Erster Akt.
Saal in den Tuilerien. Links ein Schreibtisch, an welchem Danton und die Andern sitzen, lesend und schreibend. Es ist Nacht. Mächtige Leuchter brennen. Im Hintergrund links ein Erker mit offenem Altan, durch den man nach Paris hineinschaut. – Links und rechts Thüren. Rechts im Hintergrund offene Thür, von wo man in Nebensäle sieht.
Danton. Barras. Talleyrand. Collot. Theroigne.
DANTON
steht auf.
Bist Du fertig? Zu Talleyrand.
TALLEYRAND
steht auf.
Ich bin fertig. Uebergiebt ihm ein Papier. Die Kriegserklärung an England!
DANTON
liest.
»Sintemal die englische Regierung sich erfrechte, Maßregeln des Convents zu mißbilligen ...« Sehr gut. Lieber Talleyrand, vormals Bischof, das Kanzel-Pathos laß' ich mir gefallen! Zu Collot. Expedire das! Collot ab nach Hintergrund rechts. Ganz Europa marschirt wider uns. Parbleu, das bläst aus allen vier Winden. Blast nur drein, ihr fremden Trompeten ... wir ersäufen euer freches Getön im Chorgesang unsrer Kanonen. Vorwärts, alle Fahnen, mit dem brausenden Fittich der Freiheit!
Draußen ein lang anhaltender Trommelwirbel unter dem Altan.
HENRIOTS STIMME
unten.
Rapell! Rataplan, rataplan! ... Eins, zwei, drei! Die Trommeln schweigen plötzlich. Tiefe Stille.
DANTON
an den Altan tretend.
Henriot!
HENRIOT
unten.
Zu Befehl, Herr Justiz!
[5]DANTON.
Stehn Deine Banden alle versammelt?
HENRIOT
unten.
Wir sind alle beisammen, Herr Justiz.
DANTON.
Und Deine Leute, Theroigne?
THEROIGNE.
Alles bereit.
DANTON.
Verlies den Herren da unten noch mal das Dekret der vollziehenden Gewalt!
TALLEYRAND
tritt an den Altan und liest.
»Im Namen des Ueberwachungsausschusses der Kommune! Auf den Rapell, der geschlagen wird, darf kein Bürger mehr sein Haus verlassen. Das Weitere wird sich finden.«
DANTON.
Es wird sich finden. Marsch!
HENRIOT
unten.
Ma – arsch! Ma – rsch! Musik der Marseillaise, die sich rasch in der Ferne verliert. Collot kommt rechts zurück.
DANTON.
Barras, sind meine Befehle vollzogen?
BARRAS.
Die schwarze Fahne weht von den Thürmen der Kathedrale. Die Lärmkanone wird von Stunde zu Stunde abgefeuert.
DANTON.
Hat Marats Zeitung gehörig eingeheizt?
TALLEYRAND.
Sein Wisch trieft förmlich von Blut. Lacht. Was werden Deine Kollegen sagen, Justizminister, daß Du alle Ministerien zugleich in Dir vereinst ... aus eigner Machtvollkommenheit?
DANTON.
Sie werden mir sagen lassen, daß sie mir etwas ins Ohr sagen wollen. Ich aber werde schreien ... durch Thaten. ... Ich bin die vollstreckende Behörde der Republik. Justiz, Finanz, Krieg, Marine, Inneres und Aeußeres, alles miteinander fällt unter mein Ressort. ... Talleyrand, Barras, jetzt in den Stadtrath! ... Ihr wißt, ich hab' Euch zu Repräsentanten für den Süden ernannt, Toulon und Marseille!
BEIDE.
Wir erwarten unsre Vollmachten. Beide links ab.
DANTON.
Nun zur Vendée!
COLLOT
großartig.
Die Vendée muß erwürgt werden in ihrem eigenen Unrath.
DANTON.
Brav, lieber Junge! Man muß sie umschnüren mit einem Gürtel von glühendem Erz, von Kanonen und brennenden Dörfern.
THEROIGNE.
Und Lyon?
COLLOT
heiser die Faust ballend.
Ja, Lyon?
DANTON.
Nieder damit in Schutt und Asche! Stößt ihn vertraulich an. Du Collot, Du bist der Mann dafür.
[6]COLLOT
aufspringend, mit verzerrtem Gesicht.
Ja, ich! In Lyon ... da ... das weißt Du wohl nicht, Danton ...
DANTON.
Wie, welches Verbrechen an der Menschheit hat Lyon verübt?
COLLOT
ausbrechend.
Ausgepfiffen haben sie mich, die Elenden! Einen Künstler wie mich! Mit dieser Stimme, dieser Haltung!
DANTON
ernsthaft, bedauernd.
Du, der geborene Komödiant!
THEROIGNE
ebenso.
Der schon im täglichen Leben sich wie auf der Bühne bewegt!
COLLOT.
Nicht wahr? O geniale Köpfe wie Ihr verstehen mich. Aber sie, die Krämer, die Heringsseelen ... Ich spielte Tamerlan den Großen ... mein Benefiz ... grandios, gigantisch ... Mit Pose, den Arm ausreckend.
DANTON
immer ernsthaft, ihn nachahmend.
So! ... So wie Du eben bist!
COLLOT
mit Würde.
Just so ... wie ich bin. Und sie ... sie haben gelacht ... Schluchzt. über Collot d'Herbois, diese Zierde der gallischen Bühne!Furchtbar ausbrechend mit geballten Fäusten. Ich will euch weinen lehren.
DANTON
immer trocken, überlegen.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Du wirst die Bühne Lyons noch einmal betreten ... als Tamerlan der Große.
COLLOT
mit kindisch wahnsinnigem Gekicher.
Da brauch' ich keinen Souffleur ... als Ober-Regisseur der ganzen Inscenirung ...
THEROIGNE.
Dein Stichwort kennst Du wohl, wie?Macht die Gebärde des Dolch-Stoßens und dann des Kopf-Abschlagens. Ritsch, ratsch! Vorhang fällt.
COLLOT
fällt ihr zu Füßen.
O Theroigne, göttliche Muse! Du verstehst mich ganz. Gieb mir den Schwesterkuß, o Edelste der Frauen!
THEROIGNE.
Da, Schmachtlappen! Küßt ihn.
DANTON
brummt.
Immer zu! Ich erlaub's!
COLLOT
plötzlich ruhig, steht auf.
Wer wird die Armee führen?
DANTON.
Vielleicht Ronsin ...
COLLOT
hastig.
Ach, nur Ronsin! Ich bitt schön! Der arme Kerl! War nämlich dramatischer Dichter ...
DANTON UND THEROIGNE.
Ach du lieber Gott!
COLLOT.
Und seine Tragödien, seht ihr ... unter uns, ein rechtes Gesudel, aber das schadet nichts ...
[7]DANTON
ernsthaft.
Das Talent ist ein aristokratischer Unfug.
THEROIGNE
ungeduldig.
Und Ronsin's Tragödien fielen wohl durch, he?
COLLOT
salbungsvoll.
In Lyon. Hihihi, faule Aeppel und Eier ... nein, das ist mir noch nie passirt ... ach, der arme Ronsin!
DANTON
notirt.
Genug, Ronsin ist Chef der Revolutionsarmee gegen Lyon. Seine besondere Befähigung für diese Aufgabe ist erwiesen.
COLLOT.
Ich der arme Ronsin ... wir geben unser Benefiz ... hoho, für effektvolle Aktschlüsse sorg' ich schon ... es bleiben Leichen genug auf der Bühne liegen ... man wird uns Beifall klatschen von allen Gallerien ... Tanzt wie verrückt umher, trällert. Draußen Kanonenschuß.
ALLE.
Das Massacre beginnt!
DANTON.
Ist der Offizier draußen, den ich herbefahl?
THEROIGNE.
Er wartet seit einer Stunde.
DANTON
winkt.
Theroigne und Collot nach Hintergrund rechts ab. Danton setzt sich an den Schreibtisch links und kramt in Papieren. – Hoche tritt von dort ein, in schlichter Uniform.
DANTON
ohne aufzusehen.
Hauptmann Hoche?
HOCHE.
Der bin ich.
DANTON
wie oben.
Fünfundzwanzig Jahre alt?
HOCHE.
So ist's.
DANTON.
Ein schönes Alter. Die Söldner der Tyrannen gehorchen sechzigjährigen Eseln. – Armer Leute Kind? Sohn eines Hundewärters? Sieht plötzlich Hoche an. Siehst nicht so aus, vornehmes Herrchen! Doch das soll Dir bei uns nichts schaden. Die Republik bedarf der Jugend, sie ist selber jung. Sturmläuten hinter der Scene, verwirrtes Geschrei.
HOCHE
horcht auf.
Bartholomäusnacht?!
DANTON.
Pah, pah! Nur etwas Verjüngung. Man läßt zur Ader. Plötzlich aufspringend. Habe keine Zeit mehr. Mach', daß Du zur Armee kommst. Da!Reicht ihm ein Papier. Adieu!
HOCHE
betreten.
Bürger Minister, ist das Alles, weswegen Du mich rufen ließest?
DANTON.
Ach so, er ahnt noch nichts. Da Er hebt ein Manuskript vom Pult auf. ist Deine neuliche Denkschrift über die matte Kriegführung. Sag's noch mal in zwei Worten!
HOCHE
eifrig.
Massen bilden. Wir verzetteln unsre Kräfte. Vorwärts, in große Armeen vereint! Die Defensive verdirbt uns. Hindernisse? Die giebt es nicht.
[8]DANTON
majestätisch die Hand in der Brustöffnung.
Genug, mein Lieber. Du hast meine Intentionen mit Klarheit und Verständniß erfaßt. – Du bist Generalissimus.
HOCHE
erregt.
Bürger Danton, Scherz oder Ernst?
DANTON.
Ich scherze nie, gilt es das Wohl der Republik. Lies doch! Du hältst das Dekret in Händen.
HOCHE
liest.
Danton, wie soll ich Dir danken!
DANTON.
Durch einen Sieg. Deine Vorgänger benahmen sich unwürdig, verstanden nicht zu siegen – Kopf ab! Und Du, willst Du den Deinen wagen?
HOCHE
fest.
Ich will. Sollten wir auch dabei ertrinken, laßt uns waten durch's rothe Meer!
DANTON
schiebt ihn jovial zur Thür hinaus.
Bravo, mein Junge! Siege, siege – oder –!
HOCHE
lacht.
»Kopf ab?!« Es lebe die Republik! Ab links.
DANTON.
Es lebe Danton! Was ist die Republik ohne mich! Schellt. Theroigne tritt ein. Der Bürger Biron, vormals Herzog von Lauzun?
THEROIGNE.
Wartet im Vorzimmer auf Deine Ordre. Er ist nicht allein. Eine verschleierte Dame kam mit ihm.
DANTON.
Damen – was! In solcher Nacht! – Laß die Donna draußen und führ' ihn herein. Theroigne ab, kommt gleich darauf mit Biron zurück, vom Hintergrund rechts.
BIRON
jovial eintretend, in Husaren-Uniform.
Guten Abend, Schwerenöther! Ihr habt mich von der Rheinarmee nach Paris befohlen. Ei, die vielen Papiere! Mein Verhaftsbefehl darunter? Na, was gebt Ihr hier wieder an? Bringt Anderen Eure Begriffe von Freiheit bei, he?
THEROIGNE
geht.
Ueberlaß das uns!
BIRON
kneift sie in die Backen.
Reizende Schelmin! Zwei Pistolen am Busen lehnend! Zwei Säuglinge wäre besser! Die Freiheit bedarf der Rekruten. Womöglich Drillinge! Theroigne ab.
DANTON
ein versiegeltes Papier vom Tisch nehmend u.
ihm überreichend. Bürger Biron, vormals Herzog von Lauzun, Du bist von der Rheinarmee versetzt zur Armee der Vendée und erhältst ein Armeekorps.
BIRON.
In die Vendée?! Pfui Teufel! Gegen Landsleute!
DANTON.
Gegen Aristokraten. – Fort mit Dir und daß Du Dein Aeußerstes thust! Denn, Du ahnst wohl, wenn Du Vormals-Aristokrat nicht gegen Deine Vettern und Onkels doppelten Eifer entfaltest –
[9]BIRON.
So werd' ich doppelt geköpft, denn euch ist Alles möglich! Deswegen hast Du mich gewählt, Du Taugenichts. – Her mit dem Dekret! – Draußen steht eine Dame, die ich auf Deinen Passirschein durchschmuggelte – haha, man glaubte wohl, ich kuppelte Dir ein Dirnchen zu –
DANTON.
Eine Bittstellerin? Jetzt? Bist Du toll?
BIRON.
Es blieb sonst keine Wahl. Thu's um meinetwillen!
DANTON.
Eine Cousine – nicht wahr?
BIRON.
Marie von Sombreuil.
DANTON
winkt.
Adieu, Du schneidiger Kerl! Biron links ab. Gleich darauf vom Hintergrund rechts tritt Marie ein, tief verschleiert.
DANTON
nach einer Pause.
Sie stehen vor Danton.
MARIE.
Vor dem Justizminister. Herr Minister, es geht etwas Furchtbares vor. Alle Straßen verödet, nur Banden von Pikenmännern suchen die Häuser ab. Die ganze Stadt scheint ein Gefangener, den man knebelt. – Was, o was bezwecken diese Maßregeln?
DANTON.
Meine Gnädige, das kann ich Ihnen in wenigen Sätzen expliziren. Kurz, bestimmt, im Kommandoton. Sperrung der Hauptstadt, 48 Stunden lang. Haussuchung nach allen Verdächtigen. Kurz, alle Gefängnisse überfüllen, um sie sofort wieder zu leeren – durch's Messer.
MARIE
aufschreiend.
Gräßlich!
DANTON.
In dem Augenblick, wo Paris in dichten Schaaren ausrückt gegen den Landesfeind, muß man Verräther durch Schrecken bändigen. Wir wollen keine Banditen in unserm Rücken zurücklassen ...
MARIE
heftig.
Sprachen die Banditen! O mein Gott! Und mein Vater –
DANTON.
Jawohl, ich weiß, warum Sie kommen. In welchem Gefängniß sitzt er?
MARIE.
In La Force.
DANTON
wie vor sich hin.
Hm, das kommt zuletzt dran.
MARIE.
Zuletzt –? Es ist also wahr? O schändlich ungeheure Frevelthat!
DANTON
wohlgefällig.
Ja, Europa wird einen Schrei ausstoßen. Nur durch Erschütterung kann unser Boden die fremden Heere von sich wegschnellen.
MARIE.
Sie halten Ihr Verbrechen noch für Genie?!
[10]DANTON.
Warum nicht? Die alten Kutscher von Europa werfen um! Ich bin der Staatsmann Europas.
MARIE
höhnisch.
Sie putzen sich eitel mit Ihren Freveln. Das ist wie ein Affe, der sich eine Tigerlarve vor's Gesicht pinselt. Weil ihre blutunterlaufenen Augen flimmern, sehen sie eine Aureole über ihrem Stierschädel, und weil sie Unmenschen sind, halten sie sich für Uebermenschen, die freundlichen Herrn Jakobiner!
DANTON
aufflammend.
Weißt Du, Aristokratin, die Du nur Mannsbilder kennst in seidenen Strümpfen, mit denen ihr eleganten Damen galante Fächersprache pflegt – weißt Du, Französin, wer sie sind, diese Jakobiner? Was sagst Du zu diesem Sturm, der in Millionen Herzen den Stolz des Sieges entzündet noch vor dem Siege? Ihm wollt ihr widerstehen, ihr Zwerge, der euch knickt wie gebrechliches Rohr? Zupft nur den schlummernden Löwen, sein Gebrüll wird euch bald verscheuchen, bis ihr unter die Erde kriecht! Schreibt hastig links. Hören Sie mich wohl, meine Gnädige: Was halt' ich in meiner Hand? Den strengsten Befehl, Ihren Vater sofort in Freiheit zu setzen und in Sicherheit aus Paris auf den Schub zu bringen.
MARIE
stürzt jubelnd auf ihn zu.
Großherziger Mann!
DANTON
da sie das Papier an sich nahmen will.
Pardon, noch eine kleine Formalität. Ich gewähre viel, es könnte mir Kopf und Kragen kosten, wär' ich nicht der Danton ... aber umsonst ist der Tod. Wenn ich Leben schenke, so will ich mein Leben genießen.
MARIE
zitternd.
Was denn meinen Sie? Umsonst .. ja, nehmen Sie Alles, was ich besitze, was wir besitzen ... auch mein Vater wird seinen ewigen Dank ..
DANTON.
Ihren Vater kenn' ich nicht. Sein Dank interessirt mich nicht. Aber Sie ..
MARIE.
Ich? Meine treue Erinnerung .. meine Thränen werden Ihr beflecktes Bild reinigen .. meine ewige Achtung ..
DANTON.
Achtung? Pah! Die Frau soll lieben.
MARIE.
Lieben? Aber ich kann doch nicht ... Sieht ihn an, versteht, zurückschaudernd. Ah!
DANTON
mit heiserem Flüsterton, an sie herantretend.
Morgen früh wird man Sie zu Ihrem Vater geleiten, frei mögt ihr Beide heimkehren auf euer altes Feudalkastell, von seinen Zinnen hochwohlgeboren herabzulächeln. Verstehst Du, morgen früh! Aber diese Nacht ... diese kurze, fast schon zerronnene Nacht gehört mir!
[11]MARIE
auf einen Stuhl sinkend, das Gesicht in den Händen verbergend.
Ah, Scheusal!
DANTON
cynisch lachend.
Hasse mich, ekele Dich vor Danton dem Plebejer! Aber ruhen werde ich an Deinem Busen, wühlen werd' ich in Deinen seidenen Haaren und ruhen wird mein Mund auf Deinen stolzen Lippen.
MARIE
stürzt fort.
Hinweg!
DANTON.
Gut. – Dein Vater stirbt.
MARIE.
Sterbe er denn! Er würde sein Leben nie erkaufen wollen durch meine Schmach.
DANTON
cynisch.
Wieviel Geschrei um ein paar Küsse!
MARIE.
Verächtlicher! Schon Deine Worte sind Entehrung. Sie will fliehen.
DANTON.
Dies Billet geht nGicht ab, aber dafür ein andres, an Henriot, den Kommandeur der Mordbanden: Dein Vater stirbt tausend Tode.
MARIE
aufschreiend.
Gott! Zusammenbrechend. Vernichtung!
DANTON.
Leben und Freiheit für eine Stunde in Dantons Armen – Sie aufrichtend. Liebchen, komm, sei mein!
MARIE.
O gerechter Gott, könnt' ich diesen elenden Leib zerschmettern in tausend Stücke, eh' dieser Satan ihn befleckt! Könnt' ich mir das Herz ausreißen und gegen die Erde schleudern, die solche Frevler trägt! Plötzlich ruhig. Umsonst ist der Tod. – Sende den Freiheitsbefehl, ich bin Deine Sklavin.
DANTON
klingelt.
Collot kommt. Marie verschleiert sich. Diese Ordre sofort an Henriot! Zu Marie, nach rechts weisend. Dorthinein! Marie ab durch Thür rechts. Ich bin bis Morgen für Niemand zu sprechen.
COLLOT
possenhaft.
Ich lächle verständnißvoll.Trällert. Heimliche Liebe, von der Niemand nichts weiß .. Ab. Danton ab nach rechts. Man hört die Thür verriegeln.
ST.
JUST hinter der Scene links. Botschaft von Robespierre! Collot eilt nach links ab, ihm entgegen. Kurze Pause. Dann St. Just von links mit Collot. Frech! Mir den Eintritt weigern, Mir?
COLLOT.
Befehl des Ministers –
ST.
JUST. Befehl! Fängt Das schon an?
COLLOT.
Danton schläft!
ST.
JUST. Ah, Danton der Große – er kann schlafen!Halblaut. Bis wir ihn wecken! ... Blut fließt wie Wasser in den Gossen und er ...
[12]COLLOT.
Bah, wer in Revolutionen noch Herz haben will, der hat ... hehe ... das Herz nicht auf dem rechten Fleck! Schlaflosigkeit? Kommt Alles von den Nerven.
ST.
JUST kalt. Ich arbeite, das hält mich wach.
Frau Roland und Condorcet hastig von links.
FRAU ROLAND
noch hinter der Scene.
Platz für die Botschaft der Gironde!
CONDORCET.
Einlaß im Namen des Convents!
ROLAND.
Wo ist Danton? Verkriecht er sich vor dem Morgenstern, der seine Werke sieht? Scheußliche Banden verhüllen ganz Paris wie ein blutsaugerisch Spinngewebe. Uns wollten sie den Weg versperren, den Vertretern der Nation!
COLLOT.
Der Minister ist nicht zu sprechen.
ROLAND
heftig.
Er soll und muß und wird!
HENRIOT
torkelt von links herein.
Danton, große Kunde! Zweitausend Tote! Verfluchte Royalistenhunde, Verschwörer wider die Majestät des souveränen Volkes!
FRAU ROLAND
mit Ekel.
Wünsch' gute Verrichtung!
HENRIOT
will sie umarmen.
Gegrüßt, theure Frau, Freundin der Menschheit!
ROLAND
mit Abscheu abwehrend.
Du riechst nach Blut und Branntwein.
HENRIOT.
Das ist der Freiheit ein lieber Geruch! Eh! Will St. Just umarmen.
ST.
JUST. Hebe Dich von dannen! Und mag Dich die Botschaft nüchtern machen: Robespierre mißbilligt Alles!
HENRIOT
erschrocken.
Robespierre?! O weh!
ROLAND
spöttisch.
Im Voraus! Er weiß zwar noch nichts, er mißbilligt nur! Lärm draußen.
HENRIOT
blickt nach links.
Herrje, das kann hübsch werden! Nun wird die Baracke voll!
Stimmen hinter der Seene links »Hoch Marat!«
HENRIOT
begrüßt.
Der Vater des Volkes! Marat wirb links von zwei Sanskulotten hereingetragen und sieht sich mißtrauisch um. Die Sanskulotten entfernen sich wieder.
ROLAND.
Ungethüm! Als ob das gute Herz nur durch zerrissene Lumpen scheinen könnte! Die Kröte aus dem Kellerloch!
CONDORCET
zu St.
Just. Ich lobe Eure Wohlanständigkeit, Robespierre und St. Just! Ironisch. Ihr dürft Euch diesen Luxus [13] gestatten, Meister wie Jünger. Ein Andrer würde verdächtig der Mäßigung. Doch über diesen Verdacht seid ihr erhaben!
MARAT
kreischt.
Man belege die Hofbuchdruckerei mit Beschlag ... sie hat vier Druckerpressen ... es darf überhaupt nichts mehr gedruckt werden ...
HENRIOT.
Außer Dir natürlich!
MARAT
fährt ihn an.
Man schwatze keine Selbstverständlichkeiten! Alles Andre konfiscirt ... Nur so kann ein volksthümliches Schriftthum gegründet werden. Schmeißt Zeitungen herum. Man lese meinen Leitartikel über die Minister, diese Liberalen von Zucker! Da die Liste dieser Brüllassen!
HENRIOT
liest.
Lauter Gelehrte! Sie fallen in Ohnmacht, wenn sie den Schweiß des Volkes riechen.
MARAT.
Wer ist denn Monge? Ein Automat. Lavoisier? Ein Plagiator. Laplace? Eine Rechenmaschine. Und wer ist Roland? Ein Hanswurst.
HENRIOT.
Ich kenn' ihn. Ein Weinfälscher!
MARAT.
Ich danke meinem ehrenwerthen Freund, der soeben gesprochen. Er hat dem Steckbrief unseres Premierministers einen feinen Zug hinzugefügt. Na und Condorcet ...
CONDORCET
vortretend.
Hier! Bitte?
MARAT
über ihn weg.
Ein Tartüffe in Bäffchen! Vergniaud ... ein Gaukler, Brisson ein Spitzel ... o überall Scorpionen, Schmeißfliegen, Schlangen ...
HENRIOT UND COLLOT.
Schlag zu, schlag zu!
MARAT.
Volk, laß dich nicht verblüffen! Ich suche gesunde Geister, Originale, mit einem Wort Naturmenschen!
HENRIOT.
Ich bin ein Naturmensch, ich!
ROLAND.
Diogeneslaterne, mit Galle geschmiert!
MARAT.
Man hört nicht auf den politischen Arzt! Mine Diagnose war immer sicher, meine Prognose unfehlbar, meine Therapeutik human und äußerst wohlthätig. Zittert vor falschem Mitleid! Anfangs genügten wenige Köpfe, etwa fünfhundert, eine Kleinigkeit. Aber je mehr der Krebs um sich greift, desto breiter die Amputation. Als geprüfter Chirurge schätzte ich neulich die Zahl der abzuhauenden Köpfe auf vierzigtausend, heute muß ich auf dreihunderttausend bestehen! Die allein thun's! Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, oder Tod! Fällt Henriot erschöpft in die Arme.
HENRIOT.
Alter ehrlicher Schmierfink! Der macht keine »langen Finger«: hat sie krumm geschmiert!
[14]ROLAND.
Diese Kannibalen der Schreibstube wollen nichts übrig lassen!
HENRIOT.
Achtung! Das Kulturmensch legt wieder los!
MARAT.
Ach der soziale Aussatz wuchs wunderbar! Versteht mich wohl, ihr Lieben, nur eine gründliche Operation ...
ST.
JUST höhnisch. Keine Bange! Wir ernennen Dich zum vereidigten Staatsoperateur.
MARAT.
Wer ist denn Lafayette? Ein Gassenjunge. Ging nach Amerika, um für die Freiheit zu fechten? Lächerbar! Er litt an Liebesgram für eine geschminkte Vettel!
HENRIOT.
Da haben wir's! Stille Wasser sind tief!
MARAT.
Ich kenne diese Geschichte, ich war selbst dabei.
HENRIOT
prustet vor Lachen.
Marat war der glückliche Rivale!
CONDORCET
zu St.
Just. Soll man den »Naturmenschen« noch länger rasen lassen?
ST.
JUST bedächtig. Dieser große Patriot hat doch in seinem Wahnsinn viel Methode. Laut. Ein tiefer Denker!
MARAT.
Brüder Naturmenschen! Gründen wir die einzig wahre Gleichheit: die Gütergemeinschaft! Nieder mit der Schlechtigkeit! Der Schrecken muß zur Tagesordnung erhoben werden!
ALLE.
Der Schrecken!
ROLAND
rechts an der Thür.
Verriegelt? Klopft. Erkorener Richter, Justizminister, ich rufe Dich im Namen des Gesetzes!
DANTON
drinnen, mürrisch.
Ich komme.
MARAT
zu Condorcet.
Ha, Du Akademiker! Du besaßest einige wissenschaftliche Kenntnisse. Du und ähnliche nicht unbegabte Köpfe, ihr bildet ein Komplott wider mich. Ihr engen Geister thatet Euch zusammen, um mich zu erdrücken. O, wie hat man mich verfolgt, mein Genie stückweis vernichtet!
CONDOREEL
achselzuckend.
Verfolgungswahn aus Größenwahn!
MARAT
grimmig.
Du Verlehrter! Sprich, daß ich Dich examinire: habe ich nicht Newtons Gravitationsgesetz in meiner »Optik« widerlegt?
CONDORCET.
Dich selbst widerlegtest Du ... durch Deine Widersprüche.
MARAT.
Schweig, Elender! Ja, ich bin ein zweiter Newton und mehr wie das. Selbst die Charlatane eures sogenannten wissenschaftlichen Körpers erkannten, daß meine intuitive Methode über das nervöse Fluidum all ihre Arbeiten zur Vergessenheit verdammt! Das merke Dir, sonst geht's Dir schlimm!
[15]CONDORCET.
O ungeheuerlich! Predigt seinerseits. Die Philosophie, die allen Vorurtheilen den Garaus macht –
MARAT.
Die Philosophie ist auch ein Vorurtheil!Danton von rechts, die Thür hinter sich schließend.
CONDORCET.
Das sieht Dir ähnlich, Abtrünniger der Wissenschaft! Doch wisse, ich glaube an die Allmacht der menschlichen Vernunft. Alle Schranken der Materie wird sie durchbrechen, alle verborgenen Quellen des Urgrunds entdecken. O Bürger, wann beginnt dies goldene Zeitalter? Wir werden das Angesicht des Universums erneuern! Mit weihevoller Pose.
DANTON
zu St.
Just. Ein wahres Tollhaus! Eine fixe Idee tobt gegen die andere. Wir positiven Geister – was sagst Du dazu?
ST.
JUST mit unheimlichem Flüsterton. Ich sage: die Naturwissenschaft ist der Materialismus. Dieser Götzendienst muß vertilgt werden – als anti-republikanisch.
DANTON
schüttelt den Kopf, halblaut.
Der hat auch seine fixe Idee.
ROLAND.
Danton, als Bevollmächtigte der ganzen Partei der Gironde fordern wir Aufklärung über die schaudervollen Ereignisse dieser Nacht!
DANTON
grüßt.
Zu Befehl, Madame, fordern Sie gütigst!
CONDORCET.
Die Anarchie ist der Anfang vom Ende. Nach den Gesetzen der historischen Drehung ...
DANTON
lacht.
Die machen wir selbst! Und wehe, wer den Kopf nicht dreht, wohin uns beliebt!
ROLAND.
Sind Freiheit und Gleichheit nur Tigerinnen, die sich zerfleischen? Schwestern sollten sie sein, so sich zärtlich umschlingen, wie Ismene und Antigone!
DANTON
grob.
Ihr ollen Griechen, wir brauchen nicht Attisches Salz, sondern Pariser Mutterwitz!
MARAT
wüthend, daß Danton ihn nicht beachtet, predigt auf Henriot los.
Man muß eine enorme Quantität von Messern fabriciren. Diese Messerei muß von Staatswegen obligatorisch werden. Verstanden, Ihr Esel? Und nun los wie alte Römer!Danton lacht. Glaubt man, ich lasse mir imponiren von gewissen Leuten, die große Herren wurden und sich von ihrem Raub einen Bauch anmästen? Ich bin der öffentliche Ankläger, und ich vergöttere in Mir die Diktatur des Proletariats.
DANTON
die Faust gegen ihn ballend.
Du, Du! Kusch Dich!
[16]ROLAND
auf Danton zutretend, halblaut.
Sage Dich los von den Mordbuben, verleugne und verdamme die feige Schlächterei!
DANTON
stolz.
Meine eigenen Werke bestrafen? Nimmermehr! Ich bin zu groß, um zu heucheln, zu stark, es zu müssen!
ROLAND.
Du sollst ...
DANTON.
Sollst! Reizt nicht den Tiger auf, sein Sprung tödtet! ... Ihr glaubt, die Entbindung gehe schmerzlos ab, aus der eine Welt sich neugebären soll?
ROLAND.
Höre mich, Danton! Die Männer begeistern sich für einen Gedanken, die Frauen verlieben sich in ihn. Ich ... ich liebe die Revolution wie einen ... Geliebten!
DANTON
lacht cynisch.
Ja wohl ... platonisch!
MARAT
kreischt.
Die Roland hat Größenwahn. Hält sich für die Schloßherrin der Republik. Das ist ihre fixe Idee. Grüßt. Küss' die Hand, Frau Königin!
ROLAND.
Ich verschmähe es, einer solchen Kreatur zu antworten.
DANTON.
Ihr alter Mann hockt auf dem Rathhaus und sie geht hier mit jungen Leuten spazieren!
THEROIGNE
von links eingetreten.
Die Roland, was will denn Die? Kommandirt wie ein Polizeiwachtmeister! Dieses Bürgerdämchen ... das verreckt noch an lauter Hochgefühlen! Hat sie nicht neulich getüftelt: ›Man muß das Volk zur Freiheit erziehen!‹ Uns erziehen?
HENRIOT
lacht.
Wir sind schon ungezogen genug!
COLLOT
mit Pose.
Du bist ihr hundertfach über. Sie hat noch nicht mal einen Liebhaber, Du – na, wer war der neunundneunzigste?
HENRIOT
brüllt.
Hoch die Hundertmännerfrau, hoch die Riesendame!
THEROIGNE
zornig.
Duckmäuser! War auch mal ein Mädchen wie andre ... Ihr lacht, Jungens, traut Ihr mir das nicht zu?
COLLOT.
Ist's möglich?
HENRIOT.
Doch ... doch ... ich kann's bezeugen ... Theroigne war auch mal Würgt. Mädchen ...
THEROIGNE.
Tropf, was weißt Du? Aber da kam so'n Herr Marquis ... Teufel, was mich erinnern!
STIMMEN
unten.
Danton, Danton heraus!
ST.
JUST rennt an den Altan, kehrt bleich zurück. Dort unten [17] steh'n die Banden Kopf an Kopf und heben die blutigen Picken empor, auf jeder – –
DANTON.
Nun was?
ST.
JUST schaudernd. Sieh selber nach!
DANTON
kaltblütig.
Vermutlich einen abgehauenen Kopf. Das ist die neueste Mode.
MARAT
krächzt und fuchtelt mit der Hand.
Köpfe als Fehdehandschuh!
HENRIOT
unwirsch.
Was schreit der Schreiber, als ob er am Spieß stäke!
MARAT
klopft ihm auf die Schulter.
Du Lictorbeil, das vor dem Konsul einhergeht!
HENRIOT
brummt.
Wenn nur's Beil nich mal hin ter euch dreinkommt, ihr Maulhelden!
MARAT
begeistert.
Thränen der Rührung träufen mir die Backen herunter ... wie vor'm Bastillesturm!
ST.
JUST trocken. Ich erinnre mich. Nachher beim Sturm sah man Dich weniger. Er bleibt bis Schluß mit verschränkten Armen im Hintergrund stehn.
STIMMEN
unten.
Herr Justiz, Herr Justiz! Wir wollen Sold. Sold woll'n wir haben.
FRAU ROLAND.
»Arbeiter« in Menschenfleisch!
EIN SANSKULOTT
erscheint mit dem Kopf über die Rampe.
Wir sind die armen Arbeiter der Kommune. Bei solchen schlechten Zeiten!
DANTON
schaudernd.
Die Bestien!
SANSKULOTT.
Da! Da habt ihr die Spähne von der ganzen Holzhackerei!
MARIE'S STIMME von rechts. Danton!! Man hört einen dumpfen Fall. Unten lauter Lärm.
ST.
JUST an den Altan stürzend. Ein junges Mädchen hat sich aus dem Fenster gestürzt – sie ist todt – –
DANTON
setzt sich mit wankenden Knieen.
Mit unheimlich rauher Stimme. Mußt Du denn Alles beschnüffeln, Du Reporter?
FRAU ROLAND
Danton fixirend.
Sie stürzte aus dem Fenster dort rechts nebenan – die verriegelte Thüre –
DANTON
packt Collot am Arme.
Das Billet, das ich Dir gab –
THEROIGNE
ruhig, dicht an Danton herantretend.
Ich fing den Boten auf. Man hat Deine Handschrift gefälscht.
[18]DANTON
mit furchtbarem Blick.
Prächtig, Theroigne! Du wachst über mir wie ein – guter Engel.Er wendet sich gegen die Wand. Es – hat mich etwas angegriffen! Er erhebt sich langsam. Ich habe meinem Verbrechen in's Angesicht geseh'n und ich habe es begangen.
FRAU ROLAND
ruhig.
Schrei nicht so! Du übertönst doch nicht die Stimme Deines Gewissens.
STIMMEN
unten.
Platz dem Bevollmächtigten der Kommune! Barras von links.
BARRAS
mit der Trikolorenschärpe umgürtet, schreitet feierlich auf Danton zu.
Bürger Minister, ich nahe Dir im Namen der Stadt Paris. Die Munizipalität hat dekretirt, daß Du Dich wohlverdient gemacht um's Vaterland.
MARAT
mimt.
Roth dampft es über Paris – ist das die Morgenröthe, ist es das Blut der Verräther? Ja, die Morgenröthe der Freiheit!
FRAU ROLAND
verächtlich.
Blut! krächzt der Rabe ohne Unterlaß – einst hat er mehr als ihm lieb ist: erstickt noch dran! Ich gönn's ihm!
Barras tritt an den Altan. Drunten wüstes Geschrei. Er spricht hinunter.
BARRAS.
Meine Freunde, meine lieben Freunde, Gejohl. meine hochverehrten Mitbürger, die Kommune schickt mich zu Euch, um Euch bemerklich zu machen ...
SANSKULOTT
oben.
Wir merken nischt! Schickt lieber Branntewein!
BARRAS
fortfahrend.
Ich bitte um geneigtes Gehör! – – bemerklich zu machen, daß Ihr diesen schönen Tag entehrt. Man hat der Kommune berichtet –
STIMMEN
unten.
Ein Berichterstatter! Schlagt ihn todt!
BARRAS
mit erhobener Stimme.
– berichtet, daß Ihr die Schufte von Aristokraten plündert, nachdem Ihr Gerechtigkeit an ihnen geübt. Laßt Geld und Geldeswerth, was die Kadaver an sich tragen, ganz unberührt –
GROSSES GESCHREI.
Is nich! Haut ihm!
BARRAS
mit Stentorstimme.
Ich bitte um Ruhe. Ich stehe hier im Namen der Kommune.
SANSKULOTT.
Kommun genug bist Du.
ANDRE STIMME.
Wir sind die Kommune.
BARRAS.
Der große Akt der Gerechtigkeit, den Ihr so bieder vollzogen habt, verursacht der Kommune namhafte Kosten und [19] diese sollen nämlich mit der Hinterlassenschaft jener Verbrecher bestritten werden.
STIMME.
So 'ne Gemeinheit!
BARRAS.
Jedoch, versteht mich wohl, Ihr Lieben – was Euch angeht, da seid unbesorgt! Man zahlt Euch den bedungenen Tagelohn sechs Franks pro Kopf.
SANSKULOTT
oben.
Lohnt sich auch g'rade, für so 'nen Spottpreis so 'ne saure Mühe!
GESCHREI.
Danton, Danton, wir wollen Danton seh'n! Danton 'raus! Wirds bald?
DANTON
bedeckt seine Augen mit der Rechten.
FRAU ROLAND
halblaut.
Danton, Du weinst?!
DANTON.
Ja, ich .. Gefaßt. Ihr kennt nicht meine Kraft.
CONDORCED.
Wir haben die Kraft des guten Gewissens.
DANTON
bitter.
Da habt Ihr was rechts!
CONDORCED.
Wohl wissen wir, es geht auf Leben und Tod. Die Revolution ist wie Saturn: Sie wird ihre Kinder verschlingen.
DANTON.
Haha, auch ihre eig'nen Väter. Wenn Ihr fallt – – Dumpf. And're werden folgen. Tritt an den Altan und spricht hinaus. Ihr Leute, brav gemacht! Ihr seid die Geburtshelfer der Revolution.
STIMMEN
unten.
Hahaha! Danton soll leben! Dreimal hoch!
DANTON.
Ihr seid die Leibmörder der Freiheit. Ich grüße euch, ich der Minister des Todes! Tumult hinter der Scene und Musik der Marseillaise.
FRAU ROLAND
geht; der Tag bricht an.
Die Sonne bringt es an den Tag, die Blutschuld raucht zum Himmel.
DANTON
gen Himmel deutend.
Wohl! Wie heißt der Stern, der uns am nächsten schimmert? Der rothe Mars – heut sind wir Marsbewohner!
Der Vorhang fällt.