Vorfrühling
Ich erwachte gegen Morgen im Badener Hotelzimmer. Der laue Sturm klapperte mit den dürren Winterschoten der Bäume. Einige der Schoten flogen ins Zimmer, surrten über den Parkettboden. Die Türe zum Nebenzimmer stand offen. Man hörte das Mädchen aber nicht. Ich dachte: »Wenn man sie doch nur hörte!« Aber man hörte sie nicht. Die Schoten surrten über den Parkettboden. Ich hoffte, daß sie durch das Geräusch erwache. Aber sie erwachte nicht. Ich schlief ein.
Als ich wieder erwachte, hörte ich sie weinen.
Ich blieb ganz ganz still, versuchte es, ihren Schmerz zu erraten. Aber ich fand ihn nicht. Von unbebauten Feldern, von unbelaubten Wäldern kam Erdgeruch und Holzgeruch. Der laue Nachtsturm hatte sich gelegt.
Ich rief hinüber: »Anna, weshalb weinst du?!?«
Sie erwiderte: »Wegen nichts – – –. Wegen der Nacht und wegen des Morgens und wegen des lauen Sturmes und wegen deiner geliebten Nähe, und wegen des anbrechenden Tages, von dem man nicht wissen kann, was er uns bringen wird – –.«
Die dürren Winterschoten surrten über den Parkettboden im lauen Morgenwinde.
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