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An Carl Ludwig von Knebel

Deinen lieben Brief habe ich in Frankfurt erhalten und bin gegenwärtig ein Reisender wie du. Ich fühle das sehr lebhaft was du über die Veränderung [223] des Zustandes sagst, denn mir geht es hierinn beynah wie dir und wenn man nicht immer in der Welt lebt so sieht man sie anfangs wieder mit verwunderten Augen an, und so gut man sie kennt machen einen die neuen Erscheinungen wieder auf kurze Zeit aufmerksam, bis man denn das alte plumpe Märchen wieder bald gewahr wird. Ich wünsche dir zu allen deinen Unternehmungen Glück und begreife den Sinn einiger Stellen deines Briefes recht wohl; ich hoffe daß dein gutes Geschick dich verhindern wird dich noch in alten Tagen einer solchen Subalternität zu unterwerfen die jeden rechtlichen Menschen zur Verzweiflung bringen muß. Kannst du eine gute Pfründe sine cura erwischen so thue es ja und laß die andern aus Licht und Luft arbeiten was sie können.

Was mich betrifft, so sehe ich nur immer mehr ein, daß jeder nur sein Handwerk ernsthaft treiben und das übrige alles lustig nehmen soll. Ein paar Verse, die ich zu machen habe, interessiren mich jetzt mehr als viel wichtigere Dinge auf die mir kein Einfluß gestattet ist und wenn ein jeder das Gleiche thut so wird es in der Stadt und im Hause wohlstehen. Die wenigen Tage die ich hier bin hat mich die Betrachtung so mancher Gegenstände schon sehr vergnügt und unterhalten und ich habe für die nächste Zeit noch genug vor mir.

Ich will hernach unsern guten Meyer, der am Zürcher See angekommen ist, aufsuchen und, ehe ich[224] meinen Rückweg antrete, noch irgend eine kleine Tour mit ihm machen. Nach Italien habe ich keine Lust, ich mag die Raupen und Chrysaliden der Freyheit nicht beobachten, weit lieber möchte ich die ausgekrochnen französischen Schmetterlinge sehen.

Lebe recht wohl, und ehe du einen neuen Zustand erwählst, so bedenke alles ja wohl, denn es ist nichts gefährlicher als sich in unserm Alter zu vergreifen. Empfiehl mich Herrn von Schuckmann, es ist einer der schätzbarsten Männer die ich in meinem Leben gekannt habe.

Frankfurt a M. den 10. August 1797.

G.

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