1830, 19. April


Mit Friedrich Soret

Goethe erzählte mir von dem Besuche zweier Russen, die heute bei ihm gewesen. »Es waren im ganzen recht hübsche Leute,« sagte er; »aber der eine zeigte sich mir nicht eben liebenswürdig, indem er während der ganzen Visite kein einziges Wort hervorbrachte. Er kam mit einer stummen Verbeugung herein, öffnete während seiner Anwesenheit nicht die Lippen, und nahm nach einem halben Stündchen mit einer stummen Verbeugung wieder Abschied. Er schien bloß gekommen zu sein, mich anzusehen und zu beobachten. Er ließ, während ich ihnen gegenübersaß, seine Blicke nicht von mir. Das ennuyirte mich, weshalb ich denn anfing das tollste Zeug hin- und herzuschwatzen, so wie es mir gerade in den Kopf fuhr. Ich glaube, ich hatte die Vereinigten Staaten von Nordamerika mir zum Thema genommen, das ich auf die leichtsinnigste Weise behandelte und davon sagte was ich wußte und was ich nicht wußte, immer gerade in den Tag hinein. Das schien aber meinen beiden Fremden eben recht zu sein, denn sie verließen mich dem Anscheine nach durchaus nicht unzufrieden.«

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