1789, 23. April.


Mit Caroline Herder

Wie ich nach Hause kam, fand ich Goethe bei dem Kinderfest [zum Geburtstage von Luise Herder]. Wir sprachen bald von Göttingen, wie wir denn schon einigemal davon gesprochen haben. Daß Du den vortheilhaften Antrag beherzigtest und beherzigen müßtest, sagte ich ihm; er fand es ganz recht, sowie er gleich von Anfang an den Antrag als ein gutes Evenement, wir möchten nun bleiben oder gehn, ansah. Er will Dir selbst schreiben den nächsten Posttag; heute kann er nicht. Er dringt aber darauf, daß wir ihn allein von der ökonomischen Seite betrachten und gebrauchen müssen. In der Verhandlung mit den Hannoveranern müssen wir mit Recht das hochanschlagen, was wir Gutes hier haben – kurz: in eine Wagschale das Vortheilhafte von Göttingen, und in die andre das Gute von hier legen. Dieses war, nachdem ich mich von der ersten Gemüthsbewegung des Antrags erholt hatte, mein eigner erster Gedanke gewesen, der mir nicht von ihm eingehaucht worden ist; ich schwieg Dir aber davon, weil ich Dein Gefühl rein darüber erst hören wollte. »Glaubt nicht,« – sagte er gestern – »daß er dort frei von Verdruß und Ärger sein wird; er wird überall die Neider und Heuchler und wie sie heißen, finden; [118] sein Gemüth bringt er ja überall mit. Also von dieser Seite, ist's dort nicht um ein Haar besser, als überall. Kurz: laßt nur das Gemüth aus dem Spiel und bleibt bei dem äußerlichen Vortheil stehn. Der Herzog kann und darf ihn nicht gehen lassen; er ruinirt sich Jena und Weimar zugleich. Auch nicht einmal nach Jena wünsch' ich Herdern; ich hab' ihn viel zu lieb; er ist zu gut zum Professor; er kennt ihre kleinlichen Leidenschaften noch nicht. Es ist gut, daß der Antrag gekommen ist; jetzt kann ihm durch das Muß und mit Ehren ein gutes und sichres Etablissement für ihn und die Seinigen gemacht werden, und die ganze Stadt wird damit zufrieden sein und es wünschen.«

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