367. Die Geldfresserin

Zu Frankfurt an der Oder hat sich im Jahre 1536 eine verwunderliche Geschichte zugetragen. Eines Mannes, Marx Fischers, Tochter Gertrud diente zu Lebus als Magd, die war eine Teufelsbuhle, und ihr höllischer Galan besuchte sie als ein stattlicher Kriegsmann. Sie wurde aber ganz und gar von ihm besessen und offenbarte bald genug, daß es ein Geldteufel war, der in ihr stak. Wohin sie griff, an Wände, Tische, Bänke, an der Leute Röcke, Ärmel, Barette, stets berappte sie Geld, oft eine ganze Handvoll, Groschen und Pfennige, Silber und Kupfer, wie es gang und gäbe war im Lande, und das führte sie dann alsbald zum Munde und zerbiß es, kaute es und verschlang es. Da ward sie von Lebus nach Frankfurt, ihrer Heimat, zurückgebracht, ihr mit Beten zu helfen, und auch alldort trieb sie das seltsamliche Geldessen fort. Sie verspeiste auch Nähnadeln und Stecknadeln und redete mit einem Male hochdeutsch, da sie doch vorher nur stets den landüblichen Dialekt gesprochen. Da ward ein Exorzist verschrieben, der sollte ihr den Teufel austreiben, allein weder Weihwasser noch Geißel, weder Gebet noch Formel half. Nur erst, als Herr Andreas Ebert aus Grüneberg in Schlesien sich fragend über diesen verzweifelten Fall an Doktor Luther nach Wittenberg wandte und auf dessen Anraten die Besessene in seine Predigten führen ließ und mit der ganzen Gemeinde für die Geldfresserin betete, wich der Teufel, aus Respekt vor dem Grüneberger, aus ihr, doch nicht ohne Geplärr und Rumor in der Kirche, und endlich wußte die arme Magd nicht, wie ihr geschehen war, und hat, ohne je wieder eine Anfechtung zu erleiden, noch viele Jahre nachher frisch und gesund zu Frankfurt an der Oder gedient.

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