Gedult und Hoffnung

Mein Mund ist zugethan/
Mein Hertz in Gott zu Gott sich neiget in der Stille/
Was ich nicht ändern kan/
Steht ja in Gottes Hand. Es läst sein weiser Wille
In seinem Rath kein Widersprechen ein:
Drum soll mein Auffenthalt Gedult und Hoffnung seyn.
Wer hemmt Noth und Gefahr/
Wer kan mit Macht entgehn dem grossen Allmachts-Grimme?
Das erste Menschen Paar/
Da nach dem ersten Fall des Höchsten Eyfer-Stimme
Den Fluch zwar sprach/ doch Segen sezte drauff/
Nahm jenes mit Gedult/ und diß mit Hoffnung auff.
So sollen alle wir
Uns/ wie es immer laufft/ in das Verhängnis schicken/
Und Gott nicht schreiben für/
Er kennet unsre Krafft/ und prüfet unsern Rücken.
Schwächt Unfall gleich Hertz/ Sinnen/ Bein und Marck/
Macht uns doch Stille-seyn/ Gedult und Hoffnung starck.
Mag Ungedult und Sturm
Auch einen blossen Winck des Höchsten widerfechten?
Ach Mensch! du Sünden-Wurm/
Wilstu dich unterstehn mit deinem Gott zu rechten?
[119]
Wirff Frevel weg/ erkenne deine Schuld/
Und schmücke deinen Lauff durch Hoffnung und Gedult.
Drückt Gott/ so bücke dich/
Tritt er/ so strecke dich zu seinen Gnaden-Füssen/
Such ihn/ verbirgt er sich/
Schlägt er/ laß nur nicht ab die Gnaden-Hand zu küssen.
Nimmt er/ giebs hin/ und wenn er dir nichts läst/
So halt den theuren Schatz Gedult und Hoffnung fest.
Lauff aus dem Bade nicht/
Will schon das Wasser schier biß an die Seele dringen/
Thränt gleich dein Angesicht/
Du must ja deinem Gott was abzuwischen bringen:
Diß freuet ihn/ er ist recht treu geneigt
Für die/ bey welchen sich Gedult und Hoffnung zeigt.
Wie wohl ist es gemeynt/
Wenn er durch Ungemach uns beuget das Gemütte!
Ob es zwar bitter scheint/
So schmeckt man doch darbey die holde Jesus-Gütte.
Sein Joch ist süß/ und seine Last ist leicht/
Wo nicht das edle Paar/ Gedult und Hoffnung weicht.
Bleibt meine Schwestern/ bleibt/
Ihr Glaubens-Töchter/ dort im Paradieß gebohren/
Nichts/ nichts von euch mich treibt/
Ich hab auff euren Bund mit reiner Treu geschworen.
Ein andrer seh/ wornach er eyfrig strebt/
Genung/ wenn nur in mir Gedult und Hoffnung lebt.
So lebt denn allezeit/
Es soll/ wolt ihr mich stets biß an mein Ende führen/
Gedult mein Sterbe-Kleid/
Die Hoffnung aber mich zu jenem Leben zieren.
Diß sey der Spruch/ der auff mein Grab sich fügt:
Hier ruht/ der mit Gedult und Hoffnung obgesiegt.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek