1829, 14. December.


Mit Heinrich Meyer

Gestern bin ich bald nach Empfang des an mich Gesendeten zu Herrn Staatsminister v. Goethe gegangen, habe ihm Ihren [der Frau v. Wolzogen] Brief übergeben, sowie auch das Billet der verwittweten Frau Großherzogin an Sie und das Manuscript. Er hat in meiner Gegenwart alles gelesen und sich mit mir weitläufig über die ganze Angelegenheit unterhalten. Das Resultat des Gesprächs war ungefähr folgendes: Es ergebe sich aus dem Brief des Großherzogs an Sie [aus Mai 1801] offenbar, daß derselbe aus Gründen, welche in dem Brief nicht enthalten sind, die Aufführung der ›Jungfrau von Orleans‹ auf der hiesigen Bühne vermeiden wollte, daß er dieses recht gefällig einkleidete und überhaupt seine aufrichtige Achtung und gütige Gesinnung gegen Schiller geäußert, aber doch immer den Wunsch gegen die Aufführung des Stücks vorwalten lasse. Aus dem Billet der Frau Großherzogin-Wittwe ersehe man ebenfalls, daß es ihr nicht angenehm sein würde, den Brief ihres hochseligen Gemahls durch den Druck dem Publicum bekannt werden zu lassen, und so trage er, Herr v. Goethe, Bedenken, Ihnen den Druck des Briefes anzurathen, vielmehr sei er nach Überlegung der gesammten Umstände geneigt zu glauben, daß es besser sei, solchen [164] wegzulassen. In der Correspondenz zwischen ihm und Schiller hätten sich auch manche Stellen befunden, welche von Ähnlichem gehandelt hätten, und er habe solche im Druck auszulassen für gut befunden .....

Noch muß ich bemerken, daß Goethe meint: Sie müßten freilich in der Druckschrift angeben, warum ›Die Jungfrau von Orleans‹ zuerst in Leipzig und nicht in Weimar aufgeführt worden, allein man könnte sich in der Anzeige dieses Umstandes kurz fassen und allenfalls nur sagen, daß Theaterverhältnisse daran schuldgewesen seien.

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