31. Ein braver Kaufherr.
Ein armer Taglöhner arbeitete bei einem reichen Kaufherrn in München; und der Kaufherr lebt noch. Zu dem trat er eines Tages ins Schreibzimmer, und sagte: Herr, ich habe ein großes Anliegen. Mein Weib ist volle acht Wochen krank gewest, und Doctor und Apotheker kosten Geld. Und das brauche ich jetzt nun. Geschenkt will ich's nicht, sondern geliehen – so'n vier bis sechs Kronenthaler. – – Der Kaufherr sah ihn eine Weile an, und sagte dann ganz ernst: Hansel, wer von mir Geld leihen will, der ist mein Feind oder will es werden. Das verstand zwar Hans nicht, aber so viel merkte er, daß der Kaufherr ihm kein Geld geben wolle. Also ging er, hinter den Ohren sich kratzend, wieder zur Thüre hinaus. Als der Mann fort war, ließ der Kaufherr den Hausknecht kommen, und sagte zu ihm: Weißt du, wo der Hansel wohnt? Der Hausknecht sagte: Ja Herr, hinter den Sauställen, nicht weit von der Reiterkaserne. Da – sagte der Kaufherr, und gab ihm acht Kronenthaler – trag's ihm ins Haus, und gib's seinem Weib, und du brauchst eben nicht zu sagen, von wem es komme. Hast's verstanden? Der Hausknecht brachte richtig das Geld an seinen Ort, und sagte nicht, von wem es komme, sondern blos, er sei der und der und [89] diene bei dem und dem. Und also wußte Taglöhner, als ihm's die Frau erzählte, wie er dran war. Und des andern Tags an einem Sonntag, kam er mit sammt dem Weibe zum Kaufherrn, und sagte: Herr, wir kommen so eben aus der Kirche, und – – Gott vergelt's Euch zu hunderttausend Malen! Mehr sagte er nicht. Der Kaufherr nahm den Wechsel auf unsern Herrgott in Empfang, und dieser zahlt's ihm auch reichlich an Gut und Ehre, und an seinen vielen lieben Enkeln. –