[So giebt Lorette nun dem Kräntzgen gutte Nacht]

So giebt Lorette nun dem Kräntzgen gutte Nacht/
Und will sich allgemach zum Frauen-Netze schicken?
Der Gärte reicher Schmuck/ der Blumen Krone Pracht
Soll izt ihr Silber-Haar nicht mehr wie vormahls schmücken?
Was schadets/ wenn nur noch die Scham-gefärbten Wangen/
Der roth-geküßte Mund mit Ros- und Nägeln prangen!
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Den Lippen gleichet sich die Zucker-Rose nicht/
Die Liljen/ die bey ihr auff Hals und Brüsten schweben/
Die Tulipen/ die ihr beblümen das Gesicht/
Sind Blumen die mehr Glantz und Anmutt von sich geben;
Als wenn ihr Rubars Zier und Spanjens Gelsamiuen/
Ja Florens gantzes Reich zum Krantze müsten dienen.
Zwar Kräntze sind beliebt/ auch in der Götter Hauß/
Ein rund-geflochtner Zweig muß Nimph- und Helden zieren/
Der Himmel schmückt sich selbst mit Sternen-Kräntzen aus/
Läst Kräntz um Sonn und Mond und andre Lichter spüren;
Doch wenn die Sonne brennt/ wünscht man ihn mit Verlangen
Vom Schleyer brauner Nacht/ der Wolcken Haub/ umhangen.
Es hüllt sich alle Welt in Schaub- und Hauben ein;
Soll sich Lorett allein der Mode nicht bequemen.
Der Himmel will heut selbst mit ihr gehaubet seyn/
Daß sie sich nicht allein des Häubgens dörffe schämen.
Wir sehn auch izt das Feld mit Faden übersponnen/
Was Wunder/ wenn Lorett ein gleiches hat begonnen.
Den Erden/ Krantz verderbt der ungestüme Nord/
Des Herbstes rauhe Lufft macht Blum und Laub entfliehen:
Hier bläst ein warmer Sud die welcken Blätter fort/
Und macht den bunten Krantz der Liebe Glutt verblühen:
Wann jene früher Frost und scharffer Reiff entfärben/
So kan wohl dieser auch von heissem Thau ersterben.
Man geht bey Tag und Nacht mit Garn und Netzen aus/
Manch leichtes Feder-Kind mit Lust und List zu fangen;
Was ist die Haube denn? der Freyheit Vogel-Hauß/
Ein Netze/ nach der Jagt zur Siegs-Pracht ausgehangen.
Muß hier die Jägerin gleich selbst im Netze liegen/
So zeuget solches doch von ihrem Fang- und Siegen.
Nun Bräutel/ gib mit Lust dem Kräntzgen gutte Nacht/
Laß Venus Sieges-Fahn um deine Scheitel fliegen/
Und dencke/ weist der Krantz gleich mehr von Gelder-Pracht/
So weiß die Haube mehr von würcklichem Vergnügen.
Das Glücke wird dein Netz aus edler Seyde weben/
Die Zeit viel neuen Zeug zu Kräntz- und Hauben geben.

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