1790, zwischen 25. September und 1. October.


Mit Gottfried Körner

Goethe ist acht Tage hier [in Dresden] gewesen, und ich habe viel mit ihm gelebt; es gelang mir, ihm bald näher [20] zu kommen, und er war mittheilender, als ich erwartet hatte. Wo wir die meisten Berührungspunkte fanden, wirst Du [Schiller] schwerlich errathen. Wo sonst, als im Kant! In der Kritik der teleologischen Urtheilskraft hat er Nahrung für seine Philosophie gefunden. Doch haben wir nicht bloß philosophirt, wenigstens nicht bloß über Natur. Seine Begriffe von Stil und Classicität in der Kunst waren mir sehr interessant, und ich suche sie mit meiner Theorie der Ideale zu vereinigen. Hier waren wir auf ganz verschiedenen Wegen, aber in seinem Gesichtspunkte ist viel Fruchtbares, das ich bis jetzt übersehen hatte. Auch verdanke ich ihm manche treffliche Winke im Genuß der bildenden Künste. Von seinen Elegien hat er uns einige vorgesagt.

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