Neunter Winterabend

Die Abenteuer des Prinzen Karl Stuart
Einleitung

Das Haus der Stuarts ist altberühmt. Robert Stuart bestieg den Thron Schottlands im Jahr 1371. Nach dem Tode der Königin Elisabeth von England vereinigte Jakob VI. im Jahr 1604 beide Reiche, seine Nachkommen regierten über beide, bis Jakob VII. im Jahr 1688 durch seine Anhänglichkeit am katholischen Glauben verhaßt, von seinem Schwiegersohne Wilhelm von Oranien vertrieben, mit der Königin und dem Prinzen George nach Frankreich flüchtete. Wilhelm wurde König, das Parlament setzte fest, daß nur Protestanten der Regierungsfolge fähig. Zwei Versuche wurden von dem vertriebenen katholischen Hause gemacht, das Reich wieder zu gewinnen, einer von dem Prinzen George im Jahr 1715, aber ohne Erfolg; zum zweiten Unternehmen seines Sohnes Karl wenden wir uns erzählend. Der Krieg mit Frankreich beschäftigte Großbritannien und veranlaßte die französische Regierung den Prinzen zu unterstützen, der den 15. Juli 1745 von Port Lazare in Bretagne auf einer kleinen eilf Kanonen-Fregatte, mit wenigem Geld und Waffen, reicher an Hoffnung, Verstand und Kühnheit absegelte. Bei Bellisle stieß die »Elisabeth«, ein französisches Linienschiff von sechzig Kanonen zu ihm. Auf der Fahrt begegneten sie einem englischen Linienschiffe, »Lion«, mit dem die »Elisabeth« ein verzweifeltes Gefecht bis in die Nacht aushielt, während dessen die Fregatte ihren Weg sicher fortsetzte; in der Nacht rettete sich die »Elisabeth« in schrecklichem Zustande nach Brest, sie hatte Geld und Waffen für mehrere tausend Mann an Bord, alles zum Dienst des Prinzen, der indessen mit sieben seiner Anhänger an der [373] Küste von Lochaber glücklich gelandet war. Er blieb mehrere Wochen versteckt bei Macdonald von Kinloch-Moidart, bis die Hochländer Clans zusammen berufen waren und sich öffentlich für ihn erklärt hatten. In der Mitte Augusts waren ungefähr 2800 Mann, Stuarts von Appin, Macdonalds von Glengary, Camerons von Lochiel u.a. beisammen. Karl erhob seine Fahne mit der Inschrift: »Tandem triumphans«, und machte drei Manifeste bekannt, zwei von seinem Vater unterzeichnet, ein drittes mit seinem eignen Namen; vieles, was die Schotten wünschten, versprach er darin, unter anderm die Trennung von England. Die Regierung ward zu dieser Zeit erst von seiner Anwesenheit unterrichtet, sendete Befehle an Cope, Generalissimus in Schottland, auf alle Art dem Ausbreiten jener Partei zuvorzukommen, zugleich wurden 30000 Pfd. Sterling auf den Kopf des Prinzen gesetzt. Zwei Kompagnien von Sinclairs Regiment, die zum Rekognoszieren in die Hochlande geschickt, wurden gefangen, eben so Kapitän Swethenham von Guise zu Fuß, der auf sein Ehrenwort entlassen, die ersten Nachrichten von der Macht der Hochländer brachte.

Cope, nachdem er die königlichen Truppen und die Miliz gesammelt, marschierte in die Hochlande um den Prinzen zu suchen; der Prinz vermied eine Schlacht, umging den General und zog ohne Widerstand in Perth ein. Als Cope dies nach einem beschwerlichen Marsche bis Inverness erfuhr, so ging er zurück; Karl rief seinen Vater als König in Perth aus, sein Anhang mehrte sich, er marschierte zum Flusse Forth, er stürzte sich zuerst an der Spitze der Infanterie hinein und sie durchwateten ihn. Glasgow wurde aufgefordert, gab aber keine Antwort. Karl erreichte Edinburgh vor Copes Rückkehr, welches ihm seine Freunde sogleich den 17. September übergaben. Der alte General Guest zog sich mit einigen Soldaten in das Schloß. Cope vereinigte sich mit dem Brigadier Fauke, erschien den 20. Abends bei Prestonpons und sah auf den Höhen bei Edinburgh des Prinzen Truppen. Die Nacht wurde unterm Gewehr zugebracht und häufig von beiden Seiten geschossen. Den 21. Morgens um drei griffen die Hochländer ihn an, einige Dragoner zogen sich beim ersten Feuer zurück und ließen die Infanterie den Hiebern der Hochländer ausgesetzt, welcher Waffe sie ungewohnt war, sie wurde in wenigen Minuten umgerannt, [374] etwa dreihundert getötet, der größere Teil gefangen. Oberst Gardiner, von seinen Dragonern verlassen, stieg vom Pferde und focht mit der Infanterie; von Wunden bedeckt, fiel er fast vor seiner eigenen Türschwelle; so mußten viele fliehen, damit einer recht stehen konnte. Kanonen und andres Kriegsgerät wurde genommen, und außer dem vermehrten Anhang der Vorsichtigen, die ein Glückszeichen zu ihrem Entschlüsse bedürfen, wurde dadurch einem dringenden Bedürfnisse an Waffen abgeholfen. Der Geschlagenen mochten ungefähr viertausend gewesen sein, der Sieger 3400, von denen wohl zwei Fünfteil nicht zum Schlagen kamen. Karl residierte nun im Heil'genkreuzhause, wo jedes Zimmer gewaltsamer Tage Gedächtnis trägt, dem Kühnen ist dieser gewaltige Wechsel der Dinge aufmunternd, der den Beschaulichen erschreckt. Von hier aus hob er Soldaten und Abgaben aus; Glasgow mußte eine große Summe zahlen. Aus Frankreich kam nach der Siegesnachricht Geld, Artillerie und Munition, doch hatte er auf mehr Freunde im Lande gerechnet als er fand, er kannte es nur nach den Ansichten seiner Familie und seiner Partei. Selbst in dem Hochlande bewaffnete sich Argyle gegen ihn, der Earl von Sutherland stellte 1200 Mann gegen ihn ins Feld, so Alexander Macdonald und der Laird von Macland sendete zweitausend Insulaner von Skye. Einige Edelleute bewaffneten sich unter dem Namen Königjäger.

Karl wollte seine schwankenden Anhänger in England durch seine Gegenwart und sein Beispiel ermuntern; mit 6700 Mann ungefähr marschierte er nach Carlisle, den 6. November ging er über die kleine Tweed, die so lange große Nationen geschieden. Marschall Wade opferte aus Klugheit den zweifelhaften Erfolg auf, ihm zu begegnen, er fand Carlisle besetzt und wagte es nicht den Prinzen daraus zu vertreiben, er legte sich deswegen hinter dessen Armee, um alle Nachhülfe aus Schottland abzuschneiden. Der Prinz kam den 29. bis Manchester, aber wenig Engländer erklärten sich für ihn, der Geist seiner Anhänger fiel sehr. »Die Engländer sind ausgeartet«, sagten sie, »und haben allen Sinn für Gerechtigkeit verloren, umsonst ist dieser beschwerliche Marsch, sie lassen die Gelegenheit zum Besseren vorüber, um bequem und schmerzlos zu leben.« Karl sah seinen Irrtum wohl, aber er traute noch seinen Anhängern im Süden und munterte sie auf: [375] »Wer weiß, ob nicht alles zu meinem größern Ruhme ausgeht; die Vorsehung hat uns in solche Gefahr gebracht, um ihre Macht zu bewähren; der Sieg erklärt sich nicht immer für die Menge; wir haben die Engländer einmal schon unmännlich gefunden, wir finden sie wieder also. Wer weiß, was unsre Freunde heimlich für uns tun, laßt uns unser Urteil noch aufschieben, bis wir neue Nachricht aus London haben.« – Er hatte jetzt etwa 3400 Mann bei sich, erst fünfhundert Engländer hatten sich zu ihm gesellt, ungeachtet er seinen Vater an allen Orten als König ausrufen ließ; mit dieser geringen Macht umging er den Herzog von Cumberland, der ihm gegenüber trat, sehr geschickt, und kam den 5. Dezember nach Derby. Hier erhielt er aus London sichere Nachricht, daß sein Anhang nichts tun könne, auch keine französische Landung auf der Südküste zu erwarten sei, die stark besetzt worden. Im Kriegsrat drängten nun die Häupter seiner Partei zum Rückzuge; sie waren nicht für das Außerordentliche geschaffen, und hatten es doch unternommen; der Prinz gab nach, die Soldaten murrten, sie hatten sich auf London gefreut; auch wissen rohe Leute von Natur, daß man nieetwas, sondern alles wagen muß; doch unterdrückte der Prinz ihre Rache gegen die Engländer auf dem Rückmarsche, es wurde nur das Notwendigste genommen. Karl wollte einen so geschickten Rückzug als kühnen Einfall ausführen. Indessen hatte Lord Lewis Gordon und Lord John Drummond wohl 5000 Mann zum Dienste des Prinzen in Schottland bei Perth zusammengebracht, auch aus Frankreich war ein Regiment meist Schotten und Irländer angekommen, auf der englischen Seite hatte der Earl von Loudon Truppen zusammengebracht, die den Lord Lovat von Fort Augustus fortdrängten, so kam Edinburgh und Glasgow wieder in die Gewalt der Engländer. Der Prinz vermied mit großer Geschicklichkeit alle Gefechte mit dem Herzoge von Cumberland, so kam er bis Manchester. Dort nahm man ihn viel unwilliger auf, als bei dem Einmärsche, dafür mußte die Stadt zahlen. Den 13. bei Preston hätte es zu einem Gefecht kommen müssen, wenn nicht seine Freunde ausgebreitet, die Franzosen wären im Süden gelandet, worüber der Herzog einen Tag auf nähere Nachrichten wartete. Ein Glück für Karl wäre solche Landung gewesen, aber die Franzosen wurden zu genau von den Engländern bewacht, um auslaufen zu können. Bei Clifton [376] wurde George Murray, der den rechten Flügel kommandierte, angegriffen, er hielt sich gut; die Nacht machte dem Gefecht ein Ende und er zog sich ohne Verlust weiter zurück. Die Engländer hatten etwa zwanzig Mann Tote; Kapitän Hamilton von den Schotten wurde durch österreichische Husaren gefangen, die freiwillig dienten. Karl erfuhr erst die Gefahr dieses Angriffs, als sie vorüber und die Angegriffenen in der Nacht zu ihm stießen. In Carlisle mußte er auf dringende Bitte seiner Freunde eine Garnison lassen, es war zur Sicherheit des Rückzugs notwendig. John Hamilton, ihr Anführer, belebte diese kleine Garnison: Es sei Pflicht und Ehre den Ort bis zum Äußersten zu verteidigen, außerdem hätten die Engländer nicht so bald Kanonen und Karl könnte ihnen indessen zu Hülfe kommen. Den 22. legte sich der Herzog vor Carlisle und gab die Verfolgung auf, weil er sie doch für unnütz hielt; vom 28., wo er erst sein Geschütz erhielt, bis zum 30. beschoß er die Stadt, da steckte endlich die kleine Garnison, die nun einem Sturm nicht mehr widerstehen konnte, die weiße Fahne aus, und ergab sich auf die Gnade des Königs. John Hamilton, der Anführer, und Oberst Townley wurden hingerichtet. Der Herzog übergab nun dem General Hawley das Oberkommando mit dem Befehle in Schottland einzudringen. Wir folgen jetzt dem unermüdlichen Karl, wo er aus seinem Unglücke höher als je gestiegen. In Dumfries nahm er zweitausend Pfd. Kontribution, in Glasgow zehntausend, weil es ihm besonders abgeneigt, auch wurden die Soldaten mehrere Tage bei den Bürgern einquartiert. Er beschied seine Anhänger Gordon und Drummond nach Stirling zur Belagerung, sie hatten Geld und Artillerie durch spanische Kaper erhalten, auch die »Hasard«, eine Kriegssloop, so wie zwei andre Schiffe genommen. Die Stadt Stirling übergab sich, doch der General Blackney zog sich mit der Garnison in das Schloß, Karl hatte nicht hinlängliche Artillerie ihn darin zu belagern. – General Hawley, der englische Obergeneral, zog sich von Edinburgh um das Schloß zu entsetzen, und schickte den General Huske nach Falkirk voran, um den Earl von Kilmarnock zu vertreiben, der auch nach Stirling sich zurückzog. Hawleys Plan war nun die Abenteurer anzugreifen, die jetzt in ihrem Lande, gut genährt, frische Kriegslust gewonnen hatten. Die Abenteurer näherten sich, die Engländer mußten sich auf dem Moor bei Falkirk schnell in Schlachtordnung stellen, die [377] Infanterie in zwei Linien, die Dragoner links, jene sollten ein geschlossen Feuer geben, diese einhauen. Aber das Feuer der Abenteurer brachte die Dragoner in Unordnung, das Feuer der Infanterie war ohne Ordnung, nun fielen die Dragoner vor ihnen in den Feind, sie hatten also nur einmal vor ihrem Rückzuge geschossen, der gleich darauf, als die Dragoner geworfen, in Unordnung erfolgte. Einige Generale, wie Huske, Brigadier, Cholmondely und Oberst Ligonier sammelten die Truppen, sie mußten indessen alle Kanonen bis auf eine zurücklassen, das Verfolgen wurde durch die Witterung erschwert. John Murray und John Drummond zeichneten sich aus. Die Belagerung des Schlosses Stirling wurde nun eifriger, aber ohne Wirkung fortgesetzt; die Armee der Abenteurer litt Mangel. Nach der Schlacht bei Falkirk schien es der englischen Regierung wichtig, die Armee auf alle Art zu verstärken; hessische Truppen in englischem Solde landeten in Edinburgh, der Herzog kam endlich selbst und marschierte den 3. Januar mit vierzehn Bataillonen und drei Dragonerregimentern gegen Stirling; die Abenteurer zogen sich zurück und ließen Verwundete und Artillerie, das Pulver hatten sie mit St. Ninians Kirche in die Luft gesprengt. Die Veranlassung dazu war die unerklärliche Furcht, die alle Ebenländer ergriffen, sich durchaus für zu schwach gegen die Angreifenden zu erklären; viele verließen die Armee. Die Hochländer waren zwar zu allem bereit und ergeben, doch rieten die Hauptführer nicht unvorsichtig alles unter so ungünstigen Umständen zu wagen; der Prinz gab ungern nach, er sah jetzt ein, daß Jugendkraft eines großen Menschen mehr erwartet, als der Menschen gemischte Menge leisten kann. Er ließ die Brücke bei Stirling abbrechen, und ging den 2. Februar nach Perth, die übrigen Truppen schickte er in die Berge; in Perth mußte er mancherlei Kanonen vernagelt zurücklassen und ging nach Montrose. Den 4. war die Brücke bei Stirling hergestellt, der Herzog besetzte Perth. So hatte nun eines Mannes Ruf, ohne Schwertschlag eine geschlagene Armee in eine siegreich verfolgende verwandelt. Feldherren können den öffentlichen Ruf bewachen oder lenken, aber nicht anders, als wenn sie ihn selbst voraus sich gewonnen haben; ein kühnes Herz, wie Karl glaubt kaum an ihn, und ein junger Held sieht ihn wie den Schatten gleichgültig an, der notwendig mit dem Tage ihm zuwachsen muß; so ist denn das erste jugendliche Unternehmen [378] immer das schwerste. Er suchte jetzt in gedruckten Blättern seinen Rückzug den Freunden als unbedeutend vorzustellen, er sei zur Erfrischung des Heers vorgenommen, und um die Beute in Sicherheit zu bringen. Besser unterrichteten Spione den Herzog, der nach Aberdeen ging, Magazine errichtete und die Forts mit Truppen verstärkte, Feige und Plünderer bestrafte, die Ordnung des Heers herstellte. Karl nahm Schloß und Stadt Inverness ohne Blutvergießen; er blieb da mit viertausend Mann; einige andere Abteilungen schlugen einzelne Hochländertruppen der englischen Partei; Fort Augustus ward überrascht und dann von ihm geschleift, Lord Loudon durch einen geschickten Überfall zerstreut und zum Rückzug genötigt. Doch jetzt fehlte ihm Geld, er wurde nachlässig aus Frankreich unterstützt, und das Volk murrte um den rückständigen Sold: ein schlimmes Zeichen, wo es um die Herrschaft eines ganzen Landes streiten soll.

Kleine Vorfälle, wie die Überraschung des Schlosses Corgarf durch die Engländer und der nächtliche Überfall einer kleinen Abteilung Engländer, die von den Schotten in Kieth niedergehauen wurden, machte beide Teile aufmerksamer. Karl ließ jetzt Fort William durch den Brigadier Stapleton belagern, das von Kapitän Scott leicht verteidigt werden konnte, da die Artillerie der Belagerer eigentlich ganz unzulänglich war; er unterhielt fortdauernd Verbindung mit der umliegenden Gegend, raubte Vieh und andre Bedürfnisse; die Belagerung fing den 14. März an und wurde den 3. April mit Zurücklassung des Geschützes aufgegeben, um den Prinzen bei Inverness zu verstärken, dem sich der Herzog von Cumberland näherte. In gleicher Eile wurde die Belagerung des Blairschlosses unter George Murray aufgehoben. Ein großes Unglück ist immer von Vorunglücken begleitet, oder vielmehr der Inbegriff von vielem einzelnen Unglück. Die französische Kriegssloop »Hazard« wurde von der »Sherness« auf der schottischen Küste nach einem Gefechte getrieben, die Besatzung, viele Offiziere und 12000 Guineen wurden dort von Lord Rea genommen, sie wären für den Prinzen eine sehr willkommne Unterstützung gewesen, da beides ihm mangelte. Das englische Heer brach den 8. April von Aberdeen auf und wollte geradezu über den Fluß Spey gehen. Karl hielt Kriegsrat und behauptete, der Übergang müsse gehindert, wenigstens erschwert werden. Dagegen sprach [379] der alte Herzog von Atholl: »Sie sind mit Kanonen und Artilleristen wohl versorgt, uns mangeln beide, Sie können daher Ihren Übergang leicht decken und unser Widerstand ist ohne Erfolg und wir nachher in Unordnung und schon in halber Flucht; warten wir hingegen Ihren Übergang in der Entfernung ab, so bleiben wir zu einer ordentlichen Schlacht oder zu einem ordentlichen Rückzuge gleich geschickt, und sind wir Sieger, so ist dieser Fluß, dessen Übergang wir umsonst verteidigen würden, der Tod aller Flüchtigen und kein Hindernis weiter für uns bis London.« Der Prinz mußte nachgeben der allgemeinen Stimme, die dieser Rat vereinigte, und der Herzog ging den 12. mit geringem Verlust einiger Ertrunkenen über den Strom. Den 25. war der Herzog in Nairn, wo der Prinz einen verunglückten Versuch machte ihn zu überfallen, die Entscheidung war nahe, was bestehen konnte und sollte, und die Kraft des einzelnen, der den Fall bis dahin verzögert hatte, sollte gegen die Größe einer neuen vordringenden Zeit verschwinden. Der Prinz konnte bei aller Anstrengung seine Anhänger nicht alle sammeln, mehrere Clans trafen ein, als alles vorüber; er hatte nicht mehr als 7000 Mann beisammen, fast ohne Geld, Artillerie und Kavallerie, doch konnte er ohne Auflösung seiner ganzen Armee die Schlacht nicht vermeiden, er mußte alles zu ihrer Rettung wagen, weil sonst alles verloren. Er stellte seine Truppen bei Cullodenhaus den 26. April, die Schlacht wurde danach von Culloden genannt, benutzte die alten Mauern und kleinen Wälle zu einem Unterstützungspunkt seiner Linie, seine Artillerie brachte er zusammen, sie feuerte auf Lord Burys Avantgarde, aber schlecht bedient, wurde sie bald von der englischen zum Schweigen gebracht. Nun befahl der Prinz allgemeinen Angriff, teils um sie dem unbeantworteten Feuer zu entziehen, teils seine Truppen in ihrer eigentümlichen Stärke, im heftigen raschen Anlaufe zu brauchen, wodurch sie bei Prestonpons und Falkirk überrascht hatten. Der Herzog und die eigne Überlegung hatten indessen die englischen Truppen dagegen abgehärtet; dreimal drangen die Schotten mit Wut gegen den rechten Flügel vor, wo der Herzog sich befand, aber das gleichmäßige Feuer der Infanterie schwächte die nächsten Angriffshaufen so sehr, daß sie zurückkehrten, nachdem sie ihre Pistolen abgeschossen und ihre Schwerter geschwungen, ohne zum Handgemenge vordringen zu können. [380] Nachher hieben sogleich die Dragoner auf sie ein. Nur am linken Flügel, wo sie die Flanke umgingen, drangen sie in Barrels Regiment ein, das aber, von Blighs und Semples Regiment unterstützt, den Angriff zurückwarf, doch nicht ohne Verlust. Nach diesem mißlungenen Angriffe ward die Flucht der Hochländer bald allgemein, die Engländer rückten nach. General Bland machte die fünfzig französischen Offiziere, unter andern den Brigadier Stapleton und den Marquis Giles, der französischer Gesandter beim Prinzen war, bei Inverness zu Gefangenen; der Earl von Kilmarnock ward im Gefecht, Lord Baimerino auf der Flucht, vier Frauen, Lady Kinloch, Ogilvie, Mackintosh und Gordon, die sehr tätig im Dienste des Prinzen gewesen, zu Inverness gefangen. Den Earl von Cromarty nahmen Lord Reas Leute gefangen. Zwölf Fahnen und Standarten, worunter des Prinzen eigene, wurden dem Herzog zu Füßen gelegt; die ganze Partei, des gemeinsamen Geistes entbunden, zerstreute sich, jeder suchte seine Rettung in der Entfernung vom Sieger und die Gerichte eröffneten ihre strengen Sitzungen. So fiel mit der Schlacht von Culloden im Jahr 1746 die letzte Hoffnung der alten vordeutschen Zeit, und diese Berge, bis dahin der Zufluchtsort der gallischen Stämme, wurden, nachdem sie entwaffnet, gleichen Gesetzen unterworfen. Es sei uns ein kurzer Blick auf die Folgezeit erlaubt. Das innere Gesetz, das die Herren mit ihren Stämmen verbunden, die Ehre der Gewalt über Menschen, mit denen sie bis dahin wie die Könige alter Zeit, als Häupter der Familien verbunden, verschwand; es blieb nur noch der Reiz des Eigentums, die Herren maßten sich den Besitzwert des Bodens an, den sie bis dahin wie Fürsten geschützt hatten; sie suchten jetzt die Vorteile eigener Ökonomie, um in London ihr Glück auf anderm Boden zu machen. Die Einführung der Schafzucht bedurfte weniger Hirten, als die bis dahin gewohnte Rindviehzucht, große Parks besetzten große Weiden, die armen Hochländer mußten aus dem Lande wandern, das ihre Voreltern gegen zwei Jahrtausende mit ihrem Blutge schützt hatten, viele gingen nach Amerika und fochten da für die Freiheit; die Fragmente der Lieder, von Macpherson gesammelt und verbunden, tönten wie ein Nachhall ihres Todesseufzers durch ganz Europa. England erkennt jetzt, was dieser alte Stamm einer großen Nation, gehörig geachtet, ihm für Sicherheit gewähren konnte. Damals sah es nur die Gefahr und wollte sogar [381] Kleider und Sprache ausrotten. Wir verweilen noch einige Augenblicke bei der Hinrichtung einiger der ausgezeichneten Abenteurer. Der Earl von Kilmarnock bat in einer furchtsam demütigen Rede um Gnade bei denen Peers, er versicherte darin, erst spät nach der Schlacht von Prestonpons Teil genommen, viele Engländer gerettet, nie bedeutenden Einfluß auf die Angelegenheiten gehabt zu haben, auch daß er sich selbst zum Gefangnen übergeben, da er doch hätte entfliehen können; er betete für das Haus Hannover. Ihm ward doch keine Gnade. Glücklicher war der Earl von Cromarty; er sprach ergeben, aber nicht so kläglich; das Mitleid gegen seine neun Kinder schaffte ihm Gnade. Lord Balmerino blieb unerschütterlich, er wollte keine Gnade, ein Mann ohne Bildung, aber voll Geist. Als der Zug der Garden, die ihn und den Earl Kilmarnock abholen sollten, vor dem Tower angekommen, fragte ein Wächter: »Wer da?« – »Die Sherifs von London und Middlesex.« – »Was wollt ihr?« – »Die Körper des Earl von Kilmarnock und des Lord Balmerino.« Sie wurden vorgeführt, der Leutenant rief: »Gott segne König George.« Earl Kilmarnock nickte dazu, Lord Balmerino rief: »Gott segne König Jakob.« Als sie zum Tore hinaus traten, fragten mehrere Zuschauer: »Welches ist Lord Balmerino?« – »Ich bin Lord Balmerino«, sagte er lächelnd. – Alles war schwarz behangen, zwei Geistliche begleiteten jeden. Lord Balmerino wandte sich zum Earl Kilmarnock und sagte, es täte ihm seine Gesellschaft leid, ob seine Lordschaft irgend einen Befehl des Prinzen kenne, keinen Pardon bei Culloden zu geben. »Nein!« antwortete jener. »Nun, so ist es wohl eine Erfindung, um unsern Mord zu rechtfertigen.« Der Earl meinte, daß ein solcher Befehl, von George Murray unterzeichnet, beim Herzog gewesen. »George Murray«, sagte Balmerino, »so sollte der Prinz dessen nicht beschuldigt werden.« Darauf umarmte er Kilmarnock und sagte: »Es schmerzt mich, daß ich die Rechnung nicht allein bezahlen kann; lebt wohl für immer.«

Lord Kilmarnock wünschte, daß Lord Balmerino zuerst zum Schafott stiege, es war aber gegen die Ordnung; als er es in schwarzen Kleidern betrat, ergriff allgemeines Mitleiden alles Volk; er selbst von dem Anblicke des Sarges, des Beiles des Scharfrichters überrascht, sagte zu seinem Geistlichen: »das ist schrecklich!« Er betete darauf für König George, zog sich aus und kniete nieder; ein Teil seiner Weste war hinderlich, er stand auf und schob es bei [382] Seite, dann kniete er nieder. Sein Haupt wurde in rotes Tuch eingewickelt und mit dem Körper sogleich in den Sarg gelegt. Er hatte gebeten, daß sein Kopf nicht rollen möchte nach der Hinrichtung! – Lord Balmerino sprach indessen herzlich mit seinen Freunden, trank noch ein Glas Wein bei altschottischen Gesundheiten; er hatte eine Rede, wollte aber nichts vom Inhalte voraussagen. Als der Untersherif eintrat, fragte ihn der Lord, ob es mit Lord Kilmarnock vorüber? Darauf erkundigte er sich, wie der Scharfrichter sein Werk vollbringe; nachher grüßte er mit vieler Herzlichkeit seine Freunde und sagte: »Ihr Herren, ich kann mich und euch nicht länger aufhalten«, und bestieg das Schafott mit solcher Ruhe und Zuversicht, daß sich die Zuschauer verwunderten. Der Lord war in der Uniform seines Regiments, blau mit rotem Aufschlag, dieselbe, die er in der Schlacht bei Culloden trug; er ging um das Schafott, begrüßte das Volk, las die Inschrift: »Arthur Lord Balmerino, enthauptet 18. August 1746, seines Alters 58 Jahr«, und sagte, »es ist richtig«; dann besah er seinen schwarzen Sarg mit goldnen Nägeln beschlagen, endlich den Block, welchen er das letzte Ruhekissen nannte. Hierauf setzte er seine Brille auf, zog ein Papier aus der Tasche und las es mit starker fester Stimme ab. Es war kein Schimpf darin gegen den König von England, vielmehr rühmte er seine Milde; dann sprach er ihm aber aus seinen Grundsätzen alles Recht ab auf die Untertänigkeit des Volks, das er an seine wahren Herrscher, die Stuarts, hinwies. Das Blatt gab er dem Sherif; dann rief er den Scharfrichter, der nach alter Sitte ihn um Verzeihung bitten wollte, dem er aber in die Rede fiel: »Freund, was wollt Ihr mich um Verzeihung bitten, die Erfüllung Eurer Pflicht ist ja lobenswert.« Darauf gab er ihm drei Guineen und sprach: »Freund, ich war niemals reich, das ist alles Geld, was ich noch habe, ich wünschte, es wäre mehr, und es tut mir leid, daß ich nichts als Rock und Weste zufügen kann.« Dabei zog er beides aus und legte es mit seinem Halstuche auf seinen Sarg, setzte eine gestreifte Mütze auf, und meinte, so sterbe er als ein Schotte. Hierauf kniete er nieder am Block um seine Lage zu wählen und das Signal auszumachen, wann er zuschlagen sollte, nämlich indem er die Arme sinken ließe; dann sah er noch einmal auf seine Freunde, und sagte ihnen das letzte Lebewohl. Indem er nun auf die Volksmenge blickte, sagte er: »Die mein Betragen vielleicht [383] zu keck nennen, die mögen erfahren, daß ich mein Zutrauen zu Gott und mein gutes Gewissen nicht verleugnen kann.« Hierauf beschaute er die Axt in des Scharfrichters Hand, fühlte die Schärfe, klopfte dann dem Scharfrichter um ihn zu ermutigen, auf die Schulter, zeigte ihm an seinem Halse, wo er treffen sollte, wünschend, daß er entschlossen zuhauen möchte, dann sagte er: »Darin besteht Eure Gnade.« Darauf ging er an die Seite der Bühne und gab seinen Wärtern noch etwas Münze, die er in der Tasche gefunden, fragte, welches der Leichenwagen, und daß er näher heranfahren möchte. Unmittelbar darauf, ohne zu zittern, ohne seine Haltung zu ändern, kniete er nieder am Block, umfaßte ihn mit seinen Armen und rief: »O Gott, segne meine Freunde, vergib meinen Feinden, nimm auf meine Seele!« – Er legte seinen Kopf nieder, ließ die Hände fallen zum Zeichen; aber diese seltene Festigkeit überraschte den Scharfrichter so sehr, daß, wenn auch sein Hieb wohlgerichtet war, er doch dieses feste Haupt nicht trennte. Der Lord schien sich hierauf drohend gegen den Scharfrichter umzuwenden, als ein zweiter Schlag ihn beruhigte und ein dritter das Entsetzen endete. Sein Kopf wurde in rotes Tuch gewickelt und mit dem Körper in den Sarg gelegt, der dann nach seiner Vorschrift auf den Sarg des verstorbenen Marquis von Tullibardine in St. Peterskirch im Tower beigesetzt wurde. Während der ganzen Hinrichtung war eine tiefe Stille unter den zahlreichen Zuschauern. Lord Baimerino hatte nur kleine Besitzungen, seine Frau, die er Peggy nannte, kam während des Prozesses nach London, er saß mit ihr am Tische, als der Befehl seiner Hinrichtung ihm gebracht wurde. Sie erschrak sehr, er sagte ruhig: »Wäre ich begnadigt worden, so wäre es mir lieb gewesen, nun es nicht geschehen, bin ich sehr zufrieden, da ich's erwartete.« Seine Frau stand trostlos vom Tische auf; er erhob sich von seinem Sitze bittend: »Sitz nieder, Frau, das soll nicht mein Mittagsmahl stören.« Sie setzte sich, konnte aber nicht essen. Noch wird erzählt, als ihm einer Sorge für seine Lebenserhaltung angeraten, soll er geantwortet haben: »Wer wollte ein altes Haus noch ausflicken, wenn die Miete ohnedies bald aus ist.« Es wurde noch manches von ihm erzählt. – Im Dezember wurde der Graf von Derwentwater hingerichtet und seine Güter von der Krone in Besitz genommen; Lord Lovat rief bei seiner Hinrichtung: »Freudig und herrlich ist's fürs Vaterland sterben!« Siebzehn schottische Offiziere wurden [384] bei Kensington, neune zu Carlisle, sechs zu Brumpton, sieben zu Penrith und eilf zu York gehangen, oft halblebend losgerissen, zerhackt und gebraten vom Pöbel.

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