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An Carl Friedrich Zelter

Deine lieben Briefe habe ich nach und nach erhalten, und die Empfohlnen, die mich nicht verfehlten, freundlichst aufgenommen. Keine Wirkung aber in die Ferne, auch nicht gegen die Liebsten habe gelten lassen. Zehen Wochen concentrirte ich mich auf die Vergangenheit, sie zu beleben beschäftigt. Vom dritten Rhein- und Mayn-Heft, Erinnerung der Folgetage des Rochus-Festes, sind schon drey Bogen gedruckt. Die neue Belebung von Jena hat auch für mich im Natur-Fache viel Anregendes gebracht, und ich stehe wie Hesekiel verwundert, daß das alte Knochenfeld auf einmal lebendig wird. Vor Johannis, denke ich, soll ein [105] Heft von zwölf bogen ausgehen, wo ich, in mehreren Colonnen, meine alten Garden der Naturbeherrschung werde aufmarschiren lassen. Das alles konnte ich um so ruhiger thun, als mein zweytes Heft Rhein und Mayn zu euch auf dem Wege war, das denn auch wohl einige Täglichkeiten werth ist.

Die darin erhaltenen Kriegs- und Friedenserklärungen werden unausgesetzt erfolgt werden. Ich habe nicht viel Zeit mehr aufrichtig zu seyn, wir wollen sie benutzen: der Anblick ist gar zu närrisch, wenn man von unserm Standpuncte aus deutlich schaut, was für unglaubliche Vorzüge und Vortheile das Jahrhundert hat, was für treffliche Individuen darin wirken, und wie doch alles durch einander geht, eine Wirkung die andere aufhebt, so daß mir alle Menschen, die ich einzeln spreche, vernünftig und, wie ich sie in Bezug betrachte, verrückt erscheinen. Das geht so weit, daß ich mir manchmal selbst zweyschürig vorkomme und mich erst wieder von solchem Zweifel erhole wenn ich mit Menschen spreche, die theoretisch und practisch in ihrem Fache zu Hause sind. Woran es mir auf einer Akademie wie die unsrige war und ist, niemals gebrechen kann.

Da ich nun eine schöne heitere Gartenwohnung bezogen, so soll der zweyte Theil meiner Italiänischen Reise auch an die Reihe, freilich mit dem alten Mottoauch Ich in Arkadien. Dieses Italien ist ein so abgedroschnes Land, daß wenn ich mich darin nicht [106] selbst als in einem verjüngenden Spiegel sähe, so möchte ich gar nichts davon wissen.

Dieses sind meine Thätigkeiten, ob ich gleich zu Ende May in der lieblichsten Gartenwohnung unbehaglich umnebelt friere, und erst recht einen ungeheuern Ofen von 1661 in meinem mäßigen Zimmer begreife. Was waren doch unsere Vorfahren für gescheute Leute!

Möge dein Augenübel sich verbessert haben! Lei der bleiben für uns und andere nur leere Wünsche. Auch bey mir werfen sich die Übel hin und wieder, ich suche mich nach Möglichkeiten tagtäglich zu erhalten, eine herkömmliche Wirksamkeit ist immer ein schöner Genuß. Soviel für dießmal. Ehe ich mich vom Platze bewege, vernimmst du ein Wort, mein größter Wunsch ist zu bleiben wo ich bin, unterdessen sind wir nicht Herren unseres Aberglaubens und unserer Hoffnungen.

Vale.

Jena d. 29. May 1817.

G.

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