10/2991.

An Christiane Vulpius

d. 22. Juni 93 bey Marienborn.

Deinen Brief vom 14ten erhalte ich eben. Es ist recht gut daß man sich doch ein Wort sagen kann, wenn es gleich fatal genug ist daß die Tage und Nächte vergehen ohne daß man beysammen ist. Deine Briefe hab ich alle erhalten und mich ihrer gefreut, ich habe dir auch oft geschrieben und du wirst meine Briefe nach und nach empfangen. Ich hoffe dich bald wieder zu sehen, richte mir daß Hauswesen nur recht gut ein und putze mir recht auf, daß ich mich freue wenn [80] ich zurück komme, und das untröstliche vergesse das ich hier täglich und stündlich sehen muß.

Ich bin ruhig und sicher, glaube den Leuten nicht die alles vergrößern, vorzüglich üble Nachrichten, ich werde mich nicht muthwillig in Gefahr begeben, es lobt einen niemand darum und man hat nur den Schaden.

Sage deinem Bruder er möge mir nur manchmal von unserm Theaterwesen ein Wort melden.

Küsse den Kleinen und erzähle ihm vom Vater daß er ihn lieb behält.

Behalte mich auch lieb. Denn das ist das Beste für dich und für mich. Das Gute in der Welt ist viel schmäler gesät als man denckt, was man hat muß man halten.

Lebe wohl liebes Kind. Die Zeit wird mir lang biß ich zu dir komme.

G.

Wir haben seit 10 Tagen sehr bös Wetter, kalt und regnicht, daß es höchst unangenehm zu leben ist.

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