1802, Ende September.


Über Johann Gottfried Schadow

Unser [Schadow's und Franz Catel's] dritter Besuch war bei Herrn v. Goethe, wo uns Meyer gemeldet hatte. Der Bediente fragte, ob G. Schadow dabei sei; er öffnete den Saal und Meyer erschien. Man besah eine Copie Titian's von Bury, illuminirte Blätter aus der Farnesina und eine Büste der Unzelmann. Herr v. Goethe trat auf, schnellen Schrittes. »Sie wollen mir das Vergnügen Ihres Besuches geben,« sagte er und befahl, uns Stühle zu geben. Seine erste Frage war nach Zelter's Befinden, von dem ich ihm einen Brief gab, wobei das Gespräch blieb und er wenig sagte. Ich wollte auf was anderes kommen und benahm mich ungeschickt, indem ich fragte, ob er verstatten würde, mit dem Zirkel die Maße nehmend, seinen Kopf zu zeichnen? Dies sei bedenklich, sagte er; denn die Herren Berliner wären Leute, die daraus manches deuten möchten; in Weimar wäre einer gewesen, der [238] Gall's Lehren anhinge, nämlich der Dr. Froriep, der gerade verreist sei. Zugleich erschien sein Bedienter, der ihn abrief. Da er lange ausblieb, führte uns Meyer in ein anderes Zimmer, zeigte uns die von ihm gemalten Superporten und einen Medusenkopf im Fußboden. Als Herr v. Goethe wiederkam, entschuldigte er sich mit den Geschäften. Wir waren aufgestanden, das Gespräch war stehend; wir mußten zum Mittagstisch nach Jena bei Herrn von Kotzebue und empfahlen uns sogleich.

Herr v. Goethe hatte Grund, mir nicht freundlich zu sein. In den »Propyläen« hatte er das Kunsttreiben Berlins als prosaisch geschildert; in einer andern Zeitschrift [»Eunomia«] hatte ich hierüber eine andere Ansicht gegeben, und war er damals dergleichen Dreistigkeiten nicht gewohnt.

Beim Abschiede sagte er: »Sie werden doch noch einige Zeit hier bleiben.« Die Brüder [Franz und Louis] Catel meinten, ich sei mit meinem Antrage die Quere gekommen.

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Böttiger sagte, Herrn v. Goethe behage mein Herkommen nicht, sei es nun wegen meiner Bemerkungen über die »Propyläen«, oder weil seine Ausstellung armselig ausgefallen war. Die Aufforderung, Kunstwerke einzusenden, war von ihm ausgegangen, die Kunstfreunde in Weimar hatten geringe Geltung, und so kam die Mißernte.

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