[166] Es seynd nit wenig auß der Gelehrten Zahl zu Wienn in die allgemeine Todten-Zahl gerathen.
Albekant ist es / daß deß Loths sein Frau durch göttliche Verhängnuß in ein Saltz-Seul verkehrt / vmb weil sie wieder die göttliche Vermahnung zuruck geschaut / deßwegen kein Wunder / daß auch gleichmessig ihr Glück zu ruck gangen; daß sie aber gleich in ein Saltz-Seulen / vnd nicht in ein Dorn-Hecken / so auch ziemlich spitzfindig / oder in etwas anders verwandlet worden / ist die Ursach / weil kurtz vorher sie die Englen / welche in Frembdlings Gestalt ankommen /auß [167] Anschaffung ihres Herrn gastirte / ihnen aber /damits solcher Gåst öffterer Einkehr befreit wäre /weder in noch ausser der Speisen das Saltz auffgesetzt / ohne welches dann alle Richten abgeschmack zugeniessen seyn.
Das Saltz ist noch allzeit für ein Sinnbild der Weißheit vnd Wissenschafft gehalten worden / wie dann nicht allein die erste Sillaben in dem Nahmen deß König Salomon solches weiset / sondern der gebenedeyte Heyland selbsten wolte seinen Aposteln den gebůhrenden Titul zueignen / sprechend: Vos estis Sal terræ: Ihr seyd ein Saltz der Erden / als rede er / ihr seyd gelehrte vnd wohlverständige Leuth /durch die ich die jrrige Menschen auff die rechte Bahn zu bringen gesinnt bin; gleich wie nun ohne Saltz ein Speiß / also ohne Wissenschafft der Mensch abgeschmack ist / welches Liedl gleichförmig singt der Poet.
[168]Ein Stuben ohne Tisch /
Ein Teich ohne Fisch /
Ein Thurn ohne Glocken /
Ein Suppen ohne Brocken /
Ein Schiff ohne Ruder /
Ein Zech ohne Bruder /
Ein Schreiber ohne Feder /
Ein Schuster ohne Leder /
Ein Baur ohne Pflug /
Ein Haffner ohne Krug /
Ein Soldath ohne Gwehr /
Ein Mensch ohne Lehr /
Seynd alle nicht weit her.
Lehr vnnd Wissenschafft seynd in dem Menschen wie in der Erden das Gold / in dem gulden Ring der Edlgstein / in dem Edlgstein der Glantz.
Ich habe mit absonderlichem Fleiß die H. Bibel durchblättert / vnd in derselben gefunden das WörtlAckersmann 36. mahl / das Wörtl Acker 314. mahl / das Wörtl Säen 20. mahl / das Wörtl Wachsen 500. [169] mahl / das Wörtl Korn 57. mahl / das Wörtl Einschneiden 52. mahl / das Wörtl Scheuer 21. mahl / das Wörtl Treschen 15. mahl / das Wörtl Heu 48. mahl / aber das Wörtl Stroh nur ein einiges mahl / vnnd zwar nicht mit absonderlichen Lob / weil die Rachel darauff gesessen / als sie die guldene Götzen-Bilder ihren Vatter Laban verborgen; weil dañ kaum einmahl das Wörtl Stroh in göttlicher Schrifft anzutreffen / darff ich schier muthmassen / daß selbiges sehr für verächtlich gehalten seye.
So geringfügig nun ein Stroh / also soll auch ein plumper vnd tumper Strohkopff geschätzt werden / indeme derselbe nur Seel halber das Contrafee eines Menschen führet / im übrigen den Vernunfftlosen Thieren nicht vngleich scheinet. Dahero gar wohl der weise Socrates geredt hat / als er [170] einen Reichen aber vngelehrten Monsieur mit Goldgestickten Kleydern sahe daher prangen / hic Equus est pulchrè ornatus:Erasm. lit. 8. appoph. Dises Pferd ist wohl auffgezaumbt / vermeinte daß ohne Wissenschafft einPaul vnd ein Gaul nicht gar vngleich einander / außgenommen / daß einer Haber isset / der ander ein Haber Narr ist.
Der Herrn Medicorum heilsahme Außsag / muthet dem Obst nit gar viel guts zu / sprechend / daß solche Baum-Frücht der menschlichen Gesundheit höchstschädlich seye / vnnd wegen der Bäum manches junges Zweigl wil sagen junge Leuth ob solchem vnverdäulichen Confect zu Grund gehen / gesetzt aber / es ist jemand der auß vnmessigen Appetit Oepffel isset / damit ein mercklicher Schad vermeidet werde /ist rathsamb / daß man bald darauff Nuß esse / damit also der Oepffel ihr Cruditet [171] gezüchtiget werde! abzukürtzen / auff die Oepffel gehören die Nuß / weil dann dem göttlichen Gebott zu Schimpff Adam der erste Vatter / wohl recht vnser Stieffvatter verbottnes Obst gessen / vnnd hierdurch der gesambten Menschheit eine gefährliche vnd jedem bekante Kranckheit angehångt / auff daß aber solcher Apffel nicht gar den ewigen Todt zu füge / hat es der Himmel fůr gut angesehen / daß Gottes Sohn sollte hierauff die Nuß essen / nemblich Kummer-Nuß / Verfolg-Nuß / Betrüb-Nuß / Gefäng-Nuß / vnd dergleichen / welche er dann die erste Nacht / da er von Maria der reinesten Jungfrauen gebohren / schon must kosten / dann ja der guldene Jesulus wegẽ äusserster Armuth zu Bethlehem wie ein Bettelkind im Stall muste logiren / dessen sonst eigenthumliches Quartier der schöne Himmel /dann ja disem liebsten Hertzel wegen [172] Frost vnd Kälte das zartiste Leiberl zitterte / vnnd es allein die gegen vns entflambte Lieb in etwas erwärmet / dann ja dises göttliche Schatzerl mit keinen andern Auffwarten versehen / als mit einem Ochs vnd Esel / deme doch alle Englische Schaaren zu dienen willkürig stehen: Damit ich aber mein Vorhaben nicht gar zu weit suche / ist zu wissen / daß bey diser heyligsten Kindelbett absonderliche hohe Geheimbnussen sich ereignen / vnter andern vermerckt der Heil. Vincentius Ferrerius / daß der Ochs seye gestanden bey dem Haubt deß neugegohrnen Christkindl / der Esel aber bey den Füssen /durch welches der göttliche Sohn schon wolte zeigen /daß die Esel / vnnd wie die gemeine ohn-Manier pflegt zu reden / die Eselköpff vnd vngelehrte Tiltappen keines Weegs sollen über sich erhebt werden /sondern allzeit beyn Füssen bleiben / vnd allein die jenige hoch steigen / denen [173] die Doctrin vnnd erschöpffte Wissenschafft die Laiter haltet;
Der Zeit zwar spüret man zum öfftern das Widerspiel / vnd zieht mancher das Längere / der in der Wissenschafft zu kurtz ko en / sitzt mancher beym Bret / welcher in den Schulen die Eselbanck in bestand gehabt / es geht mehrmalen her mit dem Doctor wie mit dem Dotter / so man zwey Eyer / deren eins voll das ander lähr / in ein Geschirr voll Wasser wirfft / so fallt das Volle hinab zum Boden / das Lähre in welchem kein Dotter / schwimbt oben; Nicht vngleiche Begebenheiten zeigen gar offt / daß derselbe / welcher gantz lähr im Hirn / vnd weder Doctor noch Dotter hat / oben schwimbt / der aber / so viel Ermel in Schulen zerrissen / muß in solcher Metten wieder seinen Willen den Baß singen / deßwegen kein Wunder / daß in manchem Land oder Republic das Glück den Krebsgang nimbt / wo der Gelehrte vnd Erfahrne weder [174] Vorgang noch Fortgang gewinnet /vnd ist es ein Elend höchst zu betauren / daß zu weilen bey der Welt geschicht / was mancher Bauer in seinem Ruben-Acker verwundert / daß bey den Ruben das beste vnter sich wachset / das schlechte über sich / also geschicht gar offt / daß gute vnd witzige Leuth vnterdruckt werden / vnd manches Unkraut in die Höhe steiget / vnnd gilt auff solche weiß mehr einBarrabas als ein Christus / O Elend! nichts dergleichen find man bey GOtt / der ihme vnterschiedliche Thier in dem alten Testament zu opffern anbefohlen /aber nur kein Esel / primogenitum asini mutabis ove. Exod. 13. Warumb seynd doch die Esel so gar vnbeschaffen nicht? Der Esel schreibt Jonstonus, ist ein Arcadischer Astrologus, der mit Wendung seiner Ohren künfftiges Ungewitter weiß zu propheceyen /nur kein Esel / warumb? Ist doch auß allen Thieren diser das Sanfftmütigste / [175] vnd nimbt keins mit so geringer Kost verlieb / als dises? Nur kein Esel / sondern an stadt dessen ein Lampel verlangt GOtt zu seinem Opffer / daß also solchem Verlauth nach alles was Eselisch ist / bey GOtt nicht viel gilt / folgsamb auch die Ungelehrte bey ihme in geringem Ansehen /dann er die Doctorirte allezeit vorgezogen / vnnd billich / dann nichts schöners als das Studium vnd die Wissenschafft;
Wir wissen auß H. Schrifft / daß Judith ein starckes Weib / Esther ein schönes Weib / Mihol ein böß Weib / Dalila ein arglistiges Weib / Lia ein schantliches Weib / Raab ein leichtfertiges Weib /Abigail ein bescheits Weib / Ruth ein haußlichs Weib / Thamar ein buhlerisch Weib / Susanna ein keusches Weib / Sara ein frommes Weib / Thematitis ein barmhertziges Weib / die Königin Saba sonst Candaces genannt ein vorwitziges Weib / dann nach dem ihr viel Ruhm vnnd Ruff [176] von der Weißheit deß Königs Salomon zu Ohren kommen / konte sie sich auß Zwang deß gierigen Vorwitz nit enthalten / sondern begibt sich sambt einer volckreichen Hoffstadt auff die weite Reiß / vnd wie Cornelius à Lap. sambt vielen wil / gar auß Morenland / mit grossen Gefahren /grossen Unkosten / vnd grossen Ungelegenheiten /biß sie endlich zu Jerusalem ankommen / vnd als sie dort die Weißheit deß Salomons mit höchster Verwunderung selbsten angehöret / hat es sie nicht allein ihrer grossen angewendten Unkosten nicht gereuet /sondern noch dem Salomon hundert vnnd zwantzig Centner pures Gold verehret / so hoch vnd aber hoch schätzte sie die Weißheit vnd Wissenschafft.
Was ist schöners als ein Philosophische Wissenschafft / wo mancher zu weilen hundert Griff versuchet / ein verwirte Frag recht zu entörtern / vnd gleichwohl letztlich mit dem Verstand [177] scheittert / aldort ohne Mühe besser als ein Macedonischer Alexander / löst solchen Knopff auff der Philosophus.
Warumb ein Mensch der sich über satt hat angessen / vnd ihme der Leib wie einem reisenden Handwercks-Bürstel der Rantzen startzet / doch viel leichter vnd geringer im Gewicht ist / als da er nüchter war? Die Ursach weiß der Philosophus.
Warumb einem Menschen / der wůrcklich gestorben / dannoch Haar vnd Barth wachst / da doch kein Seel mehr im Leib? Die Ursach weiß der Philosophus.
Warumb ein Holtz / so geschlacht im Voll-Mond /dem Wurmstich vnterworffen / vnd selbes / so geworffen im Neu-Mond / dises nagenden Gasts befreit? Die Ursach weiß der Philosophus.
Warumb ein Pfann mit Wasser ober dem Feuer vnter sich am Boden gantz erkühlet / da doch selbes das [178] nechste beym Feuer / entgegen das obere Theil heisser / der doch weiter von Flammen? Die Ursach weiß der Philosophus.
Warumb ein Brunn in der grösten Sommers-Zeit vnd schwölhitzigen Hundstagen kälter ist / als mitten im Winter / da der rauche December allen Bäumern die Haar einpulvert? Die Ursach weiß der Philosophus.
Warumb derselbe / so sich vnmessig überweinet /gern fůr sich / entgegen der vom Bier vollgetruncken /gemeiniglich hinter sich fallt? Die Ursach weiß derPhilosophus.
Warumb ein purpurfarbe Rosen ihren Geruch vergrössert / wann sie bey einem übel schmeckenden Knoblauch wachset? Die Ursach weiß der Philosophus.
Tausend dergleichen Wunder Ding veranlassen manchen Ungelehrten zu viel vnruhigem Nachsinnen /da vnterdessen [179] ein Philosophus den stillen Fuß-Pfaden der Natur nachschleichet / vnd dero heimliche Würckungen erhaschet. Der Ursachen halber solche Weise jederzeit zu grossen Ehren gelangt / vnd von den Verständigen allen gebührenden Respect vnd verdiente Glory einzogen;
Was ist schöners als ein Theologische Wissenschafft? Wie der süsseste JEsus das zwölffte Jahr erreicht / ist er sambt seiner liebsten Mutter Maria vnd Nehr-Vatter Joseph zu Erfüllung deß allgemeinen Gebotts nacher Jerusalem gangen / vnd allda in dem Tempel dem Gottsdienst beygewohnt / nach Vollendung dessen beede wertiste Eltern wider nach Hauß geeylet / vnnd weilen dazumahl das Erbahre Frauen Volck von den Männern abgesöndert gangen / also war die zarteste Mutter der Meinung / ihr göttlicher Knab sey bey der Gemeinschafft der Männer / entgegen ware Joseph [180] der Tröstung / sein JESUS seye ein Reiß-Gspan der Mutter / durch welche jrrige Meinung der gebenedeyte Knab also verlohren / vnd erst nach 3. Tagen in dem Tempel zu Jerusalem mit vnermeßlichem Frolocken mitten vnter den Doctores vnd Lehrer gefunden worden; Nun entstehet ein so wohl wichtige als witzige Frag / wo doch vnter solcher Zeit der sůsseste Knab seine Lebens-Nahrung genommen? Etwan ist er diser Zeit als ein lieber Gast bey seinen Freunden verharret? Nichts wenigers /dann die Freund einem schmelere Gutthaten erweisen als Frembde; Etwan hat er sich dise drey Tag im Wirthßhauß auffgehalten? Das gar nit / vnd da es hätte geschehen sollen / so wäre er beym weissen Creutz zu erfragen gewest; Vieler Lehrer wohlgegründte Meinung wil es behaubten / daß die HerrnDoctores zu Jerusalem sich dergestalten haben verliebt in die Lehr dises guldenen Knaben / [181] daß einer nach dem andern ihn zur Taffel gar höfflich eingeladen / vnd wo er zu Mittag speiste / da muste er schon versprechen / das Nachtmahl bey einem andern einzunehmen / sie könten nicht gnug satt werden an demTheologischen Discurs, den er führte / dahero sie ihme mit allen erdencklichen Ehrbeweisungen willfahrten; Dise Rabiner achteten nichts höhers / wie dan gar billich / als eine Wissenschafft von göttlichen Dingen. Wie schön ist es / wann einer weiß / wie GOtt Vatter von Ewigkeit hero von sich selbst / Gottes Sohn von dem Vatter / Gott Heil. Geist von beeden / wie der Vatter den Sohn gebohren / vnd doch nit älter als der Sohn / vnd diser nicht jünger als der Vatter / wie der Heil. Geist von beeden nicht gebohren /sondern spirirt worden / doch nicht jünger als die zwey / wie die zwey eins / vnnd eins in den zweyen; Wie schön ist es / wann einer weiß / in wem [182] die Glory der Seeligen / die Züchtigung der Verdambten / die Würckung der Sacramenten / die Warheit deß Glaubens / die Unfehlbarkeit der Kirchen / die Gutthat derPrædestination, die Ursach der Reprobation, die Stärcke der Gnad / die Freyheit deß Willens bestehet /alles dises weiß der Theologus, deßwegen solche Lehr ein Israelitisches Manna / ein Leyter Jacob / ein Cistern zu Bethlehem / ein Schlingen Davids / sambt ohnzahlbahren andern Preiß-Titul benamset wird.
Was ist schöners als ein Rechts-Gelehrter zu seyn /vnd ein Advocaten abgeben / ob schon manche bissige Wort brauchen / vnnd sich in die Schneider-Zunfft eintringen / verstehe Ehr abschneider / welche denAdvocaten mit so wohl haßlichem als hassendem Schimpff disen warlosen Nachklang auff bringen /daß sie nemblich ihre Satzungen vnd Leges können ziehen / [183] wie die Schuster das Leder / vnd verhalten sich zwey Advocaten / wie die Wäscher Diern mit der nassen Leinwath / eine reibt hin / die ander her / biß kein Tropffen mehr drin bleibt / also jene mit ihren widrigen Argumenten vnd Documenten manchen der gestalten außreiben / daß ihm der Seckel staubt / ich widersprich es nicht / daß nicht auch Gewissens loseAdvocaten zu finden seyn / welche auß Mißbrauch der Wissenschafft mit ihrer verschmitzten Lehr auß einem Flöh-Huster fein meisterlich einen Rechtshandl schmieden / in welchem durch etliche Schalck-Jahr kein Trumb zu finden / damit sie nur einem guldenen Amerling die Federn mit Genůgen können rupffen /wie dann jenem der gottseelige General der Capuciner / Nahmens P. Matthæus wohl gezeigt / als er auß dem Tischtuch deß Advocatens das helle Blut heraußgetruckt / in solcher Menge [184] daß ein gantzes Beck darmit angefüllt. Zu warhaffter Zeugnuß / daß all sein erworbenes Gelt vnd Guth mit vngerechtem Juristen List / ein Blut der Armen seye / vnnd folgsamb über ihn Rach schreye: zu wissen ist aber / daß eines oder deß andern Privat-Boßheit vnd geübter Muthwill der wertisten / Juristen-Zahl nichts beymesse / so hab ich auch noch selten ein Hauß ohne Winckel / ein Rosen ohne Dörner / ein Wein ohne Gleger / ein Garten ohne Unkraut / also ein Standt ohne böse Wahr gefunden /hat sich doch vnter den zwölff Aposteln ein Partita-macher finden lassen / seynd doch vnter den Engeln im Himmel Mammelucken gezehlt worden / vnd in der Archen Noe nur acht Persohnen gewest / darunter gleichwohl ein schlimmer Vocativus, der in dem Nominativo Cham heisset / wie sollen dann gleich alle Juristen zu Canoniciren seyn? Ist schon genug / [185] daß dero Lehr dem gemeinen Wandl höchst nöthig ist.
Der Prophet Elisæus hat allezeit viel grosse Wunderwerck gewürckt / vnter andern ist dises nicht das geringste / als auff eine Zeit die Kinder der Propheten zu Erhebung ihrer Hütten das nothwendige Bauholtz bey dem Fluß Jordan fällten / vnd einem ohngefähr die Hacken von dem Stihl in das Wasser gefallen / so hat der wunderthätige Vatter der Hacken geschwind einen Stihl gefunden / vnd durch ein Wunderwerck gemacht / daß selbiges Eysen wie ein Bimbsen auff dem Wasser geschwommen: Wann man schon einemAdvocaten den Nahmen eines Propheten nicht vergönnet / so muß man gleichwohl bekennen / daß er ebenfalls weiß schwere Sachen gering zu machen /vnd wo vieler Hirn vnnd Stirn nicht weiß zu helffen /da kan er der Hacken ein Stihl finden.
Jener Daniel der die Löwengruben [186] zu einer Lebensgruben hatte / gabe ein Advocaten ab / dazu mahl /als zwey alte Kautzen vnd Bößwicht heimblich einschlichen in dem Garten / allwo die keusche Susanna bey dem kůhlenden Abends-Lufft zur heissen Sommerszeit sich zu baden begunte in ein wie Christall strudleten Bachel / vnd als ihr böses Vorhaben Faßnacht suchte / nichts aber als Quatember antroffen /haben sie zu vermantlung ihrer Freyheit die vnschuldigste Matron angeben / als seye sie sola cum solo mit einem vnverschambten Buhler in der Grüne ertapt / vnd beede Kammer-Mägd / ihrer Unthat zu Hůlff / anderwerts hingeschickt: O klaffter lange Lugen! es ist alsobald dem göttlichen Gebott gemeß das Urthel ergangen / Susanna solle versteiniget werden: Wer hat diser Hacken einen Stihl gefunden /wer? Wer hat disen Knopff auffgelöst / wer? Wer hat der verlassenen vnnd beklagten Unschuld die [187] Hand gereicht / wer? Ein Advocat, vnd zwar ein Heiliger /Nahmens Daniel / welcher mit seiner Wohlredenheit /mit gewichtigen Argumenten die verfolgte Ehr der Susannæ ans Tagliecht gebracht / vnnd alles Recht behaubtet.
Im alten Testament hatten die Weiber einen wunderlichen Trunck / vnnd ob schon manche keinen Durst klagte / muste sie dannoch über Willen bescheid thun; Wann ein Mann wegen deß vnruhigen Eyffer-Geist einen Argwohn hatte / als ob ihme seine Frau treuloß worden / muste er auß Befehl Gottes solche zu dem Priester vor dem Altar führen / welcher dann ein gewisses vnd mit tausend Fluch gemischtes Wasser ihr darreichte zu trincken / so sie nun vnschuldig bezüchtigt / fügte ihr diser Trunck den wenigsten Schaden nicht zu / dafern sie aber in der Warheit auff dem Löffel-Marckt gewest / vnnd ihren Ehegenossen mit [188] Erkennung eines andern veruntreuet / ist durch stetes Wunderwerck geschehen / daß sie von solchem Wasser alsobald auffgeblähet / vnd einem Böhmischen Hopffensack gleich auffgeschwollen /auch nach vnd nach elendiglich verfault vnd gestorben. Also hat man dazumahl fein k \nnen auff die Spur kommen / wer schuldig oder vnschuldig seye. Mein! sagt mancher? Warumb daß dises nicht mehr geschicht? Wir hätten es jetziger Zeit so wohl vonnöthen als damahlen / vnd da auch solches Wasser auff viel Gelt solte steigen / wurde man es doch reissend kauffen; Antworte / solches Mirackel seye nunmehr vnnöthig / weil es die Advocaten vnd Juristen mit ihrer Lehr ersetzen / als welche mit ihren Citationibus, Notationibus, Appellationibus, Replicationibus, Contestationibus, Protestationibus, Acceptilationibus, Certiorationibus, Confirmationibus, Connotationibus, etc. [189] Sonnen klar auß einander bringen vnd tringen / wer schuldig oder vnschuldig ist: in pandectis seynd 9198. Leges vnd Satzungen / in Codice 4554. in Novellis 198. alle dise suchen sie vnd versuchen sie / wie sie doch mögen die Warheit erleutern / die Strittigkeit beyseits legen / die Unschuld betheuren / vnd dem Rechten seinen Lauff lassen. Und zwar ist dergleichen würdigsten Männer ein grosse Anzahl: Ivo ein Heil. Jurist, Godegrandus ein Heil.Jurist, Theophilus ein Heil. Jurist, Josias ein Heil.Jurist, Salvius ein Heil. Jurist, Gordianus ein Heil.Jurist, Arnulphus ein Heil. Jurist, Raymundus ein Heil. Jurist, etc. Dergleichen ist ein absonderliche grosse Letaney / so kürtze halber allhier nicht zusetzen.
Was ist sch \ners als die Medicin? Die Brüder deß Egyptischen Joseph prangten nicht ein wenig mit ihren Såcken / weilen selbe voller Traydt / [190] wir entgegen haben nicht Ursach zu prallen mit vnsern Säcken / die da voller Leyd / wil sagen / vnsere Leiber / was seynd sie anderst / als wůste Madensäck / in denen alle Müheseeligkeiten logiren / ja solche Såck / an welchen immer zuflicken / die Noth erfordert; Der menschliche Leib bestehet in zwey hundert vnd vier vnd zwantzig Beiner / etlichen Pfund Fleisch / vnnd wenig Maß Blut / vnnd ist doch tausend Seuch vnd vnpäßligkeiten vnterworffen; deß Menschen Gedärm vnd Ingeweid / so gemeiniglich vierzehen Ellen lang /ist also übel beschaffen / daß dero Futtertuch nicht allein den Augen / sondern forderst der Nasen mißfallet / vnd also der Leib ein Ledernes Geschirr / worinn nichts als Noth vnd Koth verborgen / auch seynd die vier Elementen / auß denen der menschliche Leib zusammen gewalckt / in einem steten Hader vnd Strittigkeit / worvon der arme Tropff der Mensch [191] nichts als Aweh vnd Schmertzen erbet / vnd die Cholerische / Sanguinische / Phlegmatische / vnd MelancholischeQualiteten vnnd Artungen der Natur hunderterley Kranckheiten einem vor die Thür legen / in solcher Noth wohin? Wo auß? Als eben zu dem Medicum vnd Artzten / der durch seine anseheliche Wissenschafft vermittelst der vorgeschriebenen Medicin die Kranckheiten abwendet / vnd glücklich die Gesundheit erstattet / welche ohngezweiffelt das köstlichste in der Welt: dahero die Frau / von dero das Evangelium Registriert / all ihr Haab vnd Gut / Hauß vnd Hoff zu Gelt gemacht / vnnd darmit die Herrn Doctores so ansehelich besoldet / daß sie letzlich gar nicht geübriget / alles vnd alles wegen der Gesundheit /welche ob schon nicht allzeit / doch zum öfftersten durch solche hocherfahrne Medicos erworben wird /deßwegen billich ihr Lob allenthälben weltkündig [192] erschallet / vnnd ein Lucas vnter die Heilige / ein Galenus vnter die herrliche / ein Pantaleon vnter die Seelige / ein Hyppocrates vnter die Glückseelige / einEsculapius vnter die Lehrreiche / ein Cosmas vnter die Glorreiche gezehlt wird / auch wann schon jetziger Zeit nicht mehr verhanden seind ein Praxagoras, ein Machaon, ein Podalirius, ein Cassius, Calpitanus, Aruncius, Albutius, Rubrius, durch welche die alte Welt gleichsamb mit dem Todt trutzte / so finden sich annoch viel / dero Lob in Cederholtz einzuhauen würdig. Gleich wie nun ein schlechter Dampff der sunffigen Erden / welcher durch die Sonnenstrahlen in die H \he zogen wird / gar offt in einen hellen vnd schnellen Donner-Keil wird verwandlet / also begibt es sich zu offtermahlen / daß auch gemeine vnd von Strohütten vnnd Strohüetern hergeloffene Leuth /wegen gefaster Wissenschafft vnd Lehr zu hohen Ehren [193] steigen; Annaxagoras eines Petschierstechers Sohn ist wegen der Doctrin zu weltkündigen Ehren kommen; Demostenes eines Messerschmieds Sohn /ist Wissenschafft vnd Lehr halber fast von der Welt angebetten worden; Bion eines Flecksieders Sohn / ist wegen seiner ansehelichen Scientz von gekrönten Häubtern besucht worden. Socrates einer Hebammen Sohn ist wegen seiner halb göttlichen Wissenschafft /vor ein Oracul vnd Mirakel gehalten worden; solchen Respect haben noch jederzeit genossen alle Gelehrte /wird also ohne Zweiffel auch der Todt / wann er schon alle Winckel durch nascht / den hohen Schulen verschonen / vnd seine Sichel in der Gelehrten Erndt nicht einsetzen.
Mit was seltzamer Sprach tasten mich die Lateiner an / so war ich leb / schwert der Todt / verstehe ich nit lateinisch / vñ weiß dahero nit / was Respect für ein Thier ist / Respect vnd Despect [194] liegen bey mir in einem Schubladel / vnd siht eins dem andern gantz gleich; Mein Vatter der Teuffel / gar ein ehrlicher Kerl / scilicet, vnd mein Mutter die Sünd / gar ein feine Frau / scil. haben mich zu Ersparung der Unkosten nichts lernen lassen / von dannen kombts / daß ich so gar mit denen Lateiner nicht weiß vmbzuspringen / es hat mich zwar der allerhöchste GOtt selbst vnterricht / so find ich aber daß meineStudien weit ein andere Arth in sich haben / dann in meiner Gramatic ist Mors Generis Communis, in meinem Syntax hat das Verbum Vivo, auff der Welt kein Infinitivum, in meiner Dialectica macht man allein den Syllogismum ůber Barbara, in meiner Theologia ist das Stehlen erlaubt / in meiner Jurisprud. ist der Todtschlag allezeit recht vnd gůltig / in meinerMedi: ist das heilsambste Recipe, daß man dem Patienten das Maul mit Erd zu schoppe / ich / der ich[195] dann alles anderst gestudirt / so hab ich mit den Gelehrten diser Welt kein Respect, vnnd mach ihnen folgsamb kein besonders / sondern nimb Catones, Marones, Platones, Solones, Stolones, Biones, Spiones, Zenones, vntereinander / übereinander / durcheinander / wer es nicht glauben wil / der laß sich besser von den Wiennern berichten.
Es pranget mit der hohen Schul die Statt Bononien in Wälschland / die Statt Salmantica in Spanien / die Statt Lugdon in Franckreich / die Statt Prag in Böhmen / die Statt Ingolstatt in Bayern / die Statt Saltzburg in selbem Land / viel andere mehr auff dem teutschen Boden / aber sonderlich überschätzt sich glorreich die Haubtstatt Wieñ in Oesterreich / welche bereits in die dreyhundert vnd neunzehen Jahr ein solche berühmte Schul zieret / auß welcher bißhero so viel anseheliche Männer hervor [196] gangen / dann weilen der Adler seine Residenz allhier erkiesen / wolte nicht weniger auch da die Welt-nutzbahre Wissenschafft ihren Sitz nehmen. Die Türcken als vnsere schlimme Nachbahren trachten nicht viel nach grosser Wissenschafft / sondern seynd zu Frieden / wann ihre Schulen / so sie in ihrer Sprach Ochummachierlei, den Lehrer aber Hogsialar nennen / einen Muder, einenMinestum, einen Taursman hervor geben / welche weiter nichts anders lehrnen / als etliche Ceremoni schneiden / vnnd die Blätter zehlen in dem Alcoran: Wir aber / die wir glauben an Christum / der mit zwölff Jahren mitten vnter den Doctores vnd Lehrer gesessen im Tempel zu Jerusalem / die wir verehren die zwölff Apostel / die vier Kirchen-Lehrer / etc. streben weit eyffriger nach der Lehr / in Erwegung /daß dieselbe ein heilsamer Artzt seye / der vielen das Fell von den Augen ziehet / vnd manchem [197] für ein Fackel in der Finsternuß dienet / forderist zeigt sich ein grosser Eyffer zur Wissenschafft allhie zu Wienn /allwo absonderlich die Gelehrte in hohen Ehren seyn /wie dann die Grammatica das Musa auch vor demDominus setzet.
Aber der vnhöffliche Todt hat nicht einen geringen Schnitt geführet in vnsere Gelehrte / vnd ist wohl traurig zu sehen gewest / wie die Todten-Wagen auch bey deß Doctors Hauß still gestanden / vnd hat man also manchen Gelehrten zu einem Stallknecht auffgeladen / wer håt ihm einmahl solche Gesellschafft eingebildet? Julius Cæsar, Antonius Pius, Hadrianus, Carolus Magnus, Albertus Austriacus, vnd andere hohe Monarchen haben die gelehrte Leuth mit absonderlichen Privilegien vnnd Freyheiten bebegnadet / es hat aber ihnen niemand die Freyheit vor dem Todt ertheilt / das haben wir absonderlich da hier zu [198] Wienn erfahren / indeme wir nicht ohne Mitleyden wargenommen / daß ein Gelehrter so wol als ein anderer in die Gruben geworffen worden / vnnd die Schrifftgelehrte sambt dem Schiffgelehrten vnter einer Decken müssen verfaulen / ja es ist nicht ein Tag vorbey gangen / andeme nicht ein Student in der Todten-Zahl ist gefunden worden / vnd hat dißfals der Todt gar einen vnmilden Pedellen abgeben.
Ein mancher zehlte mehrer Freund als die Statt Constantinopel gespitzte Thurn / vnd hat wohl kein Tag geschienen an dem er nicht von solchen Gästen besucht wurde / im Winter hatte diser nit von nöthen den Schnee vor der Thür hinweg zu schaufflen ein Bahn zu machen / dann die öfftere Fußpfaden seiner Cammeraden / lassen den Weeg wohl nit verschneyen / aber leyder! tragt mancher solcher nur den äusserlichen Titl eines Freunds / vnd ist nicht vngleich dem gefaulten eichnen [199] Holtz / welches nächtlicher Weil in einem Winckel wie ein Feuer schimmert / vnd ist doch kein Feuer / es gibt viel / die sich gute Freund tauffen / vnd seynd gleich den Gocklhanen auff denen Thürnen / welche sich nach dem Wind kehren / seynd aber meistentheils nur Tisch-Freund vnd Fisch-Freund.
Es ist ein Trinck-Geschirr in Oesterreich / dises tragt den Nahmen Angster / also Angster-Freund gibts viel / aber Aengsten-Freund gar wenig / sondern die Welt-Freundschafft gleichet den Schwalben /welche die gantze Sommers-Zeit in vnsern Häusern ihre Losamenter nehmen / auch frühe vnd spat ihr Gesang / so vielmehr ein Schwatzerey ist / vor vnsern Fenstern hören lassen / so bald aber der October anklopffet / vnd allgemach die Kühle herbey nahet / da fliegen sie vnbegrüster deß Haußwirths hinweg in andere Länder / vnd lassen nichts [200] als ein kothiges Nest nach ihnen. Nicht anderst seynd die Welt-Freund /welche dich vnauffh \rlich lieben vnnd loben / ja so lang tausenterley lachende Gesichter / winckende Augen / freundliche Ja / vrbietige Dienst / Complement volle Händ zeigen / wie lang bey dir ein guter Wind / wie lang deine Kisten vnd Kasten voll seynd /vnnd dich das günstige Glůck anlachet / so bald es aber anfangt kůhl herzu gehen / vnd die Noth bey der Taffel sitzt / die Armuth das Wammes flicket / die Trübsahl beym Fenster außschaut / vnd das Elend deß Thorwartels-Ambt vertritt / so fliehen dise Freund wie die Schwalben hinweg / vnd zergehen wie das Saltz im Wasser vnd verschwinden / wie der Schatten an der Sonnen-Uhr / wans Abend ist.
O / wie mancher allhie zu Wieñ / der gar offt mit einer gantzen Guarnison Freund vmbgeben war / als ihn das Pestilentzische Gifft angegriffen / vnd [201] dort auff seinem Bettl die Awe wiederholet / konte nicht den Trost haben / daß ihn ein einiger voriger Freund besuchte / sondern männiglich tragte an ihm ein Abscheuen / mit harter Mühe / daß etwan ein alte Stuben-Reiberin oder Bettl-Weib / die man vmb das Gelt geworben / ihn bedienen thåte; Da hatte mancher also Verlaßner / die Gelegenheit mit sich selbst also zu reden: O ich elender Tropff / mir zeigt nun jedermänniglich den Rucken / vnd ist auß so vielen Freund vnd Cammeraden / nicht ein einiger / der mir die geringste Erquickung oder Beyhülff leistete / O hätt ich fein /an stadt daß ich euch so offt mit Unkosten die Mäuler außgewaschen / mir die arme Bettler auff der Gassen mit Darreichung eines Allmusen zu Freund gemacht; Diselbe tr \steten anjetzo mein betrangtes Hertz / O hätt ich fein / an stadt daß ich mit euch die Karten gemischt / vnterdessen in einem andächtigen Büchel [202] gebett / es wåre anjetzo mir eine Erquickung. O hätt ich / an stadt daß ich mit euch die guldene Zeit verschwend / etwan ein Stund meinem GOTT gewidmet /so empfunde ich jetzt deßhalben einen Trost; O hätt ich an stadt daß ich mit euch dem langrockenden Willbret nach gehetzt / mich vnterdessen in einen Winckel vnser Lieben Frauen Loreto Capell begeben / vnnd allda einen Heil. Rosenkrantz abgelegt / so wäre es mir anjetzo viel ringer vmb das Hertz; O hätt ich / an stadt daß ich ohne Noth mit euch in warme Bäder gereisst / vnd nur schwärtzer an der Seel worden / darfür ein General-Beicht verricht / vnd mein Seel gesäubert / wäre es mir der Zeit viel leichter vmb das Gewissen.
Ich bild mir wohl ein / dergleichen Noth-Seuffzer haben manche Stuben vnd Cammer eingefüllt / dann gemeiniglich wo viel W W seynd / dort finden sich viel O O / aber leyder gar [203] offt zu spatt; Doch aber hat sich hierin der Gelehrte besser trösten können / vnd sich mit dem allgewaltigen Willen Gottes gäntzlich vereiniget / solche zeitliche Straff zur Abbüssung seiner Sünden der göttlichen Barmhertzigkeit mit geneigtem Hertzen auffgeopffert / wie ich dann selbsten einen gekennt / der bey diser elenden Zeit mit gebognen Knyen vor dem Altarl seiner Schlaff-Cammer gestorben / auch nit anderst wolte / ob schon mit vnwillen der Krancken-Warterin / seinen Geist auffgeben / dahero trifft gar selten zu deß gemeinen Pövels mißgönnendes Sprichwort: Je gelehrter / je verkehrter.
Gar offt ein Gelehrter Disputirte gantz sinnreich /von wem doch solche Pest herrühre / zumahlen bekant ist / daß dergleichen Pestilentzische Seuch / durch die bösen Feind / durch die Juden / durch die Todtengraber / auch [204] durch die Hexen verursacht worden / weilen Paracels. tract. de Pesti. 4. c. 2. also schreibt: Die Hexen nehmen einen Spiegel so in Holtz eingefast ist / legen solchen auff das Wasser eines grossen Gießbeck / dergestalten / daß der Spiegel mit dem glantzenden Theil gegen dem Himmel über sich gekehrt liegt / vnd auff solchen Spiegl legen sie einen Krantz von sinecrusimontes gemacht / daß der Krantz den Spiegl vmbgreiffet / vnd weil sie wissen / daß der Mond vnd der Mensch nicht ein wenige Verwandschafft / sondern gar in vielen Regungen der Leib mit dem Mond zu schaffen hat / also vergifften sie durch solchen Zauber-Krantz den Mond / vnd diser entgegen wirfft wiederumb das Gifft in den Spiegl / nachdem nehmen dise Gabel-Reuterin ein wachsenes Bildl / lassen den Glantz deß vergifften Spiegl auff dasselbige gehen / wordurch alsobald der Mensch / in dessen Nahmen gedachtes [205] Wachs formiert worden / an seinen Leib die Pest bekombt / welche aber vielmehr ein particular Pest / als ein Infection zu nennen ist.
Ein anderer Gelehrter siñte nach / wie doch so wunderbarlich dises Gifft der Mensch zu erben pflege / welches mehristen Theil durch die Kleidung geschicht. Anno 1448. zu Florentz muß ein wunderliches Gifft gewesen seyn / dann allda hat man war genommen / daß eines Armen Inficirten Lumpen seynd auff die Gassen geworffen worden / darüber zwey Schwein kommen / welche nach ihrer Arth dise Fetzen mit ihren Schnautzen oder Riesseln durch wůhlet / vnd gleich darauff im Kreyß herumb geloffen / vnd todter nieder gefallen. Deßgleichen Anno 1511. wie Verona in Wälschland belägert worden / vnd die Pest in das teutsche Lager gerathen / wordurch bey zehen tausend gestorben seyn / hat man beobacht / daß fünff vnd zwantzig Teutsche gestorben [206] in einem Peltz /dann wann einer gestorben ist / so hat alsobald ein anderer den Peltz angezogen / so bald man aber solchen verbrennt / hat gleich die Pest mercklich abgenommen / Ludovic. Hernik. Quæst. 151. viel hundert dergleichen Begebenheiten hat man auch allhier beobacht / vnd hat es gar offt geheissen Kleyder / leyder /ich kan nicht vmbgehen / was sich da hie zu Wienn ereignet / ein gar wackerer vnd gelehrter Mann ist allhier bey diser Zeit vmb die Statt spatzieren gangen /vnd als ihme von fern ein armer Bettler vmb ein Allmusen gantz flehentlich ersuchte / griff er alsobald in den Sack vmb ein Gelt / dann die gute Werck waren bey diser Pest-Zeit sehr häuffig / deßwegen nicht übel der Poet sagt.
Die Noth bricht Eysen /
Die Noth macht auch essen grobe Speisen /
[207]Die Noth macht auß einem Thoren ein Weisen /
Die Noth macht auch GOTT ehren vnd preisen.
Weil demnach ein so grosse Noth die Wiennstatt ůberfallen / also ist man in der Andacht / vnd guten Wercken viel eyffriger gewest; Dahero obgedachter Herr desto hurtiger in Darreichung deß Allmusens sich gezeigt / indem er aber das Gelt auß dem Sack gezogen / ist ihm vnvermerckt zugleich ein Brieff entfallen / den da der arme Mensch auffgehoben / vnd auff vieles nachschreyen den Herrn widerumb eingehändiget / O GOtt! wer hat ihme eingebild / daß diser Brieff deß Uriæ gleich den Todt solte zubringen /weilen aber der Bettler mit der Pest schon würcklichinficirt ware / also hat er auch den Brieff vnbehutsamb mit dem vergifften Athem zu einem Ladschreiben deß Todts gemacht / dann kaum daß der vnglückseelige Herr den Brieff [208] empfangen / hat ihn gleich ein Entschüttung deß Leibs vnd verenderliche Hitz angegriffen / vñ wie er nach Hauß kommen / die schon würckliche Pestilentz-Zeichen an dem Leib befunden.
Ein mancher Gelehrter brache ihm schier den Kopff über dergleichen Begebenheiten / vnd sihe / als er zum besten die Ursach dises subtilen Giffts nachforschte / vnd von der Pest geredt / von der Pest gelesen / von der Pest geschrieben / da ist ihm dise ůber den Leib kommen / vnd / solches grosse Ubel / dessen Ursach er müglichst nachgegrůndet / ihn auch vnverhoffter angetast. Seynd also der Gelehrten nicht wenig vnter die Erden kommen / vnd absonderlich der studirenden Jugend ein ziemliche Anzahl von disem Ubel auffgeraumt worden / vnd ob sich die Herrn Studenten sonst in allweeg kůhn vnd tapffer erzeigen /vnd so wohl mit der Klingen als der Feder können vmbspringen / wie sie dann anschelich vnd [209] ritterlich Anno 1545. zu Pariß in Franckreich sich verhalten /indem sie von gedachter Haubt-Statt den Feind abgetrieben / dero damahlen Hasenmůthige Bürger zu dem wehr dich auffgemuntert / vnnd also den Sieg erhalten; aber dises Jahr seynd sie der Sensen deß Todts vnterlegen / vnd leyder viel die Schul mit der Erd vertauschet.
Ich kans nicht lassen / daß ich den Gelehrten nicht auch einen kleinen Zusatz beyfüge / zumahlen mich darzu veranlasset das gemeine Sprichwort / den Gelehrten ist gut predigen / sagt her ihr Schrifftgelehrte Männer / die ihr bereits seyd in der Ewigkeit / als ihr verwichenen September, October vnd November, seyd vor Gottes Richterstuhl erschienen / was Nutzen hat euch gebracht euer Wissenschafft?
Es hat mich Gott nicht gefragt / sagt der Theologus, ob ich alle Artickel [210] deß Englischen LehrersThomæ außwendig habe gelernt / sonder ob ich nach den Artickel deß wahren Catholischen Glauben habe mein Leben angestellt; Es hat mich Gott nicht gefragt / sagt der Philosophus, ob ich wisse die Würckungen vnd Stellungen der zwölff Himmels-Zeichen / sondern ob ich der Lehr der zwölff Apostel nach kommen; Es hat mich GOTT nicht gefragt / sagt der / Jurist, ob ich dem Bartolo sondern ob ich dem Heil. Bartholomæo habe nachgefolgt / ob ich deß Baldi, sondern ob ich deß Heiligen Sebaldi Discipel seye gewest! Es hat mich Gott nich gefragt / sagt der Medicus, ob ich vielPatienten habe curirt / sondern ob ich Patiens seye gewest / vnd auch etwas seinetwegen gelitten; Es hat mich GOTT nicht gefragt / sagt der Rethor, ob ich habe zierlich lernen reden / sondern ob ich habe recht geredt von einem jeden / vnd keinen seine Ehr geschmelert; Es [211] hat mich GOtt nicht gefragt / sagt derPoet, ob ich hab schöne Reim vnd Verß gemacht /sondern ob ich habe nicht vngereimbt gelebt; Also hat GOTT nicht geurtheilt über vnser Wissen / sondern ůber vnser Gewissen / vñ ist vns bey Gott dienlicher gewest / ein Hand voll gute Werck / als ein gantze Truhen voll Wissenschafft; Deßwegen O ihr eytle Welt-Menschen / thut euch wegen eurer Wissenschafft nicht auffblähen / sondern gedencket / daß derselbe der Gelehrtiste ist / welcher in der Tugend- Schul gestudirt hat; schutzbar / schatzbar / vnd nutzbar ist wohl ein Wissenschafft / aber nur diselbe /welche mit der Tugend vermählet ist / sonst ist dieScienz ohne Conscienz, wie ein Pferd ohne Zahm /ein Spiegel ohne Rahm / ein Kleyd ohne Bram / vnnd ein Marckt ohne Kram; Isidorus in Spanien ist ein Baur gewest / vnnd sitzt anjetzo [212] glorreich vnter den Außerwöhlten im Himmel / Plato vnd Cato seyndDoctores gewest / vnd brinnen annoch in der Höll /jetzt laß ich es deiner Betrachtung über / wie? was?
[213]Abraham mortuus est. Joh. 8. Sepelivit Abraham Saram Vxorem suam Gen. 23.
Gebunden hin / gebunden her /
Wanns noch so starck seyd bunden /
Ihr Ehleuth habt doch nimmermehr
Vorm Todt ein Kräutl gfunden.
Gedenckt / das nihil stabile,
Was in der Welt / sed labile,
Die Ehe muß sich auch enden /
Dann sterben müssen alle Leuth.
Das Gesatz last sich nicht wenden.
[214]Wann man einen Raben zu der Tauben stellt / wañ man ein Lia zu der Rahel setzt / wann man einen Bauren dem Edelmann zugesellt / wann man Zuckercandl mit dem Aloe kostet / so entdecket sich dero Eigenschafft weit besser / contraria enim juxta se posita, magis elucescunt, dann zwei Wiedrige neben einander geben sich eigentlicher zu erkennen: also auch auß Vorstellung eines vnglückseeligen vnd vnfriedlichen Ehestands wird desto mehr eine gute vnd ruheseelige Ehe erwogen.
Wie vnser gütigster Gott die Herlichkeit mit der Beschwerligkeit / den Hi el mit dem Getümmel / den Saal mit dem Stall vertauscht / vñ zu Bethlehem [215] gebohren / da seynd auch neben andern / 3. gekrönte König auß Orient mit grosser Andacht / mit andächtigem Pracht / mit prächtigem Auffzug / durch Beyhülff eines Sterns / so die Furier-Stell vertretten / ansehelich ankommen / vnd bey dem neugebohrnen Messia vnd göttlichem Kind mit hindansetzung aller K \niglichen Hocheit / auff die Erde nieder gefallen / nach eyffrigsten Anbeten / ihme sehr stattliche Schanckungen allervnterthänig ist überreicht / vnd bestunden obberührte Præsenten in Gold / Weyrauch vnd Myrren; Der grosse Lehrer Hieronymus deutet dise drey Gaben auff die drey Ständ der Catholischen Kirchen /vnnd könne durch das schimmernde Gold der Jung frau-Stand / durch den wohlriechenden Weyrauch der Wittib-Stand / durch die heilsame Myrren der Ehestand abgebildet seyn; wann dem also / so rathe ich einem / deme etwan der Myrren Eigenschafft [216] vnbekant / er wolle ein Stůckl derselben einer Nuß groß mit den Zähnden wohl zermalen / nachmahls mir treuhertzig nicht verhelen / wie sie ihme schmecke / pfui Teuffel wie bitter! sagt er mir / so bitter / daß wann ich mit dem Samson einen gantzen Tag auß deß Löwens Rachen das Hönig sollte schlecken / mir doch kümmerlich dises Gall-Futter vergehen wurde: Die bittere Myrren ist ein Siñbild vnd Vorbild deß Ehestands / forderst deß jenigen / welcher da vnfriedlich /vnd folgsamb nichts als bitter bitter ist.
Wann das Weib einen Mann bekombt / welcher so höfflich / wie dasselbige Instrument, mit deme derCain den Bruder Abel ermort / ist ein Kolben gewest.
Wann der Mañ ein Weib bekombt / welche so süß auß siehet / wie jener Kraut-Topff der Propheten Kinder Mors in olla, ist nichts darinnen gewest [217] als Gall bitters Colloquinten-Kraut.
Wann das Weib einen Mann bekombt / welcher so fein ist / wie jene Klingen / mit dero Samson tausend Philisteer erlegt / ist ein Trumb von einem Eselkopff gewest.
Wann der Mann ein Weib bekomt / welche so still schweigend / wie jene Thierl / so Aaron durch die Ruthen von denen Egyptischen Wässern gelockt / seynd quackigtzte Frösch gewest.
Wann das Weib einen Mann bekombt / welcher so manirlich ist / wie jenes Instrument, mit deme der Booz das Trayd außtroschen / ist ein Fleg: gewest.
Wann der Mañ ein Weib bekombt / welche so freundlich / wie jene Thier / so die hönische Außlacher deß Elisæi gezüchtiget / seynd brum-brum-brummende Bären gewest; O was ist alles diß nicht für ein Bitterkeit!
Der Prophet Ezechiel hat einen [218] Wagen gesehen / an dem ein Ochs vnd ein L \w neben einander gespannt; Ungleiche Thier seynd dise gewest / die Eheleuth werden auch an ein Joch gespant / dahero sie Conjuges benamset werden / aber gar offt auch vngleich / deßwegen manches mahl dise elende Mutteten in lauterla – mi – fa – re. gehört wird / nemblich.
Wil er Saur / so wil ich Süß /
Wil er Mehl / so wil ich Grieß /
Schreyt er Hu / so schrey ich Ha /
Ist er dort / so bin ich da /
Wil er Essen / so wil ich fasten /
Wil er gehen / so wil ich rasten /
Wil er recht / so wil ich linck /
Sagt er Spatz / so sag ich Finck /
Isset er Suppen / so iß ich Brocken /
Wil er Strümpff / so wil ich Socken /
Sagt er ja / so sag ich nein /
Saufft er Bier / so trinck ich Wein /
Wil er diß / so wil ich das /
Singt er dẽ Alt / so sing ich den Baß /
Steht er auff / so sitz ich nieder /
Schlagt er mich / so kratz ich wieder /
[219]Wil er Hy / so wil ich Hott /
Das ist ein Leben / erbarm es Gott.
Ist dann ein solcher Ehestand nicht ein bittere Myrren? Wo die zwey zusammen sagen / wie ein Speck vnd Juden-Magen / wo sie sich zusammen schicken /wie ein Sichel vnd Messerschaid / wo ihr Willen weither von einander / als Preßburg vnd Straßburg / wo die Lieb so inbrünstig ist / daß mans sicher könt in einen Schaab Stroh einsperren; O Bitterkeit! Der Prophet Jonas / nachdem er die eyffrige Predig in der Statt Ninive vollzogen / hat sich vnweit darvon auff einen in etwas erhobenen Bůhl begeben / seines Sinns nach den vnfehlbahren Untergang vnnd Verherung desselben Orths zuerwarten / wie er sich nun daselbst nieder gesetzt / vnd aber von der Sonnen gar zu starck angestralet wurde / hat ihm Gott augenblicklich einen großblättrigen Kürbs-Stock lassen auffwachsen /vnter dessen Schatten er [220] als in einem angenehmen grünen Lust-Häusel wegen abgematten Leibs-Kräff ten sanfft eingeschlaffen; Uber diß hat ein Wurm auß Befehl deß Allerhöchsten / den Kürbes abgebissen /wordurch er alsobald verwelcket / vnd da die auffgehende Sonn mit so grossem Ernst dem Jonas auff das Gesicht spielte / ist er darüber erwacht / den häuffigen Schweiß von der Stirn abgestrichen / vnd als er wargenommen / daß ihm ein Wurm solches angethan /hat er sich höchstermassen gegen Gott beklagt / auch vnwillich worden über solchen Wurm / das der Prophet ihme selbst den Todt gewuntschen. Jona 4. c. 5. 6. Holla! Die Ungedult ist schier zu groß über einen Wurm; Ein manche arme Tr \pffin hätte wohl füglicher Ursach die Gedult zu verlieren / ůber ihren Mann / der da ein lauterer Wurm / ein bissiger Wurm / ein tůrmischer Wurm / ein vnruhiger Wurm / ein gifftiger Wurm / indessen Garten [221] nichts als saur Holtz-Oepffel wachsen / in dessen Calender fast alleweil Finsternuß / in dessen Himmel schier allezeit Wetter vnnd Donner / dessen Wald nichts als Prügel tragt / dessen Zinn-Geschirr in nichts als in Flaschen besteht / dessen stete Arbeit den Organisten gleichet / ein solcher vnmenschlicher Wurm phantasiret / als seye das Weib deßhalben von der Seiten erschaffen / daß sie immerzu sich soll auff die Seiten keyen / vñ seinem thumbs Hirn freyen Paß gestatten / O bittere Myrren ist wohl ein solcher Ehestand! die arme Haut gleichet fast in allem dem Strauß-Vogel / weil sie so wohl muß manchen Strauß außstehen / als viel harte Brocken vertåuen / wan schon nicht von Eysen.
Es ist ein Kraut welches die Lateiner Eringion, die Teutschen aber Manns-Treu nennen / Lieber rathe ein wenig / was Kraut dises sey? vnd wie es auffwachse? etwan blůhet es wie [222] die purpurfarbe Rosen? Etwan riechet es wie der zarte Jesumin? Etwan grünet es wie das angenehme Bisem-Kraut? Nichts weniger als diß / solches Kraut mit Nahmen Eringion oderManns-Treu ist ein Distel / ein Brach-Distel / voller Stächel / als wäre er dem Igel befreunt / über vnnd über mit feindlichen Spitzen gewaffnet / als wolle gleichsamb die Natur an Tag geben / daß in dem Ehestand bey der Mañs-Treu gar offt nichts als Weh vñ Ach / brich vnd krach / Zorn vnd Rach zu finden seye / O Bitterkeit!
Es ereignet sich aber auch gar offt das Wiederspiel / vnnd bekombt mancher ein so liebe Ehegenossin /daß er ihm getraute ehender auß der Donau einen truckenen Kiselstein zuheben / als auß ihr ein gutes Wort / vnd ob sie schon der Astrologiæ nicht viel erfahren / weiß sie doch ansehelich ihme die Planeten zu lesen / daß ihme [223] zum öfftern die Augen / wann auch die Kuchel nicht rauchet / voller Wasser stehen.
Der anseheliche Scribent Stengelius registriret von zweyen Eheleuten / welche in dem Regieren vnnd Herrschen ordentlich vmbwechsleten / vnd so der Mann vierzehen Tag die Oberhand führte / muste er auff die gesetzte Bedingnuß auch so lang das Regiment der Frauen überlassen / die mehriste Zeit aber /in dero das Weib zu gebieten hatte / befande sich der gute Mann ausser deß Hauß / vnd wolt sich mit truckenem Brot lieber befridigen anderswo / als zu Hauß das gestössene verkosten / auch so es geschehen / daß er mit müglichsten Fleiß die stille Music zu Hauß gehalten / hat er dannoch dem vngestůmen Tackt deß Weibs nicht mögen entgehen. Laß mir das ein H \ll-Riegel seyn! bey dem auch einem Socrates möcht die Gedult erwelcken / dañ ja wahr ist das[224] Sprichwort / ein Rauch / ein böß Weib / vnd ein Regen / seynd einem Hauß überlegen; Wie abgeschmach lauth nun ein Lauthen / wañ die Seyten nicht zusammen stimmen / also abgeschmach lauth es bey den Eheleuten / wann die Sitten nicht zusammen stimmen / ein solcher Ehestand was ist er anderst als ein Wehestand / ein Fechtplatz / ein Creutz-Schull /ein Besen-Marckt / ein Riebeysen / ein Hader-Suppen / ein Igel-Balg / ein Pein-Folter / ein Distelkraut / ein Schlag-Uhr / ein Gemüths-Hächl / ein Pfeffer-Můhl /ein Copey von allem Elend? Was ist entgegen angenehmers in der Welt / als ein freundlicher Ehestand;
Die Catholische Kirch sterckt sich mit den Heil. Sacramenten / setzt aber in dero ordentlicher Zahl den Heiligen Ehestand gantz zu letzt / vnd wissen die sieben jährige Knaben in der [225] Kinderlehr / auff die Frag /wie viel seynd Sacramenta? schon zu antworten / sieben / das sechste die Priesterweyh / das siebende die Ehe; nicht ohne erheblichen Ursachen wird solches an das siebende Orth gesetzt / dann je vnd allemahl /man durchblåttere die gantze Heil. Bibel / die siebende Zahl ein Ruhe vnd Ruhestand angedeut / so gar daß auch GOtt den siebenden Tag ruhen vnd rasten wolte / dardurch zu zeigen / daß auch das siebende Sacrament die Ehe nichts anders seye / als ein Ruhe zweyer Gemůther / vnd ein Ruhe-Stand zweyer Hertzen.
Von dem prächtigen Tempel Salomonis ist es weltkůndig / wie ansehelich derselbe seye gebauet worden / erstlich befanden sich bey solchem Gebäu siebenzig tausend Tagwercker / was die Maurer vnd Steinmetzen belanget / waren selbe an der Zahl achtzig tausend / auch musten dreytausend Ambtleuth / neben dreyhundert Anschaffer [226] bey disem nie erhörten Gebäu sich einfinden / die Unkosten diser ansehelichenStructur erstreckete sich in etliche tausend Centner Gold vnd Silbers / es ware ein solches Werck / daran man viel Jahr gearbeith / daß auch einem künstlichenAppelles solches mit dem Pembsel zu entwerffen schwer fallte / die Länge / die Breite / die Höhe die Tieffe / das Außwendige / das Inwendige / das Obere / das Untere / das Holtzwerck / das Steinwerck / ware also künstlich vnd köstlich in einander / auff einander / ůbereinander / daß es mancher wohl auch für ein Meisterstuck der Englischen Wissenschafft m \chte außruffen; Das Allerwunderbarlichste aber in solchem Gebåu ware diß / daß man in wehrendem Gebäu nicht einen einigen Streich oder Hammer oder Eysen h \rte /nec ferrum audiebatur. Reg. 3. Das ist ja ein Wunderwerck / etliche Lehrer seynd der Meinung / als seye durch göttliche [227] Beyhülff / vñ folgsamb durch ein Wunderwerck geschehen / daß sich die Stein vnnd alles auff einander so wohl geschickt / andere muthmassen / der allerweisseste Salomon habe von einem gewissen Thier ein Blut beygeschafft / durch welches die härteste Stein zerspalten wurden / vnnd also Hammer vnd Eysen nicht vonnöthen: Seye deme wie ihm wöll / wunderlich ist gleichwohl / daß bey einem solchen weltkündigen Gebäu / nicht ein Hammer / nicht ein Eysen geh \rt worden.
Disem ansehelichen Hauß Gottes gleichet gantz natürlich das Hauß zweyer lieben Eheleuthen / ubi nec ferrum auditur, allwo man vmb einen Streich in viel Jahren nicht weiß / wo man nie kein Eysen hört / nie kein Zanckeysen / sondern schickt sich alles auff das aller beste zusammen / ihre zwey Hertz seynd gleichsamb in einen Model gegossen / ihre zwey Gemüther ůber ein Laist geschlagen / ihre zwey [228] Willen nach einer Regel gemessen / hab mich geirrt in ihnen ist nichts zerzweyt / sondern alles eins / dahero Tag vnd Nacht / frůhe vnd spat nichts Wiederwertigs zu h \ren / vnnd ist ein solcher Ehestand ein Uhr / die allezeit auff Eins stehet / vnd ist ein solcher Ehestand ein Garten / indeme nichts als Liebstöckel wachsen / vnd ist ein solcher Ehestand ein Grammatic, in dero man nichts als Amo conjungirt, vnd Rixa declinirt, vnd ist ein solcher Ehestand ein guldener Ring / dessen edlestes Edelgstein Unio die Einigkeit / vnd ist ein solcher Ehestand ein Calender / in deme die gr \ste Heiligen S. Pacificus, vnd S. Concordia.
In einem solchen Ehestand ist ja nichts als Sieg vnnd Seegen anzutreffen / vnnd weil der Himmel-Tau nur pflegt zu fallen / wann es Windstill ist / also vermuthlich fallt über solche zwey liebe Eheleuth der häuffige [229] Himmels-Seegen / weil nichts als Ruhe vnd Stille darinnen.
Die Heil. Ehefrau Francisca Romana schätzte solche Einigkeit über alles / dahero / als sie einest ihren andächtigen Gebrauch nach das Officium oder Tagzeiten vnser Lieben Frauen auß dem Büchl eyffrigst abgelesen / vnd von ihrem Mann zu einer andern Hand-Arbeit beruffen worden / hat sie den Versicul halb vnterlassen / vnnd deß Manns Befehl hurtigst nachkommen / damit nur die geringste Ursach zur Uneinigkeit vermeidet werde / als sie nun nach vollbrachter Arbeit zu dem Gebett kehret / fande sie / daß der auß Gehorsamb vnterlassene Versicul mit guldenen Buchstaben von ihrem Schutz-Engel außgeschrieben worden / wie ihr nachmahls der Heil. Paulus offenbahret / Sales de Amo: lib. 12. Dise Heil. Francisca hielte also die Regel deß Heil. Ehestands / daß Gott ein absonderliches Wohlgefallen daran [230] sch \pffte / vnnd zum \fftern es mit Wunderwerck begnadet; Zwischen dem Booz vnd der Ruth / zwischen dem Aßvero vnnd der Esther / zwischen dem Abraham vnnd der Sara / zwischen dem Isaac vnd der Rebecca /zwischen dem Jacob vnd der Rahel / zwischen demMausolo vnd der Arthemisia, zwischen dem KönigClodovæo vnnd Clothildis, zwischen dem Sulpitio vnd Lentula, zwischen dem Moyses vnd der Sephora, zwischen tausend andern mehr ist ein solche Einigkeit gefunden worden / daß dero Ehestand ein Ehrenstand hätte sollen genennt werden.
Es ist denckwůrdig / ja wohl in das Protocoll aller rechter Eheleuth forderst mit Gold auff zuzeichnen /was Fulgosus lib. 4. vermercket. In dem Königreich Neapel ware ein ehrlicher Mann / der hatte seine Behausung nahet bey dem Ufer deß Meers / als solcher auff ein Zeit gewisser Geschäfften [231] halber vnweit von dannen sich begeben / seynd vnterdessen die hin vnd her streiffende Corsaren an selben Orth angelendt /vnd ihme seine allerliebste Ehefrau sambt andern in Eyl zusammen Pauschten Haabschafften mit sich genommen / da nun gedachter Mann eylfertig nach Hauß kehrte / vnnd wehemüthig vernommen / daß sein Liebste von denen Meer-Raubern seye gewalthätig entführet worden / auch seye das Raub-Schiff / indem sie vnlängst abgefahren / noch im Meer zu sehen / hat er sich alsobald gantz behertzt in das tieffe Meer gestůrtzt / möglichster massen nach dem Schiff geschwummen / immerzu schreyend / Voi conducete, mia moglie, menate ancora me di gratia Insieme con lei. ›Ihr entführt mir mein allerliebstes Weib / seyd mir doch sambt euerer Tyranney so gnädig / vñ nembt mich auch mit ihr:‹ ůber welches sie sich höchlich verwundert / auch ihn nach Begehren neben sein[232] Weib angebunden / nachmahls den gantzen Verlauff beytragen dem K \nig zu Tunis, welcher dañ solche Eheliche Treu nicht allein höchst gepriesen / sondern neben ertheilter Freyheit / vnd ansehelicher Beschenckung ein ewige Unterhaltung angeschafft.
Jetziger Zeit / muß bekennen / schwimbt sich nichts mehr dergleichen / vnd wann man auch das Wasser mit dem Heil. Petro könte tretten / thät man sich im Nachlauffen nicht ůbereylen / aber / daß nicht vnzahlbahr viel vereinigte Eheleut gezehlt werden / ist in keinen Zweiffel zu setzen / vnd finden sich annoch viel tausend / bey denen Hertz-Treu die beste Karten / dann ja der Handl verspielt / wo solche nicht ist.
Ein solcher lieber vereinigter Ehestand / ist mit keiner Feder sattsamb zu loben / vnd so man ihn schon preyset / daß er seye ein blüender May / ein Abriß vom Paradeyß / ein Bolster [233] deß Fridens / ein Schuel der Tugenden / ein Speiß-Cammer der Lieb / ein Register der Einigkeit / ein Contrafe deß Himmels / so ist zwar alles diß gut gesagt / aber nicht gnug gesagt; Wird also zweiffels ohne der Todt dißfahls alles Frevels vergessen / vnd solchem Stand die gebührende Ehrerweisung zulaisten / allerseits sich befleissen?
O was grundlose Gedancken / vnnd nebeldicke Fausen nehret ihr meine Leuth in eueren Hertzen /sagt der Todt / ich führe / wie månniglich bewust / ein wohlgewetzte Sensen / warmit ich alles Graß vnd alle Blumen abschneide / folgends auch die Ringel-Blumen / es mag euch der Priester zusammen binden wie starck er will / so löse ich doch solchen Knopff auff mit meiner Sichel / vnd weiß der verschlayerte Cupido vnd übermüthige Bub auß zwey Eins machen / [234] so weiß ich auch demselben zu Trutz / das Eins / in zwey zertrimern / vnd wo Mann vnd Weib gleichsamb Sonn vnd Mond vorstellen / wie es Joseph der Egyptische im Traum gesehen / so kan ich vnverhofft ein Finsternuß darein machen / das man weder Placebo Domino, noch Placebo Dominæ lesen kan / ob schon die Lieb dem Feur gleichet / so kan man doch auch das Feur mit Erd dåmpffen / vnd nimb fein sauber Lieb / Leib vnd Leben / als wie die zeitige Reben / vnnd legs vnter mein Todten-Preß / wer an dem einen Zweiffel hat / der kan Wienn in Oesterrich darumb befragen.
Der elende Zustand diser Zeit vnter denen Eheleuthen zu Wienn / soll mehr mit Tråhnen beschrieben werden / als mit Dinten / vnd ist nicht můglich / daß ihme es die Menschliche Vernunfft könne vorbilden /was Trangsalen / Kummer vnd Noth die [235] Verheyrathe getroffen: Ein Felsen mitten im Meer / welchen vnauffhörlich die auffbambte Wellen mit grimmen Anstossen / ein Weinbeer vnter der Preß / welche allerseits die Trähnen vergiessen thut / ein Eisen auff dem Amboß / so von den schwären Hammerstreichen immerzu geschmidt wird / kan nicht seyn ein sattsames Sinn-Bild der Verheyrathen bey diser Zeit.
O wohl blutige Zäher waren vonn \then manche betrůbte Begebenheit zubeweinen; Es ist geschehen /daß der todte Mann zum Hauß hinauß ist geschlaifft worden / das Weib auch bereits den letzten Athem sch \pffte / vnd die verlassene Kinder vmb ein Brodt geschryen / denen aber nicht lang hernach der Todten-Graber an stadt deß Beckens auß der Noth geholffen.
Es ist geschehen / daß man das kleine Kind hat angetroffen an den Brüsten [236] der todten Mutter hangen /allwo das vnschuldige Engerl nicht gewust / daß es auff solche Weiß durch solchen Trunck / dem Todt eins bescheydt thue.
Es ist geschehen / wann man die todte Mutter auff den Wagen gelegt / daß das kleine Töchterl mit Gewalt sie wollte begleiten / deßhalben mit vngelöster Zungen vnauffh \rlich Mami / Mami geschrien / wordurch auch den harthertzigen Siehknechten das Wasser auß den Augen getrieben worden.
Es ist geschehen / daß auff der Strassen naher dem Kayserl. Marckt Himberg / daß man bey einer Geiß hat angetroffen / ein verlassenes kleines Knäbl / welches mit kindlichen Geberden gleichsamb dise zottete Ammel vmb einen Trunck ersucht / auff solche Weiß /wie Romulus vnd Remus in ihrer Kindheit bey einer Wölffin in die Kost gegangen.
[237] Es seynd die verlassene Weysel in solcher Menge gewest / daß mans Wagen weiß zusammen fůhrte /vnd in der Spitlaw gleichsam ein kleine Kinder Armee auffrichtete / die aber meistens den Freydhoff belägert / vnd denselben ohne vielen Streitt erobert / seynd also solche / die vnlångst von der Mutter kommen /bald wieder in die Schoß der allgemeinen Mutter der Erd gerathen.
Zu weilen hat ein Mutter / die von diser Pestilentzischen Seuch angegriffen worden / in ihrem Todt-Beth vnauffhörlich geseufftzet / wann sie bereits ihre erwachßne Kinder hat angeschaut / die da theils ihre Nasen zustopffeten / theils von weiten stunden / vnd gedichte Trähnen vergossen; ich möcht aber wohl die Vrsach errathen / warumb so håuffige Seufftzer auß dem Mütterlichen Hertzen auffgestossen / ich glaube wohl / es seye die Reůe / daß sie ihre Kinder nicht besser [238] gezogen / dann ihr liebe Eltern / ihr solt wissen / vnd müsset wissen / daß ihr genaue Rechenschafft dem Allerh \chsten ablegen můst / wegen euerer Kinder / dann der Kinder Missethaten werden in das Protocoll der Eltern verzeichnet.
Wist ihr dann nicht / wie der Allmächtige GOtt die vier Theil der Welt mit den vier Buchstaben deß W \rtels Fiat erschaffen / vnd in der Welt allerley Thier / vnter andern hat er die V \gel auß dem Wasser erschaffen / dann also redet die Göttliche Schrifft /pro ducant aquæ reptile animæ viventis, & volatile, super terram sub Firmamento Cæli. GOtt sprach: ›Die Wasser bringen kriechende Thier herfür / die ein lebendige Seel haben / vnd die Vögel auff Erden vnter dem Firmament deß Himmels:‹ Ist also das Wasser die erste Mutter gewest / von dero die V \gel seynd kommen; Auff den heutigen [239] Tag wundere dich nicht /kommen die Vögel von dem Wasser her / dann warumb mancher Sohn gantz tugendloß vnd mit einem Wort ein lauterer Vogel vnd Galgen-Vogel wird? Ist die Ursach / weil sein Mutter ein Wasser ist gewest /verstehe / gar zu weichhertzig / vnd ihn nie recht gestrafft; Die Brillenmacher haben Vrsach sich zubeklagen / daß sie ihre Wahr so gar nicht mehr können versilberen / vnd anwehren / weilen die Obrigkeiten / absonderlich die Eltern gar offt durch die Finger schauen: So lang / Aaron der Hoche-Priester bey dem König Pharao die Ruthen in den Händen gehalten /so ist sie ein Ruthen verbliben / so bald er sie aber auff die Erd geworffen / alsdann ist sie in ein Schlang verwandlet worden. Versa est in Colubrum. Exod. 4. Hört ihrs meine Eltern? Wie lang ihr die Ruthen in den Hånden haltet / vnd genaue Obsicht über die[240] straffmässige Kinder traget / so lang ist es alles gut /so bald ihr aber solche Ruthen hinweck werfft / vnd den Kindern alles übersiehet / alsdann wird ein gifftige Schlang auß diser Ruthen / vnnd kan kein schädlichers Gifft seyn den Kindern / als das grosse Ubersehen vnd Nachsehen der Eltern.
Liebe Eltern / es seynd euch nicht vnbekant die Heil. Ceremonien / deren sich die Catholische Kirch in der Heil. Charwochen gebrauchet / vnter andern ist auch die Heil. Metten / welche da wegen grossen Getümmel ins gemein die Pumper-Metten genennt wird; sagt mir aber / wann pflegt man in derselben zuschlagen? Ihr antwort; damahlen wann die Liechter außgelöscht seyn / dort geht das Schlagen an: Last euch diß ein Lehr seyn / wann die Tugenden in euren Kindern außlöschen / vnd nicht mehr wollen mit guten Sitten leuchten / da [241] schlagt darein / vnd spart die Ruthen nicht / dann auff solche Weiß rettet ihr dero Seelen von der Höll / wie der weise Salomon bezeuget / vnd ringert dardurch euer eigenes Gewissen / sonst wird Gott den Verlust der theuren Seel von euch erfordern.
Jene Mutter / von welcher der Evangelist Matth. 15. schreibet / ist vnserm gebenedeyten HErrn starck nachgeloffen / vnd mit offt wiederholter Sti gantz flehentlich zugeschrien / Miserere mei Domine Fili David, Filia mea, male à Dæmonio vexatur. ›O HErr! sagte sie / du Sohn David erbarme dich meiner / dañ meine Tochter wird übel von dem bösen Geist geplagt;‹ Es möcht jemand wohl in den Sinn kommen / daß er dises Cananeische Weib für vnbedachtsamb halte / in Erwegung / daß sie so starck Christum ersucht vmb Barmhertzigkeit / indeme doch nicht sie /sondern vielmehr ihr Tochter diselbe vonnöthen? Ein solcher muß [242] aber wissen / daß dise Mutter recht vnd wohl zu JEsu vmb Barmhertzigkeit geruffen / dann sie gedachte wohl / daß der Tochter Sünd auff den Achseln der Mutter liegen; Warhafftig die Sůnden der Kinder werden in kein andere Schreib-Taffel auffgezeichnet / als in das Gewissen der Eltern / die Boßheit der Kinder stecken in dem Busen der Eltern / die Sünden der Kinder kommen in die Rechnung der Eltern.
Daß manche Tochter Cecilia mehr nach dem Organisten trachtet / als nach der Orgel / wer ist daran schuldig? Daß mancher Sohn Ernest zu einem Schandnest wird / wer ist dran schuldig? Daß man cher Sohn Damian zu einem Damischen wird / wer ist daran schuldig / als die Eltern? Dahero gebt Rechenschafft / omnia quæ deliquerunt Filij, à Parentibus requiruntur: Vatter / Mutter / wird GOtt sagen / gebt mir Rechenschafft / [243] ich habe euch ein Tochter Rosina geben / ihr durch euere Nachlåssigkeit habt derselben die Dörner der Sünden lassen anwachsen / ich habe euch ein Unschuldige Tochter Clara geben / die habt ihr durch euer übels Nachsehen selbst auff den Weeg der Finsternuß gebracht / ich hab euch einen vnschuldigen Sohn Peter geben / den habt ihr aber nicht wie der Gockelhan ermahnt / wie er gesündiget; Ich hab euch einen Sohn Christoph geben / diser ist aber durch euer böse Weichhertzigkeit in den Tugenden gar klein gewachsen; Gebt Rechenschafft: daß mir dises Edlgstein in das Koth gefallen / daß mir dises Lambl vnter die Wölff gerathen / daß mir dise Frucht wurmstichig worden / daß mir dise Tauben entflogen /daß mir dises Kind / dise Seel / die ich so theur mit meinem Todt erkaufft / ist entgangen / bist du Vatter /du Mutter daran schuldig / gebt Rechenschafft.
[244] Dergleichen Gedancken beschweren manches Mutter-Hertz / daß es auch in dem Todt-Bethl wůnschet /es håtte nie gebohren / zumahlen der Mutter-Titl ihr Elend nur vergrössert / bildt mir also wohl ein / das in diser Pest gleichförmige Trangsall manche Eltern auch in dem Todt habe gequält; O was Elend muß dann diß seyn! Allwo nicht allein der arme Leib durch die brennende Gifft-Geschwer geplagt wird / sonder auch manches Gemüth vnd verletztes Gewissen sein Marter außstehet / darumb liebste Eltern ziecht euere von GOtt ertheilte Kinder recht / damit sie auch zu euerem Trost Kinder der Seeligkeit werden.
Vor dem Vbel fliehen / ist nicht übel / zumahlen bekant ist / daß der Patriarch Abraham sein Unglůck zuvermeyden in das Land gegen Mittag gezogen.Gen. 2. Jacob weil ihm sein Bruder Esau derSaubere Gesell [245] den Todt geschworen / ist auch geflohen zu seinem Anverwanten dem Laban. Gen. 27. Deßgleichen David, als ihm der vndanckbahre Saul nach dem Leben getracht / hat sich mit der Flucht salviert: Nicht weniger hat die Flucht genommen der eyffervolle Prophet Elias, wie er benachrichtiget worden / daß ihme die Königin Jezabel den Todt antrohe: So ist auch nicht vnbekant / wie der Tarsensische Prediger Paulus nächtlicher Weil in einem Korb durch ein Fenster sich hat hinunder gelassen / vnd also die Zuflucht zu der Flucht genommen; auch von Christo dem Heyland selbsten registrieren die Evangelisten /daß er der Hebreer feindliches Nachstellen zumeyden / sich etlich mahl habe in die Flucht begeben; Ist demnach keines Wegs zu widersprechen / das nicht heylsamb seye in der Pest-Zeit zufliehen / ja absonderlich für rathsamb von den bewehrtisten Medicis gehalten [246] wird / disem Rath ist man zu Wienn embsig nachkommen / vnd ist der Zeit nichts anders zusehen gewest / als das viel tausend diser Residentz Statt den Rucken gewisen / ja wohl etliche seynd also forchtsamb anzutreffen gewest / daß sie sich in der Flucht viel mässiger gehalten / als deß Loths sein Weib / wie sie die Statt Sodoma verlassen / vnd vermeinten viel / das auch das zuruck Schauen nacher Wienn nicht Gifftfrey werde ablauffen.
O Wienn! du bist kurtz vorhero ein sch \ne Rachel gewest / sihe / wie dich GOtt kan so geschwind in ein schantliche Lia verungstalten / du bist seythero immerzu gleichsamb ein gelobtes Land gewest / sihe wie dich der Allerhöchste so bald kan in ein bestürtztes Egypten verwandlen / du bist schon so lange Zeit hero ein Brunn alles Trosts vnd Freuden gewest / sihe wie so vnverhofft dich der Allmächtige hat [247] in ein außgetruckne Cistern verkehrt / hab mich geirrt /Wasser gnug / aber lauter trangscelige Trähnen; Doch aber seye getröst / der jenige / der verwundet hat / kan dich heylen auch / laß es allein dir ein Wahrnung seyn / das nicht ein Quintl Beståndigkeit auch in einem Centner schweren Wohlstand seye.
Damit ich aber meine obberůhrte Erzehlung zu End bringe / ist zuwissen / das viel vnd aber viel sich von der Wiennstatt haben abgesöndert / vnd neben denen /welche ausser der Statt auff freyen Feldern von Holtz zusammen geschlagene Hütten bewohnten / deren so viel waren / daß der hunderte fůr ein feindliches Lager thätte ansehen / neben disen seynd viel geweft / die sich in wilde vnd finstere Wälder begeben / vnd hätten ihnen wohl nie eingebildet / daß sie einmahl solten das Cremitten Leben kosten.
Andere retirierten sich in weit entlegene [248] baufällige Geschlösser / allwo sonsten die Nacht-Eulen vnd wilde Raub-V \gel ihre gewöhnliche Losamenter hatten; Viel suchten zu Wasser ein anders Land! Aber leyder! Brachten sie den Todt mit ihnen / oder fanden denselben schon allda; Hat also mancher sein Grab gefunden hinder dem Zaun eines Ruben-Ackers /einem manchen ist noch die Gnad begegnet / daß er bey einer einschichtigen Marter-Seulen ist eingescharrt worden / zuweilen fande einer seine Krufften in einem Holweeg / das also viel vnd aber viel die Wiennstatt verlassen vnd von derselben verlassen worden / weil ihnen das Gifft / die Pest / oder soll ich sagen / die Straff / die Hand Gottes eylfertigist nachgefolget.
Indem Fall aber seynd mehristen Theil allhier verharrt die Eheleuth / welche die treue Lieb vnd liebe Treu also gebunden / daß eins das ander [249] keines Wegs wollte verlassen / beforderist / weilen die Dienstbotten anfänglich mehristen Theil von dem Todt seynd hingerissen worden / dahero wäre mancher Mann gantz Hůlffloß verschmacht / so ihme nicht seine getreue Gemahlin wäre beygestanden; Und ist nicht nur einmahl geschehen / daß das krancke Weib auff allen Vieren hinzu gekrochen / vnd etwan ihrem Mann in höchstem Durst ein Wasser dargereicht; Bilde dir ein / was Elend es seyn muß / wann der Mann im Beth schon todter lieget / in dem andern ein Kind todt / in dem dritten die krancke Mutter / vnterdessen aber ist kein Dienstbott bey handen / sondern derselbe hat kurtz vorher die Kasten geraumbt / vnd in die Flucht gangen.
Gedencke was Trübsall dises seyn muß / wann das Weib schon in dem Lazareth die wehrende Chur auß stehet / vnd als sie vmb Nachricht ihres Manns fraget / fůhrte man gleich [250] denselben todter auff dem Wagen daher; Erwege was Noth es seyn muß / wann der Vatter mit Todt abgehet / vnd zu dessen Begräbnuß nicht ein einiger Mensch sich wil auch vmb das Gelt gebrauchen lassen / daß also die einige Tochter selbst muß das Grab machen / vnd den Vatter einscharren /welches zweyen / wie bekannt / auff der Reiß begegnet / als sie von dannen die Flucht genommen.
Franciscus Lucas schreibet / wie der gebenedeyte HErr vnd Heyland triumphirend nacher Jerusalem eingeritten / vnnd ihn das Hebreische Volck mit můglichem Pomp eingeholt / haben sich vor den Häusern die steinerne Bilder der heydnischen Kayser geneigt /mit h \chster Verwunderung: die göttliche Schrifft bezeuget / was gestalten der Felsen / auff den die Ruthen Moyses getroffen / habe Wasser von sich geben: Ich muß bekennen / dazumahlen stunde allhie zu Wienn [251] männiglich ein so grosses Elend vor Augen /daß sich auch ein Stein vnd ein Felsen hått m \gen erweichen / vnd erbarmen / vnd hat man augenscheinlich wargenommen / daß der Himmel selbst ein lange Zeit getrauret / vnnd mit vielfåltigen kleinen melancholischen W \lckl das Sonnen-Liecht verhüllt. In den Häusern hat man nichts anders gehört / als Weinen vnd Betten / absonderlich die liebe Eltern haben ihre Kinder in einen Heil. Crayß zusammen gestellt / welche sammentlich mit auffgehebten Händen GOTT vmb Hülff vnnd Barmhertzigkeit anrufften / es hat aber das vnerforschliche Urthel Gottes gleichwohl zum öfftern geschehen lassen / daß dise auch von dem gifftigen Pest-Pfeil getroffen worden / vnd also zu ihren Leibs Heyl das jnnbrünstige Gebett nichts gewůrcket.
[252]Omnis Militia eorum defluet. Isa. 34.
Du Martialisch Helden-Blut /
Niemand kan dich gnug preysen /
Aber trutze nicht / mein Pfeil ist gut /
Durchtringt ein Kleyd von Eysen /
Alexander Bellicos,
Und Meander generos,
Uberwunden seynd von mir /
Dann sterben müssen alle Leuth /
Im Freythoff sucht Quartier.