1794, Anfang November.


Mit Friedrich Hölderlin u.a.

Auch bei Schiller war ich schon, das erste Mal eben nicht mit Glück. Ich trat hinein, wurde freundlich begrüßt und bemerkte kaum im Hintergrunde einen Fremden, bei dem keine Miene, auch nachher lange kein Laut etwas besonderes ahnen ließ. Schiller nannte mich ihm, nannt' ihn auch mir, aber ich verstand seinen Namen nicht. Kalt, fast ohne einen Blick auf ihn, begrüßt ich ihn und war einzig im Innern und Äußern mit Schillern beschäftigt. Der Fremde sprach lange kein Wort. Schiller brachte die ›Thalia‹, wo ein Fragment von meinem ›Hyperion‹ und mein Gedicht ›An das Schicksal‹ gedruckt ist, und gab es mir. Da Schiller sich einen Augenblick darauf entfernte, nahm der Fremde das Journal vom Tische, wo ich stand, blätterte neben mir in dem Fragmente und sprach kein Wort. Ich [100] fühlt' es, daß ich über und über roth wurde; hätt' ich gewußt, was ich jetzt weiß, ich wäre leichenblaß geworden. Er wandte sich darauf zu mir, erkundigte [sich] nach der Frau v. Kalb, nach der Gegend und den Nachbarn unseres Dorfs, und ich beantwortete das alles so einsilbig, als ich vielleicht selten gewohnt bin. Aber ich hatte einmal meine Unglücksstunde! Schiller kam wieder, wir sprachen über das Theater in Weimar; der Fremde ließ ein paar Worte fallen, die gewichtig genug waren, um mich etwas ahnden zu lassen – aber ich ahndete nichts. Der Maler [Heinrich] Meyer aus Weimar kam auch noch; der Fremde unterhielt [sich] über manches mit ihm, aber ich ahndete nichts! Ich ging und erfuhr an demselben Tage,... daß Goethe diesen Mittag bei Schiller gewesen sei.

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