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An Carl Friedrich Zelter

Weimar den 5. März 1806.

Schon lange habe ich, mein lieber und vortrefflicher Freund, nichts von Ihnen gehört, und begreife recht gut, daß es Ihnen geht, wie uns andern. Jeder hat soviel in seinem Kreise zu thun, daß er sich nach außer wenig umsehen kann. Indessen bin ich auf mancherley Art fleißig und hoffe Ihnen mit dem, was ich thue und vorbereite, wo nicht bald, doch auch nicht allzuspät einige Freude zu machen. Auch Sie sind gewiß zum Vergnügen und zur Erbauung mancher Menschen thätig, nur daß ich leider meinen Theil davon nicht so leicht nehmen kann.

Berlin und Sie zu besuchen was ich diese Zeit her manchmal angelockt, so manches aber hält mich [111] wieder unbeweglich an der Stelle, und da seh ich denn freylich nicht, wie es zu gesegneten Entschluß kommen könnte. Weil ich doch aber ein dringendes Bedürfniß fühle, nicht allein von Ihnen zu hören, sondern auch mir Ihre Zustände recht klar zu vergegenwärtigen und Ihnen die meinigen näher zu bringen, so bin ich auf den Gedanken gekommen, Ihnen meinen Sohn zu schicken, daß er Sie von mir herzlich grüße und in früher Jugendzeit, wo die weltlichen Dinge noch einen lustigen Eindruck machen, das Bild einer so großen Stadt in sich aufnehme und auch zu meiner Genusse lebhaft zurückbringe.

Ob er nun gleich schon ein gesetzter und gefaßter Knabe ist; so möchte ich ihn doch nicht ganz allein und sich selbst überlassen in diesem städtischer Strudel denken. Die Frage wäre also, ob Sie ihm in Ihrer Nähe eine Wohnung verschaffen und zunächst für seine Bedürfnisse sorgen möchten. Ich sende Ihnen eine Assignation, damit er nicht gerade alles nöthige Geld in der Tasche habe, Weiter sag' ich nichts: denn alles übrige bleibt den Umständen überlassen. Die Hauptsache ist, ob Ihnen ein solcher Besuch nicht lästig sey. An meine übrigen Freude in Berlin geb' ich ihm Briefe und Charter mit, und die Verhältnisse werden sich schon finden. Aber vor allen Dingen möcht' ich ihn an einem sicheren Platz etablirt wissen. Länger als vierzehn Tage oder drey Wochen dürfte der Aufenthalt nicht dauern. In der Char- [112] woche könnte er anlagen. Tausend Grüße und Bitte um baldige Antwort.

G.

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