✍ (Ew.)Euer Excellenz habe ich es gewagt in meiner Einga-
be1 vom 3ten Aprill (v.J.)vorigen Jahres das ehrerbietigste Gesuch
um definitive Anstellung im philosophischen Lehrfach und
nahmentlich um Beförderung zu einer außerordentli-
chen Professur an der hiesigen Universität vorzutragen.
Aus den unter dem 22sten Aprill, 15ten July und 22sten
September (v.J.)vorigen Jahres an mich ergangenen hohen Ver-
fügungen2, habe ich zu entnehmen gehabt, daß
(Ew.)Eure Excellenz den Beschluß auf jenes Gesuch
vorerst noch auszusetzen sich veranlaßt gese-
hen haben, wobey mir jedoch die Beruhigung zu
Theil geworden ist, daß (Ew.)Eure Excellenz nicht nur
die einstweilige Fortsetzung meiner Function als
Repetent des Herrn Professor Hegel anzuord-
nen, sondern auch außerdem Ihre ausdrück-
liche Billigung meiner bisherigen Bethätigungen,
sowohl in dem vorgedachten, als auch in meinem
anderweiten Beruf, als Privatdocent, gegen
mich auszusprechen geruht haben. - So schmerz-
lich es mich daher auch zunächst berührt hat,
die nahe geglaubte Erfüllung des, nach Besei-
tigung mannigfaltiger Hindernisse, endlich durch
ein Zusammentreffen günstiger Umstände in
mir begründeten Hoffnung auf definitive Fest-
stellung meiner Verhältnisse als academischer
Lehrer, auf's Neue in's Unbestimmte hinaus ver-
wichen zu sehen, so habe ich doch, in dem wohl-
begründeten Vertrauen, daß (Ew.)Eure Excellenz mir
auch ferner, bey meinen wissenschaftlichen Be-
strebungen, den mir bisher huldreichst gewährten
hohen Beystand nicht versagen1 würden, durch jenes Fehl-
schlagen auch nicht abhalten lassen, mit hei-
terem und zuversichtlichem Muthe meine Wege
[75v]zu verfolgen, und somit, auch dieses letzte Jahr hind{urch}
alle meine Kräfte aufgeboten mich für den vo{n}
mir erwählten Beruf immer mehr auszubil{den}
und auf solche Weise meine Ansprüche auf {Ge-}
währung der für mich erbetenen Gunst nähe{r}
zu begründen. Ob ich nun schon, unter solchen
Umständen, mich dessen gern bescheide, daß
es lediglich (Ew.)Euer Excellenz erleuchtetem Ermesse{n}
anheim gestellt bleiben muß, zu bestimmen wan{n}
der rechte Zeitpunkt eingetreten seyn wird {um}
über die Fixirung meiner Verhältnisse einen de{fi-}
nitiven Beschluß zu fassen, so habe ich doch gern {ge-}
glaubt aus dem Umstande, daß in der unter dem
22sten September (v. J.)vorigen Jahres an mich erlassenen ho-
hen Verfügung3 die Fortsetzung meiner bisher{i-}
gen Function ale Repetent des Herrn Pro{-}
fessor Hegel, auf das jetzt zu Ende gehende
Semester beschränkt ist, um so mehr die Ver{-}
anlassung entnehmen zu dürfen, mich gegen-
wärtig (Ew.)Euer Excellenz aufs Neue mit der im vo{-}
rigen Jahre um diese Zeit ausgesprochenen
Bitte4 zu nahen, als sowohl Höchstdieselben als au{ch}
des Hochseelichten Herrn Staatskanzlers Durch-
laucht, bereits in den im Jahre 1820, bey me{i-}
nem ersten Eintritt in die academische Lauf-
bahn, an mich erlassenen hohen Verfügungen5
sich geneigt erklärt haben mir zu seiner
Zeit auch ein bleibendes Verhältnis in dem
von mir erwählten Beruf anzuweisen. In
so fern übrigens in den vorgedachten ho-
hen Verfügungen, die Erfüllung dieser auf-
munternden Zusage ausdrücklich davon daß
ich dem durch meine erste Bestellung als Re{-}
petent mir bewiesenen Vertrauen und den
rücksichtlich meiner Leistungen in diesem Wirkungs{-}
kreis von mir gehegten Erwartungen
entsprechen würde, abhängig gemacht worden
ist, und ich es dahin gestellt lassen muß
in wie ferne es meinem redlichen Bestre-
ben gelungen ist, jene Bedingung zu er-
[76r]füllen, so erlaube ich mir hier nur die Bemerkung,
daß nachdem ich dazu gelangt bin mir auf
wissenschaftlichem Wege die zu einer heilsamen
Wirksamkeit als öffentlicher Lehrer erförder-
liche innre Sicherheit und Festigkeit zu errin-
gen, von außen her nichts so geeignet seyn
würde auf meine ferneren Beschäftigungen ei-
nen vielfältigen und fürderlichen Einfluß aus-
zuüben, als dieß, wenn es mir, nach-
dem ich nunmehr schon seit acht Jahren dem
Dienst des preussischen Staates, auf verschie-
dene Weise, aber mit immer gleicher Gesinnung
der Treue und Ergebenheit, alle meine Kräfte
gewidmet habe, nunmehr endlich gelingen
sollte, durch die Überweisung eines bleibenden
Wirkungskreises, dafür daß ich nach dem Rech-
ten und Wahrhaften gestrebt, auch die erfor-derlichen2 erwünschte objective Gewähr zu
erhalten. - Was demnächst die von meiner Seite
erforderlichen Leistungen zu Begründung meines
hiermit wiederhohlten ehrerbietigsten Gesuchs an-
belangt, so glaube ich, nächst dem was in dieser
Hinsicht bereits in meinen früheren Eingaben6
von mir angeführt worden ist, gegenwärtig noch
erwähnen zu dürfen, daß ich, außer den von mir gehaltenen Repetitionen und Conversato-
rien über die Vorlesungen des Herrn Profes-
sor Hegel, auch während des jetzt zu Ende ge-
henden Semesters zwey eigne philosophische
Vorlesungen vor einer verhältnißmäßig be-
deutenden Anzahl von Zuhörern, welche fast
ohne Ausnahme mit beharrlicher Aufmerksamkeit
bis zum Schluß sich eingefunden haben, zu Stan-
de gebracht, außerdem aber auch Alles was
mir bey dem zu Erfüllung eines zweifachen
academischen Berufs erforderlichen Beschäftigun-
gen und Studium, von freyer Muße übrig
geblieben ist, auf eine bereits im vorigen
Sommer begonnene literarische Arbeit ver-
[76v]wendet habe, um auch von dieser Seite Zeugniß da-
für abzulegen daß es mir ernstlich um die För-
derung des philosophischen Studiums zu thun ist.
Ich habe nämlich auf Veranlassung des bey
meiner Wirksamkeit als Docent und als Repe-
tent gemachten Erfahrungen über den in-
tellectuellen Zustand und das Bedürfniß der
Mehrzahl der Studierenden, mir Reihen von Vor-
lesungen über die Propädeutik der speculativen
Philosophie ausgearbeitet, welche ich, da der Druck
derselben7 bereits begonnen hat, (Ew.)Euer Excellenz bin-
nen kurzer Zeit vorlegen zu können die Aus-
sicht habe.
Indem ich nunmehr auch jetzt dem Beschluß den
(Ew.)Eure Excellenz über meine Zukunft zu fassen ge-
ruhen werden, mit dem ruhigen Vertrauen
entgegen sehe, daß es - meinen individuellen
Wünschen und Bedürfnissen entsprechend, oder nicht
entsprechend - auf jeden Fall so ausfallen wird, wie
es dem Interesse der Wissenschaft und des Staats,
und somit auch meinem eignen wesentlichen Interes-
se, gemäß ist, so erlaube ich mir nur noch
schließlich zu erwähnen, daß ich es auch gegen-
wärtig noch in jeder Hinsicht als ein großes
Glück betrachten würde, vorzugsweise an der
hiesigen Universität, wo sich im Laufe meiner bis-
herigen Wirksamkeit, zu meinen Gunsten, eine
für einen academischen Docenten immer besonders
wünschenswerthe Tradition von Neigung und Ver-
trauen gebildet hat, meinen Wirkungskreis3 angewiesen zu erhalten und
damit die Bitte zu verbinden mir, wenn die defi-
nitive Feststellung meiner künftigen Verhältnisse viel-
leicht noch einigen Anstand erleiden sollten, die mir
bisher vergönnte Unterstützung hochgeneigtest auch
ferner anweisen lassen zu wollen, da ich mich,
nachdem meine eigenen Mittel erschöpft sind, außer-
dem dem Mangel blos gegeben sehen würde.