1831, 2. Mai.


Mit Johann Peter Eckermann

Goethe erfreute mich mit der Nachricht, daß es ihm in diesen Tagen gelungen, den bisher fehlenden Anfang des fünften Actes von ›Faust‹ so gut wie fertig zu machen.

»Die Intention auch dieser Scenen,« sagte er, »ist über dreißig Jahre alt; sie war von solcher Bedeutung, daß ich daran das Interesse nicht verloren, allein so schwer auszuführen, daß ich mich davor fürchtete. Ich bin nun durch manche Künste wieder in Zug gekommen, und wenn das Glück gut ist, so schreibe ich jetzt den vierten Act hintereinander weg.«

[82] Goethe erwähnte darauf eines bekannten Schriftstellers. »Es ist ein Talent,« sagte er, »dem der Parteihaß als Alliance dient und das ohne ihn keine Wirkung gethan haben würde. Man findet häufige Proben in der Literatur, wo der Haß das Genie ersetzt, und wo geringe Talente bedeutend erscheinen, indem sie als Organ einer Partei auftreten. So auch findet man im Leben eine Masse von Personen, die nicht Charakter genug haben, um allein zu stehen; diese werfen sich gleichfalls an eine Partei, wodurch sie sich gestärkt fühlen und nun eine Figur machen.

Béranger dagegen ist ein Talent, das sich selber genug ist. Er hat daher auch nie einer Partei gedient. Er empfindet zu viele Satisfaction in seinem Innern, als daß ihm die Welt etwas geben oder nehmen könnte.«

[83]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek