1825, September.


Mit Justus Amadeus Lecerf

Carus .... legte einen Brief des Componisten Lecerf [seinem Briefe] bei, worin dieser mit Bezug auf das Singspiel »Jery und Bätely« schrieb: ›Die besondere Vorliebe, welche ich für dieses unvergleichliche Gedicht hege, und die aufmerksame Betrachtung, die ich demselben gewidmet, hat mich darin etwas vermissen lassen, was mir zu völliger Befriedigung des Gemüthes am Schlusse wesentlich scheint. Vielleicht ist es nur ein eigenthümliches Gefühl, aber es war mir immer, als möchte das Werk noch aus genügendere Weise schließen, wenn wir zuletzt uns davon sichtlich überzeugt fänden: die endliche Nachgiebigkeit Bätely's habe ihr auch die übrigen Bewohner des Dorfes versöhnt. Denn diese bilden von dem Augenblicke an, wo wir durch den Vater nach dem vergeblichen Hülferuf erfahren, wie sehr sie um des Unheils willen, das ihre Sprödigkeit angerichtet, gegen Bätely aufgebracht und erbittert sind, einen stillen Hintergrund des Gemäldes, und wir können uns wol kaum des Wunsches erwehren, dieser Hintergrund möge zuletzt durch die doch noch zu Hülfe eilenden Sennen fühlbar, und die Liebenswürdigkeit des Mädchens von allen erkannt worden sein. Wie frisch und kräftig könnte dann nicht ein einstimmender [137] Chor der Landleute das Ganze beschließen! Sie zu diesem Ende zu Dichtung eines andern Schlusses zu vermögen, der Ihrer Meisterhand nur Einen Zug kosten würde, ist meine sehr kühne, aber herzlich gutgemeinte Bitte.‹

Goethe erhielt den Brief.. am 21. Januar, und schon am nächsten Tag sandte er an Carus den Chor zu »Jery und Bätely«, der seit der letzthändigen Ausgabe der Werke den Schluß bildet. Der Chor trägt wie der Brief selbst die Unterschrift des 22. Januar 1825. – Als Lecerf im September 1825 aus der Reise nach Aachen, wo ihm die Stelle des städtischen Musikdirectors übertragen war, Goethe besuchte und für die Willfahrung hinsichtlich dieser Chordichtung seinen Dank ausdrückte, erwiederte jener: »Ich konnte Ihren Wunsch leicht erfüllen: er war ganz vernünftig.«

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