1823, 12. Juli.
Mit Joseph Sebastian Grüner
und Jerome König von Westfalen
Ich fand Goethe äußerst aufgeheitert, sehr gut und lebhaft aussehend, und erlaubte mir daher die Bemerkung, daß die Kur in Marienbad ihm vortrefflich anschlage.
Goethe erwiederte: »Der Kur wegen reise ich nicht in die Badeörter, ich lebe hier sehr angenehm, die reine Lust und der Umgang mit liebenswürdigen Personen erheitern meine Tage. Unter andern sollen Sie auch die liebenswürdige polnische Gräfin Ludovica 1, eine Virtuosin auf dem Fortepiano, hier kennen lernen. Nun, Freund, was haben Sie Gutes, Neues mitgebracht?«
Ich las nun die diktirte Relation über meine mineralogische Excursion, mehrere Bogen stark, vor, und war kaum noch zu Ende, als der Bediente den ehemaligen König von Westfalen meldete, und dieser sogleich trippelnd eintrat. Ich entfernte mich sofort in das Nebenzimmer, hörte ihn aber noch sagen: »Je suis bien faché,« worüber? konnte ich nicht mehr vernehmen, vielleicht schloß ich aus seiner Miene richtig: Deßhalb, weil Goethe sich zurückgezogen und ihn nicht besucht habe. Goethe war im gewohnten Schlafrocke, hatte nicht Zeit sich in ein anderes Gewand zu werfen, [244] und schien etwas überrascht zu sein, verlor aber, soviel ich noch im Weggehen bemerken konnte, nicht im Geringsten seine Haltung.
Ich ließ in Goethes Wohnung mein Manuscript zurück.
1 Gemeint ist Marie Szymanowska.