1779, 14. September.
In der Gallerie zu Kassel
Goethe hat anjetzo das Portrait des Prinzen Constantin von Weimar; wenn er aber nicht weiß, auf was Art, und in wie kurzer Zeit es gemacht ist, so wird er keine gute Meinung von mir [Wilhelm Tischbein] haben. Ich habe es an Einem Tag gemacht .... Es war den Tag kaltes Regenwetter und der Himmel ganz grau; an so einem Tag ist es schlimm: man ist nicht sicher, ob man etwas von der Farbe ab- oder zugeben soll. [51] Auch ist es schlimm, weil jeder Strich unveränderlich stehen bleiben muß: man versieht sich leicht; so lange das Tuch noch platt ist, ohne Vertiefungen, so scheint einem alles kleiner, und wenn es gemalt und mit Vertiefungen und Erhöhungen gemacht ist, so siehet man erst, daß einige Theile zu kurz oder zu lang sind, und man kann es nicht ändern, weil die Farben sonst schmutzig werden. Man hat auch keine Zeit, wenn man nicht mehr als Einen Tag arbeiten kann. Die Farben mit Einem Strich hinsetzen, ist die rechte Art; denn wenn man sie lange mit dem Pinsel hin und her treibt, so werden sie schmutzig und matt. Das ist auch Goethes Meinung; so ist mir erzählt, daß er es gesagt, als er die Kasselische Gallerie besah.
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