475. Der Venetianer

Ein Wale kam alljährlich in das Lauchatal, der wußte, daß das Sprüchwort wahr sei, das am Inselberge üblich ist: Es wirft oft ein Hirte [332] mit einem Stein nach der Kuh, der mehr wert ist als die Kuh selbst. Ein junger Bursch aus Cabarz oder Tabarz mußte dem Walen als Führer dienen, der wurde hernachmals, da der Venetianer längst nicht mehr kam, ein Fuhrmann und kam weit in der Welt herum, einmal sogar mit Gütern bis nach Venedig. Da fiel ihm ein Kaufladen in das Auge, darin blitzte und funkelte an einem Schaufenster alles von Gold und Edelsteinen, und wohnte da ein reicher Juwelier. Dieser sah den Thüringer stehen und gaffen und grüßte ihn in deutscher Sprache und war kein anderer als jener Gold- und Steinsucher, den er früher im Gebirge geleitet, der sagte ihm, all dieses Gold und alle diese Steine habe er in dem schönen Thüringen gewonnen, die Thüringer verständen nicht, es auch zu finden und die Steine zu schleifen, man finde dort nur ungeschliffene. Mit reichem Geschenk entließ der Venetianer den Thüringer. Ähnliche Sagen werden viele erzählt; eine fast gleichlautende auch vom Bayerberg vor der Rhön.

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