1827, 15. Mai.


Mit Karl von Holtei

Irgend ein unangenehmer Zufall, eine kleine Familienscene, machte ihn verdrüßlich, und er sprach diesen Verdruß zum höchsten Erstaunen des Hofes und der ganzen Stadt dadurch aus, daß er urplötzlich vom raschesten Entschlusse getrieben seine Wohnung mied und das kleine Gartenhaus am Park bezog. Mit diesem, seinen Verehrern völlig unerklärlichen Wechsel des gewohnten Aufenthaltes war denn auch der Wille, allein und ungestört zu bleiben, ausgesprochen, und ich würde Weimar verlassen haben, ohne ihn noch einmal zu sehen, wenn nicht Eckermann in seiner unerschöpflichen Gutmüthigkeit mir ein Abschiedsstündchen vermittelt hätte. Hab' ich mir's nur eingebildet, oder hatte der unerforschliche Greis im ländlichen Häuschen andere Formen angenommen, – mir erschien er, als ich mich dort einfand, zugänglicher, wie in den städtischen Räumen, milder, mittheilender. Als ich ihm das Erstaunen schilderte, in welches diese seine Übersiedelung Weimar versetzt habe, sagte er mit einem fast wehmüthigen Ausdrucke: »Wir haben hier in diesem Gartenhäuschen tüchtige Jahre verlebt, und weil es denn mit uns sich auch dem Abschlusse nähert, so mag sich die Schlange in den Schwanz beißen, damit es ende, wo es begonnen.«

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