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An Carl Friedrich Zelter

Deine letzten Briefe, mein Theuerster, in Ernst und Spaß, haben wir zu guter Stunde wohlgethan. Der neuste, die Nachricht der glücklichen Aufführung des großen älteren Musiktücks enthaltend, macht mich denken. Es ist mir, als wenn ich von ferne das Meer brausen hörte. Dabey wünsch ich Glück zu so vollendetem Gelingen des fast Undarstellbaren. In dem Innern des Kenners und Mitgenossen solcher Kunst mag es bey dem Anhören von dergleichen Werken vorgehen, was mit mir in diesen Tagen geschah, da ich die Verlassenschaft des Mantegna wieder vor Augen stellte. Es ist schon die ganze Kunst, das Mögliche und Unmögliche derselben vollkommen lebendig, und noch nicht entwickelt; wäre sie es aber, so würde sie das nicht seyn, was sie hier [218] ist, nicht so ehrwürdig, nicht so reich an Grund und Hoffnung. Was du an Felix erlebst, gönn ich dir von Herzen; mir ist es unter meinen vielen Schülern kaum mit wenigen so wohl geworden.

Zwar hab ich einige Zeit dir geschwiegen, aber indessen manches beseitigt und auch für dich gesammelt und vorbereitet. Meinen Entwurf zu deinem Wappen habe an Facius überliefert; ich will es gleich stechen lassen, denn was hilft da viel Fragen und Zaudern; ist der Stempel da, so siegelt man damit und gewöhnt sich dran. Möge dir das Gebildete gefallen und ich es oft auf deinen Briefen zu begrüßen haben.

Mit dem guten Meyer konnt ich darüber nicht conferiren; er ist schon mehrere Wochen unwohl und wagt sich bey dem wunderlichen Wetter nicht aus, wie ich denn auch nicht.

Manches schöne Blatt von Zeichnungen und Kupfern ist mir zur Hand gekommen: eine capitale Zeichnung von Rembrandt unter andern, welche ohne eine besondere Gunst der Dämonen nicht hätte zu mir gelangen können.

Doctor Eckermann, den ich täglich sehe, bildet sich schrittweise reiner aus zu Urtheil und Antheil; er durchsieht mit löblicher Geduld meine alten, hoffnungslos zugeschnürten Manuscripten-Massen und findet, zu meiner Freude, manches darin wohl werth erhalten und mitgetheilt zu werden, so daß man das Übrige nun mit Beruhigung verbrennen kann.

[219] Unser Theater hat seinen ganz guten Fortgang. Schauspieler und Publicum leiden freylich an manchen neuen Stücken, dagegen spielen sich andere leicht und fröhlich weg zu Erheiterung des Hauses. Man martert sich nun mit einem neuen Quälodram, kommt durchgeprügelt nach Hause und holt sich doch noch einmal den Buckel voll. Genast und Frau, sonst am Leipziger, jetzt am Magdeburger Theater, sind engagirt, das verspricht neues Leben und Bewegung, und eure gute Wolff, hör ich, wird auch zu einigen Gastrollen hierher kommen; das gibt also für die nächsten Wochen lauter freundliche Gesichter. Meinen Faust wollen sie auch geben, dabey verhalt ich mich passiv, um nicht zu sagen leidend. Doch überhaupt darf mir für dieses Stück nicht bange seyn, da es Herzog Bernhard, in Obercarolina, bey einem Indianer gefunden hat.

So weit für dießmal! Alle guten Wünsche begleiten gegenwärtiges Blatt.

treu verharrend

Weimar den 28. März 1829.

Goethe.

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