48/98.

An Heinrich Mylius

[Concept.]

Das an Ew. Hochwohlgeboren schon längst schuldigst zu erlassende Schreiben zaudere noch heute abzufassen, indem ich mich an Zeit und Umstände zu erinnern habe, die man so gern einer wohlthätigen Vergessenheit überlieferte. Sie betrauerten auf das schmerzlichste Vergessenheit überlieferte. Sie betrauerten auf das schmerzlichste den Verlust eines blühenden hoffnungsvollen Sohnes, als Ihnen der meinige freundlichst anempfohlen wurde, welcher bey einer glücklichen Constitution dennoch von manchem Übel ergriffen und bedroht war. Ihr [107] gütiger Empfang in der herrlichen Lombardei wirkte auf ihn höchst heilsam.

[...] [Vgl. Brief 48/50.] vielmehr scheint er bey seiner Ankunft zu Rom ganz eigen ergriffen worden zu seyn. Die höchst günstige Aufnahme dortigen Freunde genoß er mit erhöhter Reizbarkeit, die sich zu einem entzündlichen Übel steigerte, welches in wenig Tagen , bey angewandteer sorgfältiger Hülfe, ihn aus dem Zeitlichen entfernte und ihm eine beneidenswerthe Ruhestätte an der Pyramide des Cestius anwies.

Auf allen diesen seinen Wegen haben Ihre gütigen Empfehlungen ihn durchaus geleitet und begleitet, auch die Mittel angewiesen seine Zwecke durchzuführen, wofür ich denn zum allerverpflichtetsten danke, in Hoffnung, daß die dadurch von unsrer Seite gewirkte Schuld völlig abgetragen und berichtigt sey. Dahingegen mein aufrichtiger Dank, so oft ich mich dieser Angelegenheit erinnere, ja so oft ich meine Gedanken in jene Gegenden wende, immer so herzlich als lebhaft seyn wird.

Das Kästchen ist glücklich angekommen und der Inhalt nach dem früher gemeldeten Willen des Senders vertheilt worden. Für die zurückgesendete 5. Lieferung habe schönstens zu danken, indem wirklich dadurch ein Defect ergänzt worden. Die 7. und 8. Lieferung, als die beiden letzten, gehen nächstens an Herrn Grubers sel. Erben nach Lindau ab; ich lege ein Wörtchen bey, wozu mir der Platz hier mangelt.

[108] Ohne ein Beyblatt hinzuzufügen kann ich denn doch das Vorliegende nicht absenden; denn ich muß wünschen, daß Herr Cattaneo durch Ew. Hochwohlgeboren erfahre, wie sehr ich auch ihm für sein theilnehmendes, wahrhaft tröstliches Schreiben verpflichtet bin. Ich behalte mir vor, zu ruhiger Stunde, die mir in dem Augenblicke fehlt, unmittelbar meinen Dank abzutragen und die Versicherung immer gleicher Hochachtung hinzuzufügen. Die Tagebücher meines Sohns bezeugen, wie dieser vorzügliche Mann sich auch des Fremdlings angenommen und seine Wißbegierde, seine Lust zu Erweiterung von Kenntnissen zu fördern gesucht hat. Bis auf ein Weiteres an denselben, so wie an Herrn Manzoni meine verpflichteten Grüße.

Und so muß mir denn auch der noch gebliebene Raum hier gleichfalls willkommen seyn, indem ich noch die Anerkennung des trefflichen Kupferstichs auszusprechen habe, den ich Ihrer Güte verdanke. Gewiß, es kann nichts angenehmer seyn, als an das Verdienst eines Mannes wie Appiani erinnert zu werden und zugleich die musterhafte Kunst des Kupferstechers zu bewundern. Es setzt in Erstaunen, wenn die Künstler dieses Faches sich immer mehr einander steigern, da, wenn man glaubt, der eine habe das Höchste erreicht, sogleich ein anderer ihm auf dem Fuße folgt, ja wohl ihn zu überschreiten das Glück hat.

Die Weimarischen Kunstfreunde erkennen mit mir den Werth einer solchen Gabe um so lebhafter, als[109] ohne Ihre geneigte Aufmerksamkeit ein solches Blatt in vollkommenem Abdruck so bald nicht zu uns gekommen wäre.

Des interessanten lieben Bildnisses gedenk ich auch mit warmem Antheil. Es ist ein schmerzlicher Trost, so schöne edle Züge durch einen wackern Künstler erhalten und verewigt zu sehen. Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dank, daß Sie mich dieses Blattes und dieser Gefühle haben theilhaftig werden lassen.

Weimar den 3. Februar 1831.

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