1816, 28. September.


Mit Friedrich Wilken

Am 28. September kamen sie in Weimar an. Von dort schreibt Wilken dann selbst am 29. an seine Frau: »Mein [82] alter Reisegefährte [Zelter] hat mir die Reise gar angenehm gemacht; ich weiß nicht, wie die sechs Tage, die wir bis hierher gebraucht haben, verflossen sind: seine Heiterkeit und gute Laune ist unverwüstlich. Goethe hat mich sehr freundlich aufgenommen; wir kamen gestern früh kurz vor zwölf Uhr hier an und aßen gleich den Mittag oben bei ihm. Er wurde selbst sehr bald vertraulich und den Abend, den ich mit ihm in der Komödie war, bin ich fast nicht aus dem Lachen gekommen über die Schwänke und Possen, die er vorbrachte. Leider hatte aber Goethe mir gleich eine gar traurige Nachricht für meinen guten alten Zelter mitzutheilen und ging mit mir zu Rath über die beste Weise, sie ihm beizubringen. Man hatte Goethe um diesen traurigen Dienst gebeten. Seine jüngste Tochter nämlich, ein Mädchen von siebzehn Jahren, sein Liebling ist vor wenigen Tagen gestorben; er hat nicht die leiseste Ahnung nur davon, daß sie krank war. Er erzählte mir auf der Reise gar viel von dieser Tochter und von seiner Sehnsucht, sie Wiederzusehen ..... Goethe hat ihn fast mit Gewalt gezwungen, heute zu ihm zu ziehen, er will ihm dann die Trauerbotschaft auf die beste Weise beibringen und ihn so lange bei sich behalten, als es nur irgend möglich ist. Wahrscheinlich werde ich also ohne ihn nach Berlin gehen.«

Den Seinigen hat Wilken später dann erzählt, daß Goethe's warme herzliche Theilnahme für den unglücklichen Vater wahrhaft ergreifend gewesen sei. Einige [83] Stunden war Wilken auch mit Goethe allein, und während derselben ward viel über orientalische Literatur gesprochen; für diese interessirte sich Goethe damals umsomehr, als er von 1814-1818 seinen »Westöstlichen Diwan« dichtete. Am Abend habe Goethe, so erzählte Wilke weiter, in der Loge des Theaters, in dem Körner's Trauerspiel »Rosamunde« gegeben wurde, geistigen Getränken sehr lebhaft zugesprochen und sei sehr ausgelassen in seinen Reden geworden.

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