Die schwartz-braune Nigelline

Hylas mag nach seinem Sinn
Andre Farben köstlich schätzen/
Sich mit weiß und roth ergötzen;
Schwartz ist meine Schäfferin.
Schwartz vergnüget meine Seele/
Schwartz soll meine Farbe seyn/
Biß des schwartzen Grabes Höle
Schleust den todten Cörper ein.
Zwar der hellen Augen Licht/
Welche Pallas blau gewiesen/
Wird von Paris hoch gepriesen/
Aber hebt den Apffel nicht:
[259]
Der Zytheren süsses Blicken/
Die aus ihrer Augen Nacht
Kunte Sonnen-Strahlen schicken/
Hat den Preiß darvon gebracht.
Göldner Locken stoltze Pracht
Mag den leichten Nero fangen:
Bleibt das klügste Wild nicht hangen/
Wo die Schlinge schwartz gemacht?
Braunes Haar kan auch verdienen/
Gleich dem gelben/ Zahl und Lied:
Zeuge/ wer an Nigellinen
Ein recht würdig Beyspiel sieht.
Rühmt der rothen Schmincke Zier/
Last die weiße Cloris prangen
Mit dem Schnee der glatten Wangen;
Schwartz allein beliebet mir.
Noth muß von der Sonne bleichen/
Weiß nimmt ihre Brandmahl an;
Ists nicht schwartz/ der Treue Zeichen/
Das sich nimmer ändern kan.
Schwärzt der blaue Himmel nicht/
Wenn ist Phöbus seinen Wagen
Zu der Thetis lassen tragen/
Sein gebräuntes Angesicht.
Liebt man nicht den duncklen Schaten
Und der schwartzen Nächte Rast/
Wenn die heißen Glieder braten
Für des Tages Uberlast?
Wird nach schwartzer Kirschen Frucht
Nicht der höchste Baum bestiegen/
Andre/ die man siehet liegen/
Kaum mit fauler Hand gesucht?
[260]
Muß der Blumen Preiß nicht steigen/
Muß nicht Ros' und Tulipan/
Wenn sie sich zur Schwärtze neigen/
Höher seyn gesehen an.
Hylas mag nach seinem Sinn
Andrer Farben Zier erheben:
Will sich mir zu eigen geben
Meine schwartze Schäfferin/
So sag ich von Grund der Seele:
Schwartz soll meine Farbe seyn/
Biß des schwartzen Grabes-Höle
Schleust den todten Cörper ein.

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