen ja auch die Gnade Gottes eher als wir, wegen ihrer Schönheit; denn was schön ist, steht Gott näher, der selbst die Schönheit ist. Aber was häßlich ist, gehört dem Teufel an.
Der große Alfonso, König von Neapel, sagte, die Schönheit sei das Merkmal guter und sanfter Sitten, so wie die schöne Blume auch eine gute und schöne Frucht hervorbringt. In der Tat habe ich in meinem Leben viele schöne Frauen gesehen, die auch gut waren, und obwohl sie der Liebe pflegten, taten sie doch nichts Böses, als daß sie eben nur an dieses Vergnügen dachten und an weiter nichts.
[24] Andre wieder habe ich gesehen, die sehr böse, grausam und gefährlich waren; diese dachten an die Liebe und an das Böse zu gleicher Zeit.
Aber sollen sie deshalb der Laune und Eifersucht ihrer Gatten unterworfen sein, die doch selbst hundertmal mehr Strafe verdienen? Die Natur solcher Leute ist ebenso schlecht, wie es peinlich ist, darüber zu schreiben.
Ich spreche jetzt noch von einem andern, der ein Großer von Dalmatien war; er hatte den Buhlen seiner Frau getötet und zwang diese, täglich bei dem Leichnam zu liegen, der bereits verweste, so daß die arme Frau fast erstickte von dem Geruch, den sie mehrere Tage lang auszuhalten hatte.
In den »Hundert Erzählungen« der Königin von Navarra findet sich eine rührende Geschichte von jener schönen deutschen Dame, die von ihrem Gatten gezwungen wurde, täglich aus dem Schädel ihres Geliebten, den der Mann getötet hatte, zu trinken. Dies hat der Seigneur Bernage, damals Gesandter Königs Karl VIII. in Deutschland, selbst mit angesehen und die Wahrheit dessen bestätigt.
Als ich zum erstenmal in Italien war und nach Venedig kam, wurde mir von einem albanesischen Ritter erzählt, der seine Frau beim Ehebruch überraschend, den Liebhaber tötete. Er war wütend darüber, daß seine Frau sich nicht mit ihm begnügte, da er doch ein wackerer Ritter war, und ein Held im Reiche der Venus, der zehn bis zwölfmal des Nachts das Opfer brachte. Zur Strafe suchte er ein Dutzend tüchtiger Männer zu finden, die im Rufe standen, sehr stark begabt und feurig zu sein. Diese mietete er für Geld, sperrte sie in das Zimmer seiner Frau, die sehr schön war, und überließ sie ihnen, indem er sie bat, gut ihre Pflicht zu tun; er versprach ihnen doppelte Bezahlung, wenn sie ihre Aufgabe sehr gut erfüllten. Die Männer machten sich nacheinander ans Werk und waren so eifrig, daß die Frau dabei starb, zur grossen Genugtuung ihres Gatten. Im Augenblick des Sterbens warf er ihr vor: da sie diesen [25] süßen Trank so sehr geliebt habe, möge sie sich nun daran satt trinken. Ähnlich wie Semiramis zu Cyrus sagte, indem sie seinen Kopf in ein Gefäß voll Blut steckte. Das ist wahrlich eine schreckliche Todesart!
Diese arme Frau wäre nicht dabei gestorben, wenn sie die robuste Natur jener Buhlerin im gallischen Lager Cäsars besessen hätte, von der man sagt, daß zwei Legionen in kurzer Zeit über sie hinwegschritten. Danach machte sie noch einen Luftsprung und fühlte sich ganz wohl.
Ich hörte von einer französischen Dame, aus der Stadt, einem sehr schönen Fräulein, die während der Bürgerkriege in einer erstürmten Stadt von einer Menge Soldaten vergewaltigt wurde. Später fragte sie einen hübschen Pater, nachdem sie ihm ihre Geschichte erzählt hatte, ob sie eine große Sünde begangen habe. Er sagte: Nein, denn sie sei ja ohne ihren Willen und widerwillig vergewaltigt worden. Sie antwortete darauf: »Nun, Gott sei Dank, daß ich mich doch wenigstens einmal in meinem Leben sättigen konnte, ohne zu sündigen und Gott zu beleidigen!«
Eine Dame von guter Herkunft wurde bei dem Gemetzel von St. Barthélemy gleichfalls vergewaltigt, und da ihr Gatte tot war, fragte sie einen klugen und gewissenhaften Mann, ob sie Gott beleidigt habe, ob sie streng bestraft werden würde, und ob sie den Manen ihres Gatten, der erst vor kurzem gestorben, Unrecht getan habe. Er antwortete ihr, daß, wenn sie bei der Sache Vergnügen empfunden, sie allerdings gesündigt habe; hätte sie aber Abscheu empfunden, dann mache es nichts aus. Das war ein gutes Urteil!
Ich habe eine Dame gekannt, die andrer Meinung war und sagte: das Vergnügen sei nicht so groß, wenn man dabei nicht halb gezwungen würde, besonders von einem Großen; je mehr man sich wehre, desto hitziger werde man. Denn habe er erst einmal Bresche geschlagen, dann genieße er seinen Sieg desto stürmischer und erhöhe dadurch das [26] Verlangen seiner Dame, die um dieses Vergnügens willen die Ohnmächtige und halb Tote spielt, nur um den Genuß bis aufs äußerste zu steigern. Diese Dame sagte ferner, daß sie sich ihrem Gatten gegenüber oft wütend, eigensinnig und widerspenstig stelle und ihn so in Stimmung bringe. Wenn es dann soweit wäre, befänden er und sie sich hundertmal wohler. Denn, wie öfter geschrieben wurde, ein Weib, welches etwas Widerstand leistet, reizt mehr, als wenn es sich gar zu leicht nehmen läßt. So ist ja auch im Kriege ein mit Gewalt errungener Sieg ruhmreicher als ein leicht gewährter, und der Triumph ist schöner. Nur darf die Dame es darin nicht zu weit treiben, denn dann würde man sie für eine geriebene Dirne halten, die die Spröde spielt, und sie würde bald beschimpft werden. Wie ich von den Erfahrensten und Geschicktesten auf diesem Gebiete gehört habe, auf die ich verweise; denn ich bin nicht so anmaßend, ihnen, die es besser wissen als ich, Lehren zu erteilen.
Ich habe über einige solcher eifersüchtigen und totschlägerischen Gatten tadelnd äußern hören, daß sie selbst daran schuld seien, wenn ihre Frauen Buhlerinnen würden. Denn, wie der heilige Augustin sagt, ist ein Ehemann sehr töricht, wenn er von seiner Frau Keuschheit verlangt, und sie doch selbst in den Abgrund der Wollust zieht. Die heilige Schrift lehrt sogar, es sei nicht nötig, daß Mann und Frau sich allzu heftig lieben: das heißt in zuchtloser Liebe. Denn wenn sie ihr ganzes Herz mit der wollüstigen Liebe füllen, zuviel daran denken und sich ihr zu sehr hingeben, vernachlässigen sie die Liebe zu Gott. Ich selbst sah Frauen, die ihren Gatten so sehr liebten, und von ihnen ebenso geliebt wurden, daß beide in ihrer Liebesglut ganz den Dienst Gottes vergaßen, so daß sie die Zeit, die sie diesem weihen sollten, erst nach ihren Ausschweifungen widmeten.
Außerdem lehren solche Ehemänner, was noch schlimmer ist, ihre Frauen die schlüpfrigsten Praktiken und üben mit ihnen die ungeheuerlichen Figuren des Aretino, womit sie [27] die Glut im Körper nur hundertfach anschüren. Wenn die Frauen nun in dieser Art erzogen sind, so können sie sich nicht enthalten, ihre Gatten zu verlassen und andre Kavaliere zu suchen. Dann geraten die Männer in Zorn und bestrafen die armen Frauen; womit sie sehr unrecht tun. Denn die Frauen wollen nun auch andern zeigen, was sie können; die Gatten aber wollen, daß jene ihre Kenntnis geheim halten, was keinen Sinn und Verstand hat. Gleich als ob ein guter Stallmeister, der sein Pferd gut dressiert hat, nun nicht auch zeigen wollte, welche Gangart es hat, und nicht erlaubte, daß man es besteigt, sondern es aufs bloße Wort hin kaufen solle.
Ich hörte von einem Edelmann erzählen, der sich in eine schöne Dame verliebt hatte, und dem einer seiner Freunde sagte, er verlöre nur seine Zeit, denn sie liebe ihren Gatten viel zu sehr. Einst kam er auf den Gedanken, ein Loch in die Wand zu bohren, wodurch er direkt in ihr Bett sehen konnte. Da sah er denn die tollsten Dinge, sowohl von der Frau wie von dem Manne. Am nächsten Tage traf er seinen Freund und erzählte ihm von dem erlebten Schauspiel. »Diese Frau wird mir gehören,« sagte er, »sobald der Gatte auf irgend einer Reise abwesend ist; denn sie wird bei der Glut, die sie von Natur und durch Kunst empfangen hat, sich nicht lange halten können. Durch meine Ausdauer werde ich sie schon gewinnen.«
Ich kannte einen andern Edelmann, der in eine schöne und achtbare Dame verliebt war, und wußte, daß sie einen Aretino mit Bildern in ihrem Schlafzimmer habe. Der Gatte wußte es auch, hatte es gesehen und erlaubt. Daraus schloß der Liebhaber, daß er sie erobern werde. Er verlor also nicht die Hoffnung, blieb ausdauernd und trug den Sieg davon. Er wußte von ihr, daß sie jene guten Lehren und Kunstgriffe entweder von ihrem Manne oder von andern gelernt hatte; trotzdem leugnete sie und sagte, daß weder die einen noch die andern ihre ersten Lehrer gewesen seien, sondern Mutter Natur, die die größte Lehrmeisterin ist. [28] Später gestand sie, daß das Buch von Aretino ihr ganz bedeutend dabei geholfen hatte.
Man liest von einer großen Courtisane und berühmten Buhlerin des alten Rom, Namens Elefantina, die ebensolche Figuren wie Aretino, aber noch schlimmere, erdachte und ausführte. Die großen Damen und Fürstinnen, die sich der Ausschweifung ergaben, studierten mit Vorliebe dieses Buch. Diese gute cyrenische Dirne empfing den Beinamen »Die mit den zwölf Erfindungen«, weil sie zwölf Arten, die Wollust zu steigern, erfunden hatte!
Heliogabel bezahlte mit schwerem Gelde jeden, der ihm neue Ausschweifungen erfinden und vorführen konnte. Ich habe auch von unsern Herren der großen Welt Ähnliches gehört.
Der Papst Sixtus ließ zu Rom einen Sekretär henken, der beim Kardinal d'Este gewesen war und sich Capella nannte. Der Grund war, daß er viele Verbrechen begangen, aber unter anderm auch ein Buch mit jenen schönen Figuren verfaßt hatte. Die Bilder in diesem Buche waren durch einen Großen, dessen Namen ich mit Rücksicht auf sein Kleid verschweige, und durch eine vornehme Dame, eine der schönsten Frauen Roms, dargestellt, und zwar waren sie beide getreu nach der Natur gezeichnet.
Ich kannte einen Prinzen, der es noch besser machte, denn er kaufte von einem Goldschmied einen sehr schönen Becher aus vergoldetem Silber, der ein Meisterwerk und eine große, auf das schönste gearbeitete und gravierte Spezialität war. Auf diesem Becher waren mit dem Stichel [29] innen und außen und rund herum höchst fein und genau etliche Figuren des Aretino eingraviert, zudem aber auch noch verschiedene Arten der Kohabitation von Tieren. Da lernte ich auch zum erstenmal (denn ich habe diesen Becher oft gesehen und auch daraus getrunken, nicht ohne zu lachen) die Beiwohnung von Löwe und Löwin kennen, die ganz anders ist, als bei andern Tieren. Bezüglich dessen beziehe ich mich aber auf diejenigen, die es kennen, ohne daß ich es sage. Dieser Becher war die Zierde des Büffets jenes Prinzen; denn er war, wie gesagt, sehr schön und kunstreich gearbeitet und lustig anzusehen, von innen und außen.
Wenn dieser Prinz die Frauen und Mädchen des Hofes zur Festtafel lud, was oft geschah, verfehlten seine Kellermeister niemals, auf seinen Befehl ihnen aus diesem Becher zu trinken zu geben. Die Damen, die ihn noch nie gesehen hatten, verwunderten sich und wußten nicht, was sie dazu sagen sollten; einige wurden verlegen und die Schamröte färbte ihre Wangen; andre wieder flüsterten unter sich: »Was ist denn da eingraviert? Ich glaube, das sind Unzüchtigkeiten. Ich trinke nicht mehr daraus. Nein, ich müßte schon sehr großen Durst haben, ehe ich wieder daraus trinken würde.« Aber sie mußten doch daraus trinken, wenn sie nicht verdursten wollten. Deshalb schlössen einige beim Trinken die Augen, andre weniger Schamhafte aber nicht Wer von dieser Sache sprechen hörte, Frauen wie Mädchen, lachte heimlich darüber; die andern aber schütteten sich aus vor Lachen.
Die einen sagten, wenn man sie fragte, warum sie lachten und was sie denn gesehen hätten: sie hätten nichts weiter gesehen als Bilder, und gerade deshalb wollten sie nicht wieder daraus trinken. Die andern sagten: »Was mich betrifft, so denke ich mir nichts Böses dabei. Das Anschauen eines Bildes schadet der Seele nichts.« Die einen sagten: »Ein guter Wein schmeckt daraus ebenso gut, wie aus einem andern Becher.« Andre bestätigten das und meinten, [30] man könne aus diesem Becher ebensogut den Durst löschen. Den einen machte man es zum Vorwurf, daß sie beim Trinken nicht die Augen schlössen; die aber entgegneten, sie wollten sehen, was sie tränken, ob es auch Wein sei und nicht etwa eine Medizin oder Gift. Andre wieder fragte man, was ihnen mehr Vergnügen mache: aus diesem Becher zu trinken oder ihn anzusehen, worauf sie erwiderten: »Beides!« Die einen sagten: »Das sind ja drollige Sachen!« Die andern: »Wirklich spaßige Dinge!« Die einen: »Das sind schöne Bilder!« Die andern: »Das sind reizende Spiegel!« Die einen: »Der Goldschmied muß guter Laune gewesen sein, um solche Narrheiten zu machen!« Die andern: »Und Sie, mein Herr, noch mehr, um diesen schönen Kelch zu kaufen.« Die einen fragte man, ob sie beim Anblick dieses Bechers nicht etwas Gewisses empfänden; sie antworteten: Diese Scherze ließen sie kalt. Die andern fragte man, ob sie den Wein nicht recht heiß gefunden hätten und ob er sie nicht erhitzt hätte, obgleich es Winter sei; worauf sie erwiderten: Das hätten sie nicht bemerkt; er wäre ihnen schön kalt erschienen und hätte sie recht erfrischt Endlich fragte man auch, welches dieser Bilder sie in ihrem Bett haben möchten; darauf entgegneten sie: Man könne die Bilder ja leider nicht losmachen und mitnehmen.
Kurz, tausend Witze und Stichelworte tauschten die Herren und Damen hierüber bei Tische aus; es war eine sehr amüsante Sache und wert, gehört und gesehen zu werden, wie ich es sah. Am hallerlustigsten aber war es nach meiner Meinung, die unschuldigen Mädchen zu beobachten, oder die so taten, als ob sie es wären; sowie auch die neu angekommenen Damen, wie sie würdevoll auszusehen suchten, während das Lächeln um ihre Nasenspitze und Mundwinkel zuckte. Und wenn sie auch vor Durst verschmachtet wären, der Kellermeister hätte ihnen nicht anders als aus diesem Becher zu trinken gegeben. Ja, noch mehr, einige schworen mit ernster Miene, niemals wieder an diesen Festen teilzunehmen, kamen aber doch [31] immer wieder, denn bei diesem Prinzen ging es sehr lecker her. Andre sagten, wenn man sie einlud: »Ich komme, aber unter der Bedingung, daß man uns nicht aus diesem Becher trinken läßt.« Und wenn sie da waren, tranken sie mehr daraus als jemals. Endlich gewöhnten sie sich so daran, daß sie gar nichts mehr dagegen einzuwenden hatten. Andre machten es noch besser, indem sie bei passender Gelegenheit selbst einen Versuch nach diesen Bildern ausführten. Denn ein geistreicher Mensch will alles einmal versuchen. Das waren die Wirkungen dieses schönen, bildergezierten Bechers. Danach kann man sich die Worte und Mienen dieser Damen vorstellen, wenn sie unter sich, allein oder in Gesellschaft, von diesem Becher sprachen oder träumten.
Ich denke, daß dieser Becher sehr verschieden von dem war, wovon Ronsard in einer seiner ersten, dem seligen König gewidmeten Oden spricht und die so beginnt:
Comme un qui prend une couppe,
Seul honneur de son trésor,
Et de rang verse à la troupe
Du vin qui rit dedans l'or.
Aber in jenem Becher lachte nicht der Wein die Leute an, sondern die Leute den Wein; die einen tranken ihn mit Lachen, die andern mit Entzücken.
Kurz, dieser Becher tat mit seinem Bilderschmuck wunderbare Wirkungen. Ich entsinne mich, daß einst in der Galerie des Grafen de Château-Vilain, genannt Seigneur Adjacet, eine Schar von Damen, die mit ihren Anbetern dieses schöne Haus besuchten, ihre Blicke auf die prächtigen und seltenen Gemälde richteten, die in der genannten Galerie hingen. Da sahen sie ein sehr hübsches Gemälde, auf dem schöne, nackte Frauen im Bade dargestellt waren, die sich untereinander [32] liebkosten und in so reizender Weise alle möglichen Dienste leisteten, daß die kälteste Nonne oder Eremitin warm geworden wäre. Eine der Damen, die ich kannte, und die ganz versunken in das Gemälde war, sagte zu ihrem Liebhaber, indem sie sich aufgeregt zu ihm wandte, als sei sie von dieser Liebeswut angesteckt: »Hier halte ich es nicht mehr aus. Schnell in den Wagen, und nach Hause! Ich glühe. Fort! wir wollen das Feuer löschen!« So ging sie denn mit ihrem Anbeter fort und löschte die Glut mit jenem Wasser, das auch ohne Zucker süß ist.
Solche Bilder und Gemälde bringen einem schwachen Gemüte mehr Schaden, als man denkt. In jener Galerie befand sich unter anderm das Bild einer nackten Venus, die, ausgestreckt liegend, von ihrem Sohne Cupido beobachtet wird; ferner ein Mars bei seiner Venus liegend; eine Leda mit dem Schwan. Außerdem noch andre, weniger bescheiden gemalt und noch stärker als die Figuren Aretinos. Aber fast alles kam auf dasselbe heraus und näherte sich unserm Becher, von dem ich sprach, und der gewissermaßen einen Gegensatz zu jenem Becher bildete, den Renault de Montauban in diesem Schlosse fand, von dem Ariosto berichtet. Dieser Becher stellte nur die armen Hahnreie dar, jener aber machte die Männer dazu. Dieser war ein großer Schimpf für die betrogenen Männer und die ungetreuen Frauen, jener aber nicht.
Heutzutage bedarf es nicht mehr solcher Bilder oder Bücher, denn die Gatten sind selbst gute Lehrmeister. Man sehe, was aus einer solchen Schule der Ehemänner hervorgeht!
Ich kannte einen venetianischen Buchdrucker zu Paris, Namens Messer Bernardo, ein Verwandter des großen Aldus Manutius von Venedig, der sein Geschäft in der Rue de Saint-Jacques hatte. Dieser schwor mir zu, daß er [33] im Lauf eines Jahres mehr als 50 Paar Bücher des Aretino an viele verheiratete und ledige Leute verkauft habe, auch an Frauen, von denen er mir drei vornehme nannte, deren Namen ich jedoch verschweige. Er lieferte sie ihnen schön gebunden, unter der Versicherung, kein Wort davon zu verraten; aber er hat es mir doch gesagt und außerdem auch, daß ihn nach einiger Zeit eine andre Dame gefragt, ob er nicht ein ähnliches Buch habe wie das, was sie in den Händen einer jener drei Damen gesehen hätte. Er antwortete: »Signora, si, e peggio«. (»Ja, gnädige Frau, und ein noch schlimmeres.«) So fortrückte sie mit dem Geld heraus und kaufte alle zu Goldeswert. Die Dame hatte es offenbar sehr eilig, ihren Gatten nach Cornetta bei Civita-Vecchia auf die Reise zu schicken.
Alle diese aretinischen Stellungen und Figuren sind Gott verhaßt, weshalb der heilige Hieronymus sagt: »Wer sich seiner Frau mehr als lüsterner Liebhaber denn als Gatte zeigt, ist ein Ehebrecher und Sünder.« Da einige gelehrte Kirchenväter davon gesprochen haben, gebe ich diesen Ausspruch in Latein, denn sie selbst wollten ihn nicht auf Französisch ausdrücken: »Excessus«, sagen sie, »conjugum fit, quando uxor cognoscitur ante retro stando, sedendo in latere, et mulier super virum.« Ähnliches ist in einem Verse gesagt, den ich einst gelesen:
In prato viridi monialem ludere vidi
Cum monacho leviter, ille sub, illa super.
Manche behaupten, daß die Frau in einer andern Stellung als dieser nicht konzipieren könne. Jedoch sagen manche Frauen, daß sie besser in den monströsen, unnatürlichen und seltsamen als in den natürlichen und gewöhnlichen Stellungen konzipieren; weil sie nämlich dabei mehr Vergnügen empfinden; und, wie der Dichter sagt, wenn sie sich more canino verhalten. Das ist zwar abscheulich, aber die schwangeren Frauen, wenigstens einige, verfahren so, aus Furcht, sich von vorne zu beschädigen.
[34] Einige Gelehrte behaupten, daß alle Stellungen gut sind, aber daß semen ejaculetur in matricem mulieris et quomodunque uxor cognoscatur, si vir ejaculetar semen in matricem, non est peccatam mortale.
Diesen Disput findet man in der Summa Benedicti. Benedikt ist ein gelehrter Franziskaner, der sehr gut über alle Sünden geschrieben und in seinem Buch bewiesen hat, daß er viel gesehen und gelesen. Wer diese Abhandlung liest, erfährt, welchen Mißbrauch die Ehemänner mit ihren Frauen treiben. Der Verfasser sagt ferner: »Quando mulier est ita pinguis ut non possit aliter coïre (als in jenen Stellungen) non est peccatum mortale, modo vir ejaculetur semen in vas naturale.« Einige meinen, es sei besser, daß die Männer sich enthalten, wenn die Frau guter Hoffnung ist, wie es die Tiere tun, statt die Ehe durch solche Häßlichkeiten zu entwürdigen.
Ich kannte in Rom eine berüchtigte Buhlerin, genannt die Griechin, die von einem großen Herrn Frankreichs dort ausgehalten wurde. Nach einiger Zeit empfand sie das Verlangen, Frankreich wiederzusehen, was ihr durch den Herrn Bonvisi, einen reichen Bankier zu Lion, ermöglicht wurde, der in sie verliebt war. Dort angelangt, beschäftigte sie sich sehr mit diesem Herrn und seiner Frau. Wenn sie ihn auch nicht zum Hahnrei machte, so sagte sie doch unter anderm: »Da ich dem Gatten so viele schöne Dinge beigebracht habe, die er dann mit seiner Frau ausgeübt hat, so ist es nicht möglich, daß sie diese Künste nicht andern zeigen möchte. Denn unser Handwerk, wenn es gut gelernt ist, ist so heiß, daß es hundertmal mehr Vergnügen macht, es mit mehreren auszuüben als mit einem.« Sie sagte ferner, daß die betreffende Dame ihr ein schönes Geschenk als Lohn für ihre Mühe machen mußte. Denn im Anfang hätte [35] ihr Gatte nichts verstanden und sich als ein dummer Neuling angestellt; sie aber hätte ihn so vortrefflich geschult, daß die Frau sehr zufrieden gewesen sei. Einst besuchte diese Dame sie, aber in Verkleidung. Die Courtisane erkannte sie jedoch und sagte ihr das, was ich eben berichtet; ja, sie sagte ihr noch schlimmere Dinge, denn sie war eine ganz zügellose Buhlerin. Auf diese Weise drehen die Ehemänner sich selbst den Strick, womit man sie aufhängt, nämlich bei ihren Hörnern. Das ist die Strafe Gottes für ihren Mißbrauch des heiligen Ehestandes. Sie aber wollen sich dann an ihren Frauen rächen und sind doch hundertmal strafbarer als jene. Ich verwundere mich auch garnicht darüber, daß jener gelehrte Heilige sagte, die Ehe sei gleichsam eine Art Ehebruch; nämlich wenn man sie so mißbrauche, wie ich eben gesagt.
Auch hat man die Ehe unsern Priestern verboten, weil man sie für unwürdig hielt, vor den Altar zu treten, wenn sie von einer Frau kommen. Nun, meiner Treu, ich habe gehört, daß einige mit ihren Frauen tollere Dinge treiben als die zügellosen Männer mit den Dirnen des Bordells; denn, in der Befürchtung, sich einen Schaden zuzuziehen, erhitzen sich diese mit den Freudenmädchen nicht so sehr wie die Ehemänner mit ihren Frauen, die sauber sind und keinen Schaden stiften können, – wenigstens einige nicht, wenn auch nicht alle. Denn ich habe etliche gekannt, die ihren Ehemännern Krankheiten beibrachten, ebenso wie die Ehemänner ihnen.
Diejenigen Gatten, die ihre Frauen mißbrauchen, sind sehr strafbar. Von großen Gelehrten habe ich gehört, daß manche Männer, statt ihre eheliche Pflicht in bescheidener Weise zu erfüllen, wie sich's gehört, ihre Frauen wie Konkubinen behandeln; während doch die Ehe als eine Notwendigkeit und der Fortpflanzung halber eingeführt ist, und nicht um des zügellosen Vergnügens willen. Hiervon gibt uns Sejanus Commodus, auch Anchus Verus genannt, ein Beispiel. Er sagte zu seiner Frau Domitia Calvilla, als diese [36] sich beklagte, daß er das, worauf sie ein Recht hätte, zu den Buhlerinnen und andern trage: »Liebe Frau, mit den andern stille ich meine Begierden, da der Name Frau und Genossin ein Ehrenname, aber kein Name der Wollust und des Vergnügens ist.« Ich weiß nicht, welche Antwort die Kaiserin ihm darauf gab; aber es ist wohl nicht zweifelhaft, daß sie, nicht zufrieden mit diesem goldenen Ausspruch, ihm antwortete, wie es die Mehrzahl der verheirateten Frauen getan haben würde: »Für diese Ehre danke ich. Es lebe das Vergnügen! Dabei fühlen wir uns wohler als mit jener Ehre.«
Zweifellos wird die Mehrzahl der verheirateten Männer unsrer und aller Zeiten, wenn sie schöne Frauen haben, ebenso sprechen. Denn sie vermählen sich doch, um ihre Zeit angenehm zu verbringen und lehren ihre Frauen alle lasziven Künste des Körpers und des Wortes, um die schafende Venus besser zu erwecken. Nachdem sie aber die Frauen in dieser Weise geschult haben, bestrafen sie sie, wenn diese sich zu andern Männern wenden, und geben ihnen sogar den Tod.
Das ist ebenso ungerecht, wie wenn jemand, der einem armen Mädchen die Ehre genommen hat, sie nachher, wenn er seinen Willen gehabt, schlagen und zur Keuschheit zwingen wollte. Das ist wahrlich nicht angebracht! Und wer würde einen solchen unvernünftigen Mann nicht verdammen und strafwürdig finden? Man könnte dasselbe von manchen Ehemännern sagen, die ihre Frauen mehr ins Laster stürzen und sie besser in der Zuchtlosigkeit unterrichten, als dies ihre Liebhaber tun; denn sie haben mehr Zeit und Gelegenheit dazu als die Liebhaber. Wenn sie dann mit ihren Unterweisungen aufhören, nehmen die Frauen einen andern Lehrer, wie ein Pferd viel lieber von einem guten Reiter bestiegen wird als von einem, der sich nicht darauf versteht. »Leider gibt es kein Gewerbe auf der Welt,« sagte jene Courtisane, »das weniger Unterbrechung verträgt, als das der Venus.« Deshalb sollten diese Ehemänner sich hüten, ihren [37] Frauen solche Unterweisung zu erteilen, denn sie schädigen sich nur dadurch. Oder wenn sie sehen, daß ihre Frauen auf Abwege geraten, so sollen sie sie wenigstens nicht bestrafen, denn sie haben ihnen ja selbst den Weg gezeigt.
Ich muß hier eine Abschweifung machen und von einer schönen und vornehmen verheirateten Frau erzählen, die ich kenne. Sie gab sich einem Edelmann hin sowohl aus Eifersucht auf eine Dame, die von diesem Edelmann geliebt und ausgehalten wurde, wie auch aus Liebe. In einer Schäferstunde sagte sie zu ihm: »In diesem Augenblick triumphiere ich über Sie und über Ihre Liebe zu jener andern.« Darauf erwiderte der Edelmann: »Wenn jemand besiegt ist und unterliegt, kann er nicht triumphieren.« Sie verstand, daß diese Antwort ihre Ehre berührte, und erwiderte sogleich: »Sie haben recht.« Damit warf sie ihn aus dem Sattel, änderte die Stellung und brachte ihn unter sich zu liegen. Niemals war ein römischer Reiter schneller und gewandter im Wechseln eines Pferdes, wie diese Dame. »Jetzt,« sagte sie, »kann ich wohl sagen, daß ich über Sie triumphiere, denn Sie unterliegen jetzt mir.« Das war eine lustige Frau, die den Ehrgeiz der Wollust besaß!
Ich hörte von einer schönen vornehmen Dame, die sehr der Liebe ergeben, zugleich aber so anmaßend, stolz und mutig war, daß sie niemals duldete, beim Manne die Stellung der Unterliegenden einzunehmen. Denn sie hielt es für eine Demütigung und Schwäche, die Unterjochte zu sein, und wollte stets die Oberhand haben. Deshalb gab sie sich auch niemals einem Manne hin, der größer als sie war, damit er keine Macht über sie ausübe und ihr nicht nach seinem Belieben Vorschriften machen könne. Sie suchte stets ihresgleichen oder Geringere, denen sie im Liebeskampf die Befehle gab, wie ein Major seinen Leuten am Tage der Schlacht Sie kommandierte, wie weit man gehen dürfe, bei Strafe des Ausübungsrechts. Sei es stehend, sitzend oder liegend: niemals duldete sie die geringste Demütigung oder Unterwerfung.
[38] Diese Dame konnte in solcher Weise befehlen, ohne von ihrer vorgeblichen Ehre einzubüßen; denn wie ich von verschiedenen Praktikern hörte, gibt es viele Mittel, derartige Befehle zu erteilen.
Das war freilich eine schlimme und eigensinnige Laune bei einer Frau, aber sie hatte doch recht; denn es ist wirklich nicht angenehm, unterjocht zu sein. Man denke nur an sich selbst, wenn man sagen muß: »Der oder jener hat mich überwältigt und getreten.« Ob nun mit Füßen oder anders, kommt auf eins heraus.
Jene Dame wollte auch niemals erlauben, daß Geringere als sie ihre Lippen küßten. »Denn,« sagte sie, »die Berührung von Mund und Mund ist köstlicher als jede andre Berührung, sei es der Hand oder der andern Glieder.« Deshalb wollte sie auf ihrem Munde nicht die Berührung unreiner oder geringerer Lippen als die ihren dulden.
Hierüber gibt es noch eine Frage, die ich von andrer Seite erörtern hörte, nämlich: Wer hat bei den Scharmützeln der Venus den größeren Siegesvorzug, der Mann oder das Weib?
Der Mann führt zu seinen Gunsten an: der Sieg sei der größere, wenn man seine süße Feindin besiegt unter sich habe und sie nach Gefallen unterjoche. Denn es gibt keine so große Dame oder Fürstin, die nicht in diesem Fall selbst von einem Niedrigeren oder Ungleichen ihre Unterwerfung unter das Gesetz der Venus erdulde, und deshalb gebühre der größere Ruhm dem Manne.
Die Frau dagegen sagt: »Ja, mein Herr, ich gebe zu, daß Sie sich siegreich fühlen, wenn Sie mich unter sich haben; aber, wenn es sich darum handelt, die Oberhand zu gewinnen, so kann ich das jederzeit ungezwungen, wenn es mir beliebt. Mehr noch, wenn die Oberhand mir nicht gefällt, kann ich mich Ihrer wieder als Sklave bedienen oder, besser gesagt, Sie am Halfter führen wie ein richtiges Wagenpferd, und Sie arbeiten und schwitzen lassen und die größten Anstrengungen von Ihnen verlangen. Indessen [39] liege ich bequem da und lasse Sie herankommen; manchmal lache ich und mache mir ein Vergnügen daraus, zu sehen, wie Sie sich abmühen. Zuweilen auch bedaure ich Sie, wenn ich gerade mitleidig gestimmt bin. Und wenn ich dann meiner Laune genug getan habe, lasse ich meinen Ritter liegen, matt, schwach und entnervt, so daß er nichts weiter mehr nötig hat, als ordentliche Ruhe und eine tüchtige Mahlzeit. Ich aber empfinde von all den Anstrengungen nichts, sondern fühle mich auf Ihre Kosten, mein Herr Ritter, gut bedient; das Einzige ist, daß ich wünsche, ein andrer käme und bereitete mir gerade so viel Vergnügen, damit ich aus ihm dasselbe mache wie aus Ihnen. Folglich ergebe ich mich niemals, sondern ich lasse meinen süßen Feind sich mir ergeben, und so ist der Sieg und der Ruhm mein! Denn wer sich in einem Duell ergibt, der trägt die Schande, und nicht wer den Kampf bis zum letzten Blutstropfen führt.«
So hörte ich auch von einer schönen Dame, die einst von ihrem Gatten aus tiefem Schlummer geweckt wurde, um mit ihr der Liebe zu pflegen. Nach dem sie ihm zu Willen gewesen, sagte sie zu ihm: »Sie haben es getan und nicht ich.« Und da sie über ihm war, fesselte sie ihn mit Armen und Beinen, und sagte: »Ich werde Sie lehren, mich ein andermal aufzuwecken!« Dabei schüttelte sie ihren Mann und warf ihn umher aus Leibeskräften; er konnte sich nicht losmachen, kam ganz außer Atem und rief um Gnade. Sie aber zwang ihn noch einmal dazu, so daß er ganz matt wurde und ihr schwor, sich schon zu rächen, wenn seine Stunde gekommen wäre. Diese Geschichte kann man sich besser selbst ausmalen, als wie man sie beschreiben kann.
Das sind die Beweisgründe, die die Frau anführt, und sie könnte deren noch mehrere beibringen.
Es gibt auch einige Frauen, denen nichts daran gelegen ist, den Samen zu empfangen, wie ich von einer großen Dame hörte, die zu ihrem Liebhaber sagte: »Tun Sie was Sie wollen und machen Sie mir Vergnügen, aber hüten Sie [40] sich bei Ihrem Leben, mir einen einzigen Tropfen zukommen zu lassen!« Da mußte der andre also im richtigen Moment genau acht geben.
Eine ähnliche Geschichte habe ich von dem Ritter de Sanzay aus der Bretagne gehört, der, wenn ihn der Tod nicht schon in seiner Jugend ereilt hätte, ein großer Seemann geworden wäre, wie seine Anfänge versprachen. Auch trug er Zeichen seiner Tapferkeit, denn er hatte in einer Seeschlacht durch einen Kanonenschuß einen Arm verloren. Zu seinem Unglück wurde er von Seeräubern ergriffen und nach Algier gebracht. Dort wurde er der Sklave des Oberpriesters der dortigen Moschee, der eine sehr schöne Frau hatte, die sich so sehr in den Sanzay verliebte, daß sie ihn verführte und er eine viel bessere Behandlung erfuhr als alle andern Sklaven. Besonders befahl sie ihm aber, bei Strafe seines Lebens oder strenger Gefängnishaft, keinen Tropfen in ihren Körper gelangen zu lassen. Denn sie wolle, wie sie sagte, nicht vom Blute eines Christen besudelt sein, womit sie glaubte, das Gesetz ihres großen Propheten Mohammed zu verletzen. Ferner gebot sie ihm, daß er, wenn sie in ihrer Liebesglut ihm auch hundertmal befehlen würde, das Ganze zu wagen, er es doch nicht tun solle; denn es sei nur ihr entzücktes Gefühl, was sie zu dieser Aufforderung hinreiße, und nicht der Wunsch ihrer Seele.
Jener Sanzay schloß, obgleich er Christ war, doch die Augen über diese Beleidigung seines Glaubens, nur um gute Behandlung und größere Freiheit zu genießen; denn ein armer mißhandelter Sklave kann sich wohl einmal vergessen. Er gehorchte also der Dame, und ließ ihre Mühle gehen ohne Wasser, das er zurückhielt, so daß die Dame ihn wegen seines Gehorsams um so mehr liebte. Und wenn sie auch ausrief: »Nur zu, ich gebe dir die Erlaubnis!« so tat er es doch nicht, denn er fürchtete, türkische Stockprügel zu erhalten, wie er es bei seinen andern Leidensgefährten gesehen hatte.
[41] Das war eine schreckliche Frauenlaune, und es scheint, daß sie für das Heil ihrer Seele, die türkisch, und für das Heil der seinigen, die christlich war, viel getan hat, da er niemals bei ihr seine Lust auslassen durfte. Ja, er schwor mir, daß er nie in seinem Leben größere Qualen ausgestanden habe.
Er erzählte mir noch eine andre, sehr lustige Geschichte von etwas, was er mit dieser Dame vornahm; aber da sie gar zu schmutzig ist, schweige ich davon, aus Furcht, keusche Ohren zu beleidigen.
Später wurde Sanzay von seinen Angehörigen losgekauft; es waren ehrenwerte Leute von gutem Hause aus der Bretagne, die zu den Großen gehören, wie der Herr Connetable, der seinen altern Bruder sehr liebte und ihm bei dessen Befreiung sehr hilfreich war. Nachdem diese stattgefunden, kam er an den Hof und erzählte Herrn d'Estrozze und mir viele lustige Geschichten, unter andern auch jene.
Was sollen wir nun von manchen Ehemännern sagen, die sich nicht damit begnügen, von ihren Frauen Liebe zu genießen, sondern sie ihren Freunden oder andern überlassen? Ich kannte mehrere, die ihre Frauen solchen Freunden gegenüber lobten und ihnen alle Reize ihrer Gattin genau schilderten.
Was verdienen solche Menschen andres, als daß sie zum Hahnrei gemacht werden, wie es Gyges vermittelst seines Ringes mit dem König der Lydier, Kandaules, tat Dieser war so töricht, dem Gyges die seltene Schönheit seiner Frau zu rühmen, als ob das Schweigen ihm das Herz abgedrückt hätte, und sie ihm dann nackend zu zeigen, so daß Gyges sich leidenschaftlich in sie verliebte. Später ließ er den Kandaules ermorden und bemächtigte sich seines Königreichs. Man sagt, die Frau sei so empört darüber [42] gewesen, sich dem Gyges nackt gezeigt zu haben, daß sie ihn zu dieser Untat gezwungen, indem sie ihm sagte: »Wer dir das geraten hat, der soll von deiner Hand sterben, oder du, der du mich nackt gesehen, sterbest von seiner Hand!« Welche Torheit von diesem König, einen andern nach diesem schönen Gute lüstern zu machen, das er so wert hätte halten sollen!
Ludwig, Herzog von Orleans, der an der Porte Barbette zu Paris ermordet wurde, und einer der größten Jäger der Hofdamen war, verfuhr anders. Als er einst mit einer sehr schönen Dame ein Schäferstündchen hatte, kam der Gatte ins Zimmer, um ihm guten Tag zu sagen. Er bedeckte schnell das Gesicht der Dame mit dem Laken und ließ nur den Körper frei, den er dem andern überließ, aber unter der Bedingung, bei seinem Leben nicht das Tuch vom Gesicht der Dame zu nehmen. Das wagte dieser denn auch nicht zu tun, und der Liebhaber fragte den Gatten mehrmals, wie er diesen schönen nackten Körper finde. Der Mann war ganz entzückt davon. Darauf verabschiedete ihn der Herzog, und der Gatte erfuhr niemals, daß es seine Frau gewesen war.
Wenn er aber die Nacktheit seiner Frau besser gekannt hätte, so würde er sie auch an gewissen Merkmalen wiedererkannt haben. Deshalb ist es gut, sich den Körper der Frau öfter anzusehen.
Als der Gemahl fort war, fragte der Herr von Orleans die Frau, ob sie sich geängstigt habe. Man stelle sich selbst die Qual und Aufregung vor, die sie eine Viertelstunde lang ausgestanden; denn durch die geringste Neugierde oder Unfolgsamkeit ihres Gatten wäre sie entdeckt worden. Der Herzog sagte, daß er in diesem Fall den Gatten getötet haben würde, um zu verhindern, daß er ihr ein Leid antue.
Das Beste ist nun, daß der Herr Gemahl, als er in der folgenden Nacht bei seiner Frau war, dieser erzählte, der Herr von Orleans habe ihm die schönste nackte Frau gezeigt, die er jemals gesehen; aber von dem Gesicht könne [43] er nichts sagen, denn es wäre ihm verboten worden, es anzusehen. Man stelle sich vor, was die Frau darüber bei sich dachte. Von dieser großen Dame und dem Herzog von Orleans soll jener tapfere Bastard von Orleans, die Stütze Frankreichs und die Geißel Englands, abstammen, der seinerseits das edle Geschlecht der Dunois erzeugte.
Doch um noch einmal auf die Ehemänner zurückzukommen, die so verschwenderisch mit der Nacktheit ihrer Frauen umgehen, will ich noch von einem Manne berichten, den eines Morgens ein Freund besuchte, als er sich grade ankleidete. Bei dieser Gelegenheit zeigte der Gatte ihm seine Frau ganz nackend auf dem Bett im Schlummer liegend, ohne jegliche Bedeckung, denn es war sehr heiß. Er zog den Vorhang halb zurück, so daß die aufgehende Sonne ihre Schönheit bestrahlte. Der Freund weidete seine Blicke daran, und dann gingen beide Männer zum König.
Am nächsten Tage erzählte der Edelmann, der ein glühender Anbeter dieser Dame war, diesem jene Vision und beschrieb ihm die verborgensten Schönheiten, die er gesehen, und daß der Gatte selbst den Vorhang weggezogen, was dieser bestätigte. Die Dame aber, aus Zorn über ihren Gatten, warf sich ihrem Freunde, und zwar nur aus diesem Grunde, an den Hals, und so erwarb er das, was er durch all seine Verehrung dieser Dame nicht erreicht hatte.
Ich kannte einen sehr großen Herrn, der eines Morgens zur Jagd gehen wollte, und als früh seine Gefährten kamen, fanden sie ihn noch an der Seite seiner Frau. Der Gatte hob schnell die Bettdecke auf, so daß die Frau keine Zeit hatte, die Hand ihres Gatten von einem Orte zu entfernen, wo sie sich in diesem Augenblicke gerade befand. Lachend sagte er zu den Herren: »Nun, meine Herren, habe ich Ihnen nicht hübsche Sachen gezeigt?« Die Frau war so empört, daß sie ihm das Schlimmste wünschte, nur weil er die Hand aufgedeckt hatte. Und wahrscheinlich hat sie es ihm nachher auch heimgezahlt.
[44] Ich weiß noch einen andern Streich von einem großen Herrn. Dieser wußte, daß einer seiner Freunde und Verwandten in seine Frau verliebt war, und sei es nun, daß er dessen Begierde noch mehr reizen wollte oder ärgerlich war, daß er eine so schöne Frau besaß, die der andre nicht auch genossen hatte, kurz, eines Morgens, als der Freund zum Besuch kam, zeigte er ihm seine Frau, mit der er im Bette lag, halb nackend; ja noch schlimmer, er vollzog mit seiner Frau vor den Augen des Freundes den Akt, als ob sie allein gewesen wären, und bat den Freund, recht genau zuzusehen; was dieser auch tat. Man sage selbst, ob diese Frau nicht Ursache hatte, sich ihrem Freunde hinzugeben, und ob der Gatte nicht mit Recht die Hörner trug.
Ich habe von einem andern großen Herrn gehört, der seine Frau vor den Augen seines Herrn, eines Prinzen, liebte, aber es geschah auf dessen Wunsch und Befehl, weil dieser daran Vergnügen fand. Sind diese Männer nicht strafwürdig, die ihre eigenen Kuppler sind, und doch Richter und Henker sein wollen?
Man soll niemals seine Frau nackend zeigen, ebensowenig wie seine Landgüter, Länder und Städte, wie ich von einem großen Kriegsherrn bezüglich des Herrn von Savoyen hörte, der unserm letzten König Heinrich abriet, als er auf seiner Rückkehr aus Polen durch die Lombardei kam, die Stadt Mailand zu betreten, weil der König von Spanien dadurch Verdacht schöpfen könnte. Aber das war nicht der wirkliche Grund: er fürchtete vielmehr, daß der König, wenn er diese Stadt besuche, und ihre Schönheit und Größe und ihren Reichtum sähe, von Neid erfüllt werden und ihn berauben würde, wie es seine Vorgänger getan hatten. Um aber dem Herrn von Savoyen gefällig zu sein und den König von Spanien nicht zu reizen, ging er an der Stadt vorbei, obgleich er die größte Lust hatte, hineinzugehen. Er hat mir das auf seinem Rückwege von Lyon erzählt Deshalb ist nicht zu bezweifeln, daß der Herr von Savoyen mehr Spanier als Franzose war.
[45] Ich erachte auch die Männer für verdammenswert, die, nachdem sie durch die Gunst ihrer Frauen ihr Leben gerettet, so undankbar sind, sie unter dem Verdacht andrer Liebschaften roh zu behandeln, ja ihnen sogar nach dem Leben zu trachten. Ich hörte von einem Herrn, gegen den eine Verschwörung bestand und der durch die Bitten seiner Frau vor dem Tode durch Mörderhand errettet wurde. Nachher aber zeigte er sich wenig erkenntlich und behandelte sie sehr strenge.
Ich habe auch einen Edelmann gesehen, der angeklagt war, weil er in einer Schlacht seine Pflicht sehr schlecht erfüllt und seinen General, statt ihm beizustehen, hatte töten lassen. Er wurde zur Enthauptung verurteilt, trotzdem er sich mit zwanzigtausend Talern loszukaufen suchte. Seine Frau, die sein Leben retten wollte, sprach mit einem einflußreichen Manne und gewährte ihm, mit Erlaubnis, ja auf Bitten ihres Gatten, Liebe. Und was das Geld nicht vermochte, brachte ihre Schönheit zuwege: sie erwarb ihm Leben und Freiheit Später behandelte er sie dafür schlechter als je. Solche grausamen Männer sind ganz erbärmlich.
Andre wieder kannte ich, die besser handelten, denn sie wußten, woher ihnen das Gute kam und hielten das liebe Ding, das sie vom Tode errettet, ihr Leben lang in Ehren.
Es gibt noch eine andre Art von Hahnreien, das sind die, denen es nicht genügt, während ihres Lebens betrogen zu sein, sondern die es sogar noch in ihrer Todesstunde sind. So kannte ich einen, der eine sehr schöne Frau besaß, aber nicht gut allein sein konnte, und als er zu sterben kam, sagte er zu ihr: »Ach, mein Liebling, ich muß sterben. Wolle Gott, daß du mir Gesellschaft leistest und daß wir zusammen ins Jenseits gehen! Dann würde mir der Tod leichter sein.« Die Frau aber, die noch sehr schön und erst 37 Jahre alt war, wollte ihm nicht folgen. Sie war nicht so töricht wie jene Evadne, Tochter des Mars und der Thebe, Frau des Kapaneos, die ihren Gatten so glühend liebte, daß sie, als sein Leichnam verbrannt wurde, [46] sich lebendig in die Flammen stürzte und ihn so in den Tod begleitete.
Noch mehr tat Alceste, die, als sie durch das Orakel erfuhr, daß ihr Gatte Admettos, König von Thessalien, bald sterben werde, wenn er nicht durch den Tod eines seiner Freunde losgekauft würde, sich sofort den Tod gab und so ihren Gemahl rettete.
Heutzutage gibt es nicht mehr solche barmherzigen Frauen, die vor ihrem Gatten in den Tod gehen oder ihm dahin folgen. Nein, man findet sie nicht mehr: ihre Mütter sind gestorben, wie die Roßhändler in Paris sagen, wenn es keine guten Pferde mehr gibt.
Deshalb finde ich es auch ungeschickt von jenem Gatten, den ich oben erwähnte, seiner Frau so etwas zu sagen und sie zum Sterben einzuladen wie zu einem vergnügten Feste. Es war eine dumme Eifersucht, die ihn so sprechen ließ, als ob ihm das Jenseits verleidet würde, wenn er seine so gut geschulte Frau in den Armen eines Geliebten oder eines andern Gatten wüßte.
Anders hielt es der tapfre Tankred, der sich in den Kreuzzügen so sehr auszeichnete. Als ihm der Tod nahte und seine Gattin mit dem Grafen von Tripolis klagend an seinem Lager stand, bat er sie beide, nach seinem Tode einander zu heiraten; ja, er befahl es seiner Frau, und sie taten es auch.
Man bedenke, daß er bei seinen Lebzeiten verschiedene Liebesaffairen seiner Frau gesehen hatte; denn sie war ein ebenso leichtfertiges Weib, wie ihre Mutter, die Herzogin von Anjou, die, nachdem der Graf von Bretagne sie lange Zeit ausgehalten hatte, dem König Philipp von Frankreich angehörte, der von ihr die Bastardtochter Cicile hatte. Dann gab der König sie dem tapferen Tankred zur Frau, der sicherlich wegen seiner Heldentaten nicht verdiente, ein Hahnrei zu sein.
Ein Albanese, der in seinem Lande wegen irgend eines Verbrechens zum Tode durch den Strang verurteilt worden [47] war, befand sich in Diensten des Königs von Frankreich. Als man ihn zur Richtstätte führen wollte, bat er, seine schöne und liebenswürdige Frau sehen und von ihr Abschied nehmen zu dürfen. Als er sie nun zum Abschied küßte, biß er ihr die Nase ab. Vom Richter gefragt, weshalb er diese Schandtat begehe, antwortete er: »Aus Eifersucht. Denn sie ist sehr schön, und ich weiß, daß sie nach meinem Tode sehr begehrt werden und sofort einem meiner Gefährten angehören wird, den ich als sehr wollüstig kenne, und dann wird sie mich gleich vergessen. Ich will aber, daß sie nach meinem Tode sich meiner erinnere, und daß sie weint und klagt, wenn auch nicht wegen meines Todes, so doch, weil ihr schönes Gesicht entstellt ist. Niemand meiner Genossen soll die Freude an ihr haben, die ich hatte.« Das war in der Tat eine fürchterliche Eifersucht!
Ich hörte von andern Männern, die, wenn sie sich alt, hinfällig und dem Tode nahe fühlten, aus reiner Eifersucht ihren Frauen heimlich das Leben gekürzt hatten, selbst wenn diese schön gewesen waren.
Bezüglich dieser sonderbaren Launen so tyrannischer und grausamer Ehegatten, die ihren Frauen den Tod geben, hörte ich die Frage aufwerfen: ob es den Frauen erlaubt sei, ihren Männern zuvorzukommen und ihnen, um sich zu retten, zuerst eine Wohnung im Jenseits zu bereiten, wenn sie bemerken oder ahnen, welche Grausamkeit ihnen von Seiten ihres Gatten droht.
Darauf habe ich antworten hören: Ja, sie dürfen es tun, zwar nicht nach dem Gesetz Gottes, denn jeder Mord ist verboten, aber nach dem der Welt. Man beruft sich hierbei auf die Meinung, daß es besser sei, zuvorzukommen, als überrascht zu werden; denn schließlich ist jeder um sein Leben besorgt, und da Gott es uns gegeben hat, sollen wir es hüten, bis der Tod uns abruft. Andrerseits heißt es sich selbst umbringen, wenn man dem Tode nicht ausweicht, wo man es doch könnte. Und das ist Gott verhaßt. Es ist[48] daher das beste Mittel, den Hieb zu parieren, indem man die mörderischen Ehemänner vorher ins Jenseits schickt, wie es Blanche d'Auverbruckt mit ihrem Gatten, dem Herrn von Flavy, machte, dem Gouverneur und Kriegshelden von Compiègne, der die Jungfrau von Orleans verriet und ihren Untergang veranlaßte. Blanche, die erfahren hatte, daß ihr Gatte sie ertränken lassen wollte, kam ihm zuvor und erwürgte ihn mit Hilfe seines Barbiers, der seinerseits vom König Karl VII. sogleich begnadigt wurde. Der Umstand, daß Flavy ein Verräter gewesen, beförderte den Gnadenakt wahrscheinlich ganz besonders. Diese Geschichte findet sich in den »Annalen von Frankreich«, besonders in denen von Guyenne.
Unter der Regierung Franz I. verfuhr eine Frau de la Borne ebenso, die ihren Mann wegen verschiedener, vielleicht ungeheurer Verbrechen, die er an ihr und andern begangen, dem Gerichte anzeigte, seine Gefangenschaft und endlich seine Enthauptung bewirkte. Diese Geschichte habe ich von meiner Großmutter, die jene Dame eine schöne Frau aus gutem Hause nannte. Diese hatte also einen tüchtigen Vorsprung gewonnen.
Die Königin Johanna I. von Neapel machte es ebenso mit dem Infanten von Majorca, ihrem dritten Gatten. Sie ließ ihn enthaupten, weil sie ihn fürchtete und ihm zuvorkommen wollte; womit sie recht hatte, wie alle ihresgleichen, wenn sie Ursache haben, ihren Männern zu mißtrauen.
Ich hörte von vielen Damen, die sich auf diese Weise tapfer gerettet haben. Eine kannte ich, die von ihrem Gatten bei ihrem Liebhaber gefunden wurde; der Gatte sagte weder dem einen noch dem andern ein Wort, sondern ging wütend hinweg, sie in Angst und Aufregung mit ihrem Freunde zurücklassend. Aber sie faßte sich und sagte: »Er hat mir kein Wort gesagt, und daher fürchte ich, daß er es mir nachtragen wird; aber sollte ich die Gewißheit haben, daß er mich umbringen will, so werde ich ihm zuvorkommen.« Das Glück war ihr insofern günstig, als der Mann nach einiger Zeit von selbst starb.
[49] Es gibt noch eine andre Streitfrage über diese gefährlichen Hahnreie, nämlich an wem sie Rache nehmen sollen, an ihren Frauen oder an deren Liebhabern.
Einige sagen: an der Frau, indem sie sich auf das italienische Sprichwort berufen: Morta la bestia, morta la rabbia o veneno. Sie meinen, daß man sich am besten von einem Übel befreit, wenn man den Übeltäter tötet; wie jemand, der von einem Skorpion gestochen worden ist, am besten tut, ihn zu töten, zu zerquetschen und ihn auf die Bißwunde zu legen. Jene behaupten also, daß die Frauen die Strafbaren sind. Ich habe hierbei nur die großartigen Frauen im Sinne, nicht die kleinen, gewöhnlichen und von niederer Art. Denn jene fordern durch ihre Reize, wie auch durch ihre Worte und Befehle zum Kampfe heraus, und wer den Kampf hervorruft und fordert, ist strafbarer, als wer sich nur verteidigt. Die Männer aber stürzen sich nicht ohne den Aufruf der Frauen in solche Gefahren, so wie es in einer großen und starken Festung sehr verkehrt ist, einen Ausfall zu machen, wenn nicht unter den Leuten darin eine stillschweigende Verständigung herrscht, wodurch sie sich gegenseitig antreiben und einander die Hände reichen.
Da nun die Frauen schwächer sind als die Männer, muß man ihnen verzeihen und glauben, daß, wenn die Liebe einmal ihr Herz ergriffen hat, sie ihr um jeden Preis folgen und sich nicht begnügen, sie im Herzen zu nähren und zu verschmachten und ihre Schönheit einzubüßen, die ihnen doch die Wonnen verschaffen soll; damit sie, wie man sagt, nicht an dem Schmerz des Iltis sterben.
Ich habe mehrere schöne Frauen von dieser Gemütsart gekannt, die bei der Liebeswerbung die Ersten waren, statt daß dies die Männer sind, und zwar geschah es aus den verschiedensten Gründen. Die einen waren von der Schönheit, Tapferkeit und Liebenswürdigkeit der Männer hingerissen; [50] die andern suchten denari zu erlangen; andere wieder Perlen, Edelsteine, goldene und silberne Gewänder. Sie streben gleich dem Kaufmann möglichst viel aus ihrer Ware herauszuschlagen (so sagt man auch, eine Frau, die nimmt, verkauft sich). Andere wieder buhlen um Hofgunst, andere um Gunst bei der Justiz, wie verschiedene Schönen, die ich kannte und die ihrem mangelhaften Recht durch ihre Schönheit und durch jenen verborgenen Reiz aufzuhelfen verstanden.
Ich sah viele Frauen so verliebt in ihre Anbeter, daß sie selbst diesen nachliefen, so daß die Welt sich ihretwegen schämte.
Ich kannte eine sehr schöne Dame, die so verliebt in einen großen Herrn war, daß sie die Farben ihres Liebhabers trug, während doch die Liebhaber gewöhnlich die Farben ihrer Dame tragen. Ich könnte jene Farben nennen, aber das wäre zuviel verraten.
Eine andre kannte ich, deren Gatte in einem Turnier am Hofe ihrem Liebhaber eine Niederlage beigebracht hatte und sich im Ballsaal dessen rühmte. Die Frau verkleidete sich inzwischen als Mann und suchte ihren Geliebten auf, dem sie nun als Maske ihren Schoß darbot; denn Sie war bis zum Sterben in ihn verliebt.
Ich kannte einen Edelmann, der den besten Leumund bei Hofe hatte. Eines Tages bekam er Lust, einer sehr schönen und anständigen Dame zu dienen, wenn auch nur einmal. Denn einerseits war sie ihm sehr entgegengekommen, andrerseits wollte er aus verschiedenen Gründen zurückhalten. Die Dame aber, die ihn nun einmal ins Herz geschlossen hatte, und, wie sie sagte, alles auf einen Wurf setzen wollte, hörte nicht auf, ihn mit den schönsten Liebesworten anzulocken. So sagte sie zu ihm unter anderm: »Erlaubt mir doch wenigstens, daß ich Euch liebe, wenn Ihr mich nicht lieben wollt, und legt weniger Wert auf meine Verdienste als auf meine Neigung und Leidenschaft!« Und dabei war sie dem Edelmann an Vollkommenheiten noch überlegen. Was konnte dieser nun anderes tun, als sie heben, da sie ihn liebte, und[51] ihr dienen und den Lohn seines Dienstes einheimsen, den er auch erhielt. Denn wer einen Dienst leistet, muß bezahlt werden.
Ich könnte eine Unmenge solcher Damen anführen, die den Männern mehr nachstellen, als ihnen von diesen nachgestellt wird. Deshalb tragen sie auch mehr Schuld als ihre Liebhaber; denn wenn sie den Mann einmal aufs Korn genommen haben, ruhen sie nicht eher, als bis sie zum Ziele kommen, und zwar durch verlangende Blicke, wohlstudierte Reize, geschminktes Gesicht, wenn dieses nicht schön ist, hübschen Kopfputz, prächtige Gewänder und besonders durch ihre pikanten und halblasziven Worte, verführerische Gebärden, und endlich durch Gaben und Geschenke. Dadurch werden die Liebhaber umgarnt, und sind sie dies einmal, dann bleibt ihnen nichts weiter übrig, als das Angebot anzunehmen. Deshalb sagen Einige, daß die Ehegatten ein Recht haben, sich an den Frauen zu rächen.
Andere aber behaupten, die Männer seien die Schuldigen und an sie müsse man sich halten, grade wie bei den Belagerern einer Stadt. Denn diese sind es, die zuerst das Trompetensignal geben, zur Übergabe auffordern und spionieren, zuerst die Schanzgräben anlegen, die Batterien aufstellen, zuerst zum Sturm vorgehen oder parlamentieren: So, sagt man, machen es die Liebhaber. Denn da die Kühnsten, Tapfersten und Entschlossensten die Festung der weiblichen Schamhaftigkeit bestürmen, sind die Frauen nach all diesen Belagerungskünsten gezwungen, das Zeichen der Übergabe zu geben und den Feind in ihre Festung aufzunehmen. Mir scheinen sie deshalb weniger schuldig, als man behauptet; denn es ist sehr schwer, sich eines Aufdringlichen entledigen zu müssen, ohne dabei von dem Seinigen einzubüßen. Ich habe viele gesehen, die durch lange Ausdauer ihre Herrinnen besiegten, welche ihnen anfänglich nicht den kleinen Finger gegeben hätten. Sie zwangen die Frauen, wenigstens einige, dazu, so daß diese [52] sich mit Tränen in den Augen ihnen ergaben, grade wie man in Paris oftmals den Bettelmönchen Almosen gibt, mehr wegen ihrer Aufdringlichkeit, als um der Liebe Gottes willen. So auch die Frauen: sie tun es mehr, weil sie so bestürmt werden, als aus eigener Verliebtheit, besonders großen Herren gegenüber, die sie fürchten und wegen ihrer Macht nicht abzuweisen wagen, aus Furcht vor einem folgenden Skandal oder offener Beleidigung und noch größerer Verletzung ihrer Ehre. In dieser Beziehung sah ich große Unannehmlichkeiten entstehen.
Deshalb sollten die bösen Ehemänner, die so viel Gefallen am Blut und Totschlag und an schlechter Behandlung ihrer Frauen finden, nicht so voreilig sein, sondern zuerst alles genau erforschen, so ärgerlich ihnen auch die gewonnene Erkenntnis sein mag.
Ich kannte einen ausländischen Prinzen, der eine schöne und achtbare Dame geheiratet hatte, mit der er aber den Verkehr unterbrach, um ihn einer andern zu widmen, die als Courtisane bekannt war; andere sagten, es sei eine Ehrendame, die er verführt. Das genügte ihm aber noch nicht, denn er quartierte sie in einem, unter dem Schlafgemach seiner Frau gelegenen Zimmer ein, und wenn er zu seiner Herrin hinauf wollte, verschärfte er die Schmach, die er ihr antat, noch dadurch, daß er lachend und spottend zwei oder dreimal an die Decke klopfte und zu seiner Frau hinaufrief: »Wohl bekomm's, mein Weibchen!« Dieser Unfug dauerte mehrere Tage und ärgerte die Frau so sehr, daß sie aus Wut und Rache eines Tages sich einem Edelmann näherte und ihm heimlich sagte: »Hören Sie mal, ich wünsche, daß Sie meine Liebe genießen, andernfalls weiß ich ein Mittel, um Sie zu ruinieren.« Der andere, sehr zufrieden mit einem so schönen Abenteuer, schlug es auch nicht ab. Als nun der Gatte seine Freundin und die Gattin ihren Freund in den Armen hatte und der Erstere rief: »Wohl bekomm's!« antwortete sie: »Danke, gleichfalls!« oder auch: »Ich werde es dir schon heimzahlen.« Diese Reden und [53] Antworten gingen eine lange Zeit hin und her, bis der scharfsinnige Prinz etwas zu merken anfing, und da er einst aufpaßte, fand er, daß seine Frau ihn zum Hahnrei gemacht und ihm das »Wohl bekomm's!« aus Rache zugerufen hatte. Diese Entdeckung verwandelte die Komödie in ein Trauerspiel. Als er ihr das letzte Mal den Trinkspruch zurief und sie ihm ebenso geantwortet hatte, stieg er schnell hinauf zu ihr, öffnete die Tür mit einem Dietrich, trat ein und warf ihr ihr Vergehen vor. Sie aber erwiderte: »Ich weiß wohl, daß dies mein Tod ist; immerhin bringe mich um, ich fürchte den Tod nicht, ja, ich erleide ihn gern, denn ich habe mich wenigstens an dir gerächt und dir die Hörner aufgesetzt. Du aber hast mir dazu die Veranlassung gegeben, sonst hätte ich es nicht getan. Denn ich hatte dir Treue bewahrt und hätte sie um nichts in der Weh verletzt Aber du verdientest keine anständige Frau, wie ich bin. Nun, so töte mich denn augenblicklich! Nur möchte ich dich bitten, wenn etwas Mitleid in dir wohnt, diesen Edelmann zu schonen, denn er handelte nicht aus eigenem Antriebe, sondern ich selbst habe ihn mir zum Werkzeug meiner Rache gewählt.« Aber der Prinz war so grausam, alle beide zu töten. Was hätte diese arme Prinzessin in ihrer Lage auch anderes tun sollen? Einige werden sie entschuldigen, andere sie verurteilen. Und in der Tat läßt sich vieles dafür und dagegen sagen.
In den »Hundert Erzählungen« der Königin von Navarra findet sich eine ähnliche Geschichte von der Königin von Neapel, die sich in derselben Weise an ihrem Gemahl rächte; aber das Ende war nicht so tragisch.
Lassen wir nun diese wütigen Hahnreie und reden wir nicht mehr von ihnen, denn sie sind abscheulich und wenig amüsant. Ich hätte ja auch gar nicht davon gesprochen, wenn ich nicht eben alles beschreiben wollte, ob nun der Gegenstand schön ist oder häßlich. Reden wir jetzt lieber von den lustigen Hahnreien, den guten Kerlen, die die Augen schließen, ein sanftes Gemüt, liebenswürdige Manieren haben und leicht zu behandeln sind.
[54] Unter diesen gibt es manche, die die Sache zum voraus wissen, bevor sie heiraten, denn ihre Frauen, Witwen oder jungen Mädchen, haben den Sprung bereits getan; andere wieder wissen es nicht, aber sie heiraten in gutem Glauben auf den Treueid der Frauen hin, oder au! die Versicherung seitens deren Eltern oder Freunde.
Ich kannte mehrere, die Frauen oder Mädchen heirateten, von denen sie wußten, daß sie in den Händen von Königen, Fürsten, großen Herren und andren gewesen waren; trotzdem waren sie entzückt von deren Liebe, und deren Reichtum, den sie durch ihr Liebeshandwerk erworben hatten, und heirateten sie ohne Skrupel. Ich werde jetzt nur von diesen Mädchen reden.
Von der Tochter eines Souveräns hörte ich, die sich in einen Edelmann verliebt und sich ihm hingegeben hatte, so daß sie von ihm die ersten Früchte der Liebe gepflückt. Sie war so lüstern auf ihn, daß sie ihn einen ganzen Monat lang in ihrem Schlafzimmer behielt und ihn auf das köstlichste pflegte, um dann ihrerseits das Gute davon zu haben. Nachdem sie ihre erste Lehrzeit unter ihm durchgemacht, nahm sie weiteren Unterricht bei ihm, solange er lebte, und später auch bei andern. Darauf vermählte sie sich im Alter von 45 Jahren mit einem Herrn, der nichts dagegen einzuwenden hatte und sich in der Ehe mit ihr sehr wohl befand.
Bei Boccaccio findet sich ein Sprichwort, das in seiner Zeit gang und gäbe war: »Ein geküßter Mund verliert niemals seinen Wert, sondern erneuert ihn stets, gleichwie der Mond.« Dieses Wort bezieht sich auf eine Geschichte, die er von der schönen Tochter des Sultans von Ägypten erzählt, die mit neun verschiedenen Liebhabern wenigstens dreitausendmal nacheinander Buhlschaft getrieben. Endlich [55] wurde sie als Jungfrau, d.h. als vorgebliche, dem König von Garbo zur Gemahlin gegeben, der gleich von vornherein einwilligte und nichts dagegen hatte. Die Geschichte ist sehr hübsch erzählt.
Von einem großen Herrn hörte ich, daß einige Große sich, wenn auch nicht immer gern, darein fügen, daß das Mädchen vor der Ehe schon durch die Hände von drei oder vier Liebhabern gegangen ist. Er meinte unter anderm einen Seigneur, der in eine große Dame von noch etwas höherem Stande als er sterblich verliebt war und Gegenliebe fand. Aber es trat ein Hindernis ein, woran ihre Ehe scheiterte. Da fragte jener Edelmann: »Hat sie denn schon einmal Liebe genossen?« Als man ihm darauf »Nein« antwortete, entgegnete er: »Um so schlimmer, denn dann hätte doch wenigstens der eine oder andre etwas von ihr gehabt« Von den Großen wird also kein solch hoher Wert auf die Jungfrauschaft gelegt; die Hauptsache ist, daß die Verbindung unter den Großen zustande kommt Glücklich sind also die guten Ehemänner, die ihre Hahnreischaft von vornherein kennen.
Als König Karl sein Land bereiste, fand er in einer Stadt, die ich wohl nennen könnte, ein Mädchen, das ein Kind von vornehmer Abkunft zur Welt brachte; dieses wurde einer armen Frau der Stadt in Pflege gegeben, wofür sie 200 Taler im voraus erhielt Die arme Frau pflegte und erzog die Kleine so gut, daß sie mit 15 Jahren sehr schön war, aber verlassen dastand; denn die Mutter, die sich vier Monate darauf mit einem großen Herrn verheiratete, kümmerte sich nicht mehr um sie. Ach, wie viele habe ich gekannt, die dem Leben in dieser Weise achtlos preisgegeben waren!
Einst hörte ich in Spanien erzählen, daß ein Grande von Andalusien, der eine seiner Schwestern mit einem ebenso vornehmen Herrn verheiratet hatte, drei Tage nach der Hochzeit zu diesem sagte: »Mein Herr Bruder, jetzt da Sie mit meiner Schwester vermählt sind und Sie sie [56] allein genießen, können Sie erfahren, daß sie als Mädchen von manchem andern genossen worden ist. Aber kümmern Sie sich nicht um die Vergangenheit, die wenig bedeutet; desto mehr aber um die Zukunft, denn die geht Sie mehr an.«
Es gibt auch manche, die, wie es scheint, nicht vorher, sondern nachher über ihre Hahnreischaft Bescheid wissen.
Ich hörte von einem vornehmen ausländischen Herrn sprechen, der eine sehr schöne Tochter besaß, um deren Hand ein anderer großer Herr anhielt; er war ihrer würdig und der Vater gab sie ihm zur Frau. Bevor er sie jedoch aus seinem Hause entließ, wollte er sie selbst versuchen und sagte, er wolle ein so schönes und sorgfältig erzogenes Mädchen nicht so leicht hingeben, sondern zuerst selbst erproben, was sie in Zukunft leisten werde.
Ich weiß nicht, ob die Geschichte wahr ist, aber ich habe sie erzählen hören; ja, nicht nur der Vater, sondern auch ein andrer schöner und tapferer Edelmann sollte die Probe angestellt haben. Trotzdem fand der Gatte sie nicht im mindesten bitter, sondern im Gegenteil süß wie Zucker. Er war eben kein Kostverächter, denn das Mädchen war von wunderbarer Schönheit.
Ähnliches habe ich von vielen andern Vätern gehört, die sich nicht mehr Gewissen daraus machten, wie der Hahn in der Äsop'schen Fabel. Dieser begegnete einst dem Fuchs und wurde von ihm mit dem Tode bedroht Der Hahn führte nun alle die Wohltaten an, die er der Welt erweise, und erwähnte besonders die vielen schönen Hühner, die er erzeuge. »Ei!« sagte der Fuchs, »das wollte ich grade hören, mein Herr Ritter. Denn Ihr seid so lüstern, daß Ihr Euch kein Gewissen daraus macht, mit Euren Töchtern zu buhlen wie mit den andern Hennen.« Damit fraß er ihn auf. Wahrlich, der Herr Fuchs war ein großer und weltkluger Richter!
Ich stelle es anheim, sich auszudenken, was einige Mädchen mit ihren Liebhabern anfangen können (denn es [57] gab nie ein Mädchen, das nicht einen Freund gehabt oder gewünscht hätte), wenn die Väter, Brüder, Vettern oder andere Verwandte selbst die Liebhaber sind.
Ferdinand, König von Neapel, heiratete seine Tante, Tochter des Königs von Kastilien, im Alter von 13 bis 14 Jahren, aber es geschah mit Erlaubnis des Papstes. Man machte damals Schwierigkeiten, ob sie bereits Gattin sein dürfe oder könne. Dies erinnert an den Kaiser Caligula, der alle seine Schwestern eine nach der andern verführte; ganz besonders liebte er die jüngste, Namens Drusilla, die er schon als Knabe entjungfert hatte. Später wurde sie einem gewissen Lucius Cassius Longinus vermählt, einem Konsul; Caligula aber entführte sie diesem und lebte öffentlich mit ihr, als ob sie seine legitime Frau sei. Als er einst krank wurde, vermachte er ihr alle seine Güter, ja, das Kaiserreich. Sie starb jedoch, und er betrauerte sie dermaßen, daß er Gerichtsferien ausrufen ließ und die Einstellung aller andern Arbeiten befahl, damit das Volk mit ihm trauere. Er selbst trug zum Zeichen der Trauer lange Zeit Bart und Haare lang, und wenn er zum Senat, zum Volk oder Heere sprach, schwor er nie anders als bei dem Namen der Drusilla.
Was seine andern Schwestern betrifft, so überließ er sie, wenn er ihrer überdrüssig war, seinen Hofknaben, mit denen er häßlichen Verkehr gepflogen hatte. Wenn er ihnen keinen weiteren Schaden getan hätte, möchte es gehen, denn sie hatten sich daran gewöhnt, und ich hörte öfter deflorierte Mädchen und mit Gewalt genommene Frauen jenen Schaden einen ganz angenehmen nennen; aber Caligula fügte ihnen größere Schmach zu: er schickte sie in die Verbannung und nahm ihnen alle ihre Ringe und Edelsteine, um sie zu Gelde zu machen; denn er hatte den großen Staatsschatz, den Tiberius ihm hinterlassen, durch schlechte Wirtschaft vergeudet. Dennoch ließen die Ärmsten, als sie nach seinem Tode aus der Verbannung heimkehrten und den Leichnam ihres Bruders armselig [58] eingescharrt fanden, ihn ausgraben, verbrennen und ihn so ehrenvoll beisetzen, wie sie konnten. Das war von den Schwestern gewiß eine große Güte gegen einen so undankbaren und entarteten Bruder.
Um die unstatthafte Liebe unter Geschwistern zu entschuldigen, sagt der Italiener: »Quando messer Bernardo, il buciacchi, sta in colera et in sua rabbia, non riceve legge, e non perdona a nessuna dama.«
Wir haben viele Beispiele von den Alten, die es ebenso machten. Aber um auf unser Thema zurückzukommen: ich hörte von jemandem erzählen, der ein schönes, anständiges Fräulein mit einem seiner Freunde vermählt hatte und sich rühmte, er habe ihm ein schönes Pferdchen gegeben, das gesund, reinlich, ohne Überbeine und ohne Kniegeschwulst sei, wie er sich ausdrückte, und deshalb wäre der Gatte ihm besonders verpflichtet Darauf erhielt er zur Antwort: »Ja, das ist ganz gut und schön; wenn dies Pferdchen nur nicht in seiner Jugend gar zu oft geritten worden wäre. Es hat jetzt ein bißchen zu viel Satteldruck vorne.«
Ich möchte wohl von diesen Herren Ehemännern wissen, ob sie nicht oft gegen solches Gestüt etwas einzuwenden finden und nicht manchen Fehler an ihm entdecken, wenn sie es gar so billig gekauft haben, und ob es ihnen nicht noch teuer zu steifen kommt? Alan könnte das Roß ja auch einem andern geben, der es besser verdiente als sie, wie jene Roßhändler sich ihrer mangelhaften Pferde entledigen. Diejenigen aber, die die »Wenn und Aber« ihrer Rosse kennen, geben sie, wenn sie nicht anders können, solchen Leuten, die nichts davon verstehen. Denn, wie ich von mehreren Vätern hörte: es ist sehr schwer, eine fehlerhafte Tochter, oder eine, die es zu werden scheint, anzubringen.
[59] Ich kenne Mädchen der großen Welt, die ihre Jungfrauschaft nicht mit ins Ehebett bringen, jedoch von ihrer Mutter oder andern Verwandten und Freundinnen, sehr erfahrenen Kupplerinnen, gehörig unterrichtet sind, bei dem ersten Anfall gute Miene zu machen. Sie haben verschiedene Mittel und Erfindungen, um die Gatten über die geschlagene Bresche zu täuschen. Der größte Teil hilft sich damit, dem ersten Ansturm Widerstand entgegenzusetzen und sich bis zum äußersten widerspänstig zu zeigen; womit dann auch manche Gatten ganz zufrieden sind und fest glauben, daß sie die erste Ehre gehabt haben, wie tapfere und entschlossene Soldaten. Am nächsten Morgen sind sie lustig wie junge Hähne, die am Abend viel Hirse gefressen haben und denen der Kamm schwillt, und sie erzählen die Geschichte den Freunden und manchmal, wenn es sich so trifft, sogar denen, die, ohne daß jene es ahnen, die Festung zuerst betreten hatten. Diese lachen sich dann heimlich ins Fäustchen, und mit ihnen die Frauen und deren Lehrmeisterinnen, die sich rühmen, ihre Sache gut gemacht zu haben.
Freilich gibt es auch Ehemänner, die bei diesem Widerstände Verdacht schöpfen und sich nicht damit begnügen, wie jener, der seine Frau fragte, weshalb sie sich denn gar so wild anstelle und so viele Schwierigkeiten mache; ob sie ihn denn so sehr verabscheue. Die Frau entgegnete als Entschuldigung und damit er nicht meine, es geschähe aus Verachtung, sie habe Angst, daß er ihr weh tue. Darauf antwortete er: »Dann mußt du dieses Weh doch schon er fahren haben; denn man kann einen Schmerz nicht kennen, wenn man ihn nicht schon einmal gefühlt hat.« Sie aber war schlau und entgegnete, sie habe es von verheirateten Freundinnen gehört, die hätten ihr das so geschildert. »Das sind ja nette Unterhaltungen gewesen,« sagte er.
Es gibt noch ein anderes Mittel, dessen die Frauen sich bedienen: nämlich am Morgen nach der Hochzeit die blutigen Spuren des Kampfes zu zeigen, wie man es in [60] Spanien macht, wo das befleckte Linnen öffentlich zum Fenster hinausgehalten und laut gerufen wird: »Virgen la tenemos!« (»Wir halten sie für eine Jungfrau!«)
In Viterbo soll dieser Gebrauch noch bestehen. Da nun manche Mädchen diese Spuren nicht von ihrem eigenen Blute aufweisen können, so helfen sie sich, wie ich sagen hörte, und wie mir verschiedene junge Courtisanen zu Rom versicherten, indem sie das Linnen mit einigen Tropfen Taubenblut besprengen, das sich am besten dazu eignet. Am Morgen sieht dies der Gatte zu seiner höchsten Befriedigung und glaubt fest, daß es das jungfräuliche Blut seiner Gattin sei. Leider ist der gute Mann betrogen.
Hier muß ich die hübsche Geschichte von einem Edelmann erzählen, dem in der Brautnacht die Nestel verknüpft waren und dessen Gattin, die nicht zu den reinen Jungfrauen gehörte, und daher fürchtete, ihr Gatte könnte böse werden, auf den Rat guter Freundinnen, Matronen u.a. das Linnen rot gefärbt hatte. Aber zu ihrem Unglück war der Gatte so fest verknüpft, daß er nichts ausführen konnte; sie aber schmückte sich für das Brautbett aufs beste, wo sie dann auch keinen Widerstand leistete, so daß die Zuschauer, die, wie es Brauch ist, sich dabei versteckt halten, den Bericht davon erstatteten, um die bereits geraubte Jungfrauschaft der Braut zu bemänteln; aber der Bräutigam hatte nichts ausgeführt.
Am Abend wurde, wie es Gebrauch ist, das Hochzeitsmahl aufgetragen, und irgend einer der Gäste, der, wie gebräuchlich, den Brautleuten einen Schabernack spielte, hatte das Linnen geraubt, auf dem man die Spuren entdeckte. Es wurde sofort herumgezeigt und laut ausgerufen, daß sie nun nicht mehr Jungfrau sei, da ihr Hymen vom Manne verletzt worden. Der Gatte aber, der ganz genau wußte, daß er nichts getan hatte, war höchst erstaunt und wußte nicht, was das gefärbte Linnen bedeuten sollte; nach einigem Nachdenken kam er aber bald dahinter, daß hier ein Betrug vorliege; trotzdem ließ er jedoch kein Wort verlauten.
[61] Auch die Braut und ihre Vertrauten waren sehr erstaunt und böse, daß der Gatte falsches Spiel getrieben hatte, und daß die Sache nicht richtig war. Es ließ sich jedoch keiner etwas merken, bis nach acht Tagen der Gatte, der nun die Nestel aufgeknüpft hatte, wirklich ins Feuer ging und der ganzen Gesellschaft verkündete, daß er mit gutem Gewissen den Beweis seiner Kraft abgelegt und seine Braut wirklich zur Frau gemacht habe; bisher wäre er dazu völlig unfähig gewesen. Die Hochzeitsgäste ergingen sich nun in verschiedenen Äußerungen über die Braut und glaubten an die Echtheit des gefärbten Linnens; sie aber ärgerte sich über sich selbst, nicht weil sie eigentlich die Ursache gewesen war, aber weil ihr Gatte sich durch seine Schwäche und Weichlichkeit selbst verletzt hatte.
Manche Ehemänner wissen auch schon in der ersten Nacht über die Jungfrauschaft ihrer Frau Bescheid, wie jener, der eine Frau in zweiter Ehe nahm und von ihr die Versicherung erhielt, daß ihr erster Mann sie wegen seines Unvermögens niemals berührt hätte und daß sie deshalb noch grade so Jungfer sei, wie vor ihrer ersten Ehe. Der Mann fand aber das Gegenteil und sagte: »Was? Du bist die Jungfrau des Marolle? Und niemand hätte den Weg beschritten? Ich finde ihn aber breit genug, so daß ich mich nicht verirren werde.« Denn wenn es auch wahr sein mochte, daß ihr erster Gatte sie nicht berührt, so konnten es doch andere getan haben.
Was sollen wir nun von manchen Müttern sagen, die die Unfähigkeit oder sonstige Fehlerhaftigkeit ihres Eidams sehen und zu Kupplerinnen ihrer Töchter werden, und die, um ihr Leibgeding zu erhalten, die Töchter von andern schwängern lassen, um nach dem Tode des Vaters Erben zu bekommen?
Ich kannte eine Mutter, die ihrer Tochter diesen Rat erteilte, und es in dieser Hinsicht an nichts fehlen ließ; aber zu ihrem Unglück konnte die Tochter nicht empfangen. Auch kannte ich einen Mann, der bei seiner Frau keinen Erfolg hatte und deshalb einen hübschen Diener annahm, [62] der seiner Frau, als sie schlief, die Jungfrauschaft nehmen sollte. Aber sie hatte es bemerkt und der Diener kam nicht zum Ziel. Darüber wurde ein langer Prozeß geführt, und endlich schieden sich die Gatten.
Ebenso verfuhr der König Heinrich von Kastilien, der, wie Baptista Fulguosius erzählt, einsah, daß er mit seiner Frau keine Kinder haben werde; deshalb bediente er sich eines jungen und hübschen Edelmannes seines Hofes, und dieser führte es auch aus. Für seine Bemühung erhielt er große Belohnung und wurde zu Ehren und Würden befördert. Es ist kein Zweifel, daß die Gemahlin sich mit dem jungen Manne wohl befand und ihn liebte. Dieser gute König war ein guter Hahnrei.
Wegen dieser verknüpften Nestel fand kürzlich am Parlamentshof zu Paris ein Prozeß statt zwischen dem Schatzmeister Herrn de Bray und dessen Gemahlin. Er konnte wegen irgend eines Fehlers nichts ausrichten, weshalb die Frau ihn verklagte. Der Gerichtshof entschied, daß sie beide von erfahrenen Ärzten untersucht würden. Der Gatte wählte sich seinen Arzt und die Frau den ihrigen. Darüber kursierte am Hofe ein hübsches Sonett, das mir eine große Dame selbst vorlas und es mir schenkte, als ich mit ihr speiste. Man sagt, eine Dame habe es gedichtet, andere behaupten: ein Mann. Das Sonett lautet folgendermaßen:
SONET.
Entre les médecins renommés à Paris
En sçavoir, en espreuve, en science, en doctrine,
Pour juger l'imparfaict de la coupe androgine,
Par de Bray et sa femme ont esté sept choisis.
De Bray a eu pour luy les trois de moindre prix,
Le Court, l'Endormy, Piètre: et sa femme plus fine,
Les quatre plus experts en l'art de médecine,
Le Grand, le Gros, Duret et Vigoureux a pris.
[63]
On peut par là juger qui des deux gaignera,
Et si le Grand du Court victorieux sera,
Vigoureux d'Endormy, le Gros, Duret de Piètre.
Et de Bray n'ayant point ces deux de son costé,
Estant tant imparfait que mary le peut estre.
A faute de bon droict en sera débouté.
Von einem andern Gatten hörte ich erzählen, der in der ersten Nacht von seiner jungen Braut so entzückt war, daß er sich nicht enthalten konnte, eine kleine Bewegung zu machen, die bei Neuvermählten nicht gebräuchlich ist. Er sagte dabei weiter nichts als: »Ah! ich hab's!« und fuhr in seinem Werke fort. Von solchen Hahnreien könnte ich eine Unmenge Geschichten erzählen, aber ich unterlasse es. Das Schlimmste bei diesen ist, daß, wenn sie die Kuh und das Kalb zugleich kaufen, wie man zu sagen pflegt, d.h. wenn die Frau bereits guter Hoffnung ist. So weiß ich von einem, der nach Gunst und Willen seines Fürsten ein schönes junges Mädchen geheiratet hatte, das den Mann auch sehr liebte. Aber acht Tage nach der Hochzeit fühlte sie sich bereits schwanger, und um ihr Spiel besser zu verdecken, teilte sie es dem Prinzen mit. Dieser nun, der immer schon eine Liebschaft zwischen ihr und einem andern vermutet hatte, sagte zu ihr: »Ich habe mir Tag und Stunde Ihrer Hochzeit genau notiert; wenn man diese Daten mit Ihrer Niederkunft vergleicht, werden Sie die Schande davon haben.« Sie aber errötete hierzu nur ein wenig und machte sich nichts weiter daraus, sondern gab sich den Anschein einer dona da ben (anständigen Frau).
Nun gibt es auch einige Mädchen, die ihren Vater und ihre Mutter so sehr fürchten, ja, viel mehr als ihre Gatten, daß sie eher das Leben hingeben würden als das Hymen.
Ich hörte von einem schönen und vornehmen Fräulein, das von ihrem Liebhaber sehr mit Anträgen bestürmt wurde und ihm antwortete: »Warten Sie noch ein wenig, bis ich verheiratet bin, dann können wir uns unter dem Mantel der [64] Ehe, der alles verdeckt, selbst den gesegneten Leib, nach Herzenslust gütlich tun.«
Eine andere, der ein großer Herr sehr lebhaft nachstellte, sagte zu ihm: »Bitten Sie doch unsern Prinzen, daß er mich bald mit dem Manne vermählt, der um mich wirbt, damit er mir schnell das Heiratsgut zahlt, das er mir versprochen. Am Tage nach meiner Hochzeit ist der Handel ungültig, wenn wir nicht zusammenkommen.«
Ich kenne eine Dame, die, nachdem ihr vier Tage vor ihrer Hochzeit ein Edelmann, ein Verwandter ihres Gatten, Liebesanträge gestellt, sechs Tage danach den Liebhaber erhörte; wenigstens rühmte er sich dessen. Man konnte es auch leicht glauben, denn sie zeigten solche Vertraulichkeit, als kennten sie einander schon ihr Leben lang. Auch wies er an seinem Leibe Zeichen seines Sieges auf, und noch lange Zeit danach trieben sie ihr Spiel zusammen. Der Edelmann sagte, die Gelegenheit, um dahin zu gelangen, habe ihnen eine Maskerade gegeben, wo sie ihre Kleider vertauschten: er zog die seiner Geliebten an und sie die ihres Freundes, worüber der Gatte nur lachte, und niemand dachte sich etwas Böses dabei.
Am Hofe gab es ein Lied von einem Ehemann, der am Dienstag Gatte und am Donnerstag Hahnrei wurde. Die Sache ging schnell.
Was sollen wir von einem Mädchen sagen, das lange Zeit von einem reichen Edelmann aus gutem Hause bestürmt wurde, und der doch von ihr nicht würdig befunden ward? Die Eltern drängten sie, ihn zu heiraten, aber sie erwiderte, sie wolle lieber sterben; er möge sich seiner Liebe entschlagen und weder ihr noch ihren Eltern mehr davon sprechen; denn wenn sie sie zwingen würden, ihn zu heiraten, so würde sie ihm Hörner aufsetzen. Dennoch wurde die Ehe unter dem Einflüsse mächtiger Personen sowie ihrer Eltern vollzogen.
Am Vorabend der Hochzeit fragte der Gatte, der seine Braut traurig und nachdenklich sah, was ihr fehle. Sie [65] entgegnete wütend: »Sie haben nicht aufgehört mit Ihren Bewerbungen. Aber wissen Sie denn nicht, daß ich Ihnen immer sagte, wenn ich zum Unglück Ihre Frau werden sollte, würde ich Sie zum Hahnrei machen? Ich schwöre Ihnen, daß ich Wort halten werde!« Und sie tat es.
Man entscheide selbst, ob sie zu tadeln ist; denn sie hatte es ja vorhergesagt, was ihm passieren würde. Warum gab er denn nicht Acht darauf? In der Tat machte er sich daraus wenig Sorgen.
Diese Mädchen, die sich gleich nach der Hochzeit andern hingeben, machen es, wie der Italiener sagt: »Che ha vacca, che è stata molto tempo ligata, corre più che quella che ha havuto sempre piena libertà.« Wie z.B. die erste Gemahlin des Baudouin, Königs von Jerusalem, von dem ich früher sprach; sie wurde von ihrem Gatten zu einem andern Glaubensbekenntnis gezwungen, und nachdem sie aus dem Kloster entflohen und nach Konstantinopel gegangen war, trieb sie derartige Ausschweifungen, daß sie sich jedem Vorübergehenden hingab, gleichviel ob Soldaten oder Pilgern, die nach Jerusalem wanderten, ohne Rücksicht auf ihren königlichen Stand zu nehmen. Der Grund hierzu war ihre lange Enthaltsamkeit im Kloster.
Ich könnte noch andere anführen. Recht gutartige Hahnreie sind auch die, welche es ihren Frauen, wenn sie schön sind und begehrt werden, erlauben und noch Nutzen daraus ziehen. Derartige findet man häufig an den Höfen der Könige und Fürsten, und sie befinden sich sehr wohl dabei. Sei ihr Vermögen nun zerrüttet durch Schulden, Prozesse oder Kriegsfahrten, so kommen sie durch die Gunst ihrer Frauen wieder in die Höhe. Eine Ausnahme macht jene schöne Dame, von der ich hörte, daß sie die Hälfte ihres Vermögens verloren hatte, weil der Gatte sie mit einer Krankheit angesteckt Sicher ist, daß die Gunstbezeigungen [66] und Wohltaten der Großen manches keusche Herz in Versuchung bringen und viele betrogene Ehemänner erzeugen. Ich hörte von einem ausländischen Prinzen erzählen, der auf einer großen Kriegsexpedition, die er kommandierte, von seinem Souverän zum General gemacht worden war, und nachdem er seine Frau, eine der größten Schönheiten der Christenheit am Hofe seines Kriegsherrn zurückgelassen hatte, machte dieser ihr so erfolgreich den Hof, daß er sie schwängerte.
Nach Verlauf von dreizehn oder vierzehn Monaten kehrte der Gatte zurück und fand sie in diesem Zustande, worüber er in großen Zorn geriet Sie aber wußte sich sehr geschickt zu entschuldigen und sagte, wobei sie von ihrem Schwager unterstützt wurde: »Mein Herr, Ihre Abreise ist schuld daran. Sie haben im Kriege Ihre Pflichten so mangelhaft erfüllt, daß Ihr Gebieter es übel vermerkt hat (er hatte seine Angelegenheiten wirklich schlecht betrieben), und während Ihrer Abwesenheit hat man es Ihnen sehr zum Vorwurf gemacht, daß Sie Ihre Aufgaben nicht erfüllten. Wenn nun Ihr Gebieter mich nicht geliebt hätte, wären Sie verloren gewesen, aber um Sie zu retten, verlor ich mich selbst Es handelt sich ebenso, ja noch mehr um meine Ehre als um die Ihrige. Um Ihrer Beförderung willen habe ich die köstlichste Sache, die ich besitze, nicht geschont: mein Vergehen ist also nicht so groß, wie Sie sagen, denn sonst wäre Ihr Leben, Ihre Ehre und Hofgunst gefährdet gewesen. Jetzt ist Ihre Lage besser als je, und die Sache ist noch nicht so ruchbar, daß ein Flecken auf Ihnen sichtbar würde. Deshalb entschuldigen Sie mich und verzeihen Sie mir.«
Der Schwager, der mehr von der Sache wußte und vielleicht an ihrer Schwangerschaft mit beteiligt war, fügte dem noch andere schöne und beschwichtigende Worte hinzu, [67] und alles war gut So wurde der Friede geschlossen, und sie lebten besser zusammen als jemals und hielten gute Freundschaft. Der Prinz aber, der sie verführt hatte, achtete ihn nicht mehr (wie ich sagen hörte) wie früher, weil er so wenig Wert auf seine Frau gelegt hatte, obgleich er innerlich froh war, daß die arme Frau nicht darunter zu leiden hatte, daß sie ihm Liebe geschenkt Manche Leute entschuldigten diese Dame und sagten, sie hätte recht getan, sich hinzugeben, um ihren Mann zu retten und ihn wieder in Gunst zu bringen.
Derartige Beispiele sind zahlreich, wie auch der Fall jener vornehmen Dame, deren Gatte vom Hof zum Tode verurteilt worden war, weil er großer Bedrückungen und Ungerechtigkeiten in seiner Verwaltung und seinem Amte überführt worden. Sie rettete ihn, und er wußte es ihr sein Leben lang Dank.
Ich hörte auch von einem großen Herrn, der zum Tode auf dem Schafott verurteilt worden war und noch auf dem Blutgerüst Gnade fand, die seine sehr schöne Tochter erwirkt hatte. Als er vom Schafott herunterstieg, sagte er weiter nichts als: »Gott segne die gute Vulva meiner Tochter, die mir solchen Segen gebracht hat!«
Der heilige Augustin ist im Zweifel, ob ein christlicher Bürger Antiochiens sündigte, der, um sich von einer großen Geldschuld zu befreien, für die er in strenger Gefangenschaft saß, seiner Frau erlaubte, bei einem sehr reichen Edelmann zu schlafen, der ihm versprach, seine Schuld zu tilgen.
Wenn der heilige Augustin dieser Meinung ist, was kann er dann verschiedenen Frauen, Witwen und Mädchen, erlauben, die, um ihre Väter, Verwandten oder Gatten loszukaufen, ihren Leib hergeben unter dem Druck höherer Gewalten wie Gefängnis, Sklaverei, Lebensgefahr, Belagerung und Eroberung einer Stadt kurz unendlich vieler andrer Unglücksfälle. Manchmal gewinnen sie dadurch Heerführer und Soldaten und treiben sie an, sich tapfer zu schlagen und ihre Partei zum Siege zu führen, oder eine lange [68] Belagerung auszuhalten oder einen verlorenen Posten wieder zu nehmen (wofür ich hundert Beispiele anführen könnte). Und für das alles schlagen sie ihre Keuschheit in die Schanze. Richten sie denn damit Böses an und nicht vielmehr Gutes?
Wer wird also leugnen wollen, daß es nicht manchmal ganz gut wäre, ein Hahnrei zu sein, wenn man dadurch sein Leben retten und zu Gunst, Würden und Besitztümern gelangen kann? Von wie vielen weiß ich, daß sie der Schönheit und dem Leibe ihrer Frauen ihr Fortkommen verdanken!
Ich will niemanden beleidigen, aber ich wage zu sagen, daß die Damen oft solche Dienste geleistet haben, und daß der Wert mancher Männer in dem Wert der Frauen bestand.
Ich kannte eine vornehme Dame von großem Geschicke, die ihrem Mann einen Ritter-Orden einbrachte; er war neben den zwei größten Fürsten der Christenheit der einzige Träger desselben. Sie sagte oft zu ihm und vor aller Welt (denn sie war eine lustige Gesellschafterin und sehr nett im Umgang); »Ja, mein Freund, du hättest lange laufen können, ehe du diesen Teufel erwischtest, der dir jetzt am Halse hängt.«
Ich hörte von einem Großen aus der Zeit des Königs Franz, der auch den Ritter-Orden erhalten hatte und sich eines Tages vor dem Herrn de la Chastigneraye, meinem Onkel, dessen rühmte, indem er sagte: »Ei, Sie möchten wohl auch solch einen Orden am Halse hängen haben wie ich?!« Mein Onkel, der schlagfertig und etwas gallig war, entgegnete: »Ich wollte lieber tot sein, als diesen Orden durch dieselbe Öffnung bekommen, woher Sie ihn haben.« Der andere erwiderte nichts, denn er wußte wohl, mit wem er es zu tun hatte.
Ich hörte von einem großen Herrn erzählen, dem seine Frau das Patent zu einem der ersten Ämter des Landes ins Haus gebracht hatte. Durch die Gunst seiner Frau wurde es ihm von seinem Fürsten angeboten; er wollte es jedoch [69] nicht annehmen, weil er erfahren hatte, daß seine Frau drei Monate lang von dem Prinzen, nicht ohne Verdacht, begünstigt worden war. Hierdurch bewies er eine anständige Gesinnung, die er sein ganzes Leben lang gezeigt hatte. Trotzdem nahm er das Patent schließlich doch noch an, nachdem er etwas vorgenommen hatte, was ich nicht sagen will.
So haben die Damen oft ebensoviel oder mehr geleistet als die Ritter in der Schlacht, und wenn ich sie hier erwähne, da ich sie so gut kenne wie irgend einer, dann will ich sie damit nicht tadeln oder beschimpfen; denn sie haben den Männern nicht nur oft zu Ehren, sondern auch zu Reichtümern verholfen.
Ich kannte einen Mann, der ein armer Teufel war, als er seine sehr schöne Frau an den Hof brachte, und in weniger als zwei Jahren waren sie beide reich geworden.
Solche Damen verdienen Achtung, die den Wohlstand ihrer Gatten befördern, nicht aber die, welche sie zum Bettler und zu Hahnreien zugleich machen, wie es von Margarete von Namur erzählt wird. Diese war so töricht, alles, was sie konnte, dem Herzog Loys von Orleans zu geben, der ein großer und mächtiger Mann war, und ihrem Gatten alles zu entziehen, der dadurch so arm wurde, daß er seine Grafschaft Blois jenem Herrn von Orleans verkaufen mußte. Und dieser bezahlte es mit demselben Gelde, welches die törichte Frau ihm gegeben hatte! Dumm war sie insofern, als sie einem Reicheren etwas gab. Dafür wurden sie und ihr Gatte von dem Herrn von Orleans obendrein noch ausgelacht. Denn dieser war ganz der Mann dazu, da er sehr flatterhaft und unbeständig in Liebessachen war.
Ich kannte eine große Dame, die sich in einen Edelmann vom Hofe verliebt hatte, und da sie ihm nach dem Genüsse kein Geld geben konnte, weil ihr Gatte seinen Schatz sorgsam hütete, so gab sie ihm den größten Teil ihrer Edelsteine, die mehr als 3000 Taler wert waren. Man [70] sagte deshalb bei Hofe: Nun könne er bauen, Steine habe er genug. Später, als der Dame eine große Erbschaft zufiel und sie über einige hunderttausend Taler verfügte, dauerte es nicht lange und der Galan hatte ein gutes Teil davon. Man sagte damals, wenn ihr diese Erbschaft nicht zugefallen wäre, und sie nicht gewußt hätte, was sie ihm geben sollte, so hätte sie ihm noch den Rock und das Hemd gegeben. Solche Gauner sind sehr zu tadeln, die jene in ihre Leidenschaft verbohrten Weiber ausbeuten. Denn eine so oft angegriffene Börse kann nicht in demselben Zustande bleiben, wie jene andere Börse, die immer bleibt, wie sie ist und sich nicht so schnell ausgibt ... Jener Edelmann, der so reich mit Steinen gesegnet war, verstarb nach einiger Zeit, und all seine Habe wurde, wie es in Paris üblich ist, verauktioniert. Bei der Gelegenheit wurden die Steine von einigen Leuten, die sie früher bei jener Dame gesehen hatten, wiedererkannt, zur nicht geringen Beschämung der Dame.
Ein großer Fürst, der eine vornehme Dame liebte, ließ ein Dutzend prächtige und fein gearbeitete Diamantknöpfe kaufen, die in ägyptischen Buchstaben oder Hieroglyphen einen versteckten Sinn enthielten. Hiermit machte er seiner Geliebten ein Geschenk, die, nachdem sie die Brillantknöpfe genau betrachtet, sagte: Hieroglyphen seien von jetzt ab nicht mehr nötig, denn unter ihnen beiden sei die Sache nun klar, gerade so wie zwischen dem obengenannten Edelmann und seiner Dame.
Ich kannte eine Dame, die öfter zu ihrem Gatten sagte, daß sie ihn eher zum Bettler als zum Hahnrei machen würde; aber da diese Worte zweideutig sind, so vereinigten sie in sich ein wenig alle beide dieser schönen Eigenschaften ihres Gatten.
Ich kenne jedoch auch zahlreiche Damen, die anders geartet sind; denn sie halten ihre Geldbörse besser verschlössen [71] als die andere Börse. So große Damen sie auch waren, gaben sie doch nichts weiter her als etwa einen Ring, Schärpen oder Bänder, die die Liebhaber ihnen zu Ehren tragen konnten.
Ich kannte eine vornehme Dame, die in der Beziehung sehr freigebig war, denn was sie ihren Liebhabern an Bändern und Schärpen gab, war mindestens für 500 Taler, und wohl tausend oder dreitausend an Stickereien, Perlen, Schmucksachen, Hieroglyphenbuchstaben und andern hübschen Erfindungen, von dem Schönsten, was man in der Welt sehen konnte. Und sie hatte recht, denn so blieben ihre Geschenke nicht in Koffern und Börsen versteckt, wie die Geschenke anderer Damen, sondern wurden von aller Welt gesehen, und ihr Freund zeigte sie als schöne Andenken. Geldgeschenke dagegen sind mehr Sache jener gemeinen Frauen, die ihre Kuppler damit bezahlen, passen aber nicht für große und feine Damen. Manchmal gab jene Frau auch schöne Ringe mit edlen Steinen; denn Bänder und Schärpen kann man nicht immer tragen, sondern nur bei festlichen Gelegenheiten, während ein Ring am Finger zu jeder Gelegenheit paßt.
Ein edler Kavalier aber sollte einer Dame nur um ihrer Schönheit willen dienen; denn deren Glanz ist herrlicher als all ihr Gold und Silber.
Was mich betrifft, so kann ich mich rühmen, mein Leben lang nur vornehmen Damen gedient zu haben. Wenn ich aber alles hätte annehmen wollen, was sie mir angeboten, dann wäre ich heute reich an Gut oder an Geld oder an Möbeln im Werte von mehr als dreißigtausend Talern; aber ich bin es nicht, denn ich habe mich stets damit begnügt, meiner Neigung durch Edelmut, statt durch Geiz Ausdruck zu geben.
Gewiß ist es ganz in der Ordnung, wenn die Frauen etwas in die Börse des Mannes tun, da doch der Mann auch von dem Seinigen in die kleine Börse der Weiber gibt. Aber man muß hierbei alles recht erwägen; denn da der [72] Mann nicht so viel in die kleine Börse der Frau tun kann wie diese möchte, so soll er auch nicht so viel aus ihren Geldbeutel herausziehen, wie er möchte. Auch hierin sollte gleiches Maß herrschen.
Ich sah manchen Edelmann die Liebe seiner Herrin durch die Unverschämtheit seiner Forderungen verlieren Werden die Männer in dieser Weise lästig, dann läßt man sie einfach laufen, und so gehört sich's auch.
Deshalb sollte jeder anständig gesinnte Verliebte mehr Begierde nach dem Körper der Frau als nach ihrem Gelde haben; denn wenn die Dame gar zu freigebig mit ihren Gütern ist, wird der Mann viel mehr über die Verminderung seines Vermögens als über noch so viele Freigebigkeiten des Körpers seiner Frau in Zorn geraten.
Nun gibt es noch Hahnreie aus Rache; das sind solche, die irgend einen Mann wegen eines Streites oder einer Beleidigung hassen und sich nun an ihm rächen, indem sie seine Frau verführen und ihn zum Hahnrei machen.
Ich kannte einen Prinzen, gegen den einer seiner Untertanen, ein Grandseigneur, sich auflehnte. Er konnte sich jedoch an ihm nicht rächen, da dieser ihm immer wieder entschlüpfte. Eines Tages kam dessen Gattin an den Hof, um in der Angelegenheit ihres Mannes Fürsprache einzulegen. Der Prinz machte eine Bestellung mit ihr, um in einem Gartenhause die Sache mit ihr zu besprechen. Er redete aber von Liebe mit ihr, die er denn auch gleich zur Stunde ohne großen Widerstand genoß, denn die Frau hatte ein sehr gutes Gemüt Aber damit nicht genug, prostituierte er sie auch anderen, bis zu den Kammerdienern herab. Dann sagte er, nun habe er genügend Rache an seinem Untertanen genommen; denn da jener ein kleiner König habe sein wollen, so hätte er ihm eine schöne Krone aus Hörnern aufgesetzt, statt aus Lilien.
[73] Derselbe Prinz vollbrachte etwas Ähnliches auf Zureden seiner Mutter. Er genoß eine junge Prinzessin, von der er wußte, daß sie einen Prinzen heiraten sollte, der ihm mißfällig geworden war und der den Staat seines Bruders sehr beunruhigt hatte. Er nahm ihr die Mädchenehre, und nach zwei Monaten wurde sie jenem Prinzen als vorgebliche Jungfrau zur Ehefrau gegeben. In diesem Falle war die Rache sehr süß, während sie in einem andern Falle, den ich später erzählen werde, härter war.
Ich kannte einen sehr achtbaren Edelmann, der einer schönen Dame diente; als er nun den Lohn für seine Verehrung verlangte, sagte sie ihm ganz offen: sie würde ihm keine Doublone geben, denn sie wäre überzeugt, daß seine Liebe zu ihr nicht soviel austrüge, und seine Neigung nicht ihrer Schönheit gelte, wie er behaupte, sondern daß er sich durch diese Liebschaft nur an ihrem Manne rächen wolle, gegen den er einen Groll hege. Deshalb wolle er nur diese Genugtuung haben und sich nachher dessen rühmen. Aber der Edelmann versicherte ihr das Gegenteil, und fuhr fort, ihr länger als zwei Jahre in so treuer und glühender Liebe zu dienen, daß sie die volle Überzeugung seiner Aufrichtigkeit gewann und ihm nun das von selbst anbot, was sie ihm so lange verweigert hatte. Sie versicherte ihm, daß, wenn sie nicht vom Anfang ihres Liebesverhältnisses an geglaubt hätte, daß er sich hierdurch nur habe rächen wollen, sie ihm schon früher ihre Gunst gewährt hätte. Denn ihr Gemüt war sehr zur Liebe geneigt. Diese Dame verstand es also sehr gut, sich zu beherrschen, so daß die Leidenschaft sie nicht zu dem hinriß, was sie am meisten wünschte. Sie wollte eben um ihrer selbst willen geliebt sein und nicht nur aus Rache.
Der verstorbene Herr von Gua, einer der galantesten, und in jeder Weise vollendetsten Edelleute, lud mich eines [74] Tages bei Hofe ein, mit ihm zu dinieren. Er hatte etwa ein Dutzend der gelehrtesten Männer des Hofes eingeladen, unter andern den Herrn Bischof von Dol, aus dem Hause Espinay in der Bretagne, die Herren de Ronsard, de Baïf, Des Portes, d'Aubigny (diese beiden sind noch am Leben und könnten mich Lügen strafen), sowie noch andere, deren ich mich nicht mehr entsinne; von Männern der Waffe waren nur Herr de Gua und ich anwesend. Während des Diners plauderten wir über die Liebe, ihre Reize und ihre Schattenseiten, ihre Wonnen und Leiden, über das Gute und das Böse, was in ihrem Gefolge ist Herr de Gua kam zu dem Schluß, daß das höchste der Gefühle in jener Rache liege, und bat jeden der vornehmen Anwesenden, ein Quatrain darüber zu improvisieren, was auch geschah. Ich hätte diese kleinen Gedichte gern hier eingefügt, unter denen dasjenige des Herrn de Dol, der ganz vorzüglich sprach und schrieb, den Preis erhielt.
In der Tat hatte Herr de Gua Ursache, dieser Meinung zu sein, zumal in Bezug auf zwei Grandseigneurs, die ich kenne; denn er setzte ihnen aus Haß gegen sie die Hörner auf. Die Frauen waren sehr schön, und so hatte er einen doppelten Genuß: die Rache und die Wollust Ich kannte viele Leute, die derselben Ansicht waren und zu gleicher Zeit ihr Entzücken und die Befriedigung ihrer Rache fanden.
Ich habe auch schöne und anständige Damen gekannt, die versicherten, es würde ihnen die größte Lust sein, ihren Männern Hörner aufzusetzen, wenn sie von ihnen schlecht und roh behandelt, gescholten oder geschlagen werden würden. Im Gedanken an ihren rauhen Gatten würden sie mit ihren Freunden lachen und sich über jenen lustig machen, so daß ihre Wonne dadurch nur noch gesteigert würde.
Ich hörte von einer schönen und vornehmen Dame sprechen, die einst gefragt wurde, ob sie ihren Mann jemals betrogen habe; darauf antwortete sie: »Warum hätte ich es tun sollen? Er hat mich ja niemals bedroht oder [75] geschlagen.« Würde er eines von beidem getan haben, so hätte sie also mit ihrer Vulva Rache genommen.
Und was den Spott betrifft, so kannte ich eine sehr achtbare schöne Dame, die sich einst im süßen Liebesgenuß mit ihrem Freunde befand, als dieser bemerkte, daß sie Ohrringe in Form eines Füllhorns trug. Sie waren aber nur aus schwarzem Glas, wie sie damals getragen wurden. Während ihres etwas sehr lebhaften Liebesspiels brach einer der Ohrringe entzwei. Da sagte die Frau zu ihrem Freund: »Sehen Sie, wie vorsorglich die Natur ist; denn für dieses Hörn, das ich zerbrochen habe, mache ich hier ein Dutzend andre für meinen armen Herrn Gemahl. Damit kann er sich an einem Festtage schmücken, wenn er will.«
Eine andere, deren Mann bereits schlafend im Bett lag, ging, bevor sie sich niederlegte, zu ihrem Freunde, und als dieser sie fragte, wo ihr Gatte sei, gab sie zur Antwort: »Er hütet das Bett und das Nest des Kuckucks, damit kein anderer darin brütet Aber dir, mein Freund, ist es ja nicht um sein Bett oder sein Nest zu tun, sondern um mich, die ich jetzt zu dir komme. Ich habe ihn als Wachtposten dort gelassen, aber die Wache ist eingeschlafen.«
Bezüglich solch eines Wachtpostens hörte ich eine Geschichte von einem verdienstvollen Edelmann, den ich kannte. Dieser geriet eines Tages mit einer sehr achtbaren Dame, die ich gleichfalls kenne, in Streit und fragte sie in beleidigendem Tone, ob sie jemals eine Reise nach Saint-Maturin gemacht habe. »Ja,« erwiderte sie, »aber in die Kirche konnte ich nie hineinkommen, denn sie war so voll von Hahnreien und von diesen so gut bewacht, daß sie mich nicht hinein ließen. Sie, einer der hervorragendsten unter ihnen, standen auf dem Turm als Wache und warnten die andern.«
[76] Ich konnte noch eine Menge andrer Scherze erzählen, doch ich unterlasse es; werde jedoch hie und da in diesem Buche einige einflechten.
Es gibt auch recht sanftmütige Hahnreie, die sich selbst zu dem Fest der Hahnreischaft einladen, wie ich einige kannte, die zu ihrer Frau sagten: »Ein Gewisser ist in dich verliebt; ich kenne ihn wohl; er besucht uns oft, aber aus Liebe zu dir, mein Schatz, nimm ihn freundlich auf; er kann uns viel Vergnügen bereiten und seine Bekanntschaft uns nützlich sein.«
Andere sagen zu den betreffenden Liebhabern: »Meine Frau hat Sie gern, ja sie liebt Sie. Besuchen Sie sie doch, es wird ihr Freude machen. Ihr könnt zusammen plaudern und euch die Zeit vertreiben.« So laden sie die Leute auf ihre Kosten ein, wie z.B. der Kaiser Hadrian, der einst in England Krieg führte und Kunde davon erhielt, daß seine Frau, die Kaiserin Sabina, zu Rom mit einer Menge römischer Edelleute der Liebe pflegte. Sie hatte von Rom aus einen Brief an einen jungen römischen Ritter geschrieben, der sich mit dem Kaiser in England befand, worin sie sich beklagte, daß er sie vergessen habe und gar nicht mehr nach ihr frage; er habe gewiß da drüben verschiedene Liebschaften und irgend eine junge Schöne habe ihn in ihr Netz eingefangen. Dieser Brief kam durch Zufall in die Hände Hadrians, und als jener Ritter einige Tage darauf vom Kaiser Urlaub erbat unter dem Vorwand, wegen häuslicher Angelegenheiten schnell nach Rom zu müssen, sagte der Kaiser gut gelaunt: »Wohlan, junger Mann, geh nur schleunigst hin; denn meine Frau, die Kaiserin, erwartet dich mit Sehnsucht.« Da nun der junge Römer sah, daß der Kaiser sein Geheimnis entdeckt, fürchtete er, Hadrian könne ihm ein Leid antun; so machte er sich des Nachts ohne Abschied auf und floh nach Irland.
Seine Befürchtung war jedoch unbegründet; denn der Kaiser, genügend über die Ausschweifungen seiner Gemahlin unterrichtet, sagte oft: »Wahrlich, wenn ich nicht Kaiser [77] wäre, hätte ich mich längst von meiner Frau befreit; ich will aber kein schlechtes Beispiel geben.« Den Großen kommt es also hauptsächlich darauf an, daß die Sache nicht ruchbar wird. Das ist jedoch eine Lehre für die Großen, von denen manche sie wohl auch befolgt haben, aber nicht aus diesem Grunde. Jenem guten Kaiser stand es wohl an, sich zum Hahnrei zu machen.
Die Frau des ebenfalls guten Kaisers Mark Aurel, Faustina, war ein sehr brünstiges Weib, und als man ihm riet, sie fortzujagen, entgegnete er: »Wenn ich sie aufgebe, muß ich auch ihren Brautschatz aufgeben, nämlich das Kaiserreich.« Wer möchte auch nicht Hahnrei sein um eines solchen Schatzes, ja selbst um eines geringeren willen?
Sein Sohn Antonius Verus, genannt Comodus, sagte, obwohl er später sehr grausam wurde, dasselbe zu denen, die ihm rieten, seine Mutter, eben jene Faustina, umbringen zu lassen. Diese war so toll auf einen Gladiator, daß man sie niemals von dieser Tollheit heilen konnte, bis man endlich jenen armseligen Gladiator umbrachte und ihr sein Blut zu trinken gab.
Viele Männer machen es wie jener gute Mark Aurel, indem sie fürchten, ihre liederlichen Frauen umzubringen, weil sie dadurch die großen Besitztümer verlieren würden, die jene ihnen zugebracht Sie wollen lieber reiche Hahnreie als arme Teufel sein.
Ach, du lieber Gott! wieviele Hahnreie habe ich gekannt, die nicht aufhörten, ihre Verwandten, Freunde und Genossen dazu einzuladen, ihre Frauen zu besuchen, ja, die ihnen sogar Gastmähler gaben, um sie noch mehr anzuziehen; dann ließen sie sie mit der Frau im Zimmer oder Schlafgemach allein, gingen davon und sagten: »Bitte, nehmen Sie sich meiner Frau an!«
Einen Herrn der großen Welt kannte ich, von dem man hätte sagen können, daß alles Glück des Lebens darin liegt, ein Hahnrei zu sein. Er versäumte keine Gelegenheit dazu, und sein erstes Wort war: »Meine Frau ist in Sie verliebt [78] Bitte, erwidern Sie doch ihre Liebe!« Und wenn er seine Frau mit ihrem Anbeter sah, führte er oft die Gesellschaft zum Spaziergang aus dem Zimmer und ließ die beiden allein, damit sie sich in Muße lieb haben konnten. Und wenn er zufällig schnell zurückkehren mußte, so sprach er schon unten auf der Treppe möglichst laut, fragte nach jemandem, räusperte sich, hustete, damit die Liebenden sich nicht überraschen ließen. Denn derartige Überraschungen, selbst wenn man darauf vorbereitet ist, sind beiden Teilen stets wenig angenehm.
Eines Tages ließ dieser Herr ein schönes Haus bauen, und der Maurermeister fragte ihn, ob er nicht die Gesimse ausschmücken wolle. Er erwiderte: »Ich weiß nicht, was das ist: Gesimse; fragen Sie meine Frau, die kennt die Kunst der Geometrie, und was sie sagt, das tun Sie.«
Schlimmer machte es ein anderer, der eines Tages eines seiner Landgüter an jemanden für fünfzigtausend Taler verkaufte; er nahm dafür fünfundvierzigtausend in Gold und Silber und für den Rest von fünf nahm er ein Hörn vom Einhorn. Darüber entstand ein großes Gelächter bei den Eingeweihten: »Was? Hat er denn noch nicht genug Hörner zu Hause, daß er auch dies noch haben will?«
Ich habe einen sehr großen Herrn gekannt, brav und tapfer, dem ein achtbarer Edelmann seine Aufwartung machte und zu dem er lachend sagte: »Mein Herr, ich weiß nicht, was Sie mit meiner Frau gemacht haben, aber sie ist so verliebt in Sie, daß sie Tag und Nacht nur von Ihnen spricht und immerfort Ihr Lob singt. Statt aller Antwort sagte ich ihr, daß ich Sie besser kenne als sie, und wisse, wie groß Ihr Wert und Ihre Verdienste sind.« Wer war nun der Erstaunte? Der Edelmann. Denn er wollte diese Dame nur am Arm zur Vesper führen, wohin auch die Königin ging. Der Edelmann faßte sich jedoch schnell und sagte: »Mein Herr, ich bin der ergebenste Diener Ihrer Frau [79] Gemahlin; ich bin sehr dankbar für ihre gute Meinung von mir und verehre sie sehr. Aber ein Liebesverhältnis habe ich nicht mit ihr. Ich werde jedoch,« fügte er schalkhaft hinzu, »auf Ihren geschätzten Rat hin ihr den Hof machen; denn sie hat viel Einfluß bei meiner Geliebten, die ich durch ihre Vermittlung heiraten kann. Und so hoffe ich, daß sie mir noch recht hilfreich werden wird.«
Der Prinz lachte nur dazu und ermahnte den Edelmann, seiner Frau ja recht eifrig den Hof zu machen. Das tat er denn auch und war sehr erfreut, einer so schönen Prinzessin dienen zu dürfen. Diese machte ihn bald die andre Dame, die er heiraten wollte, vergessen, und er brauchte sich auch keine Sorgen zu machen, da diese Maske alles verdeckte. Er konnte es jedoch nicht verhindern, daß der Mann eines Tages eifersüchtig wurde, denn er sah diesen Edelmann im Zimmer der Königin ein rotes spanisches Band am Arm tragen, das damals das Neueste bei Hofe war. Nachdem er im Geplauder mit ihm das Band betrachtet und befühlt hatte, fand er neben dem Bett der Königin seine Frau, die ein ebensolches Band trug. Er faßte es an und fand, daß es von demselben Stück war. Er ließ jedoch kein Wort verlauten und die Sache auf sich beruhen. Man soll eben das Feuer solcher Liebschaften gut unter der Asche der Verschwiegenheit verbergen, damit es nicht entdeckt wird. Denn ein öffentlicher Skandal erzeugt bei den Männern mehr Ärgernis gegen ihre Frauen, als wenn alles hübsch im Verborgenen vor sich geht, nach dem Sprichwort: Si non caste, tamen caute.
Was für Skandale habe ich zu meiner Zeit aus den Indiskretionen sowohl der Damen wie ihrer Liebhaber entstehen sehen! Aber die Gatten machten sich deshalb nicht die geringsten Sorgen, denn die Sache blieb stets sotto scoperto und ward nicht ruchbar.
[80] Ich kannte eine Dame, die ihre Liebesverhältnisse ganz offen zur Schau trug, als ob sie überhaupt keinen Gatten hätte und ganz unabhängig sei. Auf die Warnungen ihrer Freunde hörte sie auch nicht, so daß sie dann auch wirklich Schaden genug davon hatte.
Diese Dame handelte nicht wie andre Frauen, die sich an der Liebe gütlich taten, ohne der Welt davon Kenntnis, ja nicht einmal den leisesten Verdacht zu geben; nicht die Scharfsichtigsten hätten jemals die Wahrheit entdeckt. Vor der Welt unterhielten sie den Verkehr mit ihren Anbetern so geschickt und schlau, daß weder die Gatten, noch die Aufpasser jemals auch nur eine Ahnung hatten. Und wenn der Liebhaber auf Reisen ging oder starb, wußten sie ihren Schmerz so klug zu verbergen, daß niemand etwas davon erfuhr.
Ich kannte eine schöne und achtbare Dame, die an dem Tage, wo ihr Liebhaber, ein Grandseigneur, starb, in dem Gemach der Königin mit ebenso heiterem Gesicht erschien, wie am Tage zuvor. Manche Leute schätzten sie wegen dieser Diskretion. Sie beobachtete sie aber, um dem Könige nicht zu mißfallen, der keine Traurigkeit liebte. Von andern wurde sie getadelt, indem man es als Lieblosigkeit auslegte und sagte, daß sie nur wenig wahre Liebe empfinden könne, wie alle, die sich einem solchen Leben hingeben.
Ich kannte zwei schöne vornehme Damen, die ihre Liebhaber im Kriege verloren hatten und sie laut und offen beweinten; sie gaben ihre Trauer kund durch dunkle Kleider, Weihwassersprengen, goldene Weihwedel mit eingravierten Totenköpfen und allen Arten von Todessymbolen auf dem Schmuck und Geschmeide, das sie trugen. Hierüber wurden sie sehr verhöhnt, und es brachte ihnen großen Nachteil; ihre Gatten aber kümmerten sich wenig darum.
Solche Damen, die ihre Liebschaft so offen zur Schau tragen, verdienen zwar Lob wegen ihrer Beständigkeit, nicht aber wegen ihrer Verschwiegenheit, und deshalb haben sie auch Schaden davon. Wenn nun solche Damen aus diesem [81] Grunde tadelnswert sind, so sind es ihre Liebhaber noch viel mehr; denn sie gebärden sich wie eine Ziege im Wochenbett; sie seufzen, schmachten und jammern vor aller Welt, verfolgen die Frauen auffällig mit den Augen, tragen ganz offen die Farben ihrer Dame, kurz, sie geben sich den törichtesten Indiskretionen hin, so daß selbst ein Blinder es merken muß. Manche benehmen sich so, gleichviel ob es wahr ist oder nicht, um der ganzen Hofgesellschaft zu verstehen zu geben, daß sie verliebt sind und zwar mit gutem Erfolg. Und dabei würde man ihnen doch, weiß Gott, keinen Pfifferling als Almosen geben, und sollte man darum den Lohn der Barmherzigkeit verlieren.
Ich kannte einen Herrn, der es der Welt kund tun wollte, daß er in eine schöne Dame, die ich kenne, verliebt sei; deshalb ließ er eines Tages sein Maultier mit zweien seiner Diener und Pagen vor dem Hause der Dame halten. Zufällig kamen Herr d'Estrozze und ich vorbei und wurden Zeugen dieses Vorgangs. Herr d'Estrozze fragte die Diener und Pagen, wo ihr Herr wäre; sie antworteten, er sei in der Wohnung der Dame. Darüber lachte er und sagte mir, er wette bei seinem Leben, daß an der Sache nichts sei. Er stellte seinen Pagen als Wache auf, damit dieser sehe! ob der unechte Liebhaber wieder herauskomme. Darauf gingen wir zusammen zur Königin, wo wir zu unsrer größten Heiterkeit jenen Herrn vorfanden. Am Abend näherten wir uns ihm und fragten ihn, um ihn zu necken, wo er um jene Stunde nachmittags gewesen sei; er könne sich nicht herausreden, denn wir hätten das Maultier und seine Pagen vor der Haustür jener Dame gesehen. Er stellte sich, als sei er ärgerlich, daß wir das gesehen, und als wir ihm vorwarfen, daß er dort eine Liebschaft habe, bekannte er, es verhielte sich in der Tat so; aber er bat uns, nichts verlauten zu lassen, wir würden sonst ihn und jene Dame, die von Seiten ihres Gatten Unannehmlichkeiten haben könnte, in Verlegenheit bringen. Wir versprachen ihm auch (aus vollem Halse lachend, obgleich er ein großer und bedeutender [82] Herr war), daß kein Wort über unsre Lippen kommen werde. Als er aber diese Spiegelfechterei gar zu oft wiederholte, gingen wir nun im Ernst vor und überführten ihn seines Betruges. Die Dame war von uns bereits benachrichtigt worden, und sie hatte eines Tages das Maultier und die Pagen wie Bettelmönche von ihrer Tür jagen lassen. Ja, wir machten es noch besser, denn wir sagten es auch ihrem Gatten und erzählten ihm die Geschichte auf so launige Weise, daß er selbst darüber herzlich lachte und sagte, er fürchtete nicht, daß der Herr ihn jemals zum Hahnrei mache. Und sollten sich das Maultier und die Pagen draußen vor der Tür nicht behaglich genug fühlen, so wolle er ihnen die Tür öffnen und sie hereinlassen, damit sie es sich gemütlich machen könnten und vor Hitze, Kälte und Regen geschützt seien. – Von andern wurde aber er zum Hahnrei gemacht. Und auf diese Weise wollte dieser gute Herr sich auf Kosten einer anständigen Dame brüsten ohne Rücksicht auf ihre Ehre.
Ich kannte einen Edelmann, der durch sein Gebahren eine schöne und achtbare Dame, in die er seit einiger Zeit verliebt war, in Verruf brachte. Aber all sein Drängen, ihm das zu geben, was ihrem Gemahl gehörte, fand nur Zurückweisung, so daß er ihr endlich verzweifelt sagte: »Nun wohl! Sie wollen es nicht, gut! Ich schwöre Ihnen, daß ich Ihre Ehre zugrunde richten werde!« Und in dieser Absicht begann er, in dem Hause, wo sie wohnte, häufige heimliche Besuche zu machen, sowohl bei Tage, wie bei Nacht Dies blieb aber doch nicht ganz geheim, denn er ließ sich hin und wieder absichtlich sehen, rühmte sich seiner Erfolge, behandelte die Dame vor der Welt mit mehr Vertraulichkeit, als Grund dazu vorhanden war, und spielte sich vor seinen Freunden als glücklicher Galan auf. Ja, er trieb es so weit, eines Abends spät, tief in einen Mantel verhüllt, in das Zimmer der Dame zu dringen und sich vor den Hausbewohnern zu verbergen. Der Hausmeister aber hatte aufgepaßt und schöpfte Verdacht. Man suchte den Eindringling, [83] und da man ihn nicht finden konnte, schlug der Mann seine Frau und gab ihr Ohrfeigen. Von dem Hausmeister noch mehr aufgestachelt, welcher sagte, das sei noch nicht genug, tötete er sie durch einen Dolchstoß, wofür er beim König jedoch leicht Begnadigung fand. Es war sehr schade um diese Dame, denn sie war eine Schönheit Jenen Mann aber, der die Ursache dieses Unheils war, ereilte bald darauf die gerechte Strafe Gottes für sein Verbrechen an der Ehre und dem Leben jener Dame; denn er wurde im Kriege in einem Gefecht getötet.
Freilich sind auch in zahlreichen Fällen die Damen selbst an dem Skandal und der Verletzung ihrer Ehre schuld; denn sie selbst ziehen die Galane an sich, benehmen sich herausfordernd, erlauben sich Vertraulichkeiten und machen ihnen durch Koketterie und schöne Worte Hoffnung. Wenn es aber zum Treffen kommt, dann schlagen sie es rundweg ab, so daß die Männer dann, die sich doch manchen Genuß versprechen durften, wütend werden, ihnen den Abschied geben und sie öffentlich als gemeine Dirnen blamieren, wobei sie dann die Sache hundertmal schlimmer machen, als sie ist.
Deshalb sollte eine anständige Dame niemals einen Galan anlocken, wenn sie ihn für seinen Dienst nicht am Ende belohnen will. Das möge sie bedenken, wenn sie nicht verloren sein will, selbst im Fall sie es mit einem Ehrenmanne zu tun hat Sollte sie nicht gesonnen sein, ihn zu erhören, dann gebe sie ihm gleich von vornherein, wenn er sich ihr nähert und wenn sie merkt, worauf seine Werbung gerichtet ist, den Abschied. Denn, um es gerade heraus zu sagen: jede Dame, die die Werbung eines Mannes annimmt, verpflichtet sich ihm auch, so daß sie den Kampf nicht mehr abschlagen kann; früher oder später, wenn es auch lange dauert, muß sie sich dann doch ergeben.
Aber es gibt Damen, denen es Vergnügen macht, um sich werben zu lassen für nichts weiter als um ihrer schönen Augen willen; und sie sagen, es mache ihnen großes [84] Vergnügen, hofiert zu werden, aber weiter gingen sie nicht; sie hegten wohl Wünsche, wollten aber nicht deren Erfüllung. Das haben mir Verschiedene gesagt; aber das ist doch unrecht, denn wenn sie einmal Begierden erwecken, dann müssen sie auch zweifellos deren Befriedigung gewähren. Das ist das Gesetz der Liebe, und jede Dame, welche Wünsche nach einem Manne hegt, müßte so handeln. Wenn der Mann das erkennt und diejenige, die ihn anlockt, energisch verfolgt, so wird er, wie man zu sagen pflegt, den Fuß oder Flügel, die Federn oder die Haare davon haben.
So werden also die armen Ehemänner Hahnreie durch jene Frauen, die wohl begehren, aber nichts gewähren wollen; aber ohne daran zu denken, verbrennen sich die Frauen selbst an dem Licht, oder an dem Feuer, das sie in sich anzünden, gleich jenen armen Hirtinnen, die auf dem Felde, wo sie ihre Herde hüten, ein kleines Feuer gegen die Kälte anmachen, ohne an etwas Schlimmes zu denken. Aber dieses kleine Feuer kann um sich greifen und Felder und Wälder in Brand setzen.
Solche Frauen sollten sich ein Beispiel nehmen an der Herzogin von Escaldasor zu Pavia. Diese wurde von dem Herrn de Lescu geliebt, der später Marschall von Foix hieß, und der zu Pavia studierte (später wurde er auch Protonotar von Foix genannt, weil er sich dem Dienst der Kirche widmete; er legte aber dann die lange Robe ab, um die Waffen zu ergreifen). Jener Dame gebührte damals unter allen Schönen der Lombardei der Preis der Schönheit. Als jener Herr nun um sie warb, wollte sie ihn nicht in verletzender Form abweisen, denn er war ein naher Verwandter jenes großen Gaston de Foix, Herrn von Nemours, vor dessen Namen damals das ganze Italien zitterte. Einst am Tage eines großen Festes, das zu Pavia gegeben wurde, wo sich alle vornehmen Damen, sowie die Schönsten der Stadt und der Umgegend nebst den Edelleuten einfanden, [85] erschien jene Gräfin in einem prachtvollen Gewand aus himmelblauer Seide, ganz übersät mit Lichtern, um die herum Schmetterlinge flatterten und sich verbrannten; alles war in Stickerei aus Gold und Silber, wie derartige Stickereien niemand schöner ausführen konnte als die berühmten Weber von Mailand. Die Gräfin ragte also auch durch ihr Kostüm unter allen andern hervor.
Der Herr Protonotar von Foix, der sie zum Tanz führte, fragte sie nach der Bedeutung dieser Stickereien, in der Vermutung, daß sie einen verborgenen Sinn hätten, der ihm nicht gefiel. Darauf antwortete sie: »Mein Herr, ich habe es mit meiner Robe so gemacht, wie die Soldaten und Ritter es mit ihren fehlerhaften Pferden machen, welche ausschlagen oder hinken. Sie hängen ihnen eine große silberne Glocke an die Croupe, damit ihre Gefährten, wenn sie beisammen sind, durch dieses Signal vor dem bösen Pferde, das ausschlägt, gewarnt werden. Ähnlich warne ich durch diese Schmetterlinge, die ins Licht fliegen, die werten Herren, die so freundlich sind, mich zu lieben und meine Schönheit zu bewundern, mir nicht allzu nahe zu kommen und sich mit dem Anschauen zu begnügen; denn sie werden es nicht weiter bringen als diese Schmetterlinge und sich höchstens die Flügel verbrennen.« Diese Geschichte findet sich in den »Sinnbildern« von Paolo Jovio. Die Dame gab ihrem Anbeter also zu verstehen, sich bei Zeiten vorzusehen. Ich weiß nun nicht, ob er noch weitere Annäherung suchte oder wie er es machte, kurz, als er in der Schlacht von Pavia tödlich verwundet und gefangen genommen war, bat er, zu der Wohnung jener Gräfin in Pavia gebracht zu werden, wo er von ihr auch sehr gut aufgenommen und gepflegt wurde. Nach drei Tagen starb er dort zum großen Schmerz der Dame, wie mir Herr de Montluc erzählte, als wir einst zusammen nachts in den Schanzgräben von La Rochelle lagen und plauderten. Ich erzählte ihm die Geschichte von jenen Schmetterlingen, und er versicherte mir, er habe jene sehr schöne Gräfin [86] gesehen, die den Marschall sehr geliebt habe und von ihr höchst ehrenvoll behandelt worden sei. Ob er noch weiter bei ihr gekommen war, wußte er nicht. Dieses Beispiel dürfte, für viele der angeführten Damen genügen.
Nun gibt es noch Hahnreie, die so gutmütig sind, daß sie ihre Frauen von geistlichen Männern zur Besserung ermahnen lassen. Diese legen dann mit verstellten Tränen und falschen Worten das Gelübde der Besserung ab und verschwören sich hoch und teuer, sie bereuten und wollten niemals wieder einen Fehltritt tun. Aber dieser Schwur hält nicht lange vor, denn die Gelübde und Tränen solcher Frauen sind nicht mehr wert als die Schwüre der Verliebten. So kannte ich eine Dame, der ein großer Fürst den Streich spielte, einen Franziskaner zu ihrem Gatten zu senden, der sich in dienstlicher Angelegenheit in der Provinz befand, und ihm von den tollen Liebeshändeln seiner Frau, sowie von dem Skandal, der für ihn daraus entstände, zu berichten. Der Mönch hielt es für die Pflicht seines Standes und Berufs, den Mann bei Zeiten zu warnen, damit jene sündige Seele zum Rechten zurückgeführt werde. Der Gatte war ganz erstaunt über diese Sendung und das Liebeswerk des Mönches; er dankte ihm jedoch und versprach, die Sache im Auge zu behalten. Als er zurückkehrte, ließ er es seine Frau jedoch nicht entgelten, denn was hätte er dabei gewonnen? Wenn sich eine Frau einmal auf diese Bahn begeben hat, ist sie nicht mehr zu halten, gleichwie ein Postpferd, das den Galopp so sehr gewöhnt ist, gar nicht mehr anders laufen kann.
Wie viele Damen, die auf der Tat ertappt wurden, und dann Schläge oder Ermahnungen erhalten hatten und durch Strenge oder Milde auf den rechten Weg gelenkt werden sollten, haben versprochen und geschworen, keusch sein zu wollen; nachher aber haben sie das Sprichwort befolgt: passato il pericolo, gabbato il santo und sich mehr als [87] jemals in Liebesabenteuer gestürzt Manche fühlten auch den Gewissenswurm in ihrer Seele nagen und legten von selbst feierliche Gelübde ab, aber sie hielten sie nicht, und bereuten es, bereut zu haben, wie du Bellay von den bußfertigen Courtisanen sagt.
Ich will nicht unerwähnt lassen, daß auch einige schöne Mädchen aus Reue den Schleier genommen haben; wenn man sie aber auf Treu und Gewissen gefragt hätte, so würden sie am liebsten gesehen haben, daß die hohen Klostermauern eingestürzt wären, damit sie hätten entfliehen können.
Deshalb brauchen die Ehemänner gar nicht zu versuchen, ihre Frauen auf den rechten Weg zurückzubringen, wenn sie erst einmal davon abgewichen sind, sondern sie sollen ihnen die Zügel schießen lassen und sie nur zur Verschwiegenheit und Vermeidung jedes Aufsehens ermahnen. Denn alle Liebesmittel, die Ovid jemals gelehrt hat, sowie eine Menge andre später erfundene, selbst die vortrefflichen des Meisters Francois Rabelais, die er dem ehrwürdigen Panurga empfiehlt, dienen zu nichts. Am besten wäre es, nach dem Refrain eines alten Liedes zu handeln, das zur Zeit des Königs Franz I. entstand, und lautet:
Qui voudroit garder qu'une femme
N'aille du tout à l'abandon,
Il faudroit la fermer dans une pipe
Et en jouir par le bondon.
Zur Zeit Königs Heinrich brachte ein Kurzwarenhändler ein Dutzend Werkzeuge auf den Markt zu Saint-Germain, die dazu dienten, die Geschlechtsteile der Frauen zu verschließen [88] es waren eiserne Gürtel, die von unten angelegt und mit einem Schlüssel abgeschlossen wurden. Sie waren so geschickt gearbeitet, daß es einer damit umgürteten Frau unmöglich war, sich jenes holde Vergnügen zu verschaffen, da sich nur einige ganz kleine Löcher zum Urinieren darin befanden.
Man sagt, daß etwa fünf oder sechs eifersüchtige Ehemänner solche Gürtel kauften und sie ihren Frauen anlegten, wobei sie sagten: »Adieu, gute Zeit!« Eine von diesen Frauen kam auf den Gedanken, sich einem in seiner Kunst sehr geschickten Schlosser anzuvertrauen und ihm den Gürtel zu zeigen; als nun der Gatte einst aufs Land gereist war, untersuchte der Schlosser die Vorrichtung genau und fertigte einen Nachschlüssel an, womit die Frau den Gürtel jederzeit öffnen konnte, wenn sie wollte. Der Mann erfuhr das niemals, sie aber gab sich dem Vergnügen nach Herzenslust hin, ihrem eifersüchtigen Tölpel von Mann zum Trotz, der keine Ahnung hatte, welch ein Hahnrei er war. Aber der böse Schlosser, der den Nachschlüssel gemacht hatte, benutzte das. Man sagt, er habe den ersten Versuch gemacht und dem Manne Hörner aufgesetzt. Wie denn ja schon Venus, die schönste Frau und die größte Hure der Welt, den Schmied und Schlosser Vulkan zum Mann hatte, der ein sehr häßlicher, hinkender Bösewicht war.
Es wird ferner berichtet, daß viele galante Herren des Hofes jenen Händler mit dem Tode bedrohten, wenn er jemals wieder solche Dinge verkaufe und nicht den Vorrat, den er noch auf Lager habe, nicht vernichte. Er tat es auch, und von der Sache wurde nicht mehr gesprochen. Es war auch gut so, denn durch solche Verschlüsse, die der Vermehrung des Menschengeschlechts hinderlich sind, hätte ja die Welt zur Hälfte entvölkert werden können.
Es gibt Männer, die ihre Frauen von Eunuchen bewachen lassen, was der Kaiser Alexander Severus bei den [89] römischen Frauen strenge verbot. Denn die Eunuchen wurden öfter dabei betroffen, wie sie mit den Frauen, wenn sie sie auch nicht schwängern konnten, doch annähernd den vollkommenen Coïtus ausführten. Daraus machten sich nun einige Männer freilich nichts und sagten, es kümmere sie weniger, ob ihre Frauen sich überhaupt hingäben, aber es ärgere sie, Kinder erziehen zu müssen, die sie nicht selbst erzeugt. So kannte ich mehrere, die sich keine Sorge daraus machten, wenn nur derjenige, der das Kind erzeugt hatte, sich bereit fand, eine gute Rente für die Erziehung auszusetzen, und sie rieten ihren Frauen, den Betreffenden dazu zu veranlassen. So hörte ich von einer vornehmen Dame erzählen, die vom König Franz I. ein Kind, Namens Villeconnin, hatte. Sie bat den König, ihr vor seinem Tode ein kleines Vermögen für sein Kind zu verschreiben, was er auch tat. Er überwies ihr auf einer Bank zweihunderttausend Taler, wovon das Kind auch den Zinsengenuß hatte. Infolgedessen lebte der Knabe, als er erwachsen war, bei Hofe auf großem Fuße und so verschwenderisch, daß jeder erstaunt war. Man dachte, er bezöge dies Geld von einer großen Dame, und man wollte nicht glauben, daß seine Mutter es hergäbe. Da man ihn stets mit jener Dame sah, meinte jeder, er bestritte seine großen Ausgaben aus dem Liebesgenuß mit ihr. Aber das Gegenteil war der Fall, denn das Geld kam von seiner Mutter. Das wußten aber nur wenige Leute, da man seine Abkunft nicht kannte. Erst als er zu Konstantinopel starb, erfuhr man es; denn nun wurde seine Erbschaft, da er ein Bastard war, dem Marschall de Retz zugesprochen. Dieser war schlau genug, die schöne Beute zu wittern, und er machte die Bastardschaft, die so lange geheim geblieben war, offenkundig. Sein Anspruch auf das Legat trug über Herrn de Teligny den Sieg davon, der als Erbe des genannten Villeconnin angesehen worden war.
Andre freilich sagen, die Dame hätte das Kind nicht vom König gehabt, und aus eigenen Mitteln seinen Reichtum begründet; aber der Herr de Retz forschte so lange [90] auf den Banken nach, bis er das Geld und die Verschreibung des Königs Franz gefunden hatte. Einige sprachen auch von einem andern, nicht so großen Fürsten wie der König, oder von einem noch Geringeren; aber um die Sache zu verdecken und das Kind sicher zu stellen, war es nicht übel, alles Seiner Majestät zuzuschieben, was verschiedene andre auch getan haben.
Ich glaube, es gibt überall in der Welt, und auch in Frankreich, genug Frauen, die, wenn sie um solchen Preis Kinder haben könnten, gerne den Königen und den Großen Zutritt zu ihrem Schoß gewähren würden; aber oftmals kommen sie nicht zum Ziel, und dann ist die Enttäuschung bitter; denn sie hatten sich ja nur hingegeben, um den »Galardon« zu haben, wie der Spanier sagt.
Über diese vermeintlichen, zweifelhaften Kinder besteht die Streitfrage, ob sie die Erben des väterlichen oder mütterlichen Gutes werden können. Es sei, sagt man, eine große Sünde von den Frauen, solche Kinder in die Erbschaft eintreten zu lassen. Einige Gelehrte sagen, die Frau müsse das Geheimnis enthüllen und dem Manne die Wahrheit sagen. So entscheidet der Doktor Subtil. Aber diese Auffassung ist, wie andre sagen, nicht richtig, weil die Frau in dem Fall sich selbst beschimpfen würde, und dazu ist sie nicht verpflichtet. Denn der gute Ruf ist ein größeres Gut als die zeitlichen Güter, sagt Salomo.
Es ist also besser, wenn die Kinder das Vermögen erben, als wenn der gute Ruf verloren geht; denn, wie das Sprichwort sagt: Mieux vaut bonne renommée que ceinture dorée. Daraus leiten die Theologen den Satz ab: wenn uns zwei Gebote auferlegt werden, so muß das schwächere dem stärkeren weichen. Da nun das Gebot, seinen guten Ruf zu wahren, größer ist als das, welches andern den Gütergenuß bewilligt, so verdient das erstere den Vorzug.
[91] Ferner, wenn die Frau ihrem Gatten die Wahrheit enthüllt, läuft sie Gefahr, von diesem getötet zu werden, und es ist verboten, den Tod zu suchen; ebenso wenig ist es einer Frau erlaubt, sich selbst zu töten aus Furcht, geschändet zu werden oder nachdem sie es geworden ist; das wäre eine Todsünde. So ist es besser, die Schändung zu dulden oder sich durch Flucht oder Geschrei zu helfen, statt sich selbst zu töten; denn die Schändung des Körpers ist nur dann eine Sünde, wenn man sie im Geiste gestattet. Die heilige Lucie antwortete dem Tyrannen, der sie in ein Bordell schleppen lassen wollte: »Wenn du mich gewaltsam dazu zwingst, so wird meine Keuschheit doppelt gekrönt werden.«
Aus diesem Grunde ist Lucrezia von Einigen hochgeschätzt worden. Freilich wurden die heilige Sabina und die heilige Sophoniena, die gleich andern christlichen Jungfrauen sich selbst das Leben nahmen, um nicht in die Hände der Barbaren zu fallen, von unsern Gelehrten schuldlos gesprochen, indem sie sagen, die Jungfrauen seien vom Heiligen Geist getrieben worden. Nach der Einnahme von Cypern wurde ein cypriotisches Mädchen, das erst vor kurzem Christin geworden war, mit mehreren andern Frauen, zur Beute der Türken, als Sklavin weggeführt. Vom Heiligen Geist getrieben, legte sie heimlich Feuer an die Balken der Galeere, so daß alles im Augenblick in Flammen stand und sie mit. Dabei sagte sie: »Gott wolle nicht, daß unsre Leiber von den scheußlichen Türken und Sarazenen entweiht werden!« Aber, wer weiß, vielleicht war ihr Leib schon entweiht und sie wollte hierdurch dafür büßen. Oder ihr Herr wollte ihren Leib nicht berühren, damit er eine größere Summe herausschlagen könne, wenn er sie als Jungfrau verkaufte. Denn in jenen Ländern ist, ebenso wie in andern, ein unberührtes Stück schmackhafter.
Aber um noch einmal auf die Leibwache jener armen Frauen zurückzukommen, die von Eunuchen beschützt werden. Wie ich schon sagte, kommt es vor, daß die [92] Eunuchen mit ihnen Ehebruch treiben und die Gatten zum Hahnrei machen, die Kinderzeugung freilich ausgeschlossen.
Ich kannte zwei Damen in Frankreich, die zwei vornehme Kastraten liebten, um nicht schwanger zu werden; sie hatten das volle Vergnügen mit ihnen und kamen nicht in Verruf. In der Türkei und der Berberei gibt es aber so eifersüchtige Ehemänner, daß sie, den Betrug bemerkend, ihre armen Sklaven ohne weiteres kastrieren, ja sogar völlig entmannen. Leute, die die Türkei bereisten, haben erzählt und geschrieben, daß von Zwölfen, die diese Grausamkeit erlitten, kaum zwei dem Tode entgehen. Diese Zwei, die es überstehen, werden dann als die wahren und sicheren Wächter der Frauenkeuschheit und der Mannesehre hoch geschätzt.
Wir Christen üben solche häßlichen, ja fürchterlichen Grausamkeiten nicht aus; aber an Stelle von Kastraten geben wir den Frauen sechzigjährige Greise zur Wache, wie man es in Spanien tut, und selbst am Hof der dortigen Königinnen, wo ich solche Greise als Wächter der Damen ihres Hofes und Gefolges sah. Aber weiß Gott, es gibt Greise, die den Frauen und Mädchen viel gefährlicher werden als junge Männer, ja, die viel hitziger und in Verführungskünsten viel erfindungsreicher sind.
Ich glaube, daß solche bereits an Kopf und Kinn ergrauten Wächter nicht sicherer sind als die jungen; aber alte Frauen sind es ebensowenig. So führte einmal eine alte Hofmeisterin ihre Mädchen durch einen großen Saal, an dessen Wände sehr große männliche Glieder gemalt waren, und sagte: »Mira que tan bravos no los pintan estos hombres, como quien no los conociese.« Die Mädchen wendeten sich zu ihr und tauschten ihre Meinungen darüber aus, außer einer, die ich kenne und die die Einfalt spielte; diese fragte nämlich eine ihrer Genossinnen, was das [93] da für Vögel seien, denn einige waren mit Flügeln versehen. Sie empfing zur Antwort, das seien Vögel aus der Berberei, und die natürlichen seien noch schöner als die gemalten. Gott weiß, ob sie noch niemals diese Vögel gesehen hatte, aber sie tat wenigstens so.
Viele Männer täuschen sich oftmals über diese Wächter; denn sie glauben, der Schoß ihrer Frauen sei unter den Händen der Alten, denen sie beide den Ehrentitel »Mutter« beilegen, gut bewacht. Aber gerade sie verstehen am besten die Verführung; denn da sie von Natur habgierig sind, nehmen sie aus allen Händen, um ihre Schutzbefohlenen zu verkaufen.
Andre wieder können nicht immer über diese jungen Frauen wachen, die stets zu Streichen aufgelegt sind, besonders in verliebtem Zustande; denn die meiste Zeit schlafen die alten Frauen in einer Ecke des Kamins, so daß in ihrer Gegenwart Hahnreie gemacht werden, ohne daß sie etwas davon merken.
Ich kannte eine Dame, die es einmal in Gegenwart ihrer Gouvernante tat und zwar so vorsichtig und schlau, daß diese es niemals erfahren hat. Eine andre machte es sogar fast sichtbar vor den Augen ihres Gatten, während er Karten spielte.
Bei andern Alten sind die Beine zu schwach, so daß sie den Damen nicht schnell genug folgen können; bevor sie an das Ende einer Allee, eines Gehölzes oder auch eines Zimmers gelangt sind, haben die Damen die Sache schon erledigt, ohne daß jene es sahen oder bemerkten, denn ihre Beine sind schwach und ihre Augen kurzsichtig. Es gibt noch andre alte Hofmeisterinnen, die selbst das Handwerk ausgeübt haben und nun mit der Enthaltsamkeit der Jungen Mitleid empfinden; sie sind so gutmütig, den Frauen selbst den Weg zu bahnen, ihnen zureden und nach Kräften beistehen. Auch Aretino sagt, die größte Freude und Genugtuung einer Frau, die die Sache selbst durchgemacht hat, sei, sie auch andre Frauen durchmachen zu lassen.
[94] Wenn man also einen guten Liebeswächter haben will, täte man besser, sich statt an eine alte Kupplerin, an eine junge Frau zu wenden. Ein sehr galanter Herr sagte mir, er habe es seiner Frau ausdrücklich verboten, mit alten Frauen Umgang zu pflegen, aber mit den jungen könne sie verkehren, wie sie wolle. Er führte dafür viele gute Gründe an, die ich besseren Rednern zu besprechen überlasse.
Deshalb vertraute auch ein vornehmer Herr, den ich kenne, seine Frau, auf die er eifersüchtig war, einer Cousine an, die sie bewachen sollte, was diese auch sehr gut tat. Sie hatte freilich zur Hälfte die Natur des Ortolanhundes, der niemals von dem Kohl aus seines Herrn Garten frißt, und auch andre nicht davon fressen läßt; nämlich diese Dame aß davon und ließ ihre Cousine nicht essen, das heißt, daß der Mann ihr manchen heimlichen Liebesdienst erwies, was die Frau, so schlau sie war, nicht bemerkte, oder nicht bemerken wollte.
Ich könnte eine Menge Mittel anführen, die die armen eifersüchtigen Ehemänner gebrauchen, um ihre üppigen Frauen im Zügel zu halten; aber es nützt alles nichts und ist verlorene Mühe. Denn wenn die Frauen einmal den Stachel der Liebe empfinden, schicken sie ihre Gatten doch zu Guillot dem Träumer. Ich werde in einem besonderen Kapitel, das ich halb fertig habe, von den Listen und Kniffen der Frauen in dieser Beziehung sprechen, die ich mit den Kriegslisten der Soldaten vergleiche. Das schönste und sicherste Mittel, welches ein eifersüchtiger Gatte bei seiner Frau anwenden kann, ist, ihr ruhig freie Hand zu lassen. Von einem galanten Eheherrn hörte ich, die Natur der Frau sei so geartet, daß sie ein Ding um so mehr begehrt, je mehr man es ihr verbietet, besonders in Liebessachen, wo die Lust durch das Verbot nur gesteigert wird.
[95] Noch eine andere Art Hahnreie gibt es, über die folgende Streitfrage besteht: Soll nämlich jemand, wenn er bei Lebzeiten des Gatten dessen Frau genossen hat und nach des Gatten Tode dessen Witwe in zweiter Ehe heiratet – was öfter und auch bei Großen vorkommt – den Namen Hahnrei tragen?
Einige sagen, er könne in diesem Falle nicht Hahnrei genannt werden, denn er selbst habe ja dem verstorbenen Manne die Hörner aufgesetzt Jedoch es gibt Waffenschmiede, die mit dem Degen, den sie selbst angefertigt haben, umgebracht werden.
Andre sagen, er sei in der Tat ein Hahnrei, und zwar in spe. Dafür führen sie viele Gründe an; aber da der Prozeß darüber noch nicht entschieden ist, überlasse ich das dem Urteil der nächsten Beratung.
Ich will hier noch eine vornehme verheiratete Dame erwähnen, die einem Herrn, mit dem sie ein Verhältnis hatte, vor vierzehn Jahren die Ehe versprochen hatte und seit jener Zeit immer darauf wartete, daß ihr Gemahl sterben möge. Aber er wollte absolut nicht sterben, so daß sie wohl sagen konnte: »Verdammt sei der Gatte und Eheherr, der länger gelebt, als ich wollte!« Krankheiten und körperliche Gebrechen hatte er genug, aber Lust zum Sterben nicht. Der letzte König Heinrich, der die Verwaltung des schönen und großen Vermögens, das der genannte Hahnreigatte besessen, einem tapfern und ehrenwerten Edelmann übertragen hatte, sagte oft: »An meinem Hofe gibt es zwei Personen, denen es sehr lange dauert, bis ein Gewisser stirbt: dem einen wegen des Vermögens, dem andern wegen des Liebhabers; aber beide sind bis jetzt noch enttäuscht.«
Das ist die Weisheit und Vorsehung Gottes, der nicht jedem gewährt, was er sich Böses wünscht Übrigens hörte ich, daß die beiden nicht mehr im besten Einvernehmen stehen und den Kontrakt ihrer künftigen Ehe verbrannt haben, zum großen Ärger der Frau und zur Freude des zukünftigen Gatten, da dieser sich anders besonnen hat [96] und den Tod des Eheherrn nicht abwarten will. Dieser seinerseits machte, als ob er sich über die Leute belustige, mehrmals Miene, sterben zu wollen; aber schließlich hat er den zukünftigen Herrn Gemahl noch überlebt. Das war sicher die Strafe Gottes; denn es ist unerhört, eine zweite Ehe zu planen, während die erste noch besteht.
Auch noch von einer andern Dame weiß ich, die nicht ganz so vornehm war, wie die eben erwähnte, und die, von einem Edelmann um das Ehebündnis gebeten, diesen heiratete. Es geschah nicht etwa aus Liebe, sondern weil er schwach und kränklich war und die Ärzte ihm kaum noch ein Jahr Leben versprachen, wenn er auch nur einige Male diese schöne Frau im Ehebette erkannt haben würde. Deshalb hoffte sie auf seinen baldigen Tod und auf die Besitzergreifung seiner schönen Hinterlassenschaft; denn er war sehr reich. Aber ihre Enttäuschung war groß; denn er lebte nach seiner Verheiratung erst richtig auf; sie aber starb. Man sagt, dieser Edelmann habe nur den Kranken gespielt, damit die Frau, die er als sehr geizig kannte, bewogen würde, ihn in der Hoffnung auf seine großen Güter zu heiraten. Aber Gott bestimmte es anders und ließ zu ihrem größten Ärger die Ziege da fressen, wo sie angebunden war.
Was sollen wir von manchen Männern sagen, die ganz berüchtigte Courtisanen heiraten, wie man es gewöhnlich in Frankreich tut, aber besonders in Spanien und Italien. Solche Männer bilden sich ein, den Lohn der Barmherzigkeit zu verdienen por librar una anima cristiana del infierno, wie sie sagen, und um sie auf den rechten Weg zu bringen.
Ich habe manche Leute getroffen, die der Meinung waren, daß sie keine Hahnreie werden könnten, wenn sie aus solchem heiligen Anlaß heirateten; denn was man zur Ehre Gottes tut, könne nicht in Schimpf verwandelt werden. Sie meinen auch, daß ihre Frauen nicht mehr auf Abwege [97] geraten, wenn sie auf den rechten Weg zurückgeführt worden sind. Ich habe auch in jenen beiden Ländern manche gesehen, die, nachdem sie geheiratet, nicht mehr der Sünde anheimfielen; andre freilich konnten sich nicht bessern und stolperten aufs neue in den alten Graben.
Als ich zum erstenmal in Italien war, verliebte ich mich zu Rom in eine sehr schöne Courtisane Namens Faustina. Da ich nun damals nicht sehr viel Geld hesaß und sie sehr hoch im Preise stand (zehn bis zwölf Taler für die Nacht), mußte ich mich mit Worten und Blicken begnügen. Nach einiger Zeit komme ich wieder hin. Diesmal besser gestellt, suche ich sie in ihrer Wohnung durch Vermittlung eines Zweiten auf und finde sie in derselben Wohnung mit einem Gerichtsherrn verheiratet. Ich wurde freundlich aufgenommen, und sie erzählte mir von ihrer günstigen Verheiratung und sagte, sie habe den Torheiten ihrer Jugend für immer Valet gesagt. Ich, mehr als jemals in sie verliebt, zeigte ihr schöne französische Taler. Sie widerstand der Versuchung nicht und gewährte meinen Wunsch, wobei sie sagte, sie habe sich bei ihrer Verheiratung von ihrem Gatten völlige Freiheit ausbedungen und auch erhalten, jedoch unter der Voraussetzung, daß es ohne Skandal abgehe und eine große Summe gefordert werde, damit sie beide auf großem Fuße leben könnten. Für große Summen wäre sie zu haben, aber nicht für kleine. Dieser Gatte war ein Hahnrei vor- und nachher.
Ich hörte von einer vornehmen Dame, die beim Abschluß ihrer Ehe ausmachte, daß ihr Gatte ihr die Freiheit lasse, am Hofe der Liebe nachzugehen, und sich das Recht auf das Fällholz im Walde vorbehielt. Zur Entschädigung gab sie ihm monatlich tausend Franken Taschengeld und kümmerte sich um weiter nichts als um ihr Vergnügen.
Solche Frauen, die frei gewesen sind, können sich nicht enthalten, die festen Schlösser ihrer Türen zu sprengen, besonders wenn das Gold klingt. Ein Beispiel bietet die schöne Tochter des Königs Akris, die in einem festen Turm [98] eingeschlossen war und sich dem Jupiter hingab, der ihr in Gestalt eines goldenen Regens erschien.
Ein galanter Mann sagte: »O, wie schwer ist es doch, eine Frau zu bewachen, die schön, ehrgeizig, habsüchtig und nach Schmuck und schönen Gewändern lüstern ist, und sollte auch ihre Scham bewaffnet sein, wie man zu sagen pflegt, und ihr Gatte noch so tapfer sein und eine noch so gute Klinge führen, um sie zu beschützen.«
Ich kannte viele solche tapfern Ehemänner, die davon mitreden können; und es war recht schade um sie, sie dahin kommen zu sehen, daß sie nach so manchem schönen und denkwürdigen Sieg über ihre Feinde zwischen den Blumen und Lorbeeren, die ihr Haupt krönten, jene entwürdigenden Hörner trugen. Nichtsdestoweniger denken sie mehr an die Triumphe ihres Ehrgeizes und ihrer Helden-Taten als an die Bewachung ihrer Frauen und die Aufhellung jener dunklen Grotte. So gelangen sie zur Einnahme der Stadt Cornaille, was sehr zu bedauern ist. Ich kannte einen sehr tapfern Mann mit dem Titel eines Großen, der sich eines Tages seiner Eroberungen rühmte; sein Bundesgenosse und Verwandter sagte bei dieser Gelegenheit zu einem andern: »Er erzählt uns von seinen Eroberungen, was mich nicht verwundert; denn die Scham seiner Frau ist die größte, die er jemals gemacht hat und machen wird.«
Ich kannte verschiedene andre, die trotz all ihres Ansehens und ihrer Majestät doch den Titel des Hahnreis trugen, der alles andre in den Schatten stellte; denn dieses Schaustück kann man nicht verbergen, man mag sich stellen, wie man will, es tritt gar zu deutlich hervor. Und was mich betrifft, so habe ich nie in meinem Leben solche Leute ohne die sichtlichen Merkmale gesehen, ausser einem Einzigen, dei dem der Scharfsichtigste nichts bemerkt haben würde, wenn er die Frau nicht kannte; so anmutig und würdevoll benahm er sich.
Ich möchte gern die Damen, die so vollendete Ehegatten besitzen, einmal fragen, ob sie ihnen auch derartige Streiche [99] gespielt haben. Aber sie könnten mich dagegen fragen: »Wo gibt es denn solche vollkommenen Gatten, die so sind wie der, den Sie soeben erwähnten?«
Gewiß, meine Damen, Sie haben recht, denn nicht alle können Scipionen oder Cäsaren sein, und solche gibt es nicht mehr. Ich bin also der Meinung, daß Sie darin ihrer Laune folgen; denn – da wir von den Cäsaren sprechen – die galantesten, tugendhaftesten und vollendetsten unter ihnen haben jene Sache durchgemacht, wie wir von jenem vortrefflichen Kaiser Trajan lesen, dessen Vollkommenheiten seine Gattin Plotina nicht abhalten konnten, sich dem Hadrian hinzugeben, der nach ihm Kaiser wurde. Dieser zog von ihr große Vorteile, so daß er seine Beförderung ihr verdankt. Als er zu seiner Größe gelangt war, zeigte er denn auch keinen Undank, denn er liebte und ehrte sie sehr, und als sie starb, trug er so große Trauer um sie, daß er eine Zeit lang weder aß noch trank. Er war gezwungen, sich drei oder vier Monate im Narbonnaisischen Gallien aufzuhalten, wo er die Trauerbotschaft erfuhr. Während dieser Zeit schrieb er an den Senat, die Plotina als Göttin zu erklären, und befahl, daß ihre Beisetzung mit dem größten Pomp erfolgen solle. Indessen füllte er die Zeit damit aus, nahe bei Nemusa, dem heutigen Nîmes, einen prächtigen Tempel aus köstlichem Marmor und Porphyr und geschmückt mit Edelsteinen, zu ihrem Andenken zu erbauen.
In Liebessachen soll man also auf alles gefaßt sein. Ist doch auch der Gott der Liebe, Cupido, blind, was sich bei manchen Frauen bewahrheitet, welche die schönsten, ehrenvollsten und vortrefflichsten Männer besitzen, die man sich denken kann, und die dennoch die häßlichsten und widerlichsten Männer lieben.
Ich sah viele, bei denen man die Frage aufstellte: Welche Frau ist eine größere Dirne, die, welche einen schönen, ehrenhaften Gatten und einen häßlichen Liebhaber hat, der wenig ihrem Manne gleicht; oder die, welche einen [100] häßlichen Gatten, aber einen hübschen Anbeter hat und trotzdem nicht unterläßt, ihren Gemahl zu liebkosen, als sei er der schönste Mann, was nur gar zu viele Frauen tun?
Das allgemeine Urteil ist gewiß, daß eine Frau, die ihren schönen Gatten um eines häßlichen Liebhabers willen aufgibt, eine große Metze ist, so wie Jemand schlechten Geschmack bekundet, der eine gute Speise für eine schlechte stehen läßt. Wenn also eine Frau Häßlichkeit für Schönheit eintauscht, so scheint es, daß sie es aus purer Geilheit tut, denn ein häßlicher Mann, der mehr als ihr Gatte den lasciven Bocksgeruch hat, reizt eben auch mehr zur Unzucht. Und meistens sind die schönen und feinen Männer auch etwas zarter und weniger geschickt zur Befriedigung einer unmäßigen, zügellosen Üppigkeit als ein großer, starker, bärtiger, roher Satyr.
Andre sagen, daß die Frau, die einen schönen Liebhaber und einen häßlichen Mann besitzt und alle beide liebkost, ebenso dirnenhaft sei, weil sie nichts von ihren materiellen Vorteilen einbüßen will.
Solche Frauen gleichen den Landreisenden, die, wie es auch in Frankreich geschieht, abends in der Herberge ankommen und niemals vergessen, beim Abendessen vom Wirt das Maß ihres Postpferdes zu verlangen, damit sie sich bis zum Übermaß sättigen können.
Ebenso können solche Frauen nicht genug bekommen. Eine kannte ich, deren Gatte ein tüchtiger Ehemann war; aber das genügte ihr noch nicht, sie wollte das Maß verdoppeln, auf welche Weise es auch sei. Der hübsche Liebhaber diente ihr für den Tag, und es vermehrte ihre Lust, seine Schönheit im hellen Licht des Tages zu genießen. Der häßliche Herr Gemahl aber war für die Nacht gut genug. Denn wie man sagt, daß die Katzen bei Nacht alle grau sind, so kümmert es die Dame wenig, ob der Gatte schön oder häßlich ist, wenn sie nur ihre Begierde stillt. Denn, wie ich von Mehreren hörte, denken weder Frauen noch Männer im Zustand der Ekstase an irgend [101] etwas anderes als an die Befriedigung des gegenwärtigen Augenblicks. Aus guter Quelle weiß ich, daß manche Damen, wenn sie mit ihrem Gatten verkehren, an ihren Freund denken und nicht an ihren Gemahl, um ihr Vergnügen zu steigern. Ebenso sollen es Männer machen, die bei der Umarmung ihrer Frau an ihre Maitresse denken, und zwar aus demselben Grunde. Aber das sind Mißbräuche.
Die Naturphilosophen behaupten, und führen viele Gründe dafür an, daß bei jenem Akt der gegenwärtige Gegenstand der beherrschende sei und nicht der abwesende; aber ich bin nicht Philosoph und Gelehrter genug, um ihre Gründe ausführlich zu erörtern, von denen manche etwas schmutzig sind. Ich will den Anstand beobachten, wie man sagt; was aber jene Bevorzugung häßlicher Liebschaften betrifft, so habe ich in meinem Leben erstaunliche Beispiele davon gesehen.
Als ich einst von einer Reise nach einer ausländischen Provinz zurückkehrte (ich will sie nicht nennen, weil man sonst erraten könnte, von wem ich spreche), plauderte ich mit einer vornehmen Weltdame über eine andere Dame, eine Prinzessin, die ich dort gesehen hatte, und die Dame fragte mich, was für Liebschaften diese habe. Ich nannte ihr die Persönlichkeit, die die Gunst jener Prinzessin genoß; es war ein Mann niederer Art, nicht schön und ohne Bildung. Die Dame rief aus: »Wahrhaftig, sie tut sich sehr unrecht, ihre Liebe so zu entwürdigen. Und sie ist doch so schön, und man hält sie für so anständig.«
Die Dame hatte vollkommen recht, so zu sprechen, denn ihr Verhalten widersprach dem nicht: sie hatte einen hübschen und ansehnlichen Liebhaber. Eine Dame wird sich auch niemals einen Vorwurf zu machen haben, wenn der Gegenstand ihrer Liebe schön ist, und auch dem Gatten kein Unrecht zufügen, wenn es um ihrer Nachkommen willen geschieht. Denn manche Ehemänner sind so häßlich, dumm, tölpelhaft, unliebenswürdig, plump, träge, kraft- und mutlos, daß ihre Frauen lieber gar keine Kinder hätten als solche, [102] die diesen Männern gleichen würden. Ich kannte mehrere Damen, die von solchen Männern Kinder hatten, und diese glichen ganz ihren Vätern. Wenn die Damen aber bei ihrem Freund eine Anleihe machten, dann übertrafen solche Kinder ihre Väter, Brüder und Schwestern in jeder Beziehung.
Einige Philosophen, die dieses Thema behandelt haben, behaupten stets, daß solche im geheimen oder unversehens erzeugten Kinder viel begabter, munterer und wohlgeratener sind, als die mit träger Muße, halb verschlafen und nur mit Absicht auf den brutalen Genuß im Ehebett erzeugten.
Auch hörte ich von den Gestüthältern der Könige und großen Herren, daß sie oft bessere Pferde aus verstohlenen Verbindungen ihrer Mütter entstehen sahen, als die unter Leitung des Stallmeisters mit bestimmten Hengsten erzeugt wurden. Und mit den Menschen ist es gerade so.
Wie viele Damen kenne ich, die schöne und prächtige Kinder zur Welt brachten; wenn sie aber von ihrem vermeintlichen Vater erzeugt worden wären, so wären es die reinen Tiere geworden.
Deshalb sollen die Frauen vorsichtig sein und für schöne Hengste sorgen, um eine gute Rasse zu erzeugen. Manche freilich haben schöne Männer und nehmen dann noch häßliche Liebhaber, woraus eine scheußliche Nachkommenschaft entsteht.
Das ist einer der wichtigsten Vor- und Nachteile der Hahnreischaft.
Ich kannte eine Dame der großen Welt, die einen sehr häßlichen und unangenehmen Mann hatte; aber von vier Töchtern und zwei Söhnen, die sie besaß, taugten nur zwei etwas, und die waren von ihrem Freund erzeugt; die andern von ihrem hausbackenen Gatten abstammend, waren garstige Geschöpfe.
Die Damen müssen in dieser Beziehung also klug und geschickt sein, denn gewöhnlich gleichen die Kinder den Vätern; wenn sie ihnen aber nicht ähneln, so geht das ihrer Ehre sehr nahe. Aus diesem Grunde wollten viele [103] Damen, denen ich begegnete, aller Welt einreden, ihre Kinder sähen dem Vater ähnlich, und nicht der Mutter, obgleich das gar nicht der Fall war. Man kann aber eben den Vätern keine größere Freude machen, damit es nicht scheint, als stammten die Kinder von anderen, obgleich gerade das oftmals der Fall ist.
Ich befand mich einst in einer großen Hofgesellschaft, wo man das Bildnis zweier Töchter einer Königin betrachtete. Jeder äußerte seine Meinung darüber, wem die Kinder ähnlich sähen, und alle fanden, daß sie der Mutter glichen; aber ich, der ich der sehr ergebene Diener der Mutter war, behauptete, sie sähen ganz dem Vater ähnlich, und wenn man diesen Mann so gut gekannt hätte wie ich, würde man mir recht geben. Dafür sagte mir die Schwester dieser Mutter ihren Dank und war mir sehr erkenntlich, denn einige Personen hatten das mit Absicht gesagt, um die Dame der Liebschaft zu verdächtigen, und daß sie »etwas Staub in ihrer Flöte« hätte, wie man sagt Meine Ansicht über die Ähnlichkeit mit dem Vater brachte also alles wieder in Ordnung. Wenn man eine Dame hochschätzt und Kinder von ihrem Fleisch und Blute sieht, sage man also immer, daß diese dem Vater glichen, wenn es auch nicht wahr ist.
Übrigens ist es nicht schlimm, wenn man sagt, sie hätten auch etwas von der Mutter, wie es ein Herr vom Hofe, ein guter Freund von mir, tat. In Gesellschaft zweier Brüder, die vom König sehr begünstigte Edelleute waren, wurde er gefragt wem diese Herren ähnlich sähen, dem Vater oder der Mutter. Er antwortete, der, welcher kalt sei, gliche dem Vater, und der andre, welcher warm sei, der Mutter. Durch dieses Wortspiel redete er zu Gunsten der Mutter, die ein heißes Temperament hatte; und in der Tat hatten die Brüder von diesen beiden Gemütsarten, Kälte und Wärme, von der Natur ihr Teil empfangen.
Eine andre Art von Hahnreien sind nun noch die, welche aus Verachtung ihrer Frauen dazu werden. So[104] kannte ich manche, die schöne und anständige Frauen besaßen, aber keinen Wert darauf legten und sie verachteten. Diejenigen Frauen, die klug und mutig und aus gutem Hause waren, zahlten ihnen diese Verachtung mit gleicher Münze heim; und siehe da, nun wurden die Männer verliebt. Denn, wie das italienische oder neapolitanische Sprichwort sagt: »amor non si vince con altro che non sdegno«.
Erfährt also eine schöne und anständige Frau, die sich ihres Wertes bewußt ist, von seiten ihres Gatten Mißachtung, wo sie ihm doch die volle eheliche Liebe entgegenbringt, so tut sie am besten, – wenn sie nur ein bißchen Herz besitzt – den Gatten aufzugeben und sich einen Freund anzuschaffen, der für ihre kleinen Bedürfnisse sorgt, und wenn man ihr auch noch so oft das Gesetz predigte, ihren Gatten lieben zu müssen.
Ich kannte zwei Damen vom Hofe, zwei Schwägerinnen; die eine hatte einen Günstling des Hofes geheiratet, der jedoch nicht so viel Wert auf seine Frau legte, wie er mit Rücksicht auf den Ort, wo sie sich befand, eigentlich sollte. Er redete vor aller Welt mit ihr wie mit einer Wilden und benahm sich sehr roh gegen sie. Sie ertrug das einige Zeit mit Geduld, bis ihr Gatte einst in Ungnade fiel. Nun ergriff sie die Gelegenheit beim Schöpfe, ihren lang verhaltenen Groll auszulassen und ihm seine Verachtung heimzuzahlen: sie machte ihn schlankweg zum Hahnrei. Ihre Schwägerin folgte ihrem Beispiel. Diese war schon im zarten Alter verheiratet worden, und ihr Gatte behandelte sie wie eine junge Gans. Als sie aber älter wurde und sie ihr Herz und ihre Schönheit entdeckte, bezahlte sie ihn mit gleicher Münze und machte ihm aus den Zinsen der Vergangenheit ein schönes Geschenk von Hörnern.
Ich kannte einst einen Grandseigneur, der zwei Beischläferinnen besaß, wovon die eine eine Mohrin war; das waren seine liebsten Freundinnen, aber seine Frau beachtete [105] er nicht, obgleich sie ihm alle eheliche Zärtlichkeit entgegenbrachte. Er aber ließ ihr keinen freundlichen Blick und keine herzliche Umarmung zuteil werden, und von hundert Nächten hatte er kaum zwei für sie übrig. Warum sollte nun die Ärmste nach so viel Entwürdigungen nicht ein vakantes Bett wählen und ihre andre Hälfte wo anders suchen?
Wenn dieser Gatte es wenigstens gemacht hätte, wie Jener, der zu seiner sehr schönen Frau, die ihr Vergnügen anderswo suchte, geradeheraus sagte: »Gut, tue es, ich erlaube es dir. Mache deinerseits mit einem andern, was du willst; ich lasse dir deine Freiheit. Kümmere dich auch nicht um meine Liebschaften und laß mich machen, was mir gefällt. Ich hindere dich nicht, also hindere du mich auch nicht!« So warfen sie die Feder in den Wind: der eine ging rechts-, der andere linkswärts, sie kümmerten sich nicht umeinander und lebten in Frieden.
Ein impotenter, kränklicher, gichtbrüchiger Greis, den ich kannte, sagte eines Tages zu seiner Frau (die sehr schön war und von ihm nicht so zufriedengestellt werden konnte, wie sie es wünschte): »Ich weiß wohl, mein Schatz, daß meine Kraftlosigkeit deinem lustigen Alter nicht genügt. Deshalb muß ich dir verhaßt sein, und es ist unmöglich, daß du mich so liebst, als wenn ich meine Pflicht wie ein starker und kräftiger Gatte täte. Aber ich habe beschlossen, dir völlige Liebesfreiheit zu geben, damit du dir jemanden anschaffst, der dich besser bedient als ich; aber ich bitte, suche dir einen, der verschwiegen ist und der dich und mich nicht in Verruf bringt. Möge er dir ein paar hübsche Kinder erzeugen, und ich will sie lieben und halten wie die meinigen, so daß alle Welt glauben soll, es seien unsre wahren und legitimen Kinder, zumal ich körperlich ja noch so aussehe, daß man sie für die meinigen halten kann.«
Man kann sich denken, wie vergnügt diese hübsche junge Frau über die Gewährung einer solchen angenehmen Freiheit war, die sie denn auch so gut ausnutzte, daß sie [106] im Nu das Haus mit zwei oder drei hübschen Kinderchen bevölkerte. Und weil der Gatte hin und wieder mit ihr schlief, so glaubte er, er habe auch seinen Teil daran, und alle Welt glaubte es. Auf diese Weise waren Mann und Frau sehr zufrieden und hatten eine hübsche Familie.
Noch eine andre Sorte Hahnreie gibt es; das sind die, die durch eine eigene Auffassung mancher Frauen zustande kommen; nämlich, daß es nichts Schöneres, Erlaubteres und Empfehlenswerteres gäbe als die Barmherzigkeit Und diese, sagen sie, solle sich nicht nur damit begnügen, den Armen zu geben, die der Unterstützung der Reichen bedürftig sind, sondern sich auch auf die armen schmachtenden Liebhaber erstrecken, deren Herz in Flammen steht. »Denn,« sagen sie, »kann es eine größere Barmherzigkeit geben, als jemandem, den man sterben sieht, das Leben zu retten und den Verschmachtenden zu tränken?« Wie jener tapfere Paladin, der Herr von Montauban, sagte, der die schöne Ginevra bei Ariosto liebt, nämlich: daß diejenige sterben solle, die ihrem Liebhaber das Leben raubt, aber nicht die, welche es ihm gibt.
Wenn er dies von einem Mädchen sagt, so gilt das noch viel mehr von der Mildtätigkeit der Frauen; denn bei jenen ist die Börse noch nicht so offen wie bei den Frauen, deren Börse – wenigstens bei einigen – sehr weit ist, so daß sie ihre Barmherzigkeit in großem Maßstabe ausüben können.
Hier erinnere ich mich einer Geschichte von einer sehr hübschen Hofdame, die sich am Feste von Maria Lichtmeß in ein Gewand aus weißem Damast gekleidet hatte. Auch das ganze Gefolge trug Weiß, so daß an diesem Tage alles hell und weiß erschien. Der Liebhaber der Dame hatte eine ihrer Freundinnen, auch eine schöne Dame, aber etwas älter, als jene, für sich gewonnen, um für ihn ein gutes Wort einzulegen. Diese drei betrachteten ein hübsches Bild, worauf eine Charitas in weißem Schleier gemalt war; da sagte die Dame zu ihrer Freundin: »Sie tragen heute [107] dasselbe Gewand wie diese Charitas; aber Sie müssen Ihrem Kleide auch Ehre machen und die Barmherzigkeit an Ihrem Anbeter üben. Denn nichts ist so schön wie Mitleid und Barmherzigkeit, gleichviel in welcher Form man sie übe, wenn man nur die gute Absicht hat, seinem Nächsten zu helfen. Tun Sie es also. Und wenn Sie Ihren Gatten fürchten und die Ehe vor Augen haben, so ist das ein leerer Aberglaube, den wir Frauen nicht hegen sollen, weil die Natur uns Güter verschiedener Art verliehen hat nicht damit wir uns sparsam ihrer bedienen, wie ein schäbiger Geizhals seinen Schatz hütet; sondern wir sollen den unsrigen den armen Leidenden und Bedürftigen reichlich zukommen lassen. Freilich ist unsre Keuschheit auch ein Schatz, den man um niedriger Dinge willen nicht ausgeben soll; aber für hohe und große Dinge sollen wir ihn verschwenderisch austeilen. Allerdings sollen wir unsre Keuschheit achten und sie nur Männern von Verdienst und Tugend opfern, den niedrigen, gemeinen und wertlosen aber verweigern. Was unsre Gatten betrifft, so frage ich, ob sie denn solche Abgötter sind, daß wir nur ihnen unsre Kerze weihen sollen und nicht auch andern schönen Götterbildern. Denn ein einziges Gelübde ist man nur Gott allein zu halten schuldig.«
Diese Rede gefiel der Dame nicht übel und war auch ihrem Liebhaber von Nutzen, der durch ein wenig Ausdauer zum Ziel gelangte. Solche Barmherzigkeitspredigten sind aber gefährlich für die armen Ehemänner. Ich habe erzählen hören (weiß aber nicht, ob es wahr ist, und will es nicht verbürgen), daß die Hugenotten im Anfang ihrer Religionsgründung ihre Predigten nachts und im verborgenen abhielten, aus Furcht, entdeckt und angeklagt zu werden. Dies geschah einst in der Straße Saint-Jacques zu Paris zur Zeit Heinrichs des Zweiten, wobei vornehme Damen, die sich dort um dieser Barmherzigkeit willen eingefunden hatten, überrascht wurden. Am Schluß seiner Predigt mahnte der Priester zur Barmherzigkeit, und gleich darauf wurden die Lichter verlöscht, und jeder übte sie mit seinem [108] Bruder und seiner Schwester in Christo, indem man die Gaben gegenseitig je nach Wollen und Können austeilte. – Ich würde nicht wagen, dies zu erzählen, wenn man mir nicht die Wahrheit dessen versichert hätte; aber vielleicht ist es doch nur Lüge und Verleumdung.
Ich weiß jedoch, daß damals zu Poitiers die Frau eines Advokaten lebte, genannt die schöne Gotterelle, die ich selbst gesehen habe. Sie war eine der schönsten, anmutigsten und begehrenswertesten Frauen der Stadt, und alle Augen und Herzen flogen ihr zu. Sie ging nach beendigtem Gottesdienst nacheinander durch die Hände von zwölf Schülern, sowohl im Konsistorium wie unter dem Wetterdach, ja, wie ich hörte, sogar unter einem Meßstock des Altmarkts, ohne Lärm zu schlagen oder Widerstand zu leisten; sie befolgte nur die Worte der Predigt und empfing alle mit Freundlichkeit wie wahre Brüder Christi. Dieses Almosen spendete sie den Hugenotten lange Zeit, aber für die Papisten hatte sie nicht für eine Dublone übrig. Trotzdem gelang es einigen Papisten, die von den Hugenotten die Redeweise ihrer Versammlungen angenommen hatten, sie zu genießen. Andre gingen zur Predigt unter dem Vorwand, die reformierte Lehre kennen zu lernen, in Wirklichkeit aber, um dieses schöne Weib genießen zu können. Ich war damals als junger Student zu Poitiers, wo verschiedene meiner Kollegen, die auch ihr Teil von ihr genossen hatten, mir die Wahrheit verbürgten; übrigens ging das Gerücht davon durch die ganze Stadt. Das war die hübsche Barmherzigkeit einer gewissenhaften Frau gegen ihre Religionsgenossen!
Noch eine andre Art von Barmherzigkeit wird öfter ausgeübt, und zwar an den armen Gefangenen im Kerker, die des Vergnügens mit den Damen beraubt sind. Mit diesen haben die Kerkermeisterinnen und die wachhabenden [109] Frauen Mitleid oder die Kastellaninnen, die in den Schlössern Kriegsgefangene halten, und sie lassen ihnen Barmherzigkeit widerfahren. So sagte einst eine römische Courtisane zu ihrer Tochter, in die ein hübscher Mann verliebt war, ohne daß sie ihn erhören wollte: »E dagli, al manco per misericordia.«
So behandeln die Kerkermeisterinnen, Kastellaninnen und andre ihre Gefangenen, die trotz ihres Elendes und ihrer Haft nicht aufhören, den Stachel des Fleisches zu fühlen, grade so wie zu besseren Zeiten. Ein altes Sprichwort sagt: »Die Armut erzeugt Fleischeslust.« Und auf dem Stroh und bei trocknem Brote erhebt Meister Priapus gerade so gut das Haupt wie in dem weichsten und besten Bette der Welt.
Deshalb sind die Armen und die Gefangenen in ihren Hospitälern und Gefängnissen ebenso brünstig wie die Könige, Prinzen und großen Herren in ihren prächtigen Palästen und feinen Betten.
Zur Bestätigung dessen will ich eine Geschichte anführen, die mir einst der Galeeren-Kapitän Beaulieu erzählte, von dem ich schon mehrmals gesprochen. Er befand sich bei dem verstorbenen Großprior von Frankreich, aus dem Hause Lorraine, und wurde von ihm sehr geliebt. Eines Tages wollte er ihn zu Malta in einer Fregatte besuchen, wurde aber von sizilischen Galeeren aufgegriffen und nach Castellamare bei Palermo gebracht, wo er in ein elendes, enges und dunkles Gefängnis geworfen und während dreier Monate auf das schlechteste behandelt wurde. Der Kastellan, ein Spanier, hatte zwei sehr schöne Töchter, und als diese den Gefangenen jammern hörten, baten sie eines Tages ihren Vater um Erlaubnis, ihn – um der Liebe Gottes willen – besuchen zu dürfen. Es wurde ihnen gewährt Da nun der Kapitän Beaulieu ein sehr wackerer Mann war und vortrefflich zu sprechen verstand, wußte er die Mädchen gleich vom ersten Augenblick an zu gewinnen, so daß sie [110] von ihrem Vater die Entfernung des Gefangenen aus diesem elenden Kerker erwirkten und ihm ein anständiges Zimmer und eine bessere Behandlung verschafften. Das war aber noch nicht alles, denn sie erhielten auch die Erlaubnis, täglich einmal zu ihm zu gehen und mit ihm zu plaudern.
Die Sache machte sich so gut, daß alle beide sich in ihn verliebten, obgleich er nicht hübsch war, sie aber sehr schön. Und ohne Furcht vor härterem Kerker oder gar Todesstrafe, erlag er der Versuchung und genoß die beiden in aller Muße. Es wurde auch nicht ruchbar, trotzdem er acht Monate lang dieses Glück genoß, und es ging ohne irgend einen Unfall, wie Überraschung oder Befruchtung der beiden Schwestern ab. Denn sie verstanden sich gut untereinander, und es waren so sichere Wachen ausgestellt, daß nichts herauskam. Er schwor mir zu (denn er war mir ein lieber Freund), daß er während seiner Freiheit nie bessere Zeit gehabt als damals und nie größere Glut empfunden als in jenem Gefängnis, welches sehr schön gewesen sei, obgleich man denken sollte, daß es ein schönes Gefängnis gar nicht geben kann. Dies dauerte acht Monate lang, bis der Waffenstillstand zwischen dem Kaiser und Heinrich dem Zweiten eintrat und alle Gefangenen in Freiheit gesetzt wurden. Er versicherte mir, es hätte ihm nichts so leid getan, wie dieses gute Gefängnis und die beiden schönen Schwestern verlassen zu müssen, die seinen Abschied ebenfalls tief betrauerten.
Ich fragte ihn, ob er niemals eine Entdeckung vermutet habe. Das wohl, sagte er, aber gefürchtet habe er sie nicht; denn im schlimmsten Falle hätte man ihn getötet, und er wäre lieber gestorben als in den ersten Kerker zurückgekehrt. Übrigens hatte er gefürchtet, daß, wenn er die hübschen Mädchen nicht befriedigt hätte, sie ihm aus Ärger eine noch schlimmere Behandlung verschafft haben würden, und so hätte er sich mit geschlossenen Augen kopfüber in dieses schöne Abenteuer gestürzt.
[111] Sicherlich verdienen diese guten, mitleidigen Spanierinnen das höchste Lob: sie waren nicht die Ersten und sind auch nicht die Letzten.
Man erzählt, daß einst in Frankreich der Herzog d'Ascot, der zu Vincennes gefangen saß, sich mit Hilfe einer ehrenwerten Dame aus dem Kerker befreite, was freilich schlimm für sie ablief, denn er stand im Dienste des Königs. Solche Barmherzigkeiten sind tadelnswert, die das ganze Leben aufs Spiel setzen, aber gut und lobenswert sind sie, wenn es sich nur um einen Teil handelt und sich nur der holde Leib zum Opfer bringt. Das schadet wenig.
Ich könnte für dieses Thema zahlreiche Beispiele anführen, wenn ich darüber eine besondere Abhandlung schreiben wollte, die nicht wenig kurzweilig werden würde. Ich will jedoch nur noch diese eine Geschichte erzählen, und weiter keine, da sie lustig ist und aus dem Altertum stammt.
Bei Titus Livius lesen wir, daß nach der völligen Zerstörung der Stadt Capua durch die Römer mehrere Einwohner nach Rom kamen, um dem Senat ihr Elend zu klagen und um Mitleid zu bitten. Die Sache wurde im Rat besprochen, und unter andern äußerte M. Atilius Regulus seine Meinung dahin, daß den Leuten keine Gnade gewährt werden solle, denn er kenne, sagte er, keinen Capuaner, der seit der Empörung ihrer Stadt auch nur die geringste Freundschaft für den römischen Staat bekundet hätte, außer zwei achtbaren Frauen, nämlich Vesta Opia, aus der Stadt Atella, damals in Capua wohnhaft, und Faucula Cluvia. Diese beiden waren ehemals Freudenmädchen gewesen und hatten ihr Gewerbe öffentlich ausgeübt Die eine hatte keinen Tag vergehen lassen, ohne für das Wohl und den Sieg des römischen Volkes Gebete und Opfer darzubringen. Die andre hatte den armen hungerleidenden Kriegsgefangenen heimlich Lebensmittel zugesteckt.
[112] Das waren gewiß schöne Züge von Barmherzigkeit. Als eines Tages ein Kavalier, eine Dame und ich diese Stelle lasen, sagten wir uns sofort, daß diese beiden Frauen, da sie sich einem so frommen Amte gewidmet, auch wohl noch weiter gegangen seien und den Gefangenen die Barmherzigkeit ihres Schoßes zukommen ließen; denn da sie einst Buhlerinnen gewesen und auch mit andern Mitleid geübt hatten, so würden sie es später nicht anders gehalten haben. Jedoch Titus Livius sagt das nicht und läßt es zweifelhaft; man kann es jedoch vermuten. Aber wenn sie ihren Beruf fortgesetzt und nur für einige Zeit unterbrochen hätten, konnten sie ihn sofort wieder aufnehmen, da nichts leichter ist als das. Vielleicht erkannten sie unter den Gefangenen auch noch manche Liebhaber ihrer früheren Bekanntschaft, die sie noch einmal auf der alten Spur gehen lassen wollten. Endlich auch sahen sie unter ihnen vielleicht Unbekannte, die sie hübsch fanden und die ihre volle Barmherzigkeit verdienten. Deshalb hielten sie denn auch nicht damit zurück. So wird es wohl gewesen sein. Sei dem nun wie ihm wolle, jene Frauen verdienten sicherlich die ihnen von der Römischen Republik dargebrachte Freundlichkeit, die sie im Wiederbesitz all ihrer Güter in Frieden genießen durften. Ja, noch mehr, der Staat gab ihnen zu wissen, daß ihnen jeder Wunsch, den sie äußern würden, gewährt werden solle. Um die Wahrheit zu sagen, wenn Titus Livius nicht mehr als nötig so peinlich auf Wohlanständigkeit bedacht wäre, so hätte er es gerade heraussagen sollen, daß jene Frauen ihren holden Leib nicht geschont hatten. Dann wäre auch diese historische Stelle hübscher und amüsanter zu lesen und das Schönste an der Geschichte wäre ihm nicht in der Feder stecken geblieben. – Das ist es, was wir damals hierüber sprachen.
Der König Johann, der in England Gefangener war, empfing ebenfalls viele Gunstbezeigungen von seiten der Gräfin von Salsberiq (Salisbury), und zwar so gute, daß er sie nicht vergessen konnte und zurückkehrte, um sie wiederzusehen, was er ihr auch hatte versprechen müssen.
[113] Einige Damen sind in ihrer gewissenhaften Barmherzigkeit sehr amüsant. So wollte eine ihrem Geliebten nicht erlauben, wenn er bei ihr schlief, ihren Mund zu küssen, und zwar aus dem Grunde, weil ihr Mund ihrem Gatten Treue gelobt habe und sie ihn deshalb nicht von einem andern entweihen lassen wolle; aber ihr anderer Mund hätte nicht geredet und nichts versprochen, und so trüge sie keine Bedenken, ihn darzureichen. Der Mund oben besäße nicht die Macht, sich für den Mund unten zu verpflichten, und umgekehrt; denn das Gesetz geböte, daß man sich nicht ohne mündliches Einverständnis beider Parteien zu etwas verpflichten könne; das Wort des einen genüge nicht.
Eine andre ebenso gewissenhafte und allzu genaue Dame, die ihrem Freunde den Genuß gewährte, wollte stets die Oberhand und ihren Freund unter sich haben, und davon ging sie um kein Jota ab. Wenn dies strenge durchgeführt würde, sagte sie, könne sie stets ihrem Gatten oder sonst jemand gegenüber mit gutem Gewissen leugnen, daß sie einem Manne unterlegen wäre, denn sie war ja oben gewesen. Dieses Gelübde wußte sie so gut durchzuführen, daß sie ihren Gatten und andre völlig beruhigte, wenn sie gefragt wurde. Man glaubte ihr, was sie sagte. »Wäre es ihnen aber eingefallen,« sagte sie, »mich zu fragen, ob ich vielleicht manchmal die obere Partei gehabt hätte, dann wäre ich freilich in Verlegenheit gekommen.«
Ich glaube, über diesen Punkt schon gesprochen zu haben, aber man kann sich nicht immer auf alles besinnen, und mich dünkt, mit dieser hat es ja auch noch eine besondere Bewandtnis.
Gewöhnlich sind die Damen dieser Art sehr lügnerisch und reden kein wahres Wort; denn sie haben sich so sehr an das Lügen gewöhnt (und wäre es anders, so wären sie sehr dumm und hätten nur Schaden), daß sie sich ihren Gatten und Liebhabern gegenüber stets der Lüge bedienen, und wenn sie von andern Dingen reden sollen, lügen sie ebenfalls, und man darf ihnen kein Wort glauben.
[114] Von andern Frauen weiß und hörte ich, daß sie sich ihren Geliebten nur hingeben, wenn sie gesegneten Leibes sind, damit sie von ihnen nicht befruchtet werden, und es ihren Männern erspart bleibt, Kinder als ihre eigenen zu pflegen und erziehen, die nicht von ihnen abstammen. Auch darüber habe ich bereits gesprochen. Wenn sie erst einmal schwanger sind, glauben sie durch die Hingabe an andre ihren Gatten nicht mehr zu beleidigen und ihn nicht zum Hahnrei zu machen.
Vielleicht wurden sie auch durch dieselben Gründe geleitet wie Julia, die Tochter des Augustus und Frau des Agrippa, die zu ihrer Zeit eine berüchtigte Buhlerin war und ihrem Vater noch mehr Ärgernis bereitete als ihrem Gatten. Als sie einst gefragt wurde, ob sie nicht befürchte, von ihrem Liebhaber geschwängert zu werden, so daß ihr Mann, wenn er es bemerke, in Zorn gerate, erwiderte sie: »Dafür habe ich gesorgt, denn ich nehme nur dann einen Passagier in mein Schiff auf, wenn es bereits beladen ist.«
Nun gibt es noch eine Art von Hahnreien; aber das sind die wahren Märtyrer, denn ihre Frauen sind häßlich wie die Teufel und wellen trotzdem an jener süßen Wonne teilnehmen, gerade wie die schönen, denen allein dieses Vorrecht gebührt. Das Sprichwort sagt: »Die schönen Männer an den Galgen und die schönen Frauen ins Bordell«. Trotzdem sind diese häßlichen Weiber grade so wollüstig wie die andern; aber man muß sie entschuldigen, denn sie sind ja auch Weiber und besitzen dieselbe Natur, nur daß sie nicht so schön sind. Ich sah häßliche Frauen, die sich, wenigstens in ihrer Jugend, grade so hoch einschätzten wie die schönen; denn eine Frau, meinen sie, habe genau den Wert, den sie sich selbst beilegt. So wird ja auch auf dem Markte jede Ware zu höherem oder geringerem [115] Preise verkauft, je nachdem wie man sie gebrauchen kann, und je nach der früheren oder späteren Stunde, zu der man auf den Markt kommt. Denn, wie man sagt, man sucht immer zum besten Preise zu kaufen, wenn auch die Ware nicht die beste ist, und ihr Absatz hängt ganz von der Geschicklichkeit des Kaufmanns ab.
Unter den häßlichen Frauen habe ich sehr brünstige gesehen, die ebenso zur Liebe geschickt waren und sich auf dem Liebesmarkt nicht weniger hervordrängten und geltend machten wie die schönen.
Das Häßlichste aber an ihnen ist, daß sie es sind, die die Kunden auffordern, von ihrer Ware zu einem billigen Preise zu kaufen, während doch sonst umgekehrt die Käufer nach den schönsten Waren fragen. Ja, noch mehr, sie bieten dem Käufer Geld an, um Kundschaft anzulocken, und glauben dadurch, die schäbige Ware blank zu putzen. Das ist dann freilich ein Jammer; denn zu diesem Blankputzen gehört keine geringe Summe und es kostet mehr, als die ganze Sache wert ist Indessen wird der Herr Gemahl trotzdem ein armer Schelm und ein Hahnrei zu gleicher Zeit, und zwar von einer Häßlichen, die schlechter zu verdauen ist als eine Schöne. Dazu kommt noch das Elend, einen Teufel an seiner Seite zu haben, statt einen Engel.
Manche galanten Männer wünschen daher lieber eine schöne Frau, die ein wenig buhlerisch ist, als eine häßliche, die ein Muster von Keuschheit wäre. Denn die Häßlichkeit erregt nur Mißfallen, während die Schönheit Wonnen, und, wie einige behaupten, nur wenig Unheil bietet Ich berufe mich auf die, welche in dieser Richtung Erfahrung besitzen.
Von einigen hörte ich, daß es den Männern manchmal weniger darum zu tun ist, keusche Frauen zu haben. Denn die mit diesem seltenen Geschenk begabten Frauen sind so hochmütig, daß sie nicht nur ihre Gatten, nein, man möchte sagen, Himmel und Erde beherrschen möchten. Sie glauben, daß Gott ihnen für ihre stolze Keuschheit einen [116] besonderen Lohn schuldig sei. Aber sie täuschen sich gewaltig, denn ich hörte von großen Gelehrten sagen, daß Gott mehr eine reuige Sünderin liebt (wie Magdalena), als ein hochmütiges Weib, welches glaubt, das Paradies verdient zu haben, ohne erst Gottes Barmherzigkeit zu erbitten.
Ich hörte von einer Dame, die so stolz auf ihre Keuschheit war, daß sie sogar ihren Gatten deshalb verachtete, und wenn man sie fragte, ob sie mit ihrem Manne geschlafen habe, antwortete: »Nein, er hat mit mir geschlafen.« Großartig! Man kann sich also denken, was für Genüsse diese dummen keuschen Frauen ihren armen Männern bereiten, obgleich sie ihnen gar nichts vorzuwerfen haben. Und nun gar die, welche keusch sind und reich dazu. Wenn schon jene ihrem Gatten gegenüber so die Hochmütige spielte, dann zeigen diese wegen des gar zu großen Dünkels auf ihre Keuschheit beim geringsten Fehler ihres Gatten eine furchtbare Herrschsucht, besonders wenn der Mann schlecht wirtschaftet Spielt er oder macht er große Ausgaben, so schreit und zetert sie, daß ihr Haus mehr einer Hölle gleicht als einem trauten Heim. Muß er etwas Geld für eine Reise in Hof- oder Kriegsahngelegenheiten aufwenden, oder für Prozesse oder besondere Bedürfnisse, oder auch für seine kleinen Liebhabereien, dann ist es gar nicht mehr auszuhalten; denn die Frau, gestützt auf ihre Keuschheit, bringt dann ihre Überlegenheit zur Geltung, so daß der Mann sich ihrem Urteilsspruch fügen muß. Juvenal hat das in einer seiner Satiren sehr gut gesagt:
» ... Animus uxoris si deditus uni
Nil unquam invitâ donabis conjuge; vendes,
Hac obstante. nihil hæc, si nolit, emetur.«
Aus diesen Versen sehen wir, daß die alten Römerinnen in diesem Punkt ähnlich geartet waren, wie manche Frauen [117] unsrer Zeiten; wenn aber eine Frau ein wenig unkeusch ist, dann gibt sie sich viel bequemer, unterwürfiger, gelehriger, lenksamer, schüchterner und liebenswürdiger und ist ihrem Gatten in allen Dingen willfähriger. Solche Frauen habe ich weder zürnen noch schreien, noch sich störrisch benehmen gesehen, aus Furcht, der Gatte könne ihr ihre Fehler vorhalten, oder sie gar mit ihrem Leben büßen lassen. Und will der Mann von ihrem Vermögen etwas verwenden, so geben sie es her, ehe er es noch gesagt hat. Ich sah viele solche Frauen; kurz: sie tun was der Mann will.
Sind solche Männer nicht wohl aufgehoben, wenn sie die Hahnreie so angenehmer Frauen sind? Sie ziehen von ihnen viele Bequemlichkeiten und Vorteile, haben außerdem das Vergnügen, eine Schönheit zu genießen und schwimmen mit ihnen in einem guten klaren Wasser statt in einer sumpfigen Lache. Und da man doch einmal sterben muß, wie ein mir bekannter Feldherr sagte, so ist es besser, durch einen schönen jungen, blanken und schneidigen Degen den Tod zu erleiden, als durch eine alte, rostige und schlecht polierte Klinge, die aller Schmirgel der Stadt Paris nicht blank putzen könnte.
Was ich von den jungen Häßlichen sage, das sage ich auch von manchen alten Frauen, die geputzt sein wollen und die sich für ebenso hübsch und blank halten, wie die schönsten Frauen der Welt (worüber ich eine besondere Abhandlung schreiben werde). Unter diesen armen alten Weibern gibt es stets welche, die sich mit ihren beiden Börsen verausgaben. Durch das Geld der einen wird auch die andre gut und eng gefunden. Und dann sagt man ja auch, [118] daß die Freigebigkeit in allen Dingen achtbarer ist als Oerz und Knickerei. Nur daß die Frauen, je freigebiger sie mit ihrem Schöße sind, desto weniger geachtet werden; noch weniger aber werden die geizigen und knauserigen geachtet.
So äußerte sich einst ein großer Herr über zwei vornehme Damen, zwei Schwestern, die ich kenne; die eine war mit ihrer Ehre knauserig, aber mit ihrem Geldbeutel freigebig, die andre dagegen geizig mit diesem und freigebig mit jener.
Nun gibt es noch eine andre Rasse von Hahnreien, und die sind abscheulich vor Gott und den Menschen; das sind die, welche in einen schönen Adonis verliebt sind und ihn der Frau überlassen, um ihn dann selbst zu genießen.
Bei meinem ersten Aufenthalt in Italien hörte ich davon ein Beispiel zu Ferrara. Ein Mann war in einen schönen Jüngling verliebt und überredete seine Frau, sich diesem, der seinerseits in sie verliebt war, anzutragen. Sie bestimmte denn auch einen Tag und tat, was ihr Gatte befahl. Die Dame hatte ihn sehr gern und wollte gar kein andres Wildpret wie dies. Endlich war die Stunde gekommen, wo der junge Mann und die Frau sich im süßen Liebesspiel zusammenfanden. Da trat der Mann, der sich verborgen gehalten, plötzlich ein, wie er es mit seiner Frau verabredet hatte. Ihn auf der Tat überraschend, setzte er dem jungen Manne den Dolch an die Kehle und sagte ihm, daß er nach den Gesetzen Italiens, die strenger sind als die Frankreichs, für dieses Verbrechen des Todes sei. Er zwang den Jüngling, ihm zu gewähren, was er wollte, und so wechselten sie die Rollen: der junge Mann gab sich dem Gatten hin, und dieser überließ seine Frau dem jungen Manne. So wurde er Hahnrei auf eine sehr häßliche Art.
Ich hörte erzählen, daß irgendwo (ich will den Ort nicht nennen) ein vornehmer Mann lebte, der in einen Jüngling verliebt war. Dieser aber liebte dessen Frau und sie ihn. Sei es nun, daß der Gatte seine Frau gestimmt hatte, oder daß die Überraschung unversehens geschah, kurz, er [119] ertappte beide und zwang den jungen Mann, ihm zu Willen zu sein. Er vereinigte sich mit dem Jüngling, während dieser auf seiner Frau lag. Das war die Lösung des Problems, wie drei Liebende einander zu gleicher Zeit genießen können.
Ich hörte von einer Dame, die in einen Edelmann sterblich verliebt war und ihn zu ihrem Freund und Günstling machte. Da er nun fürchtete, daß der Gatte ihm und ihr etwas zu leide tun könnte, tröstete sie ihn mit den Worten: »Fürchte nichts, denn er wird es nicht wagen, aus Furcht, ich könnte ihn beschuldigen, daß er mich als hintere Venus benutzen wollte, und wenn die Justiz ein Wort davon erführe, wäre es sein Tod. Ich halte ihn stets damit im Schach, so daß er aus Furcht vor meiner Beschuldigung nichts zu sagen wagt.«
Sicher hätte diese Anklage dem armen Ehemanne nichts geringeres als das Leben gekostet; denn das Gesetz sagt, daß schon der Versuch der Sodomie strafbar ist; aber die Dame wollte vielleicht das Wort nicht grade heraussagen und nicht kundgeben, daß ihr Mann nicht beim Versuch stehen geblieben war.
Mir wurde erzählt, daß in einem dieser Jahre ein junger französischer Edelmann, einer der schönsten, die man seit lange am Hofe gesehen, Studien halber nach Rom gegangen war, wie andre seinesgleichen. Dort erregte er durch seine Schönheit solche Bewunderung, daß Männer wie Frauen ihn mit Wohlgefallen ansahen und ihm förmlich nachliefen. Wenn man wußte, daß er zur Messe ging oder sich an irgend einen andern öffentlichen Ort oder zu einer Versammlung begab, so kamen Frauen und Männer dorthin, nur um ihn zu sehen. Ja, einige Ehemänner erlaubten ihren Frauen sogar, ihm ein Stelldichein in ihrem Hause zu geben, damit sie ihn dort überraschen und dann die Rolle mit der Frau tauschen konnten. Ihm wurde daher geraten, nicht zu diesen Schäferstündchen zu gehen, weil alles darauf angelegt sei, ihn abzufassen. So nahm er Vernunft an und [120] zog seine Ehre und sein Gewissen allen verächtlichen Vergnügungen vor, was ihm zu hohem Lobe gereichte. Endlich wurde er leider von seinem Diener umgebracht. Über die Gründe herrscht Meinungsverschiedenheit; aber es war sehr schade um ihn, denn er war ein achtbarer junger Mann aus gutem Hause und versprach eine schöne Zukunft sowohl wegen seines Äußern, seiner edlen Handlungen, als auch schon wegen dieses schönen und noblen Zuges. Denn, wie ich von einem sehr galanten Manne meiner Zeit hörte, und was sicherlich wahr ist: Kein Kynede bewährte sich jemals so tapfer und edelmütig, wie der große Julius Cäsar. Solche abscheulichen Menschen sind auch vor dem Angesichte Gottes verworfen, weshalb es mich verwundert, Leute, die mit diesem häßlichen Laster befleckt sind, noch vom Himmel mit großem Glück und Wohlstand gesegnet zu sehen. Aber Gott erwartet sie, und am Ende wird man ja sehen, was aus ihnen geworden.
Diesen Abscheulichkeiten sind, wie ich hörte, viele Ehemänner ergeben; denn solch Unglückliche haben sich gewöhnt, ihre Frauen mehr als Kynede zu benutzen und den normalen Weg nur zu wählen, falls sie Kinder haben wollen. Sind die armen so behandelten Frauen nicht entschuldbar, wenn sie ihre Männer, die solche unsaubere Neigung haben, zum Hahnrei machen?
Wie viele Frauen gibt es in der Welt, die, wenn sie von Hebammen und erfahrenen Ärzten und Chirurgen untersucht werden, sich nicht mehr als Jungfrauen erweisen, weder a fronte noch a tergo. Sie könnten ihren Gatten sofort den Prozeß machen; aber sie unterlassen es, aus Furcht, sich und ihn dadurch zu beschimpfen. Manchmal auch finden sie selbst ein größeres Vergnügen daran, als man denken sollte; endlich dulden sie es auch in der oben angeführten Absicht, nämlich um ihre Gatten in Schach zu halten, damit diese keinen Einspruch erheben können, wenn sie andre Liebschaften haben. Aber wie dem auch sei, abscheulich ist es jedenfalls.
[121] Die Summa Benedicti sagt: ein Gatte, der gegen die Natur handelt, begeht eine Todsünde; und wenn er behaupten wollte, daß er über seine Frau verfügen könne, wie es ihm beliebt, so verfällt er in die häßliche und abscheuliche Ketzerei mancher Juden und schlechten Rabbiner, von denen man sagt, daß mulieribus apud synagogam conquestis se fuisse a viris suis cognitu sodomico cognitas, responsum est ab illis rabinis: virum esse uxoris dominum, proinde posse uti ejus utcumque libuerit, non aliter quam is qui piscem emit: ille enim, tam anterioribus quam posterioribus partibus, ad arbitrium vesci potest.
Ich gebe dies auf Lateinisch, ohne es zu übersetzen, denn es klingt sehr schlecht für keusche Ohren. Wirklich, es ist abscheulich, für einen so schönen Körperteil, der gestattet ist, einen andern einzutauschen, der unsauber und verboten ist!
Wenn ein Mann seine Frau so behandelt, dann ist es ihr erlaubt, sich von ihm zu trennen, falls sie kein andres Mittel hat ihn zu bessern. Benedictus sagt ferner, die Frauen, welche Gott fürchten, sollten es niemals zulassen, sondern vielmehr schreien, trotz des Skandals, der daraus entstehen würde, und sollten weder die Schande noch den Tod fürchten. Denn das Gesetz sagt, es ist besser zu sterben, als dem Bösen nachzugeben. Jenes selbe Buch sagt noch etwas, das ich sehr sonderbar finde, nämlich: in welcher Weise der Mann auch seine Frau erkenne, wenn sie nur empfangen kann, so ist es keine Todsünde, die nicht vergeben werden könnte. Es gibt sehr häßliche Methoden, wie Aretino sie in seinen Figuren darstellt, die nichts mit der ehelichen Keuschheit zu tun haben, obwohl sie, wie ich sagte, bei Frauen in guter Hoffnung erlaubt sind, sowie bei Frauen, die einen häßlichen Atem haben. So kannte ich einige, bei denen es kein Genuß war sie zu küssen. Von einer sehr vornehmen Dame hörte ich – ich sage ausdrücklich sehr vornehm – daß eine ihrer Damen eines Tages sagte, ihr Atem röche wie ein bronzener Kammertopf[122] – so drückte sie sich nämlich aus. Einer ihrer intimen Freunde, der sich ihr näherte, bestätigte mir das auch; freilich war sie schon ein wenig hoch in Jahren.
Was soll nun in solchem Falle ein Gatte oder Liebhaber andres tun als seine Zuflucht zu einer extravaganten Form nehmen? Freilich braucht er nicht grade bis zur Pädicatio vorzugehen.
Ich könnte mehr darüber sagen, aber es widersteht mir; auch bedaure ich, schon so viel davon gesagt zu haben; allein oft ist es eben nötig, die Laster der Welt aufzudecken, wenn man sie bessern will.
Nun muß ich noch von der ungünstigen Meinung berichten, die manche über die Höfe unsrer Könige hatten und noch haben, nämlich daß die Mädchen und Frauen dort meist, ja gewöhnlich zu Falle kommen. Das ist aber nicht ganz richtig, denn es gibt bei Hofe sehr keusche, achtbare und tugendhafte Frauen, ja mehr als anderswo, und die Tugend wohnt hier ebenso gut, ja besser als an andern Orten, was sich sehr wohl beweisen läßt.
Ich will nur das eine Beispiel von der jetzigen Großherzogin von Florenz aus dem Hause Lorraine anführen. Diese kam an dem Abend, wo der Großherzog sich mit ihr vermählte, nach Florenz, und als er ihr die Jungfrauschaft nehmen wollte, ließ er sie vorher in ein schönes durchsichtiges Krystall-Urinal ihr Wasser lassen und befragte seinen Arzt, einen sehr gelehrten und erfahrenen Mann, ob sie nach dem Befunde des Urins noch Jungfrau sei oder nicht mehr. Der Arzt stellte eine genaue Untersuchung an und fand, daß die Frau so beschaffen sei, wie sie aus dem Mutterleibe gekommen; er möge nur getrost ans Werk gehen, er würde den Weg nicht offen finden. Das tat der Gatte denn auch und fand die Wahrheit bestätigt. Am nächsten Morgen sagte er voll Erstaunen: »Das ist in der Tat ein großes Wunder, daß dieses Weib als Jungfrau vom [123] französischen Hofe kam!« Welch eine Neugierde und welch eine Auffassung von diesem Herrn! Ich weiß nicht, ob die Geschichte wahr ist, aber es wurde mir versichert.
Solche Meinung hat man über unsre Höfe; aber nicht nur erst seit heute, sondern schon seit langer Zeit ist man der Ansicht, daß die Damen des Pariser Hofes nicht so keusch sind, wie die Frauen des platten Landes, die nicht weit von ihrem Hause wegkommen. Es hat Männer gegeben, die so peinlich waren, keine Frauen oder Mädchen zu heiraten, die viel gereist waren und auch nur ein wenig von der Welt gesehen hatten. Ja, in unserm Guyenne sollten, wie ich in meiner Jugend von mehreren galanten Männern versichern hörte, niemals Frauen oder Mädchen geheiratet werden, die den Hafen von Pille passiert haben, um nach Frankreich zu reisen. Es war sehr dumm von den Männern, so geschickt sie in andern Dingen sein mochten, sich einzubilden, daß die Hahnreischaft in ihren Häusern, Zimmern und Schlafstuben nicht ebenso gut wohnen könne wie in den königlichen Palästen und den großen Königsstädten! Denn ihre Frauen wurden ebenso verfolgt und verführt, wenn die Männer zu Hofe oder in den Krieg oder auf die Jagd gingen oder ihren Geschäften oder Vergnügungen oblagen. Sie waren so einfältig, es nicht zu bemerken und zu meinen, man wage den Frauen kein Wort von Liebe zu sagen, sondern sich nur über ihre Gärten, ihre Jagden und Vögel zu unterhalten. Bei dieser Meinung und Leichtgläubigkeit wurden sie aber leichter Hahnreie als sonst; denn eine hübsche gewandte Frau und ein hübscher kluger Mann wissen für ihre Liebe stets die Gelegenheit ausfindig zu machen. O, wie dumm waren doch diese Männer! Wußten sie denn nicht, daß Venus keinen festen Wohnsitz hat, wie einst in Cypern, Paphos und Amatonte, und daß sie überall zu Hause ist, selbst in den Hütten der einfältigsten Hirten?
Seit einiger Zeit haben sie angefangen, diese törichten Ansichten aufzugeben; denn da sie bemerken, daß die Gefahr [124] der traurigen Hahnreischaft überall droht, nehmen sie ihre Frauen, woher sie sie grade bekommen können; ja, noch mehr: sie bringen sie sogar an den Hof, damit ihre Schönheit besser zur Geltung komme und dem oder jenem Verlangen erwecke, freilich nur um sich Hörner anzuschaffen.
Wieder andre Männer benutzten ihre Frauen zur besseren Durchführung ihrer Prozesse. Manche hatten freilich gar keinen Prozeß und gaben es nur vor; wenn sie aber tatsächlich im Prozeß lagen, so zogen sie ihn möglichst lange hinaus, um ihre Liebeshändel zu verlängern. Ja, manchmal ließen die Ehemänner ihre Frauen in der Obhut des Justizpalastes, oder in der Galerie und im Saal zurück und gingen nach Hause in der Meinung, daß ihre Geschäfte von den Frauen besser geführt und ihre Streitsache schneller zur Entscheidung gebracht werden würde. Und in der Tat, ich kenne manche, die einen Prozeß mehr durch die Gewandtheit und Schönheit ihrer Frauen, als durch ihr gutes Recht gewannen. Bei der Gelegenheit wurden die Frauen oft guter Hoffnung, und (wenn die Mittel dagegen unwirksam geblieben waren) begaben sie sich zur Vermeidung eines Skandals schnell nach Hause zu ihrem Gatten unter dem Vorwand, notwendige Schriftstücke besorgen zu müssen oder eine Erkundigung einholen zu wollen oder weil sie den Sankt-Martinstag abwarten müßten und während der Ferien, wo die Sache ruhe, ihr Heim und ihren Gatten besuchen wollten. Freilich kamen sie zum Besuch, aber schwanger.
Ich verweise auf zahlreiche vortragende Räte und Präsidenten, die manchen guten Bissen von den Frauen der Edelleute gekostet haben.
Noch kürzlich führte eine sehr schöne, achtbare und vornehme Frau, die ich kannte, einen Prozeß zu Paris, und jemand sagte: »Was wird sie da ausrichten? Sie wird ihn verlieren; ihr Recht steht auf schwachen Füßen.« Aber trägt sie denn nicht ihr Recht in ihrem reizenden Schöße, wie Cäsar das seinige an der Spitze seines Schwertes trug?
[125] Die Edelleute werden also auch im Justizpalast zum Hahnrei, wofür sie dann zur Entschädigung die Herren Präsidenten und Räte dazu machen. Von den Damen dieser Herren sah ich manche, die ebenso gut wie die Frauen und Töchter der Kavaliere und Edelleute des Hofes auf verbotenen Wegen gingen.
Ich kannte eine vornehme Dame, deren einstige Schönheit durch das Alter verblichen war. Sie führte einen Prozeß zu Paris, und da sie sah, daß sie ihn nicht mehr vermöge ihrer Schönheit gewinnen konnte, nahm sie eine junge schöne Dame, ihre Cousine, mit. Sie gab ihr eine große Summe Geldes, etwa zehntausend Taler, damit diese Dame die Funktion übernehme, die sie selbst gern übernommen hätte, aber nicht mehr konnte. Dabei stand sie sich gut und die junge Dame ebenfalls, und alles verlief in der besten Weise.
Vor nicht langer Zeit sah ich eine Mutter, die sich einer ihrer Töchter zu demselben Zweck bediente, trotzdem die Tochter vermählt war. Sie mußte ihr in der Führung ihres Prozesses helfen, da sie keinen andern Ausweg hatte. Die Tochter war sehr schön und wird daher wirkungsvoll plädiert haben.
Aber es ist Zeit, daß ich mit dieser großen Abhandlung über die Hahnreischaft zum Stillstand komme; denn meine langen Reden könnten in diesem tiefen strudelnden Wasser untergehen. Ich komme sonst am Ende gar nicht wieder aus diesem großen Labyrinth heraus, obwohl ich als Wegweiser den längsten und stärksten Faden habe, den es geben kann.
Um zu schließen, will ich nur noch sagen, daß wir, wenn wir den armen Hahnreien so viele Übel, Qualen und böse Streiche nachsagen, sie doch wohl zu schwer belasten und sie dreifache Zinsen zahlen lassen; denn die Mehrzahl ihrer Verfolger und der Liebhaber und Damenhelden ertragen grade soviel Leiden wie sie; Denn sie sind noch mehr der Eifersucht unterworfen, als die Ehemänner gegen [126] ihre Rivalen hegen. Sie werden von qualvollen Launen gepeinigt, begeben sich in die schlimmsten Gefahren und es drohen ihnen Verstümmelung, Wunden, Beleidigungen, Angriffe, Qualen und Tod; sie erdulden Kälte, Regen, Wind und Hitze. Dazu kommen noch die galanten Krankheiten, die sie erwerben, so daß sie oftmals teuer genug erkaufen müssen, was man ihnen darreicht. Und oft ist die ganze Sache der Mühe nicht wert.
Manche sahen wir eines elenden Todes sterben, die befähigt gewesen wären, ein ganzes Königreich zu erobern; ein Beispiel ist Herr de Bussi, dieser unvergleichliche Mann unsrer Zeit, und viele andre.
Ich könnte noch eine Unmenge andre anführen, die ich aber unerwähnt lasse, um zu Ende zu kommen, und rate nur den Liebenden, das italienische Sprichwort zu befolgen, welches sagt: »Che molto guadagna chi putana perde.«
Der Graf Amé von Savoyen, der Zweite, äußerte öfter:
En jeu d'armes et d'amours
Pour une joye cent doulours,
indem er um des Reimes willen das alte Wort anwendet. Er sagte auch, der Zorn und die Liebe wären einander darin sehr ungleich, daß der Zorn leicht vorübergeht und den davon Ergriffenen schnell verläßt, die Liebe aber nicht.
Deshalb sollte man sich vor der Liebe hüten, denn sie kostet uns mehr, als sie wert ist, und nur gar zu oft hat sie Unheil im Gefolge. Um die Wahrheit zu sagen: die Mehrzahl der passiven Hahnreie hat es hundertmal besser als die aktiven Liebhaber, wenn sie mit ihren Frauen sich gut zu verständigen wissen. Und manche sah ich, die sich ihren Hörnern zum Trotz über uns belustigten und über all die Dinge lachten, die wir anstellen, um mit ihren Frauen der Liebe zu pflegen. Ja, oft haben wir es mit [127] listigen Frauen zu tun, die mit ihren Gatten im Einverständnis sind und uns verraten. So kannte ich einen tapfern und achtbaren Edelmann, der eine schöne und anständige Dame lange Zeit geliebt hatte und endlich den langersehnten Genuß fand. Eines Tages bemerkte er, daß sie und der Gemahl sich über etwas auf seine Kosten lustig machten, und er ward so ärgerlich darüber, daß er sie verließ. Und daran tat er wohl. Er unternahm eine weite Reise, um sich zu zerstreuen, und näherte sich ihr, wie er mir sagte, niemals wieder. Vor solchen schlauen, listigen und wankelmütigen Frauen soll man sich hüten, wie vor einem wilden Tier; denn um ihren Gatten zu beruhigen, geben sie ihren früheren Anbeter auf – nehmen aber dann einen andern; denn ohne einen solchen können sie es nun einmal nicht aushalten.
Ich kannte eine sehr achtbare große Dame, die das Unglück hatte, daß ihre fünf oder sechs Liebhaber, die sie zu meiner Zeit besaß, zu ihrem großen Leidwesen einer nach dem andern starben. Man hätte von ihr sagen können, sie sei das Pferd des Sejan, denn jeder, der es bestieg, mußte sterben. Aber sie hatte das Gute an sich und besaß die Tugend, daß sie niemals irgend einen ihrer lebenden Liebhaber wechselte oder verließ, um einen andern zu nehmen; erst wenn sie gestorben waren, sorgte sie für Ersatz. Die Gesetzgeber sagen ja auch, daß es erlaubt ist, einen Grundbesitz, wenn er von seinem ersten Besitzer verlassen ist, von irgend jemand anderm einnehmen zu lassen. Eine solche Beständigkeit war sehr lobenswert an jener Dame. Aber wenn diese bis dahin fest war, so wurde die Standhaftigkeit vieler sehr leicht erschüttert.
Man soll niemals, um es grade heraus zu sagen, in einer und derselben Liebe zu alt werden, und ein Mann von Herz tut es auch nicht Man muß hier und da sein Glück versuchen, in der Liebe wie im Kriege und in andern Dingen; denn wenn man auf seinem Schiff nur einen einzigen Anker hat, so kann man ihn leicht verlieren, wenn er sich [128] ablöst, besonders auf hoher See und im Sturm, wo man mehr den Winden und Wellen ausgesetzt ist als im stillen Hafen.
Und kann es ein größeres und tieferes Meer geben als die Liebe zu einer einzigen Frau? Wenn sie anfänglich noch nicht von selbst schlau und listig ist, so bringen wir Männer es ihr durch unsre eignen Praktiken, die wir mit ihr ausüben, bei. Das gereicht uns dann oft zum Schaden, und die Frau, die wir erst zum Krieg abgerichtet haben, macht uns nun den Krieg. Ein galanter Mann sagte, es sei besser, sich mit einer schönen und anständigen Dame zu verheiraten, selbst wenn man etwas in Gefahr sei, Hörner zu bekommen und an dem Übel der Hahnreischaft zu leiden, das so viele heimsucht, als all die Widerwärtigkeiten zu erdulden, die damit verbunden sind, wenn man andre zum Hahnrei macht Andrer Meinung war freilich Herr du Gua, dem ich eines Tages im Auftrage einer Dame, die mich darum gebeten hatte, vorstellig machte, sich zu verheiraten. Er gab mir nur zur Antwort, er hielte mich für seinen besten Freund, aber durch solche Rede werde er an mir irre, denn ich riete ihm zu einer Sache, die er grade am meisten hasse: sich zu verheiraten und sich zum Hahnrei zu machen, statt daß er die andern dazu mache. Er heirate im Laufe des Jahres Frauen genug, und die Ehe sei eine geheime, durch ein gutes Gesetz vorgeschriebene Prostitution. Das Schlimmste ist, wie ich gesehen und mir gemerkt habe, daß die Mehrzahl jener, ja alle, denen es Vergnügen bereitet, andre zum Hahnrei zu machen, unfehlbar selbst dazu werden, sobald sie heiraten. Ich habe das Sprichwort: »Wie du mir, so ich dir«, stets bewahrheitet gefunden.
Bevor ich schließe, noch ein Wort: Ich hörte eine Streitfrage aufstellen, die noch nicht entschieden ist: in welchen Provinzen und Gegenden unserer Christenheit und Europas gibt es am meisten Hahnreie und Buhlerinnen? Man sagt, daß in Italien die Frauen sehr heißblütig sind [129] und folglich sehr buhlerisch, wie Herr de Bèze in einem Epigramm sagt: Credibile est ignes multiplicare suos; denn wo die Sonne heiß brennt, erhitzt sie auch die Frauen.
Mit Spanien verhält es sich ebenso, obgleich es im Occident liegt; aber hier erhitzt die Sonne die Frauen ebenso wie im Orient.
Die Niederländerinnen, Schweizerinnen, die Deutschen, Engländerinnen und Schottinnen besitzen diese Glut in nicht geringerem Maße, obwohl sie mehr im Norden, also in kälteren Gegenden wohnen; ich habe sie ebenso feurig gefunden wie die Frauen anderer Völker.
Die Griechinnen haben besondere Ursache, üppig zu sein, denn sie bewohnen die Levante. Auch wünscht man sich in Italien eine Greca in letto; und in der Tat, sie besitzen viele Reize und Vorzüge, so daß sie nicht ohne Grund in früheren Zeiten die Wonne der Welt waren. Sie haben seit den ältesten Zeiten bis heute die italienischen und spanischen Frauen viel gelehrt, so daß diese jetzt ihre Lehrerinnen, die alten wie die modernen, übertreffen. Auch die Königin und Kaiserin der Buhlerinnen, Aphrodite, war eine Griechin.
Was unsre schönen Französinnen betrifft, so waren sie in früheren Zeiten sehr ungeschickt und begnügten sich mit einer plumpen Art der Liebe; aber seit fünfzig Jahren haben sie von den andern Nationen soviel Feinheiten, Zierlichkeiten, soviel lascive Reize und Gewohnheiten gelernt, oder sie sind auch selbst beflissen gewesen, sich darin auszubilden, daß man sagen kann, sie übertreffen heute alle andern in jeder Weise. Ich hörte, auch von Ausländern, sagen, daß sie den Vorzug vor andern hätten; zudem sind die unkeuschen Worte in der französischen Sprache viel lüsterner, wohlklingender und aufregender als in einer andern Sprache.
[130] Dazu kommt, daß die schöne französische Ungezwungenheit, die so hoch anzuschlagen ist, unsre Damen viel begehrenswerter, liebenswürdiger, gemütlicher und umgänglicher macht als alle andern. Auch werden die Ehebrecherinnen bei uns gewöhnlich nicht so bestraft wie wo anders. Denn die Vorsorge unsrer großen Senate und Gesetzgeber, die einsahen, daß die Mißbräuche erst recht aus solchen Strafen entstehen, hat die strengen Strafen eingeschränkt und die harten Gesetze früherer Zeiten etwas gemildert Damals genossen die Männer alle Freiheiten und die Frauen gar keine. So war es, wie Cajetan sagt, durch keine kaiserlichen Gesetze oder Verordnungen einer schuldlosen Frau erlaubt, ihren Gatten des Ehebruchs anzuklagen. Die schlauen Männer aber machten dieses Gesetz aus den Gründen, von denen die folgende italienische Stanze redet:
Perche, di quel che Natura concede
Cel' vieti tu, dura legge d'honore.
Ella a noi liberal largo ne diede
Com' agli altri animai legge d'amore.
Ma l'huomo fraudulento, e senza fede,
Che fu legislator di quest' errore,
Vedendo nostre forze e buona schiena,
Copri la sua debolezza con la pena.
Ja, in Frankreich ist es schön, der Liebe zu pflegen. Ich berufe mich auf unsre glaubwürdigen Gelehrten in Liebessachen und auch auf unsre Courtisanen, die besser als ich darüber reden können. Und um die Wahrheit zu sagen: Es gibt überall Dirnen und überall Hahnreie, was ich wohl beweisen kann, denn ich habe all die Gegenden gesehen, die ich nenne, und andre mehr. Und die Keuschheit [131] ist nicht in einer Gegend mehr zu Hause als in einer andern.
Ich möchte noch eine Frage stellen, die vielleicht noch niemand aufgeworfen, ja woran wahrscheinlich noch keiner gedacht hat: nämlich ob zwei Damen, die ineinander verliebt sind, was heutzutage oft vorkommt, und die, nach dem Muster der gelehrten Lesbierin Sappho, zusammen treiben, was man donna con donna nennt, Ehebruch begehen und ihre Männer zu Hahnreien machen können.
Gewiß, wenn man Martial in seinem ersten Buch, Epigramm CXIX, glauben will, so begehen sie Ehebruch. Er spricht dort von einer Frau Namens Bassa, einer Tribade, und macht es ihr sehr zum Vorwurf, daß sie niemals Männer empfängt, so daß man sie für eine zweite Lukrezia halten könnte. Aber sie wurde überführt, da man sehr viele Frauen und Mädchen bei ihr verkehren sah, und man fand, daß sie bei den Frauen die Rolle eines Mannes und Ehebrechers spielte und sich mit ihnen zusammentat. Martial gebraucht die Worte geminos committere cunnos. Dann gibt er folgendes Rätsel in einem lateinischen Verse auf:
Hic, ubi vir non est, ut sit adulterium.
Das ist ein starkes Stück, sagt er, daß dort, wo kein Mann ist, doch Ehebruch getrieben wird.
Ich kannte in Rom eine spanische Courtisane, alt und schlau wie irgend eine, die sich Isabella de Luna nannte. Sie verliebte sich in eine andre Buhlerin, damals eine der schönsten von ganz Rom, Namens Pandora. Diese heiratete einen Mundschenk des Kardinals Armaignac, ohne jedoch ihr früheres Gewerbe aufzugeben. Aber jene Isabella verkehrte mit ihr und schlief bei ihr. Da sie in Worten sehr zügellos und unmäßig war, hörte ich sie öfter sagen, sie treibe mit Pandora große Unzucht und ließe sie ihrem Gatten Hörner aufsetzen, mehr als alle liederlichen Männer, die sie jemals gehabt Ich weiß nicht, wie sie das meinte, [132] es sei denn, daß sie sich auf jenes Epigramm des Martial bezog.
Man sagt, in diesem Punkte wäre die Sappho von Lesbos eine vortreffliche Lehrerin gewesen, ja, man behauptet, sie habe die Sache erfunden und die lesbischen Damen hätten sie bis auf den heutigen Tag nur nachgeahmt. Lucian sagt: solche Frauen sind Lesbierinnen, die keine Männer wollen, sondern Frauen, gradeso wie die Männer selbst. Man nennt sie Tribaden, ein griechisches Wort, abgeleitet von τριβω, τριβεῖν das heißt fricare, reiben; das lateinische Wort ist fricatrices, französisch fricatrices; also Frauen, die das Geschäft der donna con donna (Weib mit Weib) machen, was auch heutzutage vorkommt.
Juvenal spricht auch von diesen Weibern, wenn er sagt:
... frictum Grissantis adorat, womit er eine Tribade meint, die für das Reiben mit einer gewissen Grissante schwärmt.
Der lustige Geselle Lucian schreibt ein besonderes Kapitel darüber und sagt, daß solche Frauen zusammen koïtieren wie die Männer, unter Anwendung unzüchtiger monströser Instrumente. Immerhin, fügt er hinzu, sei es noch besser, wenn eine Frau in wollüstiger Weise den Mann spielt, als wenn ein Mann sich verweiblicht, weil er dadurch an Mut und Adel verliert. Danach könnte also eine Frau, die so den Mann nachahmt, für mutiger als eine andre gelten; wie ich denn auch deren gekannt habe, die es waren, an Leib und Seele.
An einer andern Stelle führt Lucian zwei Frauen ein, die dieser Liebe ergeben sind; die eine fragt die andre, ob eine gewisse Frau in sie verliebt gewesen sei, ob sie mit ihr geschlafen habe und was dabei vorgegangen sei. Die andre erwidert ganz offen: »Zuerst küßte sie mich grade so, wie es die Männer tun, nicht nur die Lippen vereinigend, sondern auch mit geöffnetem Munde« (d.h. schnäbelnd wie die Tauben, die Zunge im Munde), »und ob zwar sie kein männliches Glied besitzt und ein Weib ganz wie [133] andre ist, so ist doch ihr Herz und ihre Neigung, kurz alles übrige männlich. Dann umarmte ich sie wie ein Mann, und sie küßte mich und entzückte mein Gefühl. Und mir schien, daß sie ein maßloses Vergnügen daran fand. Ihre Art der Liebe war noch viel reizender als die des Mannes.« So weit Lucian.
Nun gibt es, wie ich sagen hörte, in verschiedenen Orten und Gegenden viele solche lesbischen Frauen, in Frankreich, Italien, Spanien, in der Türkei, in Griechenland und anderswo. Besonders wo die Frauen abgeschlossen leben und nicht ihre volle Freiheit genießen, herrscht dieses Laster sehr; solche Frauen sagen, sie hülfen sich mit diesem Mittel, um die Hitze ihres Blutes nur ein wenig zu kühlen.
Die Türkinnen besuchen die Bäder mehr um dieser Wonnen willen als aus andern Gründen, und sie sind den lesbischen Freuden sehr ergeben. Selbst die Buhlerinnen, denen jederzeit Männer zur Verfügung stehen, geben sich viel mit den Fricarellen ab, wie ich das von einigen in Italien und Spanien hörte. Bei uns in Frankreich sind solche Frauen sehr häufig zu finden; und dabei sollen sie sich noch gar nicht so lange damit befassen, und man sagt, daß die Mode erst durch eine vornehme Dame, die ich nicht nenne, aus Italien eingeführt worden sei.
Ich hörte eine Geschichte von Herrn de Clermont-Tallard dem Jüngeren, der zu La Rochelle gestorben ist und der als kleiner Knabe die Ehre hatte, mit dem Herrn von Anjou, unserm späteren König Heinrich III., gemeinsam zu studieren; ihr Lehrer war ein Herr de Gournay. Eines Tages – es war zu Toulouse – als er in seinem Zimmer mit seinem Lehrer den Studien oblag, gewahrte er, für sich in einer Ecke sitzend, durch einen Spalt – (die Zimmer hatten Holzwände, die nur in der Eile provisorisch auf Anordnung des Kardinals d'Armaignac, des dortigen Erzbischofs, hergestellt waren, um den König und seine Begleitung besser unterzubringen) in einem andern Zimmer zwei vornehme Damen, die mit entblößten Beinen aufeinander lagen, [134] sich schnäbelten wie die Tauben, das fricare ausübten, kurz, die Männer nachahmten. Dieses Spiel dauerte eine gute Stunde und brachte sie so in Hitze, daß sie ganz rot wurden und wie gebadet waren, trotzdem große Kälte herrschte. Endlich waren sie so erschöpft, daß sie sich ausruhen mußten. Herr de Clermont sagte, er habe diese Spiele auch noch an mehreren andern Tagen beobachtet, solange der Hof sich zu Toulouse aufhielt. Seitdem hätte er so etwas nicht wieder gesehen, da ihn damals nur die Gelegenheit des Ortes begünstigt hätte.
Er erzählte mir noch mehr, was ich nicht zu schreiben wage, und nannte mir die Damen. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, aber er hat es mir mit hundert guten Eiden versichert Und es ist ja auch in der Tat sehr wahrscheinlich, denn jene beiden Damen standen stets in dem Ruf, ihre Zeit mit dieser Leidenschaft zu verbringen.
Ich kannte mehrere andre, die auch dieser Liebe frönten, von denen eine vornehme Dame es ganz besonders toll trieb. Sie liebte und verehrte manche Frauen mehr als die Männer und spielte bei ihnen den Mann. Sie nahm sie zu sich, hielt sie vollständig aus und gab ihnen, was sie haben wollten. Ihrem Gatten gefiel das sehr, wie auch manche andre Ehemänner, die ich kannte, sehr damit zufrieden waren, daß ihre Frauen diese Art Liebe trieben, statt mit den Männern sich abzugeben (sie hielten ihre Frauen deshalb für weniger geil und üppig). Aber ich glaube, sie täuschten sich sehr; denn wie ich sagen hörte, diese kleine Übung ist nur eine Lehre für die größeren Übungen mit den Männern. Haben sie sich hierdurch erhitzt und sich gegenseitig in Brunst versetzt, dann baden sie sich in einem lebenden, fließenden Wasser, das besser erfrischt als ein stilles. Wie ich auch von guten Chirurgen hörte, und selbst gesehen habe, daß es zur Heilung einer Wunde nicht genügt, sie nur in ihrer Umgebung und am Rande zu behandeln, sondern daß man eine Sonde gehörig tief einführen muß.
[135] Wie viele Lesbierinnen habe ich nicht gesehen, die trotz all ihrer Fricarellen doch noch zu den Männern gingen. Besaß denn nicht selbst Sappho, die große Meisterin dieser Kunst, ihren Freund Phaon, in den sie sterblich verliebt war? Denn, wie ich von mehreren Damen sagen horte, am Ende ist doch der Mann die Hauptsache; und alles, was sie mit andern Frauen vornehmen, sind nur Reizmittel, um sich nachher mit den Männern völlig zu stillen. Die Fricarellen dienen ihnen nur in Ermangelung des Mannes. Auch finden sie es bequem und weniger gefährlich für ihren Ruf, Freundinnen anzulocken und mit ihnen schön zu tun.
Zu meiner Zeit gab es zwei hübsche vornehme Fräulein aus gutem Hause, zwei Nichten, die während dreier Jahre in ein und demselben Bett geschlafen hatten, wo sie sich ganz an die lesbische Liebe gewöhnten. Nachher fiel es ihnen ein, daß das Vergnügen ohne Männer doch nur mager und unvollkommen sei; sie versuchten es daher mit diesen und wurden nun große Buhlerinnen. Später bekannten sie ihren Liebhabern, nichts habe sie so unzüchtig gemacht wie der Tribadismus, den sie nun verabscheuten, weil er die Ursache ihrer Liederlichkeit gewesen. Trotzdem, wenn sie einander oder auch andern Frauen begegneten, kosteten sie jedesmal wieder von dieser Frucht, zu der sie immer mehr Appetit bekamen als zu der Männerliebe. Ein Fräulein, das ich kannte, wurde einst von ihrem Anbeter gefragt, ob sie mit ihrer Freundin, mit der sie gewöhnlich schlief, noch immer lesbisch verkehre: »O, nein!« entgegnete sie lachend, »ich liebe die Männer viel zu sehr!« Aber sie machte doch das Eine und das Andere.
Ich kenne einen achtbaren Edelmann, der einst ein vornehmes Fräulein bei Hofe heiraten wollte und eine ihrer Verwandten darüber um Rat fragte. Diese sagte ihm grade [136] heraus, er würde nur seine Zeit verlieren. Denn, wie sie mir sagte, eine gewisse Dame, die sie mir nannte, und von der ich manches wußte, würde niemals erlauben, daß das junge Mädchen sich verheirate. Ich merkte sofort, wo der Haken steckte: sie hielt das Fräulein bei sich zur Wonne ihres eigenen Mundes. Der Edelmann bedankte sich bei der genannten Cousine für den guten Rat, freilich nicht ohne zu lachen und ihr spottend zu sagen: sie spräche in dieser Sache sowohl für sich wie für die andre. Denn zuweilen machte sie Abstecher nach diesem Gebiete hin; was sie mir jedoch bestritt.
Dies erinnert mich an manche Männer, die Konkubinen besitzen, in die sie so verliebt sind, daß sie sie nicht für alle Güter der Welt hergeben würden, weder an einen Prinzen, einen Großen, einen Gefährten oder Freund; sie sind so eifersüchtig auf sie wie ein Geizhals auf seinen Geldkasten. Jene Dame aber wollte das junge Mädchen ganz allein für sich haben, ohne mit andern zu teilen; dennoch wurde sie von ihr mit andern Freundinnen zum weiblichen Hahnrei gemacht.
Man sagt, auch die Wiesel seien dieser Art der Liebe ergeben, und die Weibchen vergnügten sich damit, einander beizuwohnen. Deshalb wurden früher die lesbischen Frauen in Geheimschriften durch Wiesel dargestellt. Ich hörte von einer Dame, die dieser Liebe ergeben war, daß sie stets solche Tierchen pflegte und ihrem Liebesspiel mit Vergnügen zusah.
Noch etwas verdient Erwähnung, nämlich daß diese Weiberliebe auf zwei verschiedene Arten ausgeübt wird: durch Fricarellen und durch geminos committere cunnos, wie der Dichter sagt. Diese letztere Art bringt keinen Schaden, sagen manche; man hilft sich mit Instrumenten in Form des Penis, die Godmichés genannt werden.
Ich hörte erzählen, daß ein großer Fürst zwei Damen seines Hofes im Verdacht dieser Liebe hatte und ihnen aufpassen [137] ließ, bis er sie auch wirklich überraschte. Die eine trug zwischen den Schenkeln ein großes männliches Glied, das mit kleinen Bändern rund um den Leib befestigt war. Sie war so überrascht, daß sie keine Zeit fand, es abzunehmen, und der Prinz zwang sie, ihm zu zeigen, wie sie es machten.
Es heißt, daß manche Frauen an Geschwüren in der Gebärmutter gestorben sind, die sie sich durch die unnatürlichen Bewegungen und Reibungen zugezogen hatten. Ich kenne einige Frauen, die großen Schaden dadurch genommen haben, und es waren schöne und achtbare Frauen und Mädchen, denen es besser angestanden hätte, mit Männern zu verkehren; daran wären sie nicht gestorben, sondern wären vielmehr aufgelebt, wovon ich noch an einem andern Orte zu reden gedenke. Ja, sie hätten sich dadurch von solchen Leiden geheilt, denn, wie manche Chirurgen sagen, nichts ist besser geeignet, die Scheide zu reinigen als das natürliche Glied des Mannes. Das sei besser als die Pessarien mit eigens dazu präparierten Flüssigkeiten, die von Ärzten angewendet werden. Aber trotz der Schäden, die die Frauen dadurch erleiden, können einige es doch nicht unterlassen, sich dieser Werkzeuge zu bedienen.
Als ich mich bei Hofe befand, hörte ich erzählen, daß die Königin-Mutter eines Tages den Befehl gab, die Zimmer und Koffer aller im Louvre wohnhaften Leute zu untersuchen, auch die der Damen und Mädchen, um zu sehen, ob dort vielleicht während der Unruhen Waffen und Pistolen versteckt worden seien. Dabei entdeckte der Kapitän der Wache in einem Koffer zwar keine Pistolen, aber vier große Godmichés, worüber alle Welt herzlich lachte, die betreffende Dame aber sehr verlegen wurde. Ich kannte dieses Fräulein und glaube, sie lebt noch; aber sie machte nie wieder ein gutes Gesicht. – Kurz und gut, solche Instrumente sind sehr gefährlich.
Ich will noch die Geschichte von zwei Hofdamen erzählen, die einander so leidenschaftlich liebten, daß sie, wo [138] es auch sei, sich nicht enthalten konnten, sich wenigstens Liebeszeichen und Küsse zu geben. Das brachte sie sehr in Verruf und gab den Männern viel zu denken. Die eine war Witwe, die andre verheiratet. Eines Tages bei Gelegenheit eines Galafestes hatte sich die Verheiratete schön geschmückt und ein Kleid aus silbernem Gewebe angelegt, und als ihre Herrin zur Vesper gegangen war, gingen sie in ihr Kabinett und trieben ihr Liebesspiel auf dem Sitz mit der Öffnung so wild und stürmisch, daß er unter ihnen zerbrach. Dabei fiel die verheiratete Dame, die die untere Partei hatte, mit ihrem schönen Silberkleid rücklings platt in den Schmutz des Bassins und besudelte sich dermaßen, daß sie nicht wußte, wie sie sich reinigen sollte. Sie raffte sich auf, um in größter Hast auf ihrem Zimmer ihr Kleid zu wechseln, nicht ohne daß man ihre Spur gesehen und gerochen hätte. Das gab nun ein großes Gelächter. Auch die Königin, die ebenfalls lesbische Neigungen hatte, erfuhr es und wollte sich totlachen. Die beiden Damen mußten in der Tat ihre Leidenschaft schwer zu bemeistern gewußt haben, daß sie Ort und Zeit nicht besser abgewartet hatten und sich so blamierten. – Die Mädchen und Witwen werden noch entschuldigt, die sich diesem eitlen und frivolen Vergnügungen hingeben, statt sich von Männern schwängern und entehren zu lassen, oder ihre Frucht abzutreiben, wie manche tun und getan haben. Man meint, sie begingen keine Sünde gegen Gott und wären nicht so unzüchtig, als wenn sie mit Männern verkehrten. Freilich ist es ja auch verschieden, ob man Wasser in ein Gefäß gießt, oder ob man es nur rund herum und am Rande besprengt. Ich will darüber nicht entscheiden; ich bin weder ihr Richter noch ihr Gatte. Diese finden es schlecht, – obwohl ich keinen gesehen habe, der nicht ganz zufrieden damit gewesen wäre, daß die Gattin sich in eine Freundin verliebt, und daß sie den Ehebruch nur in dieser Form treibt. In der Tat ist eine solche Kohabitation ganz verschieden von der mit dem Manne, und was auch Martial sage, zum Hahnrei kann diese [139] Liebe nicht machen. Was dieser launige Dichter sagt, ist ja kein Evangelium. Immerhin ist es, wie Lucian bemerkt, schöner, wenn ein Weib etwas männlich oder eine wahre Amazone und als solche lüstern ist, als wenn ein Mann weibisch ist, wie ein Sardanapal oder Heliogabel und viele andre ihresgleichen. Denn je mehr ein Weib vom Manne an sich hat, desto mutiger ist es. Das alles aber überlasse ich andern zu entscheiden.
Herr de Gua und ich lasen einstmals ein kleines italienisches Buch, betitelt »Von der Schönheit«, welches von dem Herrn Angelo Fiorenzolle (Firenzuola), einem Florentiner, in Gesprächsform verfaßt ist. Da fanden wir eine Stelle, wo er sagt, daß einige Weiber, die im Anfang von Jupiter geschaffen wurden, so geartet waren, daß die einen den Mann liebten, die andern ihr eigenes Geschlecht; die Liebe der einen war rein und heilig wie, nach diesem Autor, zu unsern Zeiten die Liebe der berühmten Margarete von Österreich, welche die schöne Laodomia Fortenguerre liebte; die andern lieben unzüchtig wie die lesbische Sappho und zu unsrer Zeit in Rom die große venetianische Buhlerin Cecilia. Diese letzteren verschmähen die Ehe und fliehen den Verkehr mit Männern, soviel sie können.
Herr de Gua tadelte den Verfasser und sagte, es wäre unrichtig, daß jene schöne Margarete die Laodomia rein und keusch geliebt habe; denn da sie ihre Liebe mehr auf dieses Mädchen als auf andre richtete, die doch ebenso schön und tugendhaft sein konnten, so müßte man annehmen, daß sie sich ihrer zur Wollust bedient habe, grade wie es andre tun. Nur um ihre Lüsternheit zu verstecken, habe sie gesagt, ihre Liebe sei keusch, wie viele ihresgleichen ihre Leidenschaft durch solche Reden bemänteln.
Das war Herrn de Gua's Auffassung, und wer sich weiter darüber äußern will, der tue es, wenn er kann.
Jene Margarete war damals die schönste Fürstin der Christenheit. Und wenn zwei Schönheiten sich lieben, so geschieht es sicher in wollüstiger Weise. Sie war dreimal [140] verheiratet, zuerst mit König Karl dem Achten, dann mit Johann, dem Sohn des Königs von Aragon, und zuletzt mit dem Herzog von Savoyen, genannt der Schöne. Sie galten zu ihrer Zeit für das schönste Paar der Welt; aber die Fürstin genoß ihr Glück nicht lange, denn ihr Gatte starb in jungen Jahren und in der Blüte seiner Schönheit; sie betrauerte ihn tief und vermählte sich niemals wieder.
Sie ließ die Kirche zu Bourg in Bresse erbauen, eines der schönsten Bauwerke der Christenheit. Sie war die Tante des Königs Karl, und unterstützte ihren Neffen gut; denn sie wollte mit allen Frieden haben, was sie und die Frau Regentin im Vertrag zu Cambray bewiesen, wo beide sich einfanden. Und es bot, wie mir alte Leute erzählten, ein schönes Bild, diese beiden großen Fürstinnen zusammen zu sehen.
Cornelius Agrippa hat eine kleine Abhandlung über die Schönheit der Frauen geschrieben und spendet auch der Margarete hohes Lob. Das Buch ist sehr schön, wie es nicht anders sein kann, da es von einem so schönen Gegenstande handelt und der Verfasser ein vornehmer Mann war.
Ich hörte von einer Prinzessin, die unter den Damen ihres Gefolges ganz besonders eine liebte, worüber man sich sehr wunderte, denn sie wurde von vielen andern in jeder Beziehung übertroffen. Endlich aber entdeckte man, daß sie hermaphroditisch war und so ohne Aufsehen und Ärgernis sich vergnügen konnte. Die Sache war also noch anders als bei den Tribaden, denn die Wollust ging hier noch etwas tiefer.
Von einer andern großen Dame heißt es auch, daß sie Hermaphroditin sei und ein männliches Glied besitze, freilich ein sehr kleines. Ihr Wesen ist jedoch mehr weiblich, und ich fand sie sehr schön. Mehrere bedeutende Ärzte, die öfter solche Frauen sahen, bezeichnen sie als sehr wollüstig.
Soviel von diesem Kapitel, das ich noch ganz bedeutend verlängern könnte, denn ich habe so viel Material, daß, [141] wenn alle Hahnreie und deren Frauen, die sie dazu machen, einander bei der Hand nehmen und einen Ring bilden würden, er genügen dürfte, den halben Erdkreis zu umspannen.
Zu den Zeiten des Königs Franz gab es ein altes Lied, das mir eine ehrenwerte ältere Dame mitteilte; es lautet:
Mais quand viendra la saison
Que les cocus s'assembleront,
Le mien ira devant, qui portera la bannière;
Les autres suivront après, le vostre sera au darrière.
La procession en sera grande,
L'on y verra une très-longue bande.
Ich will jedoch viele anständige und kluge Ehefrauen nicht tadeln, die sich tugendhaft und beständig in der ihrem Gatten angelobten Liebe erwiesen haben. Ich gedenke zu ihrem Preise ein besonderes Kapitel zu schreiben und den Meister Jean von Mun Lügen zu strafen, der in seinem »Romant de la Rose« sagt:
»All ihr Frauen ....
Estes ou fustes,
D'effet ou de volonté putes«
wodurch er sich eine derartige Feindschaft bei den damaligen Hofdamen erwarb, daß sie sich mit Hilfe der Königin verschworen und ihn eines Tages nackend auszogen, um ihn durchzuprügeln. Als sie zuschlagen wollten, bat er sie, es möge wenigstens diejenige, die die größte Hure sei, den ersten Schlag tun. Da wagte es keine einzige anzufangen, und so entging er den Schlägen. Diese Geschichte sah ich auf einem alten Tapetenwerk im Louvre dargestellt.
Etwas Ähnliches weiß ich von einem Prediger, der eines Tages in einer Gesellschaft redete und die Sitten einiger Frauen und ihrer Männer tadelte, die sich zum Hahnrei machen ließen. Dabei rief er aus: »Ja, ich kenne [142] sie, ich sehe sie und werde diese zwei Steine an den Kopf des größten Hahnreis dieser Gesellschaft werfen.« Dabei holte er zum Wurfe aus, und es war auch nicht ein Mann anwesend, der nicht den Kopf gesenkt oder den Mantel, die Mütze oder den Arm vorgehalten hätte, um sich vor dem Wurf zu schützen. Der Redner aber legte die Steine weg und sprach: »Habe ich es euch nicht gesagt? Ich dachte, es seien nur zwei oder drei Hahnreie hier. Jetzt sehe ich jedoch, daß nicht einer da ist, der es nicht wäre.«
Nun, was auch diese Witzbolde sagen mögen, es gibt sehr vernünftige und anständige Frauen, die bei einem Kampf mit denen, die ihnen nicht gleichen, den Sieg davontragen würden, wenn auch nicht durch ihre größere Zahl, so doch wegen der Tugend, die ihr Gegenteil leicht besiegt.
Wenn der genannte Meister Jean von Mun die Frauen tadelt, die nur in Gedanken unkeusch sind, so finde ich, daß er sie eigentlich loben und in den Himmel heben sollte. Denn wenn sie mit Leib und Seele so heiß entbrennen und doch nicht zur Tat schreiten, so beweist das doch ihre Tugend, die Standhaftigkeit und den Adel ihres Herzens. Lieber verzehren sie sich an ihrem eignen Feuer, wie ein seltener Phönix, als daß sie ihre Ehre beflecken. Sie gleichen dem weißen Hermelin, welches lieber stirbt, als sich beschmutzen läßt. (Dies war die Devise einer sehr vornehmen Dame, die ich kannte; sie wurde aber von ihr sehr schlecht befolgt.) Es steht in ihrer Macht, die Stillung ihrer Glut zu suchen, und doch beherrschen sie sich tapfer und erringen den schönen Sieg über sich selbst. In den »Hundert Erzählungen« der Königin von Navarra findet sich darüber eine sehr hübsche Geschichte von jener ehrenwerten Dame von Pampeluna. Sie war nur in Gedanken unkeusch und brannte in Liebe für den Herrn d'Avannes, einen schönen Prinzen. Sie wollte aber lieber in ihrem Feuer zugrunde gehen, als Befriedigung ihrer Leidenschaft suchen. Erst mit den letzten Worten in ihrer Todesstunde gestand sie es ihm.
[143] Diese achtenswerte und schöne Dame gab sich sehr ungerechterweise den Tod. Einen achtbaren Herrn und eine achtbare Dame hörte ich hierüber äußern, sie hätte damit Gott beleidigt, denn sie konnte sich vor dem Tode retten. Es heißt wirklich sich selber töten, wenn man derartig entsagt. Manche Frauen ihresgleichen haben sich durch gar zu große Enthaltsamkeit von dieser Wonne den Tod verschafft, sowohl am Leibe wie an der Seele.
Ich erfuhr von einem großen Arzt (und ich glaube, er hat diese Lehre manchen ehrenwerten Damen gegeben), daß der menschliche Körper sich nicht wohl befindet, wenn nicht alle Glieder und Teile, von den größten bis zu den kleinsten, zusammen ihre Aufgaben erfüllen, die von der weisen Natur zu ihrer Gesundheit vorgeschrieben sind. Die Glieder müssen untereinander im Einklang stehen, wie die Musik in einem Konzert. Es ist nicht in der Ordnung, daß einige Glieder arbeiten und die andern feiern; so wie in einer Republik alle Beamten, Handwerker, Arbeiter und andre ihre Aufgaben einmütig erfüllen sollen, ohne daß sich der eine auf den andern verläßt, wenn man will, daß alles gut gehe und daß der Staatskörper heil und gesund sei. Ebenso verhält es sich mit dem menschlichen Körper.
Solche schönen Frauen, deren Seele unkeusch und deren Körper keusch ist, verdienen das höchste Lob; nicht aber jene, die kalt sind wie Marmor und unbeweglich wie ein Stein, deren Fleisch sich nicht rührt und die ohne Gefühle sind (es gibt jedoch wohl nur wenige solcher). Diese sind nicht schön und begehrenswert und, wie der Dichter sagt,
Costa quam nemo rogavit,
»keusch und von niemand begehrt.« Ich kannte eine vornehme Dame, die zu einigen ihrer Freundinnen, die schön waren, sagte: »Gott hat mir eine große Gnade erwiesen, daß er mich nicht so schön geschaffen hat, wie Sie, meine Damen; denn sonst hätte ich auch der Liebe gepflegt und wäre grade so eine Hure geworden wie Sie.« Deshalb muß man die keuschen Schönheiten ganz besonders loben.
[144] Oft genug freilich täuschen wir uns in solchen Frauen; denn einige erscheinen in ihren Worten und ihrer dezenten Kleidung so ernst, gesetzt, kalt, zurückhaltend, zugeknöpft und sittsam, daß man sie für Heilige und sehr keusche Frauen halten könnte; aber sowohl innen wie außen, in Gedanken und Taten sind sie große Dirnen.
Andre wieder könnte man wegen ihres zärtlichen Wesens, ihrer mutwilligen Reden, lebhaften Gesten und ihrer weltlichen und gezierten Kleidung für sehr unzüchtig und für bereit halten, sich sogleich hinzugeben; aber sie sind vor der Welt sehr anständige Frauen; wie sie im Verborgenen sind, darüber liegt die Wahrheit auch im Verborgenen.
Ich könnte viele Beispiele dafür anführen, die ich gehört und gesehen; aber ich begnüge mich mit dem einen, das man bei Titus Livius, und noch besser bei Boccaccio findet Es handelt sich um eine hübsche römische Frau Namens Claudia Quintienna, die in Rom durch ihre prachtvolle und wenig sittsame Kleidung vor allen andern auffiel, und wegen ihrer freien Manieren ihre Ehre sehr in Verruf brachte. Als aber der Tag des Empfangs der Göttin Kybele gekommen war, stach sie alle andern aus; denn sie genoß vor allen die Ehre und den Ruhm, die Göttin aus dem Schiffe in Empfang zu nehmen, sie zu berühren und zur Stadt zu bringen, worüber alle Welt erstaunt war. Denn es war gesagt worden, daß nur der anständigste Mann oder die anständigste Frau dieser Aufgabe würdig seien. So täuscht sich oft die Welt in vielen unserer Damen. Man muß sie sehr genau kennen und studieren, bevor man über sie urteilt.
Ehe ich schließe, muß ich noch einer schönen Tugend und Eigenschaft der Hahnreischaft Erwähnung tun, über die ich von Seiten einer sehr hübschen vornehmen Dame erfahren habe. Eines Tages trat ich in ihr Zimmer und fand sie im Begriff, eine Erzählung zu beenden, die sie mit eigener Hand geschrieben. Sie zeigte sie mir ganz offen, denn ich war ein guter Freund von ihr und sie verbarg mir nichts. Sie war sehr geistreich und konnte gut sprechen; [145] auch war sie der Liebe sehr ergeben. Der Anfang der Erzählung ist folgender:
»Mir scheint,« sagte sie, »daß eine der schönen Eigentümlichkeiten der Hahnreischaft die ist, daß man gut kennen lernt, wie durch sie der Geist für das Vergnügen und die Befriedigung der menschlichen Natur geübt wird; denn er ist es, der die nötigen Kunstgriffe, um dahin zu gelangen, ausdenkt und erfindet, während die Natur nur den Wunsch und den sinnlichen Reiz dazu liefert. Der Geist lehrt, wie man ihn verbergen kann durch Listen und Kniffe, die man im Liebeshandwerk ausübt, und er ist es, der die Hörner aufsetzt. Denn man muß einen eifersüchtigen, mißtrauischen und jähzornigen Gatten täuschen; man muß ihm Sand in die Augen streuen und dem Neugierigen die Wahrheit verschleiern; man muß Treue heucheln, wo doch nur Täuschung, Aufrichtigkeit, wo nur Verstellung ist, und Furcht, wo man keine Erlaubnis mehr nötig hat; kurz: wegen all dieser Schwierigkeiten sind dies keine Handlungen, wozu man von der Natur aus gelangen kann. Man muß eben den Geist walten lassen, der das Vergnügen ermöglicht und mehr Hörner setzt als der Körper.«
Das sind die eigenen Worte jener Dame, ohne eine Änderung, womit sie ihre selbstgeschriebene Erzählung einleitet. Die wahren Namen aber ersetzt sie durch andere; und dann, in der weiteren Schilderung der Liebe des Herrn und der Dame, mit denen sie zu tun hat, bis zur endlichen Erfüllung zeigt sie, daß die Kunst der Liebe nur eine Kunst der Befriedigung ist. Die Liebe ist völlig formlos bis zum vollen Besitz und Genuß, und oft glaubt man, sie sei nun bis zu jenem äußersten Punkte gelangt, und ist doch noch in ihrer Erzählung weit davon entfernt. Es ist nur verlorene Zeit gewesen, die man nicht genug bedauern kann. (Man beachte und erwäge wohl diese letzten Worte, denn sie sind wichtig und erklären vieles.)
[146] Und doch bedauern Mann wie Weib um des Genusses in der Liebe willen nicht die vergangene Zeit. Und deshalb gab die Dame, die diese Geschichte schrieb, ihrem Verehrer ein Stelldichein in einem Walde, wo sie oft in einem schönen Baumwege spazieren ging. An dessen Eingange ließ sie ihre Frauen zurück und suchte ihren Freund unter einer großen schattigen Eiche auf; denn es war im Sommer. »Man kann sich denken,« sagt die Dame in ihrer Erzählung wörtlich, »was sie dort trieben und was für einen schönen Altar sie dem armen Gatten im Tempel des Kreaton errichteten, obgleich sie nicht in Delos waren.« Dieser Tempel war nämlich ganz aus Hörnern erbaut. Ein lustiger Schelm mußte ihn gegründet haben.
Auf diese Weise machte die Dame sich über ihren Gatten lustig, sowohl in ihren Schriften wie auch mit Taten. Man beachte wohl all diese Worte, sie sind sehr nachdrücklich und wurden von einer gewandten Frau gesagt und geschrieben.
Ich bat diese Dame, mir eine Abschrift von dieser Geschichte zu geben, was sie bereitwilligst tat; aber sie wollte die Abschrift selbst anfertigen, damit sie nicht in unrechte Hände komme; ich habe sie sorgfältig aufgehoben.
Diese Dame hatte recht, der Hahnreischaft jenes Gute nachzurühmen; denn bevor sie sich mit der Liebe abgab, war sie weniger geschickt; nachher aber wurde sie eine der fähigsten und geistreichsten Frauen Frankreichs, sowohl in diesem Punkte wie in andern. Und in der Tat, sie ist nicht die Einzige, die ich durch die Liebe sich vervollkommnen sah, denn ich habe viele Frauen gesehen, die im Anfang sehr einfältig und unbefähigt waren; aber sie hatten kaum ein Jahr in der Schule Cupidos und seiner Frau Mutter, der Venus, zugebracht, als ihre Fähigkeiten bedeutend gewachsen waren. Und was mich betrifft, so habe ich nie [147] eine Dienerin der Liebe gesehen, die nicht sehr gewandt und in jeder Weise aufgeweckt gewesen wäre.
Noch eine Frage möchte ich aufstellen: in welcher Jahreszeit werden die meisten Hahnreie gemacht, und welche ist für die Liebe am besten geeignet und für die Frauen, Witwen oder Mädchen am verführerischten? Die allgemeine Stimme ist sicher für den Frühling; er ruft Geist und Körper aus dem melancholischen Winterschlafe wach, und da alle Vögel und andere Tiere zu dieser Zeit ihr Liebeswerben beginnen, werden die Menschen, die höhere Sinne und Gefühle haben, und besonders die Frauen (nach der Meinung vieler Philosophen und Ärzte) noch viel mehr in Liebesglut kommen. Ich habe das auch von manchen schönen Damen gehört, besonders von einer vornehmen, die jedesmal im Frühjahr verliebter war als zu andern Jahreszeiten. Sie sagte, sie fühle das Gras sprießen, es sei ihr wie einer Stute ums Herz und sie müsse unbedingt von der Frucht kosten, sonst würde sie ganz elend. Das tat sie denn auch, darauf kann ich schwören, und wurde danach nur noch üppiger. Drei oder vier neue Liebschaften, die ich sie machen sah, wurden im Frühling geschlossen, und nicht ohne Grund; denn von allen Monaten des Jahres sind April und Mai am meisten der Venus geweiht Da fangen die schönen Damen an, sich mehr als zuvor herauszuputzen, sich lustig zu frisieren und leicht zu kleiden, so daß man sagen möchte, all dieser neue Wechsel der Gewänder und Manieren ziele nur auf die Wollust ab und bezwecke, die Erde mit Hahnreien zu bevölkern, ebenso wie im April und Mai mehr beflügelte Wesen durch die Luft schwärmen.
Und dann, glaubt ihr nicht, daß die schönen Frauen, Mädchen und Witwen, wenn sie überall auf ihren Pfaden durch Haine, Wälder, Gärten und Fluren die Vögel und andere Tiere sich paaren sehen, den Stachel des Fleisches empfinden und an schnelle Abhilfe denken? Und dann, es ist eine beredsame Mahnung für Liebende ohne Glut und Leidenschaft, wenn man sie auf die Tiere und Vögel in [148] Haus und Feld verweist, wie auf die Sperlinge und die Tauben, ja, auch auf die Pflanzen, die alle nichts weiter tun, als sich begatten und befruchten. Deshalb sagte auch eine feine spanische Dame zu einem Kavalier, der gar zu kalt oder respektvoll war: »Ea, gentil cavallero, mira como los amores de todas suertes se tratan y triunfan en este verano y V.S. queda flaco y abatido.« Das heißt: »Sehen Sie, edler Ritter, wie alle Arten Liebe in diesem Frühling gepflegt werden und triumphieren, nur Sie bleiben lau und verzagt.«
Der Frühling räumt den Platz dem Sommer ein, der seine Gluten mitbringt; und wie nun die Hitze zunimmt, so wächst sie auch bei der Frau, und nichts erfrischt sie mehr als ein warmes Bad von semen venerius. Nicht durch das Gegenteil erzielt man Heilung, sondern Gleiches wird durch Gleiches kuriert. Denn sie mag sich alle Tage baden und in dem klarsten Wasserquell irgend eines Landes untertauchen, so hilft es doch nichts. Sie mag sich noch so leicht kleiden, um sich Kühlung zu verschaffen; sie mag die Kleider noch so hoch aufnehmen, daß man ihre Höschen sieht, oder sie mag den »Vertugadin« darüber legen, ohne sie über den Unterrock anzulegen, wie viele tun: es nützt nichts. Ja, noch mehr: in diesem Zustande betrachten sie sich hingerissen im hellen Licht der warmen Sonne und, da sie sich so schön, so weiß, rund, aufgeputzt und wohlbeleibt sehen, geraten sie um so mehr in Brunst und Versuchung. Und dann müssen sie unbedingt zum Manne oder sie verbrennen bei lebendigem Leibe, was indes nur sehr wenigen geschieht. Sie wären sonst auch sehr dumm. Und wenn sie in ihren hübschen Betten liegen und die Decken ihnen lästig sind, entblößen sie sich und streifen auch das Hemd zur Hälfte ab. Und früh, wenn die Morgensonne sie bescheint, können sie sich noch besser überall und von allen Seiten betrachten, und nun sehnen sie ihre Freunde herbei und [149] erwarten sie. Kommt dann der Freund zufällig in diesem Augenblick, so ist er hoch willkommen und wird mit Lust umarmt. Denn dann, sagen sie, gibt es die schönste Umarmung und den höchsten Genuß, wie zu keiner andern Tagesstunde. Denn, wie eine große Dame eines Tages sagte, »die Vulva ist durch die süße Wärme der Nacht viel saftreicher und schöner geworden«.
Ein altes Sprichwort behauptet freilich: Im Juni und Juli ist der Mund feucht und der Cunnus trocken. Auch den August führt man an, in Bezug auf die Männer, die sich durch zu große Erhitzung in dieser Zeit schädigen, besonders wenn der Hundsstern regiert; da müssen sie sich in Acht nehmen. Wollen sie sich aber an ihrer Kerze verbrennen, so ist es ihr Schade. Die Frauen laufen niemals diese Gefahr, denn in allen Monaten und Jahreszeiten sind ihnen die Zeichen günstig.
Nun kommen die guten Früchte des Sommers, woran die feurigen Damen sich zu erfrischen scheinen. Manche sah ich wenig davon essen, manche aber viel. Immerhin hat man kaum je gesehen, daß ihre Glut sich änderte, weder bei den einen noch den andern, ob sie nun essen oder nicht Denn wenn auch manche Früchte erfrischen, so erhitzen viele andere desto mehr. Und zu diesen greifen die Damen am häufigsten, wie zu verschiedenen Kräutern, die in Blüte stehen und gut in Suppen und Salaten zu essen sind als: Spargel, Artischocken, Morcheln, Trüffeln, Moospilze und Pfifferlinge, ferner auch die neuen Fleischspeisen, die ihre Köche auf ihren Befehl sehr gut zuzubereiten verstehen, um der Lüsternheit zu dienen, und die ihnen auch von den Ärzten verordnet werden. – Aber ein Erfahrener in diesen Dingen mag dies Kapitel weiter ausführen, er wird es besser können als ich.
Bei diesen guten Speisen nehmt euch in Acht, ihr armen Liebhaber und Ehemänner! Wenn ihr euch nicht gut vorseht, werdet ihr bald um eines Andern willen betrogen und verloren sein.
[150] Das ist noch nicht alles: denn zu diesen neuen Früchten aus Feld und Garten kommen noch die Pasteten hinzu, die man seit einiger Zeit erfunden hat. Sie sind reichlich mit Pistazien, Piniennüssen und andern erhitzenden Apotheker-Drogen versetzt, ganz besonders aber mit dem Kamm und den Hoden des Hahnes, die im Sommer besonders gut entwickelt sind. Jetzt werden auch im allgemeinen mehr junge Hähnchen abgeschlachtet, als im Winter große Hähne, die nicht so gut und geeignet sind wie die Meinen; diese sind feuriger und verliebter als die anderen. Das ist unter andern einer der Vorzüge, die der Sommer für die Liebe mit sich bringt.
Von diesen so zubereiteten Pasteten, von den jungen Hähnen, den Artischocken und Trüffeln, oder andern erhitzenden Leckereien verwenden, wie ich hörte, manche Damen viel. Wenn sie davon essen und mit der Hand oder der Gabel die Artischocke oder Trüffel oder Pistazie oder den Hahnenkamm oder sonst einen Bissen zum Munde führen, sagen sie mit trauriger Miene: »blanque«; wenn sie aber die hübschen Hoden des Hahnes erwischen, dann stecken sie sie in den Mund und sagen vergnügt: »bénéfice«, so wie man in Italien das Glückstopfspiel betreibt, als ob sie einen besonders köstlichen Gewinn gemacht hätten.
Sie sind eben besondern Dank den Herren Hähnchen schuldig, die der Sommer und auch die Hälfte des Herbstes hervorbringt, den ich mit in den Sommer hineinziehe. Beide zusammen geben uns zahlreiche andre Früchte und kleines Geflügel, die zehnmal hitziger sind als die des Winters und der andern Hälfte des Herbstes, die dem Winter näher steht. Die letzte Hälfte des Herbstes und den Winter darf man wohl zusammenziehen, denn dann stehen die [151] Kräuter nicht mehr so in Saft und Kraft wie auch andre Dinge nicht, so wie in der heißen Jahreszeit; wenn der Winter sich auch bemüht hervorzubringen, was er kann, wie die guten Blattstengel der Artischocken, die, roh oder gekocht, sehr die Begierde steigern, bis zu den kleinen erhitzenden Disteln, wovon die Esel fressen und brünstiger werden; denn im Sommer sind die Disteln hart und erst der Winter macht sie weich und schmackhaft, so daß man davon in neuerer Zeit sehr gute Salate macht. Außer diesem allen nimmt man noch seine Zuflucht zu guten Spezereien bei den Apothekern, Drogisten und Parfümhändlern, die für Pasteten und Bouillons sorgen. So mangelt es dank dieser Hilfsmittel nicht an Erhitzung im Winter. »Denn,« sagen die Frauen, »da wir unsern Körper durch dicke Kleider und gute Pelze äußerlich warm halten, warum sollen wir es nicht auch innerlich tun?« Die Männer sagen auch: »Wozu hilft es ihnen, Hitze zur Hitze zu fügen, wie man Seide auf Seide legt, sind sie doch schon von Natur so heiß und zu jeder Stunde ohne künstliche Mittel zur Liebe bereit? Wozu das? Vielleicht fürchten sie, daß sich ihr heißes, kochendes Blut, wenn es nicht unterhalten wird, in ihren Adern verstopft und gefriert, wie bei einem Eremiten, der nur von Wurzeln lebt«
Nun, lassen wir sie doch gewähren; das ist gut für die lustigen Kumpane; denn da sie sich so häufig in Hitze befinden, genügt ja der geringste Ansturm, sie zu besiegen und die armen Herren Gatten gehörnt zu machen wie die Faune. Ja, die lieben Frauen treiben es noch schlimmer. Sie geben zuweilen von ihren guten Pasteten, Bouillons und Tränken aus Mitleid ihren Liebhabern etwas ab, damit sie sich tapfer halten und wohl gerüstet sind, wenn man sie braucht. Sie geben ihnen auch Rezepte, wonach sie sich in ihren Küchen solche Mittel zubereiten lassen können. Manche Liebhaber täuschen sich dabei jedoch oftmals, wie ich von einem hübschen Edelmann hörte, der seine Bouillon getrunken hatte, ganz verliebt zu seiner Herrin kam und ihr sagte, er würde sie schön vornehmen, denn [152] er habe die Bouillon getrunken und die Pastete gegessen. Da erwiderte sie ihm: »Das müssen Sie mir beweisen, sonst glaube ich es nicht« Im entscheidenden Augenblick half ihm jedoch das Naschwerk nur zu zwei Verrichtungen. Darauf sagte sie, entweder hätte ihn sein Koch schlecht bedient, oder er hätte nicht genügend Spezereien hinzugesetzt, oder die große Medizin nicht richtig zubereitet, oder sein Körper wäre nicht gut disponiert gewesen, sie in sich aufzunehmen und wiederzugeben. Und so lachte sie ihn aus.
Indessen helfen alle diese Kräuter, Drogen, Speisen und Medizinen nicht allen; bei einigen sind sie wirksam, bei andern gar nicht Auch sah ich Frauen, die jene erhitzenden Speisen genossen und denen man sagte, sie hätten bei dem Gatten oder dem Liebhaber gewiß Ergüsse oder auch nächtliche Pollutionen davon; aber sie beschworen, daß sie durch den Genuß solcher Mittel in keiner Weise größeren Reiz bekämen. Aber sie haben doch wohl geheuchelt.
Die Damen nun, die es mit dem Winter halten, sagen, sie wüßten soviel Rezepte für die erhitzenden Bouillons und Speisen, daß der Winter grade so gut sei wie die andern Jahreszeiten. Sie geben genug Beweise davon und halten den Winter sehr zur Liebe geschickt; denn da der Winter düster, nebelig, still und ruhig ist, und man weniger in Geselligkeiten als verborgen lebt, so muß auch die Liebe im Verborgenen genossen werden, nämlich an einem zurückgezogenen und dunkeln Ort, sei es im Schlafzimmer oder in einem Winkel am Kamin bei einem guten Feuer, das, wenn man sich dicht und lange daranhält, ebensolche Liebeswärme erzeugt wie die Sommersonne.
Es ist auch gemütlich im düstern Alkoven eines Bettes, wohin die Augen anderer, die am Feuer sitzen und sich wärmen, nicht dringen, oder auch auf dem Sofa, wo man die Liebenden fest umschlungen sieht und glaubt, es geschähe nur wegen der Kälte und um sich zu erwärmen; indessen treiben sie hübsche Dinge, während die Lampen weggerückt sind und auf dem Tische oder dem Büffet stehen.
[153] Und dann, kann man sich irgendwo wohler befinden als im Bett? Es ist die größte Wonne für die Liebenden, sich zu umschlingen und zu küssen und sich dicht an einander zu halten, um nicht zu frieren, und zwar nicht nur für ein Weilchen, nein, lange; es ist ein sanftes gegenseitiges Erwärmen, ohne die übermäßige Hitze, die der Sommer bringt, und was das Beste ist, sagen die Damen, nach dem Rat der Ärzte: die Männer sind im Winter viel geneigter zur Liebe als im Sommer.
Ich kannte einst eine große Fürstin, die sehr geistreich war und vorzüglich schrieb. Eines Tages verfaßte sie einige Stanzen zum Lobe des Winters und rühmte darin seine Geschicklichkeit zur Liebe. Sie hatte ihn wohl besonders günstig dazu befunden. Die Stanzen waren sehr gut gebaut, und ich hatte sie lange Zeit bei mir zuhause. Ich würde was darum geben, wenn ich sie hier einfügen könnte; man würde sehen, was für große Vorzüge der Winter für die Liebe bietet.
Ich kannte eine sehr vornehme Dame von großer Schönheit, die erst vor kurzem Witwe geworden. Wegen ihres neuen Standes und Gewandes wollte sie weder zum Souper bei Hofe gehen, noch zum Ball, noch zur Abendgesellschaft der Königin, damit sie nicht für zu weltlich gehalten würde. Sie verließ daher ihr Zimmer nicht, ließ jeden zum Tanze gehen oder schickte ihn dahin, ihren Sohn und alle, und zog sich in ihren Alkoven zurück. Dahin kam nun ihr Anbeter, den sie schon früher geliebt, als sie verheiratet war. Oder auch, wenn er bei ihr soupiert hatte, blieb er da und begrüßte einen ihrer Schwäger, und so wurde die alte Liebschaft erneuert und eine zweite Heirat geplant, die im folgenden Sommer zustande kam. Nach dem, was ich aus all diesen Umständen schließe, glaube ich, daß die andern Jahreszeiten nicht so zur Liebe geeignet sind, wie dei Winter, was mir auch eins ihrer Kammermädchen sagte.
Aber um zu Ende zu kommen: ich sage und behaupte, daß alle Jahreszeiten sich für die Liebe eignen, wenn sie [154] richtig angewandt werden und Männer vie Frauen die rechte Laune haben. Denn ebenso wie Mars seine Kriege zu jeder Zeit und Jahreszeit führt und seine Siege austeilt, wie es ihm gefällt, je nachdem seine Soldaten sich im Kampf bewähren, so auch Venus, je nachdem sie ihre Truppen von liebenden Frauen und Männern zum Kampf gerüstet findet. Die Jahreszeiten selbst machen nichts dabei aus, ebensowenig wie ihre Kräuter, Früchte und Spezereien, noch irgendwelche Kunstmittel, die manche anwenden, um sich zu erhitzen oder zu erfrischen. Denn – und das sei das letzte Beispiel – ich kenne eine vornehme Dame, die seit ihrer Kindheit ein sehr heißes Blut verriet, das sie eines Tages geradenwegs ins Bordell führen mußte. Ihre Mutter ließ sie deshalb dreißig Jahre lang täglich in allen Mahlzeiten den Saft des Sauerampfers genießen, den man in Frankreich »ozeille« nennt, sowohl zum Fleisch, wie in Suppen und Kraftbrühen, oder als Getränk aus großen Henkelschüsseln, ohne sonstige andre Mischung; kurz, alle Saucen waren mit Sauerampfer angemacht. Alle diese geheimnisvollen Kühlmittel (Antaphrodisiaca) nützten nichts, denn sie ist eine große, weit berühmte Buhldirne geworden, die niemals jene vorgenannten Pasteten nötig hatte, um in Hitze zu kommen, denn sie besaß selbst genug davon; und doch war sie ebenso gierig danach, sie zu genießen, wie jede andre.
Nun schließe ich aber wirklich, obwohl ich noch mehr sagen und noch mehr Beispiele und Beweise beibringen könnte; aber man muß nicht immer an ein und demselben Knochen nagen; auch möchte ich meine Feder einem bessern Redner, als ich bin, überlassen, der die Partei der einen oder andern Jahreszeit führen wird. Ich beziehe mich auf den Wunsch, den eine achtbare spanische Dame äußerte: sie möchte gern der Winter sein, und ihr Freund müßte ein Feuer sein, damit, wenn sie sich bei der großen Kälte an ihm erwärme, er das Vergnügen habe, sie zu erhitzen und sie dasjenige, seine Wärme in sich aufzunehmen. Dann [155] wollte sie sich ihm oft ganz nach Bequemlichkeit zeigen, aufgerafft und mit weiten Schenkeln, daß er ihre schönen Glieder unter dem Linnen sehen könne und sein Feuer in ihren Leib ströme.
Dann wollte sie wieder, sie wäre der Frühling und ihr Freund ein blühender Garten, mit dessen Blumen sie ihr Haupt und ihren schönen Busen schmücken wollte; ja, sie möchte dann ihren schönen nackten Leib ganz in diesen Blumen wälzen.
Dann wünschte sie, der Sommer zu sein und ihr Freund ein klarer Quell oder glitzernder Bach, um sie in seine klaren, frischen Fluten aufzunehmen, und darin unterzutauchen und sich ihm nackend zu zeigen, daß er ihre schönen üppigen Glieder liebkose.
Und endlich im Herbst wollte sie wieder in ihre erste Form zurückkehren und ein Weib werden und ihr Freund ein Mann, um dann all diese schönen Phantasien und Freuden der Vergangenheit in der Erinnerung mit ihm durchzugehen und sich zu fragen, welche Jahreszeit am köstlichsten gewesen sei.
So legte diese Dame sich die Jahreszeiten zurecht, worüber ich das Urteil bessern Rednern überlasse, die entscheiden mögen, welche von den vier in dieser Form den beiden am süßesten und angenehmsten gewesen sind.
Und nun schließe ich wirklich diese Betrachtung. Wer mehr davon und von den verschiedenen Arten von Hahnreien wissen möchte, der sehe nach in einem alten Liede über die Hahnreie, das vor fünfzehn oder sechzehn Jahren am Hofe verfaßt wurde. Der Refrain des Liedes ist:
Un cocu meine l'autre, et toujours sont en peine;
Un cocu l'autre meine.
Ich bitte alle ehrenwerten Damen, die, wenn sie zufällig dazu kommen, in diesem Kapitel einige Geschichten zu lesen, mir zu verzeihen, wenn sie ein bißchen stark gewürzt sind; denn ich konnte sie nicht besser verkleiden, der Gegenstand verlangt es nun einmal so. Ja, ich hätte noch bessere und [156] noch gesalztere Geschichten erzählen können, aber es wäre nicht möglich gewesen, sie züchtig zu verhüllen und ich hätte fürchten müssen, die ehrenwerten Damen zu verletzen, die sich die Mühe nehmen und mir die Ehre erweisen, meine Bücher zu lesen. Außerdem muß ich noch bemerken, daß die Geschichten, die ich hier erzähle, sich nicht in kleinen Städten und Dörfern abgespielt haben, sondern an vornehmen Orten, und die Personen sind keine niedrigen, geringen Leute, denn ich habe mich nur mit großen und hohen Gegenständen abgegeben, obgleich meine Sprache niedrig ist. Und da ich niemanden nenne, glaube ich auch niemandem ein Ärgernis gegeben zu haben.
Femmes, qui transformez vos marys en oyseaux,
Ne vous en lassez point, la forme en est très-belle;
Car, si vous les laissez en leurs premières peaux,
Ils voudront vous tenir toujours en curatelle,
Et comme hommes voudront user de leur puissance;
Au lieu qu'estans oyseaux, ne vous feront d'offense.
Ceux qui vouldront blasmer les femmes amiables
Qui font secrètement leurs bons marys cornards,
Les blasment à grand tort, et ne sont que bavards;
Car elles font l'aumosne et sont fort charitables.
En gardant bien la loy à l'aumosne donner,
Ne faut en hypocrit la trompette sonner.
Le jeu d'amours, où jeunesse s'esbat,
A un tablier se peut accomparer.
Sur un tablier les dames on abat;
Puis il convient le trictrac preparer,
Et en celuy ne faut que se parer.
Plusieurs font Jean. N'est-ce pas jeu honneste,
Qui par nature un joueur admoneste
Passer le temps de cœur joyeusement?
Mais en défaut de trouver la raye nette,
Il s'en ensuit un grand jeu de tourment.
[157] Das Wort raye nette hat zwei Bedeutungen: die eine bezieht sich auf das Rayenette des Trictracspiels; die andre darauf, daß man, wenn man die Furche(raye) der Dame, die man liebt, nicht rein (nette) findet, man sich etwas zuziehen kann, das viele Qualen verursacht.