1807, 3. Februar.


Mit Friedrich Wilhelm Riemer

Die Reflexion führt darum so leicht auf's Unrichtige, auf's Falsche, weil sie eine einzelne Erscheinung,[159] eine Einzelheit, ein Jedesmaliges zur Idee erheben möchte, aus der sie Alles ableite; mit einem Worte, weil es eine partielle Hypothese ist. Z. E. wenn man sagt: »Jeder handle aus Eigennutz.« – »Die Liebe sei nur Selbstsucht.« – Als wenn die Natur nicht so eingerichtet wäre, daß die Zwecke des Einzelnen dem Ganzen nicht widersprechen, ja sogar zu seiner Erhaltung dienen; als wenn ohne Motive etwas geschehen könnte, und als wenn diese Motive außerhalb des handelnden Wesens liegen könnten und nicht vielmehr im Innersten desselben; ja, als wenn ich die Wohlfahrt des Andern befördern könnte, ohne daß sie auf mich inundirte, keineswegs mit meinem Verlust, mit meiner Aufopferung, welche nicht immer dazu erfordert wird, und welches nur in gewissen Fällen geschehen kann.

Wäre es wahr, daß Jeder nur aus und zu seinem Vortheil handle, so würde einmal folgen, daß, wenn ich zu meinem Abbruch, Nachtheil, Detriment handelte, ich erst die Wohlfahrt des Andern beförderte, welches absurd ist. Ferner, daß, wenn ich dem Andern Schaden thäte, wenn ich in Zorn gegen ihn aufwallte und ihn schlüge oder dergl., daß ich alsdann zu meinem Vortheil, für mein Interesse handelte, welches ebenso absurd ist. Man unterscheidet hier nicht die Aufwallung, die Regung der Natur, die in jedem Einzelnen den Mittelpunkt vom Ganzen ausschlagen will.

»Außerordentliche Menschen, wie Napoleon, treten [160] aus der Moralität heraus. Sie wirken zuletzt wie physische Ursachen, wie Feuer und Wasser.«

»Ja schon Jeder, der aus der Subordination heraustritt – denn die ist das Moralische – ist insofern unmoralisch.«

»Wer von seinem Verstande zum Schaden Anderer Gebrauch macht, oder diese auch nur dadurch einschränkt, ist insofern unmoralisch.«

»Jede Tugend übt Gewalt aus, wie auch jede Idee, die in die Welt tritt, anfangs tyrannisch wirkt.«

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