Um nun auch von der Mahlerei einiges Bedeutende zu melden, so verfehlen wir nicht zu eröffnen, daß, als auf höhere Veranlassung dem talentreichen Hauptmann Raabe nach Italien bis Neapel zu gehen Mittel gegönnt waren, wir ihm den Auftrag geben konnten, verschiedenes zu copiren, welches zur Geschichte des Colorits merkwürdig und für diesen wichtigen Kunsttheil selbst förderlich werden möchte. Was er während seiner Reise geleistet und in's Vaterland gesendet, sowie das nach Vollendung seiner Wanderschaft Mitgebrachte war gerade der lobenswürdige Beitrag den wir wünschten. Die Aldobrandinische Hochzeit in ihrem neusten Zustande, die unschätzbaren Tänzerinnen und Bacchischen Centauren, von deren Gestalt und Zusammensetzung man allenfalls im Norden durch Kupferstiche unterrichtet wird, sah man jetzt gefärbt, und konnte auch hier den großen antiken Geschmack-[201]sinn freudig bewundern. Solche Bemühung wollte freilich deutschen, von modernem Irrsal befangenen Kunstjüngern nicht einsichtig werden, weshalb man denn sowohl sich selbst als den verständigen Künstler zu beruhigen wußte.
... [206] ...
Ich wende mich zur Naturforschung, und da hab' ich vor allem zu sagen, daß Purkinje's Werk über das subjective Sehen mich besonders aufregte. Ich zog es aus und schrieb Noten dazu, und ließ, in Absicht Gebrauch davon in meinen Heften zu machen, die beigefügte Tafel copieren, welche mühsame und schwierige Arbeit der genaue Künstler gern unternahm, weil er in früherer Zeit durch ähnliche Erscheinungen geängstigt worden, und nun mit Vergnügen erfuhr, daß sie als naturgemäß keinen krankhaften Zustand andeuteten.
Da auf dem reinen Begriff vom Trüben die ganze Farbenlehre beruht, indem wir durch ihn zur Anschauung des Urphänomens gelangen, und durch eine vorsichtige Entwicklung desselben uns über die ganze sichtbare Welt aufgeklärt finden, so war es wohl der Mühe werth sich umzusehen, wie die verschiedenen Völker sich hierüber ausgedrückt, von wo sie ausgegangen und wie sie, roher oder zarter, in der Beziehung sich näherer oder entfernterer Analogien bedient. Man suchte gewisse Wiener Trinkgläser habhaft[207]zu werden, auf welchen eine trübe Glasur das Phänomen schöner als irgendwo darstellte.
Verschiedenes Chromatische wurde zum vierten Hefte aus früheren Papieren hervorgesucht; Bernardinus Telesius sowohl überhaupt als besonders der Farbe wegen studirt. Seebecks Vorlesung über die Wärme im prismatischen Sonnenbilde war höchst willkommen, und die früheren eigenen Vorstellungen über diese merkwürdigen Erscheinungen erwachten wieder.
Hofmechanikus Körner beschäftigte sich Flintglas zu fertigen, stellte in seiner Werkstatt nach französischen Vorschriften ein Instrument auf, zu den sogenannten Polarisationsversuchen; das Resultat derselben war, wie man sich schon lange belehrt hatte, kümmerlich, und merkwürdig genug daß zu gleicher Zeit eine Fehde zwischen Biot und Arago laut zu werden anfing, woraus für den Wissenden die Nichtigkeit dieser ganzen Lehre noch mehr an den Tag kam.
Herr von Henning von Berlin besuchte mich, er war in die Farbenlehre, dem zufolge was ich mit ihm sprach, vollkommen eingeweiht, und zeigte Mut öffentlich derselben sich anzunehmen. Ich theilte ihm die Tabelle mit, woraus hervorgehen sollte, was für Phänomene und in welcher Ordnung man bei einem chromatischen Vortrag zu schauen und zu beachten habe.