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An Christiane von Goethe

Pösneck den 16. May 1810.

Nachdem mit vieler Mühe alles noch eingepackt und geordnet war, fuhren wir um 8 Uhr von Jena aus und kamen bey dem schönsten Wetter und den besten Wegen hier um 3 Uhr an und wurden sogleich mit den trefflichsten Schmerlen bewirthet welche wir gern getheilt hätten, wenn die Abwesenden uns näher gewesen wären. Weiter wäre für dießmal nichts zu sagen. Morgen geht es sehr frühe fort. Wohin wir gelangen soll Abends gemeldet werden.


Hof den 17.

Heute haben wir schon etwas mehr zu erzählen. Wir sind nach Jenaischer Uhr um 4 Uhr von Pösneck[303] weggefahren, bey bedecktem Himmel und sehr angenehmen Wetter. Gleich hinter der Stadt geht es bergauf und das dauert ein paar Stunden, da es denn ein wenig langsam vorwärtsrückt. Auf der Höhe fuhren wir desto geschwinder: denn die Wege waren durchaus trefflich, weil es hier in langer Zeit keinen anhaltenden Regen gegeben hat. Wir hielten in einem Fichtenwäldchen stille, aßen die letzten Cotteletten von Jena und tranken noch von unserm gewohnten rothen Wein; indessen sangen die Haidelerchen und wir fuhren vergnügt weiter. In Schleiz frühstücken wir und fuhren gegen Mittag weg, fast auf beständig guten Wegen und unter wenigem Sprühregen, kamen wir um 1/2 7 glücklich nach Hof, wo wir denn ausruhen und morgen weiterfahren.


Franzenbrunn den 18. May.

Heute früh fuhren wir etwas später von Hof aus, hatten ganz herrliches Wetter und einen Weg so gut er nur seyn konnte, und so fuhren wir geschwind dahin und waren sehr vergnügt. An dem großen Quarzfelsen, von welchem August mehr zu sagen wissen wird, verzehrten wir die letzte Jenaische Taube, und tranken von dem Franzwein. Dann sahen wir bald das schöne Thal des Egerkreises vor uns liegen, und darin die hellen Häuser Franzenbrunns in der Entfernung von 2 Stunden. Sobald wir angekommen waren gingen wir zum Brunnen und tranken daselbst [304] vortreffliches Wasser welches wir gern euch zugetrunken hätten. Ich mußte mir recht Gewalt anthun, um nicht zu viel zu trinken.

Unterwegs begegnete mir Feuerstein von Weimar, der eben eine große Ladung Egerwasser für Weimar und Jena abführte. Er versprach mir dir ein Kistchen von etwa 18 Flaschen zu verschaffen, weil ich aber nicht weiß ob er es leisten kann, und ich wünsche, daß du diesen Sommer die Cur recht ernstlich brauchst, auch daß Carolinchen immer ein Glas mittrinke; so schicke ich dir noch zwey Kistchen durch den Fuhrmann, jedes zu 20 Flaschen, um so mehr, da es sich ja hält, wenn du es nicht aufbrauchen solltest. Wir hoffen morgen bey guter Zeit in Carlsbad zu seyn und eure Commissionen zu machen. Nur erinnere ich nochmals, daß ja an den Merseburger Arzt geschrieben wird, damit in Zeiten eine ordentliche Cur angefangen werde, und der Lauchstädter Aufenthalt desto vergnüglicher sey.


Carlsbad den 19. May.

Heute fuhren wir bey guter Zeit ab, und hätten beym schönsten Tage auch den Schönsten Weg gehabt, denn es hat in langer Zeit hier nicht geregnet, wenn man nicht unglücklicher Weise hier zu Lande die Chaussèen besserte, wobey es denn manchen Umweg und manche Stöße gab. Indessen sind wir glücklich und froh hier angelangt, haben unser Quartier frey und Carlsbad wie sonst, ja verschönert gefunden. [305] Mehr nicht für heute, weil wir noch die Stecknadel Commissionen besorgen und uns einrichten müssen. An Madam Herder gieb die drey Pakete mit beyliegendem Papier. Ich schicke dir auch ein Dutzend zinnerne Löffel zum Spaß; es kostet 5 Kopfstückchen. Seitdem die guten Leute ihr Silber hingeben mußten (denn Niemand darf außer den Löffeln, etwas silbernes im Hause haben) so raffiniren die Zinnarbeiter auf alle Weise und machen die schönsten Sachen. Wenn sie nicht so beschwerlich zu transportiren wären, so schickte ich dir in der Folge noch manches. Von den Stecknadeln kommt nur ein halb Pfund, weil man, bey dem Verhältniß des Papiergeldes zum Silber nicht so geschwind überschlagen kann, wie es sich gegen die vorigen Jahre verhält, und ob die Leute einen freventlich übertheuren, weil man Eile hat.

Doch habe ich nicht unterlassen wollen, dir auch noch ein paar Hundert Nähnadeln zu schicken: es sind die beyden größten Sorten. Unter diesen sind noch drey Nummern 6, 5 und 4; könnt ihr von diesen etwas brauchen, so schreibe es nur.

Ich habe mich auf der Reise sehr wohl befunden; wir haben uns aber auch keineswegs übereilt und sind ruhiger hier angekommen, als wir oft von Jena nach Weimar gelangen. Mir macht es ein ganz wundersames Vergnügen wieder auf dem alten Flecke zu seyn, und eine schöne ruhige Zeit vor mir zu sehen, wo man sich pflegen, eine heilsame Quelle brauchen, [306] und dabey gar vieles thun und abthun kann. Versäume nur nicht an den Merseburger Arzt zu schreiben und behandle deine Cur hübsch regelmäßig. An Egerwasser fehlt dir's nicht; ich bin überzeugt, daß es überhaupt und dir besonders heilsam ist.

Schreibe mir ja bald und grüße deinen lieben Secretarius, dem von Steck- und Nähnadeln ohnehin sein Theil werden wird. Auch liegen Stricknadeln bey; wenn sie nicht recht sind, so schreibe nur.

Augustens Krug ist eingepackt, der Fuhrmann soll ihm denselben in Jena übergeben. Mehr kann ich nicht sagen: denn das Paket muß geschlossen seyn.

G.

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